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Vier Fragen an … Ove Petersen, Gründer und Geschäftsführer von GP Joule

Ove Petersen ist einer der Gründer und Geschäftsführer von GP Joule. Der Diplom-Agraingenieur schloss 2000 sein Studium an der Fachhochschule Weihenstephan ab. Der dreifache Familienvater führt zudem seit 2002 ein landwirtschaftliches Unternehmen. Ove Petersen gründete GP Joule 2010 zusammen mit Heiner Gärtner. Beide können bereits auf eine dreizehn Jahre andauernde Zusammenarbeit zurückblicken, aus der schließlich vor drei Jahren GP Joule hervorging.

Ove Petersen: "Die letzten 20 Jahre waren weltweit geprägt von einer Hegemonie des Shareholder Value gegenüber Betrachtungsweisen, die wesentlich nachhaltiger und womöglich auch intelligenter sind. Demzufolge wurde kurzfristigem Gewinnstreben vieles untergeordnet, leider häufig auch die Aspekte, die mit Umwelt- und Klimaschutz zusammenhängen."

Milk the Sun: Lieber Herr Petersen, die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Ove Petersen: Zumindest bezogen auf die Klimapolitik halte ich diesen Superlativ für bei weitem übertrieben. Die Bundesregierung hat beim Klimaschutz jeden Elan verloren und für das Thema fühlt sich anscheinend niemand mehr zuständig und verantwortlich. Deutschland ist beim Klimaschutz nicht mehr Vorreiter und Lokomotive, sondern hat sich an einen Zug angehängt, der zunehmend in die falsche Richtung fährt. Die Folgen sind katastrophal: 2012 wurden in Deutschland 2 Prozent mehr klimaschädliche Emissionen ausgestoßen als 2011. Alleine die CO2-Emissionen aus der Braunkohleverstromung sind innerhalb eines Jahres um mehr als 5 Prozent gestiegen. Anstatt das CO2-Reduktionsziel national von 30 auf 40 Prozent anzuheben, hat es die Bundesregierung zugelassen, dass die Energiewende zunehmend zu einem Konjunkturprogramm für Klimakiller verkommt.

Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Ove Petersen: Es muss ein klares Bekenntnis zur Energiewende, zum konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien und zum Klimaschutz her. Dafür muss man bereit sein, auch einmal Entscheidungen zu treffen, die zunächst unpopulär erscheinen können oder von Boulevardmedien auch mal kritisiert werden. Dazu zählt, dass die Berechnungsmethodik für die EEG-Umlage verändert werden muss. Wenn die Verursacher klimaschädlicher Emissionen an den damit verbundenen Folgekosten beteiligt werden, wird das System insgesamt gerechter und der Differenzbetrag zu den EEG-Vergütungen sinkt – auch zu Gunsten der Verbraucher. Dafür muss CO2 endlich einen Mindestpreis erhalten, im Zweifelsfall zunächst auch in Folge eines nationalen Alleingangs durch Deutschland als Vorreiter. Einen Mindestpreis von 40 Euro je Tonne ausgestoßenem CO2 halte ich für absolut angemessen, denn die Folgeschäden je Tonne sind wesentlich höher anzusetzen, wie erst neulich wieder Studien nachgewiesen haben. Eine solche Maßnahme würde auch einen positiven Impuls für mehr Innovationen und Investitionen in klimafreundliche Technologien bedeuten. Davon würden die deutschen Unternehmen gerade auch auf internationaler Ebene in besonderer Weise profitieren.

Aber auch wir als Erneuerbare Energien-Branche müssen unsere Hausaufgaben machen: Wir müssen selbstständig und proaktiv Vorschläge dafür entwickeln, wie die erneuerbaren Energien noch günstiger und marktfähiger werden können. GP JOULE hat zum Beispiel vorgeschlagen, die nach EEG zu vergütende Stromerzeugung von Windparks oder PV-Anlagen auf 90 Prozent ihrer Nennleistung zu begrenzen. Das spart enorme Netzausbaukosten und gibt den richtigen Anreiz dazu, EEG-Anlagen immer stärker systemdienlich einzusetzen. Wer dies konsequent weiterdenkt, der wird auch schnell zur Einsicht kommen, dass die dezentrale Speicherung von Energie häufig eine gute, oft auch regional die bessere Alternative zum teuren Netzausbau ist. Wenn dezentrale Energiespeicher nicht mehr länger als Letztverbraucher behandelt werden und deswegen die damit verbundenen Steuern und Abgaben bezahlen müssen, würden sich hier viele Dinge entscheidend beschleunigen. Ein Beispiel: PEM-Elektrolyseure, die flexibel Strom in Form von Wasserstoff speichern und im Bedarfsfall rückverstromen können, haben ohne die Verpflichtung zur Zahlung von Letztverbraucherabgaben die klare Perspektive, bis zum Ende der kommenden Legislaturperiode kostenmäßig voll wettbewerbsfähig zu sein. Auf diese Weise entsteht die Möglichkeit, Stromüberschüsse aus erneuerbaren Energien kosteneffizient zu speichern und bei Nacht und Windstille wieder einzuspeisen. Mit diesem System ist es nur eine Frage der Zeit, wann der Punkt erreicht sein wird, zu dem jedermann einsehen muss, dass wir dann auch keine fossilen Kraftwerke mehr brauchen.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Ove Petersen: Einige Punkte habe ich eben schon genannt. Aber den wahrscheinlich elementarsten davon möchte noch einmal hervorheben: Die Energiewende ist die zentrale Maßnahme, über die wir Klimaschutz wirklich wirksam betreiben können und damit nicht nur vernünftig handeln, sondern auch auf die Technologien setzen, die zunehmend die günstigeren und damit auch verbraucherfreundlicheren sind. Aber diesen ein wenig abstrakten Diskurs müssen wir lebhafter und lebensnaher für die Menschen herunterbrechen und darstellen. Auch hierfür möchte ich zwei Beispiele nennen. Erstens: Wenn Sie in den USA 100 Kilometer mit dem Auto fahren, zahlen Sie mindestens genau so viel dafür, als wenn Sie das in Deutschland täten. Das Benzin kostet sie dort zwar nur die Hälfte, aber die Autos dort verbrauchen dort mindestens doppelt so viel Sprit. Wenn Benzin aber scheinbar fast nichts kostet, werden Sie sich kaum Gedanken darüber machen, wie Sie vielleicht Ihr Mobilitätsverhalten ändern könnten, um weniger Geld dafür ausgeben zu müssen und nebenbei auch noch Umwelt und Klima zu schonen. So zahlen am Ende alle drauf: Sie haben hohe Mobilitätskosten trotz niedriger Benzinpreise und der Klimawandel schreitet voran. Das Gleiche gilt für die Debatte in Deutschland: Heute ist noch kaum jemandem bewusst, dass schon 2013 neue PV-Anlagen den Strom günstiger erzeugen als neue Kernkraftwerke. Viele Interessen- und Lobbygruppen versuchen immer noch, der Öffentlichkeit den Blick auf bereits vorhandene Fakten zu verstellen und das konsequente Weiterentwickeln intelligenter Ansätze zu behindern. Aber das wird ihnen immer weniger gelingen. Jeder, der zuhause eine PV-Anlage zur Eigenstromnutzung nutzt, weiß das.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Ove Petersen: Die letzten 20 Jahre waren weltweit geprägt von einer Hegemonie des Shareholder Value gegenüber Betrachtungsweisen, die wesentlich nachhaltiger und womöglich auch intelligenter sind. Demzufolge wurde kurzfristigem Gewinnstreben vieles untergeordnet, leider häufig auch die Aspekte, die mit Umwelt- und Klimaschutz zusammenhängen. Hier könnten wir als Gesellschaft und als Staat ein „Sicherungssytem“ installieren, das künftig verhindern helfen könnte, dass Unter-nehmen, aber auch die Politik Entscheidungen treffen, die den Ressourcenverbrauch und damit auch die Umweltzerstörung und den Klimawandel weiter vorantreiben und beschleunigen: Wir sollten den Klimaschutz und die Reduzierung des CO2-Ausstoßes auf null als Staatsziele im Grundgesetz verankern. Diese Ziele sind so elementar wichtig für diejenigen, die das Grundgesetz schützen soll, nämlich die Menschen und die Tiere, die in Deutschland leben, dass sie es absolut verdienen, Verfassungsrang zu erhalten. Denn dann hätte jeder auch das Recht, Gesetze im Bereich der Klima-, Umwelt- und Energiepolitik auf ihre Verfassungskonformität hin überprüfen zu lassen. Wir würden also die Sicherheit dafür schaffen, dass das Recht und der Schutz der Menschen Vorrang vor dem kurzfristigen Gewinnstreben auf Kosten der Nachhaltigkeit hat.

Die Politik wird sicher eine solche Initiative nicht selbst ergreifen. Es braucht also eine gesellschaftliche Basis und Bewegung, die eine derartige Forderung, nämlich Klimaschutz und CO2-Reduktion Verfassungsrang zu geben, in die öffentliche politische Debatte einbringt. Da bin ich optimistisch: Ich denke, die gesellschaftliche Mehrheit, die eine solche Forderung mitträgt, ist heute größer denn je.

 

Wir bedanken uns bei Herrn Petersen für das Interview.

 


Im Rahmen der Interviewreihe “Vier Fragen an …” stellt der Milk the Sun Blog bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre. Bisher interviewten wir Sebastian Bolay (DIHK), Heiko Schwarzburger (Photovoltaik), Corinna Lang (CleanEnergy Project), Patrick Jüttemann (klein-windkraftanlagen.com), Christian Leers (PV-Experte), Robert Schwarz (BTO Management Consulting), Lothar Lochmaier (Freier Journalist), Michael Richter (Sonneninvest AG), Kilian Rüfer (SUSTAINMENT), Udo Schuldt (Blogger), Thorsten Zoerner (Solution Architect), Prof. Dr. Eicke Weber (Fraunhofer ISE), Falko Bozicevic (GoingPublic Magazin), Carsten Körnig (Solarwirtschaft e.V.), Denis-Mariel Kühn (EGBB), Doreen Brumme (Freie Journalistin), Erhard Renz (sonnenfluesterer.de), Sabine Eva Rädisch (Autorin und Bloggerin), Bart Markus (Wellington Partners), Prof. Volkmar Liebig (avesco Financial Services AG), Dr. Tim Meyer (Grünstromwerk GmbH), Alexander Fehr (Fehrdeal & Energieblogger), Thomas Nasswetter (Ritter Gruppe und Blogger), Dr. Stefan Dietrich (Windwärts Energie), Sylvia Pilarsky-Grosch (BWE), Holger Ruletzki (Parabel AG), Franz Alt (Journalist), Arne Horn (DZ-4), Dr. Bernd Köhler (Phoenix Solar), Björn-Lars Kuhn (Proteus Solutions & Energieblogger), Cornelia Daniel-Gruber (Journalistin und Bloggerin)

 

Vier Fragen an … Arne Horn, Vertriebsleiter bei DZ-4

Arne Horn ist einer der Köpfe hinter DZ-4, einem jungen Unternehmen aus Hamburg. DZ-4 sieht in der dezentralen Energieversorgung die Verfahrensweise der Zukunft und setzt es sich zum Ziel ihren Kunden eine private Energiewende zu ermöglichen. Arne Zorn organisiert den Vertrieb des DZ-4 Modells. Herr Horn kann auf 10 Jahre Erfahrung in der Solarbranche zurückblicken. Zuletzt arbeitete er als Vertriebsleiter in Südeuropa und Afrika bei LDK Solar.

Arne Horn: "Ich glaube nicht, dass die Energiewende in ihrer jetzigen Phase eine „Energiewende-von-oben“ sein wird. Vielmehr wird sie durch ganz viele kleine und lokale Initiativen vorangetrieben werden, die die Bürger selbst realisieren. Denn die technischen und ökonomischen Möglichkeiten haben wir heute bereits erreicht."

Milk the Sun: Lieber Herr Horn, die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Arne Horn: Die schwarz-gelbe Regierung hat meiner Meinung nach in den meisten klimapolitischen Fragen versagt. Die einzige Überraschung war natürlich die Kehrtwende beim Atomausstieg, die zwar sehr positiv für die Energiewende war, aber wegen der Schnelle des Umschwungs wenig Glaubwürdigkeit hatte.  Innerhalb von 12 Monaten hat die Bundesregierung ihre Meinung zur Atomkraft von einer Brückentechnologie hin zu einem Sicherheitsrisiko für unser Land geändert.

Als zweites Beispiel können wir den verpassten Netzausbau anbringen: 2009 wurde durch das Energieleitungsausbaugesetz die Ausbauziele von 1855km für die kommenden Jahre festgelegt. Stand heute sind laut der Bundesnetzagentur 268km gebaut. Und genau genommen sind es eigentlich noch weniger, da zum Zeitpunkt des Beschlusses bereits ca. 100km gebaut waren, die hier mit einberechnet sind. Da die Energiewende vorwiegend auch einen dezentralen Charakter hat, ist dies nicht ganz so dramatisch, wird leider jedoch als eine primäre Ausrede der Politik gegen einen weiteren Ausbau der Erneuerbaren verwendet.

Es ist schon traurig, dass nachweislich eine Mehrheit der Deutschen für die Energiewende ist, aber letztendlich kein Projekt in diesem Bereich wirklich vorangetrieben – geschweige denn finalisiert werden konnte. Vielmehr gibt es weitere zahlreiche Negativbeispiele: Die Solarbranche, eine der größten Zukunftsbranchen weltweit, wurde gerade durch sehr radikale Reformen des EEGs abgewürgt. Der Handel mit CO-2 Zertifikaten zu sinnvollen Preisen wird von Deutschland auf EU-Ebene konsequent blockiert.

Zum Schluss möchte ich dann doch noch einen positiven Aspekt der letzten Legislaturperiode hervorheben. Sie hat doch tatsächlich geschafft eine Förderung für dezentrale Batteriespeicher für PV-Anlagen auf die Beine zu stellen. Dabei ist jedoch der Weg dorthin bezeichnend, wie diese Regierung klimapolitische Aufgaben angegangen ist. Die Mittel für diese Förderung sollten aus dem Klimafonds bzw. Erlösen aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten stammen. Da dieser jedoch nicht richtig aufgesetzt wurde, fehlten die Einnahmen und die Förderung wäre beinahe gescheitert.

Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Arne Horn: Ich möchte an dieser Stelle eher von „wünschen“ als von „erwarten“ sprechen. Mein bescheidener Wunsch ist zunächst einmal, dass eine sachliche Diskussion geführt wird. Aufbauend darauf sollte eine wirklich konsequente nachhaltige Strategie zum Ausbau der Erneuerbaren Energien verfolgt werden, keine Lippenbekenntnisse wie es heute der Fall ist.

Welcher Fehler nicht noch einmal gemacht werden sollte, ist eine vorschnelle und übereilte Reform des EEGs allein mit dem Ziel, den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu bremsen. Generell bin ich aber schon für eine sinnvolle Reform des Erneuerbaren Energien Gesetzes, die zum Beispiel die Befreiung der energieintensiven Industrie von der EEG-Umlage in Angriff nimmt. Auch das Paradoxon, dass sinkende Großhandelspreise zu einer höheren EEG-Umlage führen, muss aus meiner Sicht mit einem neuen Marktmodell überdacht werden. Wichtig ist an dieser Stellt auch, dass der Vorrang für Einspeisung erneuerbarer Energien erhalten bleibt.

Weiterhin ist eine unbürokratische Förderung von dezentralen Speichertechnologien unbedingt weiter voranzutreiben. Gleichzeitig sollten natürlich die alternden Netze an den richtigen Stellen modernisiert und eventuell ausgebaut werden.

Grade der letzte Punkt, aber auch die Reform des EEGs, erfordern eine starke zentrale Einheit, die mit mehr Kompetenzen ausgestattet ist als zum Beispiel die Bundesnetzagentur. Von daher erachte ich die Einrichtung eines Energieministeriums für die nächste Legislaturperiode als absolut notwendig, um die Energielandschaft in Deutschland wieder auf Kurs zu bringen.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Arne Horn: Sie beschreiben die Situation absolut korrekt: Die Energiewende – übrigens nicht gleichzusetzen mit dem Atomausstieg – ist das bedeutendste Projekt unserer und auch der nächsten Generation. Sie beeinflusst nicht nur ökologische, aber auch wirtschaftliche, soziale  und kulturelle Fragen. Deswegen beackern sehr viele Interessensgruppen dieses Feld und verursachen häufig einen regelrechten Stillstand in der Diskussion, anstatt am großen Ziel gemeinsam zu arbeiten. Dieser Zustand ist umso dramatischer, wenn man bedenkt, dass die Energiewende sogar dann noch eine Mammutaufgabe darstellt, selbst bei einer Übereinkunft dieser Gruppen.

Deshalb plädiere ich auch auf jeden Fall für die Einrichtung eines Energieministeriums, um von regulatorischer Seite mehr Kontinuität zu erzeugen. Damit sollte man zum einen die eben beschriebenen Aufgaben angehen und zum anderen aber auch die essentielle Aufgabe der sachlichen Aufklärung übernehmen. Der Bürger darf nicht mehr jeden zweiten Tag mit polemischen oder zumindest politisch gesteuerten Äußerungen der Interessensgruppen konfrontiert und manipuliert werden. Ich denke hier nur an die 1 Billion Euro Aussage von unserem Bundesumweltminister Herrn Altmaier.

Vielmehr sollte eine große, objektive Informationskampagne gestartet werden, um alle Aspekte der Energiewende – auch die herausfordernden – zu beleuchten. So eine Informationskampagne würde hoffentlich den Lobbygruppen beider Seiten den Wind aus den Segeln nehmen. Natürlich darf man hier nicht zu naiv die absolute Objektivität erwarten, aber ich denke, es wäre ein Schritt in die richtige Richtung.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Arne Horn: Ich denke, es kann hier gar keinen anderen Standpunkt geben, als diese Situation als absolut fatal zu beschreiben. Es sei denn jemand hat ein gesteigertes Interesse am Erhalt der aktuellen Situation der Energielandschaft in Deutschland. Sie müssen bedenken, von den Entscheidungen der nächsten Jahre, werden wir noch lange etwas haben: Durch die zu hohe Anzahl von CO2 Zertifikaten auf dem Markt, ist der Betrieb und auch der Neubau von Kohlekraftwerken rentabel. Aus diesem Grund wird aktuell eher der Betrieb und auch Investition in solche klimaschädlichen Technologien – anstatt zum Beispiel effiziente Gaskraftwerke – gefördert. Falls sogar neue Kohlekraftwerke gebaut würden, sprechen wir hier wieder über eine Belastung für 2 Generationen.

Ich habe leider auch wenig Hoffnung, dass sich kurz- bis mittelfristig etwas an den politischen Grabenkämpfen ändern wird, auch wenn ich meine Vorstellung zu Ansätzen ja genannt habe.

Vielleicht erwarten wir hier aber auch etwas von der Politik und den steuernden Organen, dass Sie gar nicht erfüllen können. Nicht nur bei der Energiewende, sondern auch der Finanzkrise, den Hungerkrisen, genereller Ökologischer Zerstörung etc. erleben wir die Ohnmacht der Politik. Viele Themen sind einfach zu komplex, zu vernetzt und können einfach auch nicht mehr auflösbar erscheinen. An dieser Stelle stimmt mich jedoch ein Aspekt positiv, der auch mit einigen Ansätzen von Stéphane Hessel übereinstimmt. Denn er hat den Einzelnen immer dazu aufgerufen, für seine Rechte einzustehen und selber aktiv zu werden.

Und hier haben wir mit der Energiewende eine einmalige Chance im Gegensatz zu den meisten anderen globalen Problemen. Denn im Endeffekt kann jeder dezentral, vor Ort bei sich zu Hause zum Beispiel durch den Betrieb einer Photovoltaik Anlage etwas beitragen. Und durch den zusätzliche Installation eines stationären Batteriespeichers, kann er sich zu einem überwiegenden Teil unabhängig vom Strom aus dem öffentlichen Netz machen.

Ich glaube nicht, dass die Energiewende in ihrer jetzigen Phase eine „Energiewende-von-oben“ sein wird. Vielmehr wird sie durch ganz viele kleine und lokale Initiativen vorangetrieben werden, die die Bürger selbst realisieren. Denn die technischen und ökonomischen Möglichkeiten haben wir heute bereits erreicht.

 

Wir bedanken uns bei Herrn Horn für das Interview.

 


Im Rahmen der Interviewreihe “Vier Fragen an …” stellt der Milk the Sun Blog bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre. Bisher interviewten wir Sebastian Bolay (DIHK), Heiko Schwarzburger (Photovoltaik), Corinna Lang (CleanEnergy Project), Patrick Jüttemann (klein-windkraftanlagen.com), Christian Leers (PV-Experte), Robert Schwarz (BTO Management Consulting), Lothar Lochmaier (Freier Journalist), Michael Richter (Sonneninvest AG), Kilian Rüfer (SUSTAINMENT), Udo Schuldt (Blogger), Thorsten Zoerner (Solution Architect), Prof. Dr. Eicke Weber (Fraunhofer ISE), Falko Bozicevic (GoingPublic Magazin), Carsten Körnig (Solarwirtschaft e.V.), Denis-Mariel Kühn (EGBB), Doreen Brumme (Freie Journalistin), Erhard Renz (sonnenfluesterer.de), Sabine Eva Rädisch (Autorin und Bloggerin), Bart Markus (Wellington Partners), Prof. Volkmar Liebig (avesco Financial Services AG), Dr. Tim Meyer (Grünstromwerk GmbH), Alexander Fehr (Fehrdeal & Energieblogger), Thomas Nasswetter (Ritter Gruppe und Blogger), Dr. Stefan Dietrich (Windwärts Energie), Sylvia Pilarsky-Grosch (BWE), Holger Ruletzki (Parabel AG), Franz Alt (Journalist)

 

Energiepolitische Wahlversprechen zur Bundestagswahl 2013

Jede neue Wahl bringt neue Wahlversprechen der verschiedenen teilnehmenden Parteien. Auch und insbesondere bei der aktuellen Bundestagswahl sollten die Antworten, die die einschlägigen demokratischen Parteien auf die drängenden Fragen der Energiepolitik bereithalten, für den Wähler entscheidend sein. Die Entscheidungen, die in naher Zukunft auf diesem Feld getroffen werden müssen, sind ebenso richtungsweisend, wie die Entscheidungen über Bildungsfragen, die Abhörlegitimation durch andere Staaten, den Etat von Militärequipment oder die Art und Weise der Beteiligung an und Verantwortung bezüglich der Europäischen Union.

Bei jeder Wahl ist ein Überblick wichtig. Wer verspricht was, wer will welche Probleme wie lösen. Zu wissen, wer wofür steht, wird noch wichtiger, je geringer die Unterschiede sind.

Die Wahlversprechen zur Energiepolitik der derzeitigen Oppositionsparteien

© SPD, 2013

SPD: Die derzeit größte Oppositionspartei macht sich vor allem für den Ausbau der Erneuerbaren Energien stark. Zudem stehen verschiedene Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz im Mittelpunkt. 40-45% des Stromanteils sollen zukünftig aus Erneuerbaren Energien kommen und 25% durch Kraft-Wärme-Kopplung abgedeckt werden. Dabei steht insbesondere der Ausbau der Fernwärme bis 2020 im Mittelpunkt und bis 2030 soll 75% des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen. Die Energiewende soll, wenn es nach der SPD geht durch ein Energieministerium gesteuert werden. Dies soll die Bezahlbarkeit sichern und eine Überbelastung für produzierende Wirtschaft und private Haushalte vermeiden. Das EEG soll reformiert werden. Damit soll die Förderung der Erneuerbaren Energien sowie die Strompreisbildung unter den Prämissen der Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit gewährleistet werden. Die SPD strebt eine Steigerung der Energieeffizienz der erneuerbaren Energien an. Der Einspeisevorrang für die erneuerbaren Energien soll bestehen bleiben. Wenn Innovationen und Fortschritt im Bereich der erneuerbaren Energien gefördert würden, glaubt die SPD, wird es möglich die Einspeisevergütung in langer Sicht schrittweise zu reduzieren. Die Übertragungsnetze sollen in einer Deutschen-Netzgesellschaft zusammengeführt werden, damit soll der Netzausbau vorangetrieben werden. In diesem Konzept kommt der öffentlichen Hand eine Schlüsselfunktion zu. Sie soll beteiligt sein, in dem sie in Offshore-Windparks und andere Großprojekte investiert und damit eine Steuerungsfunktion der Netz-AG übernimmt.

Die SPD, die traditionell eine Nähe zur Kohleindustrie hat, schloss bei den letzten Bundestagswahlen 2009 mit einer historischen Niederlage ab. Sie ist eine der ältesten Parteien Deutschlands und zählt seit ihrer Neugründung 1949 als eine der größten Volksparteien. Die SPD wurde 1875 als Vereinigung der ADAV und SDAP gegründet und galt neben der KPD lange als die größte linke Partei. Während des dritten Reiches wurde die SPD bereits 1933 aufgelöst und ihre führenden Mitglieder verfolgt, ermordet oder vertrieben. Nach dem Krieg wurde die SPD im Ostsektor 1946 mit der KPD zur SED Zwangsvereinigt. 1949 trat die SPD zu den ersten Bundestagswahlen der Westzone an.

Copyright: Bündnis 90 / Die Grünen

Bündnis`90/Die Grünen: Die derzeit zweitgrößte Oppositionspartei und der Wunschkoalitionspartner der SPD fordert in seinem Wahlprogramm den 100% energiepolitischen Wandel. Bis 2030 soll Deutschland auf die Kohle komplett verzichtet haben. Es sollen keine neuen Braunkohletagebaue mehr erschlossen werden. Bis 2020 soll der Anteil der erneuerbaren Energien verdoppelt sein, bis 2030 soll Deutschland dann komplett durch erneuerbare Energie versorgt werden. Fracking soll, nach dem Willen der Grünen, vorerst mit einem Moratorium belegt werden, bis nachgewiesen ist, dass es sich um eine saubere und ungefährliche Form der Energiegewinnung handelt. Die Energiewende sieht Bündnis‘90/Die Grünen vor allem in der Hand der Bürger, der kleinen Unternehmen, der Stadtwerke und Kommunen. Dort würde ein Großteil des der erneuerbaren Stroms erzeugt. Der Einspeisevorrang für Strom aus erneuerbaren Energien soll erhalten und der Strompreis für alle bezahlbar bleiben. Dafür sollen die Privilegien der Industrie auf Energievergünstigungen abgeschafft werden. Die Grünen rechnen dabei mit der Einsparung von rund 4 Milliarden Euro, die die Bürgerinnen und Bürger entlasten würden. Das Hauptaugenmerk der Grünen liegt kurzfristig auf Sonnen- und Windenergieerzeugung und langfristig auf der Unterstützung durch Biomassekraftwerke. Kurzfristig müssten dadurch noch andere Kraftwerke die sonnen- bzw. windlosen Zeiten überbrücken. Der Strommarkt soll indes auf Versorgungssicherheit und Flexibilität fokussiert werden.

Bündnis‘90/Die Grünen entstanden 1993 aus der Vereinigung der beiden Parteien Bündnis 90 und Die Grünen. Letztere gingen in den 80er Jahren in der BRD aus der Anti-Atomkraft- und Umweltbewegung, den Neuen Sozialen Bewegungen und der Neuen Linken hervor. Die Grünen entstanden aus der Bürgerrechtsbewegung der DDR, unter anderem der Initiative Frieden und Menschenrecht, Demokratie Jetzt und Teilen des Neuen Forums. Dementsprechend setzt sich das Selbstverständnis der Partei zusammen. Als die vier Grundwerte gelten Ökologie, Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und Demokratie. Weitere zentrale Themen und Vorstellungen sind Gewaltfreiheit, Menschenrechte sowie Gleichstellung von Mann und Frau. Von 1998 bis 2005 war Bündnis‘90/Die Grünen in einer Regierungskoalition mit der SPD. Bei den letzten Bundestagswahlen 2009 gelang den Grünen das beste Ergebnis ihrer bisherigen Parteigeschichte.

Copyright: Die Linke

DIE LINKE: Die Partei DIE LINKE spricht sich ebenfalls für eine Förderung der Energiewende aus. Bis 2020 soll der Treibhausgasausstoß gegenüber den Werten von 1990 halbiert werden. 2050 soll sich dieser Wert gegenüber dem 1990er Richtwert um 90% verringert haben. Die Versorgung durch erneuerbare Energien soll bis 2020 auf 50 Prozent erhöht werden. Die Versorgung mit Wasser und Energie soll nach dem Willen der Partei DIE LINKE zu einem Grundrecht werden. Dies soll durch einen Sockeltarif für Strom erreicht werden. Dies würde bedeuten, dass jeder Haushalt ein kostenloses, an der Größe des Haushalts orientiertes Grundkontingent an Strom zugestanden bekommt. Die Energiepreise sollen zudem Bezahlbar bleiben und die Abschaltung von Strom, Wasser und Wärme bei Zahlungsschwierigkeiten verboten werden. Die Kosten für eine soziale Energiewende will die LINKE durch Abschaffung jeglicher Privilegien und Ausnahmeregelungen für die Industrie und Wirtschaft gewährleisten. Der Ausstieg aus der Kohlekraft soll nach dem Willen der Partei DIE LINKE bis 2040 erfolgen. Atomkraftwerke sollen sofort abgeschaltet werden. Die unterirdische Verpressung von CO2 und Fracking sollen verboten werden.

DIE LINKE entstand 2007 aus dem Zusammenschluss der beiden Parteien WASG und Linkspartei.PDS. Ihr Ziel ist die Überwindung des Kapitalismus und die Etablierung eines demokratischen Sozialismus. Ihre politische Genealogie sieht die Partei DIE LINKE in der Tradition von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, aber auch in der Tradition von Willy Brandt und dem von ihm geprägten Satz „Mehr Demokratie wagen“. Vorwiegend von konservativen Stimmen, wird DIE LINKE als linksextreme Partei eingestuft. Schätzungsweise ein Drittel der Bundestagsabgeordneten werden derzeit vom Bundesverfassungsschutz unter Beobachtung. Eine Regierungsverantwortung auf Bundesebene hat DIE LINKE bisher nicht erlangt.

Die Piraten: Die Piraten setzen sich für eine ökologische, ökonomisch und sozial nachhaltige Entwicklung ein. Die Energiepolitik der Piraten zielt auf eine preisgünstige und umweltfreundliche Energiebereitstellung. Die Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen und Atomkraft soll so schnell wie möglich abgeschafft und durch erneuerbare Energien ersetzt werden. Maßnahmen zur Energieeinsparung sollen zusätzliche Förderung erfahren. Fracking hingegen lehnen die Piraten ab. Ebenso soll die Energiegewinnung durch Kernspaltung in Deutschland beendet werden. Die bestehenden Kraftwerke sollen abgeschaltet und die benötigten Energien durch erneuerbare Energien erzeugt werden. So lange keine nachhaltige Lösung zum Umgang mit Atommüll gefunden wurde, soll Verfahren und Anwendungen die atomaren Abfall erzeugen vermieden werden. Die anfallenden Kosten für die Entsorgung des Atommülls tragen, wenn es nach den Piraten geht, die Produzenten des Mülls.

Die Piratenpartei wurde 2006 gegründet. Sie galt anfangs als Partei der modernen, durch die digitale Welt geprägte Bevölkerung Deutschlands, deren Identitätskern die Netzpolitik bildete. Allerdings hat sich ihr Parteiprogramm mittlerweile ausgeweitet. Derzeit wird ihr Selbstverständnis als sozial-liberal-progressiv bezeichnet. Allerdings wird den Piraten bis heute mangelnde inhaltliche Klarheit vorgeworfen. Dem gegenüber steht eine große, klare Vorstellung von politischer Partizipation durch eine forcierte Transparent, eine Basisorientierung, Kompetenz und einen Pragmatismus, der vor allem durch die Nutzung der digitalen Mittel gefördert wird.

Die Wahlversprechen zur Energiepolitik der derzeitigen Regierungsparteien

Copyright: CDU Deutschlands

CDU/CSU: Die aktuelle Regierungspartei der Kanzlerin  Angela Merkel plant im Wesentlichen den bisherigen Kurs beizubehalten. Die Energiewende soll bedacht und „mit Augenmaß“ vollzogen werden. Nach dem Willen der CDU/CSU steht dabei die Schaffung von stabilen Rahmenbedingungen, unter denen der Umbau vollzogen werden kann, im Vordergrund. Die Reform des EEG soll in diesem Zusammenhang Verlässlichkeit und Sicherheit für Investitionen und Planung schaffen. Die bisherige Anschubfinanzierung soll durch die Etablierung von wettbewerbsfähigen Preisen abgelöst werden. Die Stromversorgungssicherheit sollen der Ausbau der Stromnetze und die Entwicklung der Energiespeichertechnologie gewährleisten. Die Energiekosten müssen allerdings sowohl für Verbraucher als auch für die Industrie bezahlbar bleiben. Letzterer wird nach der Sicht der CDU/CSU dadurch die internationale Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet. Damit begründet die CDU/CSU auch ihre Auffassung, dass die Energiepreisprivilegien für Unternehmen bestehen bleiben müssen. Bezüglich des Frackings ist dies für die Union unproblematisch, solange eine gesundheitliche Unbedenklichkeit gewährleistet werden kann. Bis zum Jahr 2020 soll der Energieverbrauch um 20 Prozent und der Stromverbrauch um mindestens 10 Prozent gesenkt werden. Dabei sieht die Union Subventionen bei der Gebäuderenovierung, Förderung von privaten Investitionen, sparsamen Elektrogeräten, Heizungen und Dämmungen im Fokus.

Die CDU ist eine wertekonservative Partei. Derzeit steht sie mit der FDP in einer Regierungskoalition und stellt seit zwei Legislaturperioden die amtierende deutsche Kanzlerin, Angela Merkel. Nach der Zahl ihrer Mitglieder ist die CDU die momentan zweitgrößte Partei Deutschlands. Die Partei wurde im Juni 1945 gegründet. Ihren ersten Parteitag hielt sie erst 1950 ab. Die CDU ging nach dem zweiten Weltkrieg aus einem Zusammenschluss von katholisch geprägten Strömungen der ehemaligen Zentrumspartei und evangelischen Christen hervor. Diese religiöse Wertevorstellung findet sich bis heute in dem Selbstverständnis der CDU und CSU. Beide Parteien gelten als Schwesterparteien. Da die CSU ihr Engagement auf Landesebene beschränken und dennoch einen Bezug zur Bundesebene beibehalten wollte, ergab sich Bildung einer gemeinsamen Bundestagsfraktion, die programmatisch gemeinsam agiert. Auf Bundesebene bilden CDU und CSU daher eine Einheit.

Copyright. FDP 2013

FDP: Der Koalitionspartner der Union will unnötige Kostensteigerungen durch die Energiewende vermeiden. Daher müsse das EEG grundlegend reformiert werden. So soll die Stromsteuer gesenkt werden und damit der gesamte Energiemarkt marktwirtschaftlicher gestaltet werden. Die Heranführung der erneuerbaren Energien an den freien Markt soll, wenn es nach dem Willen der FDP geht, schneller und konsequenter geschehen. Mittels eines Stufenplans sollen zukünftig alle Anlagengrößen und Technologien zum Wechsel von der festen Einspeisevergütung in die Direktvermarktung und damit zu einem freien Markt gezwungen werden. Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie zu erhalten, hält die FDP an den Vergünstigungen für produzierende Unternehmen in Form von EEG-Umlagen, Netzentgelte und Stromsteuer fest. Weitere Ausnahmeregelungen solle es nicht geben. Durch die Ausnahmeregelungen seien Beschäftigung und Wirtschaftswachstum in Deutschland gesichert.

Die FDP wurde 1948 gegründet und bildet den derzeitigen kleineren Koalitionspartner der CDU. Sie stellt mit Philipp Rösler den amtierenden Vizekanzler. Ihre politischen Wurzeln hat die Partei in den Bewegungen des Vormärz und wurde 1948 von vormaligen Mitgliedern der DDP und DVP gegründet. Nach der Wende gingen die LDPD und die NDPD, ehemalige Blockparteien in der DDR, die DFP und die ostdeutsche F.D.P. in der westdeutschen FDP auf. Durch ihre zurückliegenden Koalitionen auf Bundesebene befindet sich die FDP mittlerweile häufiger in der Regierungsverantwortung als alle anderen Parteien. Insbesondere von linken Kritikern wird der FDP vorgeworfen einen rücksichtslosen Wirtschaftsopportunismus zu vertreten.

 

Im Rahmen der Bundestagswahl 2013 am 22.September veröffentlicht der Milk the Sun Blog ab dem 22.August jeden Tag Interviews mit führenden Köpfen aus Politik, Wirtschaft und Medien.

 

Zum Thema Bundestagswahl und den entscheidenden Fragen der Energiepolitik in Deutschland wurden bisher bereits Interviews mit Caren Lay (DIE LINKE), Rainer Erdel (FDP) und Hans-Josef Fell (Bündnis‘90/Die Grünen) veröffentlicht.

 

Rainer Erdel im Interview: „Die Festlegung von Strompreisen durch die Politik darf kein Dauerzustand sein.“

Rainer Erdel ist seit Oktober 2009 für die FDP Mitglied im Deutschen Bundestag. Er ist ordentliches Mitglied der Ausschüsse für Ernährung, Landwirtschaft und Verbaucherschutz sowie des Ausschusses für Verteidigung. Mit Milk the Sun spricht der selbstständige Landwirt und Vorstandsvorsitzende des Biomasseheizkraftwerks Dietenhofen über die Energiepolitik der schwarz-gelben Bundesregierung, die Perspektive der FDP auf die drängenden Fragen der Energiewende und die Zukunft von Netzausbau, EEG und dem Strompreis für Erneuerbare Energien.

Rainer Erdel sieht die FDP Energiepolitisch auf dem richtigen Weg:

Milk the Sun: Lieber Herr Erdel, wie würden Sie die aktuelle Haltung der FDP zur Energiepolitik und zur Energiewende zusammenfassen?

Rainer Erdel: Die FDP will die Energiewende. Im Unterschied zu anderen Parteien behalten wir neben der Ökologie aber auch Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit im Auge. Die Energiewende wird mit Sicherheit eine der größten Herausforderungen der nächsten Legislaturperiode. Wir werden das EEG umfassend reformieren müssen und den Netzausbau weiter konsequent vorantreiben. Hier haben wir bereits wichtige Weichen richtig gestellt.

Milk the Sun: Die Liste derer, denen als Teil der aktuellen Bundesregierung ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wird, ist lang, sie reicht vom Bundesumweltminister Altmaier, über Bundeswirtschaftsminister Rösler bis zu ihrem parteieigenen Spitzenkandidaten Rainer Brüderle. Doch wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten schwarz-gelben Legislaturperiode ein? Immerhin handelt es sich nach Kanzlerin Merkel um die „erfolgreichste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“. Trifft das aus Ihrer Sicht auch auf die Energiepolitik zu?

Rainer Erdel: Alle drei genannten haben gemeinsam, dass sie das Ziel der Energiewende mit dem nötigen volkswirtschaftlichen Pragmatismus angehen. Dies halte ich für richtig. Sicherlich könnte man den Anteil Erneuerbarer an der Stromproduktion schneller erhöhen, würde man massiv zusätzliche Mittel der Stromverbraucher als Subventionen verteilen. In diesem Zusammenhang darf ich auch an die absurden Vorwürfe erinnern, wir würden die Photovoltaik abwürgen. Unter keiner Bundesregierung wurde soviel Photovoltaik ausgebaut wie unter der schwarz-gelben Koalition. Wir haben es zudem geschafft, die Einspeisevergütung für Photovoltaik deutlich abzusenken, und dieser Technik so eine Zukunft zu geben. Denn klar ist auch: Hätten wir heute noch über 40 Cent Einspeisevergütung pro Kilowattstunde, müssten wir die Förderung für PV-Strom vollständig abschaffen.

Milk the Sun: Bundesumweltminister Altmaier hat sich für ein Auslaufen der Subventionen für Erneuerbare Energien ausgesprochen. Wie stehen Sie zu diesem Beschluss.

Rainer Erdel: Die Festlegung von Strompreisen durch die Politik darf kein Dauerzustand sein. Unser Ziel ist es, die Erneuerbaren an den Markt heranzuführen. Durch Direktvermarktung besteht auch die Möglichkeit einer Preisdifferenzierung zwischen Ökostrom und konventionellem Strom. Manch ein Verbraucher ist sicherlich bereit, da freiwillig ein paar Euro mehr zu zahlen. Gleichwohl wird das Ende aller Subventionen für Erneuerbare Energien sicherlich noch eine Weile dauern – nicht zuletzt da der Bestandsschutz von 20 Jahren für bestehende Anlagen natürlich gilt und von der FDP verteidigt werden wird.

Milk the Sun: Gerade für Einkommensschwache Haushalte ist der hohe Strompreis eine echte finanzielle Zusatzbelastung. Wie glauben Sie, kann diese Belastung aufgehoben werden? Da laut statistischem Bundesamt die wohlhabenderen Haushalte auch die größten Stromverbraucher sind, wären dann nicht zum Beispiel Subventionen für Einkommensschwache angebracht? Welche Alternativen sehen sie zur jetzigen Situation?

Rainer Erdel: Subventionen für den Bezug von teilweise subventioniertem Strom erscheinen mir wenig sinnvoll. Es muss stattdessen darum gehen die Energiepreise insgesamt bezahlbar zu halten. Dazu wollen wir das EEG umfassend reformieren. Bereits in dieser Legislatur haben wir zudem eine Markttransparenzstelle eingerichtet. Diese soll gegen den strukturellen Missbrauch von Marktmacht durch die großen Energiekonzerne vorgehen. Ein funktionierender Wettbewerb ist letztlich eine der Schlüsselvoraussetzungen für bezahlbaren Strom. Denkbar wäre zudem eine Absenkung der Stromsteuer.

Milk the Sun: Am 05. Juli einigten sich Bundeswirtschaftsminister Rösler und Bundesumweltminister Altmaier auf die Bürgerdividende. Die FAZ hat sie mit dem Aufruf zum Kauf von Schatzbriefen unter Wirtschaftsminister Karl Schiller und Finanzminister Franz Josef Strauß verglichen. Aus einigen Lagern wird die Bürgerdividende als eine hochspekulative Anleihe bezeichnet. Ist das linke Propaganda? Wie ist Ihre Position zur Bürgerdividende und wie viel Anreiz wird dadurch für die Bürger geschaffen am Netzausbau mitzuwirken?

Rainer Erdel: Ich habe die Idee der Bürgernetze, also der Beteiligung der Betroffenen an den Energienetzen von Anfang an unterstützt und habe meinen Anteil daran, dass diese Idee dabei ist, Realität zu werden. Wer Anwohner und Landwirte zum Anteilseigner macht, gewinnt Akzeptanz und Unterstützung vor Ort und beschleunigt damit den Netzausbau erheblich. Darüber hinaus bleibt so auch die Wertschöpfung durch die Leitungen in der Region und der gesellschaftliche Nutzen von Stromleitungen wird für die Bürger vor Ort greifbar. Die Renditen bei einer Beteiligung am Netz sind mit um die 5% attraktiv – klar ist aber natürlich auch, dass je nach Form der Beteiligung auch finanzielle Risiken bestehen. Über diese müssen potenzielle Anleger aufgeklärt werden, so dass sie sich frei entscheiden können, ob sie sich beteiligen wollen.

Milk the Sun: Der ambivalente Kompromiss im Handelsstreit zwischen der EU und China, insolvente deutsche PV-Firmen, der ständige Vorwurf an die Erneuerbaren Energien, sie würden Preistreiber sein, es klingt derzeit nicht gerade nach einer positiven Stimmung für Klimaschutz. Wie sieht diesbezüglich Ihre Prognose für die kommende Legislaturperiode aus? Kommt eine Reform, geht es wieder aufwärts, oder steht das Ende der Energiewende an und damit die vielbeschworene Rückkehr zur Atomenergie?

Rainer Erdel: Eine Rückkehr zur Atomenergie in Deutschland ist ausgeschlossen und ein „Ende“ der Energiewende ist geradezu abwegig. Die massiven staatlichen Subventionen für die chinesischen PV-Firmen haben massive Probleme der deutschen Hersteller verursacht. Immerhin führten die deutlich gesunkenen Modulpreise aber auch zu einem nie dagewesenen Zubau an neuen Anlagen in Deutschland. Gerade im Solarbereich konnten die Einspeisevergütungen sehr deutlich reduziert werden. Durch die Einführung des „atmenden Deckels“ haben wir hier zudem die Planungssicherheit für die Branche deutlich verbessert. Bei der anstehenden grundlegenden Reform des EEG wird es darum gehen, die Energiewende entschlossen voranzutreiben, ohne dabei das Ziel der Bezahlbarkeit von Energie zu gefährden. Wer glaubt er kann ohne Rücksicht auf die Kosten agieren, gefährdet mittel- und langfristig den wirtschaftlichen Wohlstand und die öffentliche Akzeptanz der Energiewende. So würde die Energiewende scheitern.

Milk the Sun: Am 12.Juli verkündeten Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler und FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle, dass die FDP einen Neustart der Energiepolitik anstrebt. Im Fokus soll die CO2 Reduzierung stehen. Das EEG müsse schnell und grundlegend reformiert werden, so die Herren Rösler und Brüderle. Sie forderten „mehr Markt, weniger Planwirtschaft“. Empfinden Sie das aktuelle EEG tatsächlich als Planwirtschaft? Wie ist die Aussage von Herrn Brüderle und Herrn Rösler Ihrer Meinung nach aufzufassen?

Rainer Erdel: Das EEG hat es geschafft die Erneuerbaren Energien schnell und konsequent einzuführen und auch rasch zu ersten Kostensenkungen zu kommen. Es ist in der jetzigen Form allerdings ein untaugliches Instrument, wenn es darum geht große Mengen fluktuierender, erneuerbarer Energiequellen in ein Gesamtsystem zu integrieren. Bedarfsgerechte Stromproduktion bzw. Speicherung von Energie war kein Thema, solange die Erneuerbaren keine nennenswerten Anteile am Energiemix hatten. Dies ist heute anders. Wenn wir bedarfsgerechte Produktion und Verbrauch wollen, dann geht dies sinnvollerweise nur über marktwirtschaftliche Anreize. Starre Einspeisevergütungen pro Kilowattstunde – egal ob der Strom gerade gebraucht wird oder zu negativen Preisen ins Ausland abgegeben werden muss – haben daher ausgedient.

Milk the Sun: Der Netzausbau ist, sowohl aus logischer als auch aus realpolitischer Überlegung heraus, die nötige Konsequenz, um eine Versorgungssicherheit sicherzustellen und gleichzeitig die Möglichkeit einer Abwendung von den traditionellen Energien zu erwirken. – Was würden Sie auf diese Aussage erwidern?

Rainer Erdel: Die Aussage ist richtig, bedarf aber einer Ergänzung. Angesichts der hohen Kosten des Netzausbaus – materiell wie immateriell – sind alle Möglichkeiten, den Netzausbau auf das notwendige Minimum zu begrenzen, zu ergreifen. Dazu gehört unter anderem auch den Stromverbrauch möglichst intelligent zu steuern (Smart Grids) und vorhandene Regelenergiepotenziale, wie etwa bei Biogasanlagen zu heben.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Rainer Erdel: Der These, dass „wenig passiert“, würde ich widersprechen. Richtig ist aber, dass auf globaler Ebene noch wesentlich mehr geschehen müsste. Das Problem ist, dass es weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll ist, als einzelner Staat zu weit „vorauszureiten“. Es wäre nichts gewonnen, wenn etwa die deutsche Industrie aufgrund unserer Klimaschutzpolitik massenhaft ins Ausland abwandert und dort zu niedrigeren Energiekosten aber bei höherem Verbrauch produziert. Die FDP hält deswegen am Ziel fest, den internationalen Emissionshandel voranzubringen und will diesen beispielsweise auf den Luftverkehr ausweiten. Internationale Klimaschutzabkommen müssen mit Nachdruck verfolgt und weiterentwickelt werden.

Milk the Sun: Bei wem sehen Sie die Hauptverantwortung für ein Gelingen einer Energiewende? Bei den Bürgern? Bei den Wählern? Bei den Parteien und Politikern? Bei den Vertretern der Industrie und Wirtschaft? Bei den Medien? Oder handelt es sich vielmehr um ein Zusammenwirken aller?

Rainer Erdel: Ein gesellschaftliches Großprojekt wie die Energiewende gelingt dann, wenn sich jede und jeder fragt was sie/er selbst zum Gelingen der Energiewende beitragen kann.

Milk the Sun: Eine letzte Frage zum Schluss. Worauf freuen Sie sich im nächsten halben Jahr politisch am Meisten?

Rainer Erdel: Viele große Projekte wurden in dieser Legislatur angeschoben, müssen aber in der nächsten Wahlperiode konsequent weiterverfolgt werden. Ich freue mich darauf das Thema Energiewende weiter voranzutreiben, aber auch etwa die Gemeinsame EU-Agrarpolitik auf nationaler Ebene umzusetzen und den Strukturreformprozess der Bundeswehr weiter zu begleiten.

 

Wir bedanken uns bei Herrn Erdel für das Interview.

 

Caren Lay im Interview: “ Die Beschleunigung der Energiewende wird nur dann gelingen, wenn die soziale Frage als integraler Bestandteil des ökologischen Umbaus der Energieversorgung begriffen wird.“

Caren Lay ist seit Juni 2012 stellvertretende Parteivorsitzende der Partei DIE LINKE. Das Mitglied des Naturschutzverbandes BUND klärt im Interview mit Milk the Sun über die Aspekte linker Klimaschutzpolitik auf. Sie nimmt Stellung zu den Themen Bürgerdividende, der Forderung nach einer staatlicher Strompreisaufsicht, Überführung des Stromnetzes in die öffentliche Hand, Auflösung der Vormachtstellung großer Stromkonzerne und zum Zusammenhang zwischen Subventionen für Erneuerbare Energien und der Position von einkommensschwachen Familien.

Die stellvertretene Parteivorsitzende der Partei DIE LINKE, Caren Lay, betont, dass die Energiewende und die soziale Frage eng miteinander verbunden sind. (C) Barbara Dietl

Milk the Sun: Liebe Frau Lay, wo sehen Sie die Verbindung zwischen den Themenbereichen Energieeffizienz, Erneuerbaren Energien, Energiewende und dem Komplex der sozialen Gerechtigkeit, einem der zentralen Punkte im Selbstverständnis Ihrer Partei.

Caren Lay: Die Verbindung ist wechselseitig. Zum einen ist der Kampf um globale soziale Rechte unlösbar verbunden mit einer ambitionierten Klimaschutzpolitik, verschärft der fortschreitende Klimawandel doch das tägliche Ringen von Millionen Menschen ums Überleben. Die Energiewende ist also auch ein Beitrag zu globaler Gerechtigkeit.

Zum anderen muss die konkrete Ausgestaltung des Umbaus der Energieversorgung sozial gestaltet werden, soll er nicht scheitern. Die Energiepreis-Debatte der letzten Monate zeigt, wie wichtig die Akzeptanz der Energiewende für ihr Gelingen ist. Für uns ist klar: Energie muss auch für einkommensschwache Haushalte bezahlbar bleiben. Denn die Versorgung mit Strom und Wärme ist eine Grundvoraussetzung für ein menschenwürdiges Wohnen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Das Streben nach sozialer Gerechtigkeit und die Energiewende, oder weiter gefasst: ein ökologischer Umbau unserer Lebens- und Wirtschaftsweisen, sind zwei Seiten einer Medaille. Wir haben das in den letzten zwei Jahren im Rahmen des Projekts „PLAN B – Das rote Projekt für einen sozial-ökologischen Umbau“ mal durchbuchstabiert. Dabei hat sich unsere Ausgangsthese erhärtet: Der ökologische Umbau kann nur dann gelingen, wenn er durchgehend als soziales und demokratisches Erneuerungsprojekt angelegt ist.

Milk the Sun: Die LINKE wird in der öffentlichen Wahrnehmung eher weniger mit dem Forcieren der Energiewende und dem Einsatz für erneuerbare Energien in Verbindung gebracht, auch wenn Sie als stellvertretene Vorsitzende immer wieder die Wichtigkeit dieser Themen betonen. Können Sie die Eckpfeiler Ihrer Energiepolitik umreißen?

Caren Lay: Wir wollen einen konsequenten Umbau der Energieversorgung hin zu vorrangig dezentralen erneuerbaren Energien bei gleichzeitig sparsamem und effizientem Umgang mit Energie. Dazu müssen wir uns von der Energiewirtschaft des letzten Jahrhunderts verabschieden. Wir setzen uns dafür ein, dass der Atomausstieg beschleunigt wird und fordern ein Kohleausstiegsgesetz. Letzteres soll nach dem Scheitern des Emissionshandels den Neubau von Kohlekraftwerken verbieten und analog zum Atomausstiegsgesetz Restlaufzeiten für die bestehenden Kohlekraftwerke festschreiben. Das letzte Kohlekraftwerk soll in Deutschland spätestens 2040 vom Netz gehen. Ein gesetzlich fixierter Ausstieg aus der Kohle- und Atomkraftnutzung gibt auch Planungssicherheit für eine soziale Gestaltung des Strukturwandels in den Braunkohlerevieren und an den Kraftwerksstandorten. Denn ein bloßer Verweis auf die Jobmaschine Erneuerbare Energien hilft den Menschen vor Ort nicht weiter.

Dies deutet auch schon auf einen weiteren Eckpfeiler unserer energiepolitischen Vorstellungen hin. Die Beschleunigung der Energiewende wird nur dann gelingen, wenn die soziale Frage als integraler Teil des ökologischen Umbaus der Energieversorgung begriffen wird. Das erfordert eine gerechte Verteilung der Energiewendekosten, z.B. durch die Streichung der ungerechtfertigten Industrie-Privilegien bei EEG, Ökosteuer und Netzentgelten. Um Energiearmut zu vermeiden, wollen wir einen Sockeltarif für Strom einführen. Jeder Haushalt soll abhängig von der Haushaltsgröße ein kostenloses Grundkontingent an Strom erhalten. Der Strompreis über diesem Gratis-Sockel würde dann allerdings teurer als heute. Die Strompreise nähmen also einen progressiven Verlauf. Damit würde eine Grundversorgung mit Strom sichergestellt und gleichzeitig die Energieverschwendung eingedämmt. Über die Details der Ausgestaltung dieses Tarifs können wir gerne diskutieren. Unverhandelbar aber ist, dass wir schnellstens etwas gegen die über dreihunderttausend Stromsperren pro Jahr unternehmen müssen. Deutschland erfüllt hier selbst die Mindestanforderungen des EU-Rechts nicht. DIE LINKE will Strom- und Gassperren gesetzlich verbieten.

Last but not least: Die Energiewende eröffnet auch Chancen für eine Demokratisierung der Energieversorgung: kommunale Stadtwerke und Energie in Bürgerhand statt E.ON, Vattenfall & Co.. Der Boom der Energiegenossenschaften in Deutschland wie auch das Berliner Energie-Volksbegehren mit dem interessanten Vorschlag eines demokratisierten Stadtwerkes gehen hier in die richtige Richtung.

Milk the Sun: Ein Statement, das von Seiten ihrer Partei und auch von Ihnen immer wieder aufgegriffen wird, ist, die Forderung der Einführung einer staatlichen Preisaufsicht für Stromkonzerne. Wie stellen Sie sich die rechtliche und politische Legitimation dafür vor?

Caren Lay: Die politische Legitimation liegt auf der Hand. Die Beschaffungskosten für Strom am Börsen-Terminmarkt liegen heute auf dem Niveau von 2007, die Endpreise für Haushaltsstrom – abzüglich Steuern und Abgaben – sind aber im Durchschnitt um 2,5 Cent pro Kilowattstunde angestiegen. Über zehn Jahre nach der Liberalisierung des Strommarktes ist das Versprechen, dass der Wettbewerb für niedrige Preise sorgt, nicht aufgegangen. Der Anbieterwechsel scheint für viele Kundinnen und Kunden ein nerviges bürokratisches Procedere und damit ein Hindernis zu sein, dass nur wenige überschreiten. Diese Situation beschert vielen Energieversorgern leistungslos Extraprofite. Sie geben gestiegene Einkaufspreise unmittelbar an Endkunden weiter, Preissenkungen wie in den letzten beiden Jahren aber so gut wie nie – zumindest nicht an die Haushaltskunden.

Wir fordern deshalb eine Aufsicht und Regulierung des Endkundengeschäfts beim Strom. Wir wollen daher im Energiewirtschaftsgesetz eine an den Bedingungen des liberalisierten Strommarktes angepasste Strompreisaufsicht auf Bundesebene festschreiben. Der Regulierungsbehörde muss dabei ein Beirat mit Vertreterinnen und Vertreten von Verbraucher-, Umwelt- und Sozialverbänden zur Seite zu stellen. Sie sollen eine „watchdog“-Funktion gegenüber der Behörde übernehmen.

Milk the Sun: Im Bundestag äußerten Sie am 19.Oktober 2012: „Die Stromnetze erfüllen eine öffentliche Aufgabe. Sie sind Teil der öffentlichen Infrastruktur und deswegen gehören sie auch endlich wieder in öffentliche Hand.“ Von der politischen und rechtlichen Grundlage einmal abgesehen, wie stellen Sie sich denn die Finanzierung für Wartung und Unterhalt der Stromnetze konkret vor, wenn sie denn einmal in öffentlicher Hand sein sollten?

Caren Lay: Der Netzbetrieb ist heute recht strikt reguliert, auch was die Berechnung der Netzentgelte angeht. Gegenwärtig erhält jeder Netzbetreiber eine Eigenkapitalverzinsung zwischen sieben und neun Prozent gesetzlich garantiert. Neun Prozent für Neuinvestitionen – wo findet man so etwas heute noch, bei dieser garantierten Sicherheit? Der Netzbetrieb lohnt sich also, erst dann wird er ja interessant für private Unternehmen. Die machen das ja nicht als selbstlosen Beitrag zum Gemeinwohl, sondern weil sie damit Gewinne machen – und das auch noch staatlich abgesichert.

Diese gesicherten Einnahmen wollen wir in öffentliche Kassen fließen lassen statt die Gewinne der Energiekonzerne aufzubessern. Über die gesetzlich abgesicherte Eigenkapitalverzinsung sind Kredite der öffentlichen Hand für Neuinvestitionen in die Netze problemlos zu bedienen. Liegen die Stromnetze in öffentlicher Hand, könnten die Netzentgelte langfristig sinken oder die Einnahmen könnten für die ökologische oder soziale Gestaltung der Energiewende verwendet werden.

Mal abgesehen von der Kostenfrage: der Umbau der Infrastruktur des Stromsektors droht zum Nadelöhr für den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien in den kommenden Jahren zu werden. Denn Energiespeicher existieren kaum, die Stromnetze sind noch auf „Grundlast“ gepolt. Dies wollen wir nicht den Interessen privater Unternehmen oder dem Zufall überlassen: strategische Infrastrukturen wie Stromnetze oder große Stromspeicher gehören in die öffentliche Hand.

Milk the Sun: Die freiwillige Aufgabe einer vorteilhaften Position zum Wohle aller, ist eine interessante Idee, aber in der Praxis ist ihre Umsetzung eher selten. Dies trifft für alle Lebenslagen und Unternehmen, jede Institution oder Partei zu? Warum glauben Sie, dass diejenigen, die Sie mit ihrer Energiepolitik ein stückweit entmachten, die Sie offen angreifen, dies über sich ergehen lassen werden?

Caren Lay: Ja, wir wollen insbesondere die vier großen Stromkonzerne entmachten. Die Politik muss den Rahmen setzen für die Energiewirtschaft. Die Rücknahme der Laufzeitverlängerungen für die Atomkraftwerke hat – bei aller Kritik, die wir im Detail daran haben – deutlich gemacht, über welche Mittel der Gesetzgeber gestärkt durch eine gesellschaftliche Bewegung verfügt. Hier müssen wir nun nachlegen. Das Abschalten einzelner Atomkraftwerke und das parallele Wachstum der erneuerbaren Energien sind ein erster Schritt, um die Macht der Konzerne zu brechen. Weitere wären ein beschleunigter Atomausstieg, ein klares „Nein“ zu Neubauten von Kohlekraftwerken sowie die weitere Förderung dezentraler erneuerbarer Energien. Die zahlreichen lokalen Initiativen zur Rekommunalisierung der Energieversorgung, Energiegenossenschaften oder Bürgerkraftwerke könnten den Konzernen den Rest geben. Dies wird kein Zuckerschlecken, aber das ist das Engagement für gesellschaftliche Veränderung nie.

Milk the Sun: Bundesumweltminister Altmaier sprach sich am 30.Juni gegen weitere Subventionen für die Erneuerbaren Energien aus: „Wir müssen die Energiepolitik künftig marktwirtschaftlich ausrichten … Es läuft bei der Energiewende noch zu viel unkoordiniert ab.“ Was halten Sie von Herrn Altmaiers Vorstoß, die Subventionen für Erneuerbare Energien in fünf Jahren auslaufen zu lassen?

Caren Lay: Der Anteil Erneuerbarer an der Stromversorgung von derzeit 25 Prozent treibt die zentralen Strukturen der Energiewirtschaft an systemische Kipppunkte. Die gegenwärtigen Vorstöße aus dem schwarz-gelben Lager sehe ich als Versuch, die Interessen der konventionellen Energiewirtschaft angesichts dieser Situation noch für ein paar Jahrzehnte abzusichern. Das lehnen wir strikt ab. Wir wollen die Weichen konsequent in Richtung einer Vollversorgung mit erneuerbaren Energien stellen.

Konkret zum EEG: Die zentralen Säulen des EEG – der Einspeisevorrang von Ökostrom sowie garantierte, kostenorientierte Vergütungssätze – müssen erhalten bleiben. Unter dieser Bedingung sollte das EEG zukünftig mehr Anreize dafür setzen, dass die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stärker zur Versorgungssicherheit und Funktionsfähigkeit des gesamten Energiesystems beiträgt.

Ebenso wichtig, wie das EEG fit für die nächsten 25 Prozent erneuerbare Energien an der Stromversorgung zu machen, ist eine Reform des Strommarktdesign. Die gegenwärtigen Kapriolen der Preisbildung an der Strombörse führen uns in eine Sackgasse. Wir wollen nicht die erneuerbaren Energien in diesen, auf die alte Energiewirtschaft zugeschnittenen Strommarkt integrieren, sondern das Marktdesign so umgestalten, dass fluktuierende erneuerbare Energien im Zentrum stehen.

Milk the Sun: Herr Altmaier sagte in dem Zusammenhang mit der Einstellung der Subventionen für die Erneuerbaren Energien: „Sozialtarife für Einkommensschwache müssten von den Facharbeitern und Mittelverdienern bezahlt werden. … Wenn der Strompreis um drei bis vier Prozent steigt, kann man mit einer klugen Stromsparberatung mindestens genau so viel Verbrauch einsparen.“ Wie denken Sie über den Standpunkt von Herrn Altmaier bezüglich der Subventionen für Einkommensschwache?

Caren Lay: Energiesparberatung ist eine gute Sache. Wir wollen sie flächendeckend anbieten und das kostenlos. Aber erklären sie doch zum Beispiel mal einer vierköpfigen Familie mit einem monatlichen Netto-Einkommen von 2000 Euro, sie solle schnellstmöglich 500 Euro für einen Kühlschrank der Energiesparklasse A+++ ausgeben und das Wasser nicht mehr per Durchlauferhitzer erwärmen. Da hilft die beste Energieberatung nichts, wenn parallel der Schulausflug der Tochter oder ähnliches finanziert werden muss. Wir haben daher den Vorschlag einer Abwrackprämie für Stromfresser gemacht. Privathaushalte sollen bei Neuanschaffung eines Kühlschranks, einer Wasch- oder Spülmaschine mit der Energieeffizienzklasse A+++ einen Zuschuss von 200 Euro erhalten – wenn das zu ersetzende Gerät älter als zehn Jahre ist und das Neugerät derselben Geräteklasse angehört.

Ergänzend würde der schon genannte Sockeltarif für Strom ja auch den Facharbeiterinnen und Mittelverdienern zugutekommen – wenn sie unterhalb des Durchschnittsverbrauchs liegen. Vielverbraucher – und das sind laut Statistischen Bundesamt die wohlhabenderen Haushalte – wollen wir hingegen mit zusätzlichen Kosten belasten. Ja, dazu stehen wir.

Milk the Sun: Wie ist Ihre Haltung zur Bürgerdividende, auf die sich Bundesumweltminister Altmaier und Bundeswirtschaftsminister Rösler am 05. Juli einigten?

Caren Lay: Die Bürgerdividende soll Bürgerinnen und Bürger am Netzausbau beteiligen, ja Akzeptanz schaffen. Natürlich nur jene, die sich auch eine derartige Anleihe leisten können. Geringverdiener bleiben außen vor, sie haben die neue Leitung vor der Haustür hinzunehmen, während der Nachbar mit dem nötigen Kleingeld die Rendite von fünf Prozent einstreicht. Wir setzen lieber auf eine Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in einem sehr frühen Planungsstadium bei Netzausbauprojekten. Die Erfahrungen in anderen Infrastrukturprojekten zeigen, dass eine frühzeitige Bürgerbeteiligung noch vor der Erstellung konkreter Planungsunterlagen nicht nur akzeptanzfördernd wirkt, sondern erfahrungsgemäß auch die Vorhaben beschleunigt. Werden Streitpunkte frühzeitig und ohne Hast diskutiert und ausgeräumt, bleiben zeitraubende gerichtliche Anfechtungen von Ausbaugenehmigungen oftmals erspart. Voraussetzung sind aber wirkliche Mitgestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Bürgerbeteiligung.

Aber zurück zur Rendite der Bürgerdividende, die scheint ja gar nicht so sicher zu sein. Das erste Pilotprojekt des Netzbetreibers Tennet in Schleswig Holstein ist ja in Wirklichkeit ein hochspekulatives Geschäft. Verkauft wird ja keine Beteiligung an einer Stromleitung, sondern die Bürgerin gibt Tennet per „Bürgerdividende“ einen Kredit. Geht Tennet pleite, ist das Geld futsch. Wie in der FAZ zu lesen war, hat die Ratingagentur Standard & Poor’s die Anleihe mit BB+ bewertet – als hochspekulative Anleihe. Das brauche ich wohl nicht weiter zu kommentieren…

Milk the Sun: Am 12.Juli verkündeten Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler und FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle, dass die FDP einen Neustart der Energiepolitik anstrebt. Im Fokus soll die CO2 Reduzierung stehen. Das EEG müsse schnell und grundlegend reformiert werden, so die Herren Rösler und Brüderle. Sie forderten „mehr Markt, weniger Planwirtschaft“. Wie stehen Sie als stellvertretene Vorsitzende der Partei Die LINKE und Befürworterin der Energiewende zu solch einer Äußerung? Ist das Wahlkampfsäbelrasseln, Dummheit oder nehmen Sie das ernst?

Caren Lay: Das ist Interessenpolitik für die konventionelle Energiewirtschaft. Und in der Wortwahl komplett ideologisch verblendet. Während die Fachpolitiker der FDP sich vor Jahren zu einer Unterstützung des EEG durchgerungen haben, verharren Rösler und Brüderle in den neoliberalen Schützengräben der 1990er Jahre. Aber die Chancen stehen ja nicht schlecht – und das ist auch meine Hoffnung-, dass die beiden Herren ihren Kampf für den freien Markt nach dem 22. September außerparlamentarisch fortsetzen müssen.

Milk the Sun: Der Netzausbau ist, sowohl aus logischer als auch aus realpolitischer Überlegung heraus, die nötige Konsequenz, um eine Versorgungssicherheit sicherzustellen und gleichzeitig die Möglichkeit einer Abwendung von den traditionellen Energien zu erwirken. – Was würden Sie auf diese Aussage erwidern?

Caren Lay: Die derzeitigen Netzausbaupläne bewirken eben leider keine Abwendung von den traditionellen Energien. Sie gehen vom langfristigen Weiterbetrieb großer Kohlekraftwerke aus, setzen im Vergleich zu heute höhere Volllastzeiten von Braunkohlekraftwerken an. Der Umbau der Stromnetze müsste stattdessen vom Endpunkt einer erneuerbaren Vollversorgung her konzipiert werden. Er müsste zukünftige Strom- und Wärmespeicher sowie eine Ausweitung des Lastenmanagements großer Stromverbraucher berücksichtigen. Dann ließen sich nicht nur einige Kilometer Netzausbau sparen, sondern man könnte der zitierten Aussage auch zustimmen. So aber passt sie nicht mit der Wirklichkeit zusammen.

Milk the Sun: Welche Möglichkeiten des Einzelnen sehen Sie hinsichtlich der Mitgestaltung der Energiewende? Reicht es, die Partei zu wählen, die die besten Wahlversprechen leistet, oder glauben Sie, es gibt für den Einzelnen weitere Möglichkeiten aktiv und mit deutlichen Resultaten an der Energiewende mitzuwirken?

Caren Lay: Jetzt könnte ich die üblichen Vorschläge machen: Standby-Schaltungen aus; Raumtemperatur um ein Grad senken, Stromanbieter wechseln oder – bei entsprechenden finanziellen Rücklagen – Mitglied in einer Energiegenossenschaft werden. Wichtig für die Energiewende in den kommenden Jahren wird aber neben dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien der Umbau der bisherigen Infrastruktur des Stromsektors wie Netze und Speicher sowie ein komplett neues Strommarktdesign. Das ist der Gesetzgeber gefragt. Auch wenn es zu anderen Regierungskoalitionen kommt, ist eine kritische Opposition wichtig. Deshalb: am 22. September DIE LINKE wählen. Und wer in Hamburg oder Berlin wohnt, sollte dort mit einem „Ja“ den dortigen „Energie“-Volksentscheiden zum Durchbruch verhelfen.

Milk the Sun: Eine letzte Frage noch ganz zum Schluss. Welcher Song ging Ihnen in letzter Zeit nicht mehr aus dem Kopf und warum?

Caren Lay: “Let the sunshine in” aus dem Musical Hair. Zum einen haben wir uns alle nach dem harten Winter über den Super- Sommer gefreut und es erinnert auch ein bisschen an die Hippie-Ära. Zum anderen ist es doch auch ein schönes Motto für die Politik!

 

Wir bedanken uns bei Frau Lay für das Interview.

 

Gehrlicher-Insolvenz: Chancen für einen zukünftigen Investor stehen gut

Der Insolvenzverwalter der Gehrlicher Solar AG sieht  für das Unternehmen gute Chancen am Markt. Insbesondere die Investorengespräche bezüglich der US-amerikanischen Tochterfirma gingen gut voran. Der Lohn der Mitarbeiter ist bis Ende September gesichert. Die derzeitig im Bau befindlichen Photovoltaik-Projekte können rechtzeitig fertiggestellt werden.

Laut dem Insolvenzverwalter Oliver Schartl sehen die Chancen einen Investor für die Gehrlicher Solar AG sehr gut. iStockphoto.com©fotolinchen (2)

Die Investorengespräche um die Insolvente Gehrlicher Solar AG stehen nach Berichten von SolarServer kurz vor dem Abschluss. Demnach äußerte sich der derzeitige Insolvenzverwalter bezüglich der Zukunft des Traditionsunternehmen sehr positiv. Er gehe davon aus, dass die Gehrlicher Solar AG in großen Teilen erhalten werden kann, so Insolvenzverwalter Oliver Schartl. Den Mitarbeitern könne bis Ende September ihr Gehalt zugesichert werden und die derzeitigen im Bau befindlichen Photovoltaikprojekte würden rechtzeitig fertig gestellt.

Die US-amerikanische Tochterfirma der Gehrlicher Solar AG hat derzeit laut Schartl besonders gute Aussichten auf einen Investor. Der Verkauf der US-Geschäfte sei bereits absehbar. Die anderen Auslandsgesellschaften der Gehrlicher Solar AG liefen stabil und seien von dem Insolvenzantrag nicht direkt betroffen, so SolarServer. Um das Mutterunternehmen besser am Markt aufstellen zu können, wird der Restrukturierungsprozess, der bereits vor dem Insolvenzantrag begonnen wurde, weiterverfolgt.

Während jedoch Insolvenzverwalter Schartl eine positive Zukunft der Solarbranche sieht, erwartet das Gehrlicher Solar AG Vorstandsmitglied Richard von Hehn weiterhin schwere und unsichere Zeiten, insbesondere durch den Kompromiss im Handelsstreit zwischen China und der EU: „Grundsätzlich nützt der Deal niemandem, da er weiterhin Arbeitsplätze auf allen Ebenen der PV-Wertschöpfungskette gefährdet.“ Allerdings räumt von Hehn ein, dass das Abkommen zu einer Beruhigung des seit Monaten aufgebrachten PV-Marktes führt.

 

Quelle: SolarServer

 

Emissionshandel: DUH macht Bundeswirtschaftsminister Rösler und die Bundesregierung für den Niedergang des europäischen Emissionshandels verantwortlich

Eine Studie der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) geht davon aus, dass der Boom der Kohlekraft in Deutschland für den Anstieg der Stromexporte verantwortlich zu machen ist. Die DUH begründet dies im Niedergang des europäischen Emissionshandels. Verantwortung trage die schwarz-gelbe Bundesregierung und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Die DUH ruft die kommende Bunderegierung dazu auf, neue Instrumente des Klimaschutzes zu erlassen um die CO2-Emissionsziele für 2050 doch noch einhalten zu können.

Eine angestellte Studie belegt laut DUH den Zusammenhang zwischen Stromexportanstieg, Niedergang des Emissionshandels und Kohlekraftboom.

Eine Studie der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) hat ergeben, dass für die großen Stromexporte aus Deutschland im letzten Jahr nicht die Förderung des Ökostroms, sondern der Boom der Kohlekraft verantwortlich ist. Der Grund, warum gerade der Kohlestrom so günstig ins Ausland verschoben werden könne, liegt laut DUH in dem Niedergang des europäischen Emissionshandelssystems begründet; Strom aus Kohlekraftwerken kann konkurrenzlos billig angeboten werden.

Die Untersuchungen der DUH gehen davon aus, dass sich die Entwicklungen, die sich bereits 2012 ankündigten, 2013 zusätzlich verstärken werden. Es sei davon anzunehmen, dass in diesem Jahr die 30 Terawattstunden-Marke erreicht werden wird. Dies entspricht in etwa der Jahresproduktion von knapp fünf großen Kohleblöcken. Der Exportsaldo des Vorjahresvergleichszeitraums legte laut DUH im ersten Halbjahr 2013 noch einmal um 50 Prozent zu. Die Beiträge der einzelnen Energieträger im ersten Halbjahr 2013 verschoben sich signifikant hin zur Braun- und Steinkohle. Während die Energieerzeugung aus Atomenergie fast unverändert blieb, die Erdgasenergie einen herben Einbruch zu verzeichnen hatte und die Erneuerbaren Energien unwesentlich zurück gingen, was auf ein geringes Windangebot zurückzuführen sei, erlebte die Kohleenergie einen klaren Anstieg gegenüber 2012.

„Das Gerede vom Ökostrom-Überschuss ist ein Märchen. Was wir stattdessen erleben ist ein neuer Kohleboom und damit einen Anstieg der nationalen Treibhausgasemissionen. Das ist das exakte Gegenteil der Energiewende, die wir uns vorgenommen haben“, sagt Gerd Rosenkranz, Leiter der Abteilung Politik und Presse der DUH, in einer Presseerklärung. Aufgrund des Zusammenbruchs des europäischen CO2-Zertifikatshandels sei es Betreibern von Kohlekraftwerken möglich, ihre Stromerzeugnisse konkurrenzlos billig anzubieten. Rosenkranz erklärt den Niedergang mit dem Widerstand von Seiten des deutschen Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gegen eine wirksame Reform des europäischen Emissionshandels. Die schwarz-gelbe Regierung wolle die Energiewende vor die Wand fahren, so Rosenkranz.

Der Leiter der Anti-Kohle-Kampagne der DUH, Jürgen Quentin, sieht die CO2-Emissionsziele, die sich die Bundesregierung für 2020 stellte, in Gefahr. 2012 hätte der CO2-Ausstoß schon fast 13 Tonnen über dem mit 65 Mio. Tonnen vorgesehenen Richtwerk gelegen. So würde der nächste Schritt in der Energiewende, der laut DUH über die Nutzung von Gaskraftwerken führe nicht erreicht. Gaskraftwerke seien wesentlich flexibler als Kohlekraftwerke und würden von einem funktionierenden CO2-Zertifikathandel profitieren.

Es komme nun, laut DUH, auf die nächste Bundesregierung an. Allerdings sei auch innerhalb der SPD traditionsgemäß eine Nähe zum Kohlebergbau zu verorten. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat indes bereits bewiesen, dass sie sich nicht gegenüber den Kohlekraftwerkbetreibern durchzusetzen vermag, so heißt es in der DUH-Presseerklärung. Die zukünftige Bundesregierung sei in der Pflicht, neue Klimaschutzinstrumente auf den Weg zu bringen, um den Emissionshandel zu unterstützen. Andernfalls seien die Klimaschutzziele nicht zu erreichen, so die DUH.

Quelle: Presseerklärung DUH

Der australische Photovoltaikausbau steigt auf 2,4 GW – First Solar will bis 2015 zwei Projekte mit insgesamt 155 MW umsetzen

Der Photovoltaikausbau in Australien wächst laut einem im Juni erschienen Statusbericht der Australian Photovoltaik Association beständig. Derzeit wird an zwei Projekten gearbeitet. Ein PV-Kraftwerk mit 102 Megawatt Nennleistung und eine kleinere Anlage mit 53 Megawatt. Beide sollen in den Bundesstaaten New South Wales entstehen. Es wird der bisher größte Solaranlagenzubau in ganz Australien. Den Auftrag für Planung, Bau und Wartung der Anlagen erhielt First Solar.

Der australische PV-Ausbau nimmt zu, nun will First Solar bie 2015 Projekte mit einer Gesamtleistung von 155 MW verwirklichen. iStockphoto.com©Milacroft

Dass in Australien die Sonne scheint, lernt hierzulande jedes Kind. Doch neuerdings scheinen auch verschiedene Photovoltaikfirmen erkannt zu haben, dass der australische Kontinent ein guter Ort für die Solarenergieerzeugung ist. Immerhin hat das Land auf der anderen Seite des Globus laut dem australischen Bureau of Meteorology im Jahresdurchschnitt abhängig von der Region rund 7,7 Sonnenstunden am Tag. Im Vergleich dazu hat Deutschland knappe 4 Sonnenstunden pro Tag im Jahresdurchschnitt erreicht. Ein Ausbau der Photovoltaik- und Solarenergieerzeugung bietet sich also im Land auf der anderen Seite des Globus an.

Und tatsächlich: Wie IWR berichtete, nimmt der PV-Ausbau laut einem Statusbericht der Australian Photovoltaik Association (APVA) in Australien rasant Fahrt auf. Der Zubau hätte im zurückliegenden Jahr bereits die Netzkapazität erreicht. Demnach stieg die Kapazität von 1,04 Gigawatt auf 2,4 Gigawatt. 98 Prozent der Anlagen speisen ihre Energieerzeugnisse direkt ins Netz ein. Nun sollen zwar die staatlichen Förderungen zunehmend wegfallen, doch ist nicht von einem Rückgang des Ausbaus auszugehen. Insgesamt hatte die installierte PV-Technik 70 Prozent Anteil an dem Zubau der Jahresenergieerzeugungsleistung 2012.

Laut IWR liegt der Grund in dem starken Zuwachs der Photovoltaikanlagen in Australien bei den fallenden Installationskosten, die im Durchschnitt unter das Niveau von 2011 gefallen sind. Zusätzlich hätten sich die PV-Gesamtsystemkosten an die Kosten für einzelne Photovoltaikmodule angeglichen. Besonders populär seien laut IWR Dachphotovoltaikanlagen gewesen. Wenn das Marktwachstum in dieser Form anhält ist mit einem Marktwachstum auf 62 Milliarden Kilowattstunden Solarstrom bis 2050 zu rechnen, was 16 Prozent der Gesamtstromproduktion entspräche. Regenerative Energie schlagen im Gesamtenergiemix Australiens derzeit erst mit 13 Prozent zu Buche, damit fällt zwei Drittel auf Wasserkraft. 70 Prozent des Energiemix in Australien stellt allerdings noch immer die Gewinnung aus Kohlekraft.

Wie SolarServer jetzt berichtet, hat die amerikanische Firma First Solar nun die Finanzierung, Planung, den Bau und die Wartung von zwei großen PV-Projekten in New South Wales übernommen. Das eine Projekt besitzt eine Nennleistung von 102 Megawatt, Wechselstrom, die kleinere Anlage wird 53 AC Megawatt erzeugen. Bei Anlagen werden gemeinsam im Jahr rund 360 Gigawattstunden Strom erzeugen können.

Es ist das derzeit größte PV-Projekt, das in Australien verwirklicht werden soll, berichtet Jack Curtis, Vizepräsident der Geschäftsentwicklung von First Solar, laut SolarServer. Es wird davon ausgegangen, dass die beiden Projekte die Akzeptanz und die Wahrnehmung von Solar- und Photovoltaikenergie in Australien enorm zum Positiven verändern werden.

Die Australische Regierung unterstützt das Großprojekt mit mehr als 200 Millionen US-Dollar. 167 Millionen werden von der australischen Agentur für erneuerbare Energien übernommen (ARENA), die Regionalregierung von New South Wales bringt ihrerseits weitere 64,9 Millionen US-Dollar auf. Damit wird das Photovoltaik-Großprojekt Gesamtkosten von rund 450 Millionen USD verschlingen. Baubeginn ist 2014. Ende 2015 soll dann alles fertig sein und der kommerzielle Betrieb aufgenommen werde.

 

Quellen: Bureau of Meterology, SolarServer, IWR

Produktionskosten für PV-Module aus China sollen weiter fallen

Die Kosten für chinesische PV-Module sinken weiter. Bis 2017 soll die Produktion auf rund 0,35 Dollar sinken. Derzeit bewegen sich die Produktionskosten bei rund 0,50 Dollar pro Watt Leistung. China hat indes mit der starken Abhängigkeit seiner heimischen PV-Industrie vom Export zu kämpfen. Peking plant daher in den kommenden Jahren die Stärkung des binnenländischen Absatzmarktes.

Eine neue Studie zeigt, dass die Produktionskosten für chinesische PV-Module weiter fallen. iStockphoto.com©BanksPhotos3

IWR berichtet, dass die Produktionskosten für chinesische Solarmodule weiter fallen werden. IWR beruft sich dabei auf eine aktuelle Studie von GTM Research. Derzeit bewegen dich die Produktionskosten pro Watt Leistung bei rund 0,50 Dollar. Bis 2017 soll dieser Wert auf 0,35 Dollar fallen. 2010 wurden für die Produktion pro Watt Leistung noch 1,10 Dollar veranschlagt. Die Produktionskosten für PV-Module und Photovoltaikzellen nehmen demnach rapide ab. Die sinkenden Kosten bringen die Autoren der Studie mit dem schnell wachsenden Markt in Verbindung. Für den Preisverfall jedoch seien vor allem die Überkapazitäten am Markt verantwortlich.

Die Zahlen von GTM Research werden durch das Marktforschungsunternehmen TrendForce aus Taiwan untermauert. Sie veranschlagen die Produktionskosten derzeit mit 0,54 Dollar je Watt. Die Produktionskosten der ausländischen Konkurrenz lägen derzeit jedoch bei rund 0,66 Dollar je Watt. Aus diesem oberflächlichen Vorteil Chinas, ergibt sich laut IWR zugleich eine Schwäche.

China ist zwar global der größte Photovoltaikmodulhersteller, doch ist die chinesische Industrie derzeit enorm von dem Export der Module abhängig. Die größten Abnehmer sind Europa und die USA. Sowohl die Solarkrise als auch die Erhebung von Strafzöllen lastet in diesem Zusammenhang schwer auf der chinesischen PV-Branche. Die Folge sind Überkapazitäten, mit denen die Hersteller in China nun zu kämpfen haben und die sich negativ auf die Preise auswirken.

Die chinesische Regierung plant, als Reaktion auf die starke Exportabhängigkeit der PV-Industrie, in den folgenden Jahren verstärkt auf den Aufbau eines Solarbinnenmarktes zu setzen. Der Heimatmarkt so verstärkte staatliche Förderungen erhalten. Bis 2015 will die Regierung in Peking Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von 35.000 MW installiert haben, so berichtet IWR.

Quelle: IWR

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