Vier Fragen an … Sylvia Pilarsky-Grosch, Präsidentin des Bundesverband WindEnergie (BWE)

Sylvia Pilarsky-Grosch ist die Präsidentin des Bundesverband WindEnergie (BWE). Die Juristin aus Baden-Württemberg hat diese Position seit April 2013 inne. Frau Pilarsky-Grosch ist langjähriges Mitglied des BWE und Mitinitiatorin von Bürgerwindparks. Seit 2003 war sie Mitglied des Vorstandes des BWE und seit 2007 Vizepräsidentin. Der 1996 gegründete BWE ist einer der weltweit größten Verbände im Bereich der Erneuerbare Energien. Er setzt sich für den Ausbau der Windenergie in Deutschland ein.

Frau Pilarsky-Grosch: "Wer sich gegen die herrschenden Zustände empört, sollte sich auch einmischen – in Verbänden, NGO und in der Politik. Reine Empörung bringt uns nicht weiter, sondern erhöht nur den Blutdruck." © BWE

Milk the Sun: Liebe Frau Pilarsky-Grosch, die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Pilarsky-Grosch: Die Regierung Merkel wurde durch die Katastrophe von Fukushima gezwungen, die Energiewende der Regierung Schröder fortzusetzen. Bis zum Zeitpunkt des GAU wollte die Regierung Merkel die Laufzeiten für Kernkraftwerke verlängern. So gesehen gab es keine Veränderung in der Klimapolitik, bestenfalls Kontinuität, wenn man die verwirrenden Vorschläge von Rösler und Altmaier zur Änderung des EEG mal außen vor lässt. Jetzt brauchen wir Fortschritte und keine Stagnation.

Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Pilarsky-Grosch: Drei große Herausforderungen stellen sich mit der Energiewende und dem weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien:

1) Das überalterte Stromnetz muss erneuert werden, um den Strom aus dem windreichen Norden Deutschlands in die großen Verbrauchszentren im Westen und Süden der Republik zu transportieren.

2) Deutschland benötigt neue Stromspeicher – etwa die Verbindung zu skandinavischen Pumpspeicherkraftwerken, die Fortentwicklung großer Akkumulatoren oder Speichermedien wie Gas und Wasserstoff.

3) Das Nebeneinander von Strombörse EEX für konventionell erzeugten Strom und dem Vergütungssystem des Erneuerbaren Energien Gesetzes stößt an seine Grenzen: Je mehr Ökostrom erzeugt wird, desto geringer ist die Nachfrage an der Börse nach Gas- und Kohlestrom. Der Börsenpreis rutscht in den Keller, gleichzeitig steigt rechnerisch die Belastung für den Stromverbraucher, weil bisher die EEG-Umlage aus der Differenz von EEG-Vergütung und Börsenpreis errechnet wurde: Je günstiger also Wind- und Solarstrom den fossil erzeugten Strom an der Börse machen, desto größer wird die Belastung für den Verbraucher. Die nächste Bundesregierung muss diesen Systemfehler schleunigst beheben.

Bis 2050 sollen die Erneuerbaren mit 80 Prozent auf Wunsch der Bundesregierung zur Stromversorgung beitragen. In den nächsten Jahren müssen hierfür die oben genannten Herausforderungen bewältigt werden, sonst gerät die Energiewende ins Wanken. Die Windenergie ist dafür verantwortlich, dass die Energiewende sicher, bezahlbar und zügig verläuft.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Pilarsky-Grosch: Wahlkampf zwingt die Parteien zur Profilierung entgegen Logik und Sachlichkeit. Nach der Bundestagswahl haben sich hoffentlich wieder alle beruhigt und es wird sachlich diskutiert. Politik, Wirtschaft und Wissenschaft werden so auch zu nachhaltigen Reformvorschlägen kommen.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Pilarsky-Grosch: Auch ich kann es nicht verstehen, dass sowohl in der Politik als auch innerhalb der Wirtschaft noch Grabenkämpfe geführt werden, obwohl alle wissen, der Weg geht zu den Erneuerbaren Energien und alle Beteiligte brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, auch wenn die nicht immer 100prozebtig den eigenen Interessen entsprechen. Wer sich gegen die herrschenden Zustände empört, sollte sich auch einmischen – in Verbänden, NGO und in der Politik. Reine Empörung bringt uns nicht weiter, sondern erhöht nur den Blutdruck.

 

Wir bedanken uns bei Frau Pilarsky-Grosch für das Interview.

 


Im Rahmen der Interviewreihe “Vier Fragen an …” stellt der Milk the Sun Blog bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre. Bisher interviewten wir Sebastian Bolay (DIHK), Heiko Schwarzburger (Photovoltaik), Corinna Lang (CleanEnergy Project), Patrick Jüttemann (klein-windkraftanlagen.com), Christian Leers (PV-Experte), Robert Schwarz (BTO Management Consulting), Lothar Lochmaier (Freier Journalist), Michael Richter (Sonneninvest AG), Kilian Rüfer (SUSTAINMENT), Udo Schuldt (Blogger), Thorsten Zoerner (Solution Architect), Prof. Dr. Eicke Weber (Fraunhofer ISE), Falko Bozicevic (GoingPublic Magazin), Carsten Körnig (Solarwirtschaft e.V.), Denis-Mariel Kühn (EGBB), Doreen Brumme (Freie Journalistin), Erhard Renz (sonnenfluesterer.de), Sabine Eva Rädisch (Autorin und Bloggerin), Bart Markus (Wellington Partners), Prof. Volkmar Liebig (avesco Financial Services AG), Dr. Tim Meyer (Grünstromwerk GmbH), Alexander Fehr (Fehrdeal & Energieblogger), Thomas Nasswetter (Ritter Gruppe und Blogger), Dr. Stefan Dietrich (Windwärts Energie)

 

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