Vier Fragen an … Falko Bozicevic, Chefredakteur von GoingPublic Magazin

Falko Bozicevic ist seit Herbst 2006 Chefredakteur der Monatszeitschrift „GoingPublic Magazin“. Herr Bozicevic wurde 1969 geboren und studierte Mathematik und Wirtschaftsmathematik. Seit 2000 ist Falko Bozicevic bei GoingPublic Media AG angestellt. Nachdem Herr Bozicevic an dem Aufbau des Onlineauftritts von GoingPublic beteiligt war, begleitete er drei Jahre das Magazin Smart Investor als stellvertretender Chefredakteur.

Falko Bouicevic: "Die Energiewende – als Schlagwort frei erfunden und bis dato enttäuschend bedeutungslos geblieben – stand unter Schwarz-Gelb nur jeweils genau dann auf der Agenda, wenn es kurzfristig um Wählerstimmen ging, um langfristigen Machterhalt zu sichern."

Milk the Sun: Lieber Herr Bozicevic, die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Falko Bozicevic: Diese Selbsteinschätzung dürfte auf dem Scheiterhaufen der Geschichte landen. In die Regierung Merkel fällt energiepolitisch nicht zuletzt der undurchdachte und populistische Wiederausstieg aus dem Ex-Atom-Ausstieg. Die Energiewende – als Schlagwort frei erfunden und bis dato enttäuschend bedeutungslos geblieben – stand unter Schwarz-Gelb nur jeweils genau dann auf der Agenda, wenn es kurzfristig um Wählerstimmen ging, um langfristigen Machterhalt zu sichern. Und guter Wille in der Bevölkerung hin oder her: Die Politik ist sich sehr wohl des Umstands bewusst, dass der Einzelne nur soweit mitzumachen bereit ist, wie sein eigenes Portemonnaie nicht angegriffen wird. Überall wo das der Fall ist, schmelzen großspurige Ankündigungen schneller als Schnee in der Frühlingssonne dahin.

Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Falko Bozicevic: Zunächst einmal steht zu befürchten, dass es bei Schwarz-Gelb bleibt nach derzeitigem Stand. Nur noch schlechter als das Bestehende wäre eine erneute Große Koalition, in der sich wie von 2005-09 jeder auf Kosten des Anderen zu profilieren versucht und das wiederum in Abwesenheit einer Opposition. Der Best Case wäre also bereits der Status-quo. Insofern bestenfalls keine weitere Verschlechterung. Rot-Grün hatte energiepolitisch schon die richtigen Ideen, konnte und kann aber auch nicht zaubern. Schwarz-Grün wäre eine Alternative, die auf Bundesebene womöglich einen neuen Impuls bringen könnte – ohne Gewähr natürlich.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Falko Bozicevic: Ganz klar dürfte man hier denjenigen, die nur für die nächste Legislaturperiode gewählt werden, nicht eine Aufgabe und ihre Deutungshoheit anvertrauen, die die Menschheit im gesamten 21. Jahrhundert maßgeblich beschäftigen wird. Unabhängige, d.h. nicht um Wählergunst haschende Fachleute sollten hier verstärkt eingebunden werden wie Investoren, die die „Energiewende“ zu einem Teil mitfinanzieren sollen. Wenn ich etwas kritisiere, dann den Umstand, dass unsere gewählten Vertreter zu wenig auf unabhängige Fachleute hören bzw. hören möchten. Das betrifft freilich nicht nur die Energiewende.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Falko Bozicevic: Ich möchte Folgendes vorausschicken: Neue Technologien werden kurzfristig stets überschätzt, aber langfristig unterschätzt. Klimapolitisch sind wir also gerade dabei, die Weichen für das 21. Jahrhundert zu stellen. Und niemand weiß heute, ob sich das Gleis später nochmals wechseln lässt oder nicht. Dass in einer Demokratie vieles zu kurzfristig und damit kurzsichtig ausgelegt ist, gehört leider zu ihrem Wesen. Zuzüglich der Lobbyisten. Wir wünschen uns vielleicht nicht das chinesische Modell, aber ein Planungshorizont von 15 Jahren oder mehr sollte man einer Bundesregierung durchaus ebenfalls zutrauen dürfen – und falls nicht, bedarf es einer Institution, die das kann. Womöglich eine Art Ausschuss nationalen Interesses bei übergeordneten sehr langfristigen Angelegenheiten wie „Energiewende“ oder „Demographische Herausforderung“. So wurde das EEG zwar zum Exportmodell, das ist die gute Nachricht. Die jeweils populistisch geprägten turnusmäßigen Flickschustereien daran gehören zu ihren Schattenseiten. In anderen Ländern genauso. Wichtige Themen wie die zuvor genannten dürfen jedenfalls nicht alle paar Monate zur Wahl stehen – das ist völlig kontraproduktiv und verschwendet viel Zeit, Ressourcen und Nerven.

 

Wir bedanken uns bei Herrn Bozicevic für das Interview.

 


Im Rahmen der Interviewreihe “Vier Fragen an …” stellt der Milk the Sun Blog bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre. Bisher interviewten wir Sebastian Bolay (DIHK), Heiko Schwarzburger (Photovoltaik), Corinna Lang (CleanEnergy Project), Patrick Jüttemann (klein-windkraftanlagen.com), Christian Leers (PV-Experte), Robert Schwarz (BTO Management Consulting), Lothar Lochmaier (Freier Journalist), Michael Richter (Sonneninvest AG), Kilian Rüfer (SUSTAINMENT), Udo Schuldt (Blogger), Thorsten Zoerner (Solution Architect), Prof. Dr. Eicke Weber (Fraunhofer ISE)

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