Gastbeitrag: Leistungsprobleme bei PV-Anlagen aus rechtlicher Sicht

In Zeiten niedrigerer Margen ist es besonders schmerzhaft, wenn die Stromerträge einer Photovoltaikanlage unter den kalkulierten Erwartungen bleiben. Welche Punkte muss der Betreiber einer Photovoltaikanlage in so einem Fall in rechtlicher Hinsicht beachten, wenn er diese Probleme durch den Anlagebauer, oder den Lieferanten oder Hersteller von Anlagenteilen behoben sehen möchte?

Herr Feustel ist Rechtsanwalt und Partner bei der Hamburger Kanzlei für Erneuerbare Energien (KEE).

Die folgenden Ausführungen gehen bei der Beantwortung dieser Frage von den typischen Konstellationen und vertraglichen Regelungen aus, die bei der Errichtung von Photovoltaikanlagen vorliegen. Im Einzelfall hängt die rechtliche Beurteilung natürlich von den konkreten Verhältnissen und Vereinbarungen ab.

Leistung zu niedrig oder Erwartungen zu hoch?

Wenn die Erträge einer Photovoltaikanlage unter den Erwartungen des Anlagenbetreibers bleiben ist die zentrale Frage, ob ein vom Anlagenbauer (oder dem Verkäufer oder Hersteller von Anlagenteilen) zu verantwortendes Leistungsproblem vorliegt. Während die Ist-Leistung einer Anlage in Form des Stromertrags relativ einfach zu messen ist, ist die Ermittlung der Soll-Leistung wesentlich schwieriger.

Dies liegt zum einen darin, dass der Ertrag der Anlage nie absolut beurteilt werden kann, sondern immer nur in Abhängigkeit zur tatsächlichen Sonneneinstrahlung, die nicht ohne weiteres ausreichend präzise zu messen ist. Zum anderen kann es schwierig sein, die vertraglich geschuldete Soll-Leistung (welchen Stromertrag hätte die Anlage bei der vorhandenen Sonneinstrahlung erzeugen  müssen) zu bestimmen. Eine ausdrückliche Regelung hierzu fehlt oft – insbesondere bei kleineren oder mittleren Anlagen.

Grundlage für die Vorstellungen des Anlagenbetreibers über die Soll-Leistung sind nicht selten Ertragsprognosen, die der Anlagenbauer vor Errichtung der Anlagen erstellt hat. Bleiben die tatsächlich erzielten Erträge unter den Werten der Prognose, ist der Anlagenbetreiber schnell davon überzeugt, dass die Anlage ein Leistungsproblem hat.

Der Anlagenbetreiber sollte aber nicht vorschnell beim Anlagenbauer einen Sachmangel der Anlage reklamieren und Behebung verlangen, sondern die Leistung der Anlage zunächst sachverständig prüfen. Geht der Anlagebetreiber nicht selbst im vertretbaren Rahmen den – möglicherweise in seiner eigenen Verantwortung liegenden – Ursachen einer Leistungsminderung nach, kann er sich gegenüber dem Anlagenbauer schadensersatzpflichtig machen, wenn dieser z.B. aufwendige Untersuchungen der Anlage durchführt und sich herausstellt, dass kein Mangel vorliegt.

Daneben können auch Ertragsprognosen übertrieben optimistisch sein. In dem Fall ist nicht die Anlage mangelbehaftet, sondern die Prognose. Hat der Anlagenbauer die Prognose erstellt, haftet er aber möglicherweise für die fehlerhafte Prognose. Hat ein Dritter die Prognose erstellt, kann der Anlagenbetreiber unter Umständen diesen in die Haftung nehmen.

Wer ist mein Vertragspartner?

Hat ein Anlagenbetreiber ein Leistungsproblem ausgemacht, muss er sich klar machen, wer seine Vertragspartner sind, und was er jeweils von Ihnen verlangen kann. Der Umfang möglicher Ansprüche und die notwendigen Schritte unterscheiden sich insbesondere danach, ob Gewährleistungsrechte oder Rechte aus Garantien bestehen.

Typischerweise hat der Anlagenbetreiber einen Dritten mit der Errichtung der Anlage beauftragt. Der Anlagenbauer ist dann der unmittelbare Vertragspartner des Anlagenbetreibers und ist zunächst der rechtlich für die Leistung der Anlage verantwortliche. Gegen den Anlagenbauer hat der Anlagenbetreiber sog. Gewährleistungsrechte.

Gegen den Hersteller von Anlagenteilen die Anlagebauer verbaut wurden hat der Anlagenbetreiber normalerweise nur im Rahmen der weiter unten angesprochenen Garantien Ansprüche, aber keine Gewährleistungsrechte.

Hat der Anlagenbetreiber dagegen einzelne Teile der Anlage – z.B. Module oder Wechselrichter –direkt vom Hersteller oder von sonstigen Lieferanten erworben, besteht auch ein Vertragsverhältnis des Anlagenbetreibers mit den Verkäufern der jeweiligen Anlagenteile. Sind die Anlagenteile defekt, so muss sich der Anlagebetreiber an die Verkäufer der Teile wenden; sind sie falsch verbaut, so muss er sich an den Anlagenbauer wenden. In dieser Situation muss der Anlagenbetreiber den richtigen Gewährleistungsverpflichteten identifizieren. Es besteht die Gefahr, dass der Verkäufer und der Anlagenbauer sich – bei ungeschicktem Verhalten des Anlagenbetreibers – erfolgreich gegenseitig für Leistungsprobleme verantwortlich machen können.

Gewährleistungsrechte und Garantien

Von den Gewährleistungsrechten zu unterscheiden sind Rechte aus Garantien, wobei es für die Unterscheidung nicht auf die im Vertrag verwendeten Begriffe ankommt. Gewährleistungsrechte sind die gesetzlichen Bestimmungen zur Mängelhaftung im Kauf- und Werkvertragsrecht. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei Garantien um freiwillige Zusagen oder Verpflichtungen des Garantiegebers.

Fast immer bestehen im Photovoltaikbereich solche Garantien des Herstellers von Modulen und Wechselrichtern zugunsten des Anlagenbetreibers, die bestimmte Eigenschaften der Module oder Wechselrichter zusagen.. Manchmal gibt auch der Anlagenbauer – neben der Haftung aus Gewährleistung – zusätzliche Garantien ab.

Der Unterschied zwischen Gewährleistungsrechten und Garantien ist deshalb bedeutsam, weil diese ganz unterschiedlichen Umfang und Voraussetzungen haben. Von den gesetzlichen Gewährleistungsrechten kann nicht ohne weiteres durch vertragliche Vereinbarung abgewichen werden – entsprechende Klauseln sind ggf. unwirksam. Den Inhalt einer Garantie kann ein Garantiegeber, da es sich freiwillige Verpflichtung handelt, dagegen weitgehend selbst bestimmen.

Umfang der Gewährleistungsrechte

Geht der Anlagenbetreiber von einem Mangel aus, kann er von dem Gewährleistungsverpflichten die sog. Nacherfüllung in Form von Mangelbeseitigungsarbeiten oder der Lieferung einer neuen Sache verlangen. Wenn die Nacherfüllung fehlschlägt (insbesondere, wenn der Gewährleistungsverpflichtete nicht innerhalb einer von dem Anlagenbetreiber hierzu gesetzten angemessenen Frist nacherfüllt) kann der Anlagenbetreiber unter Umständen vom Vertrag zurücktreten oder eine Minderung des Kaufpreises verlangen.

Welche Rechte der Anlagenbetreiber gegenüber einem Garantiegeber hat, ergibt sich dagegen allein aus dem Garantiedokument. Typischerweise sind die Rechte im Vergleich zu den Gewährleistungsrechten vom Umfang her eingeschränkt und an detaillierte Voraussetzungen für die Geltendmachung gebunden, dafür ist die Laufzeit von Herstellergarantien typischerweise länger als die Verjährungsfrist der Gewährleistungsrechte.

Formalien: Rügen und Fristen

Gewährleistungsrechte werden geltend gemacht, indem von dem Gewährleistungsverpflichteten verlangt wird, den Mangel durch Austausch oder Reparatur zu beheben. Es ist nicht notwendig, eine Frist zu setzen, aber dringend ratsam dies (auf nachweisbare Weise) zu tun. Erst mit erfolglosem Ablauf der Frist liegen ggf. die Voraussetzungen für weitere Rechte wie Rücktritts-, Minderungs- und bestimmte Formen des Schadensersatzes vor. Insbesondere sollte der Anlagenbetreiber erst nach Ablauf einer gesetzten Frist eigene Maßnahme zur Mangelbehebung durchführen. Sollen die Kosten einer solchen Selbstvornahme geltend gemacht werden, sollte vor der Durchführung daran gedacht werden, dass Beweise der Mangelhaftigkeit der Anlage gesichert werden (z.B. durch Aufbewahrung ausgetauschter Teile).

Neben der noch zu besprechenden Frage der Verjährung ist es von Bedeutung, dass nicht nur Verträge über den Erwerb von Anlagenteilen sondern oft auch Verträge über die Errichtung von Photovoltaikanlagen als Kaufverträge zu werten sind. Dann besteht, wenn beide Parteien Kaufleute sind, eine gesetzliche Untersuchungs- und Rügeobliegenheit im Hinblick auf die Waren bzw. die Anlage. Oft wird diese auch vertraglich vereinbart. Eine Verletzung dieser streng gehandhabten Obliegenheiten kann zum Ausschluss aller Gewährleistungsrechte führen. Gekaufte Ware muss unverzüglich nach Ablieferung untersucht werden, eine Anlage nach Fertigstellung und Inbetriebnahme. Welcher Untersuchungsmaßstab bei Photovoltaikanlagen anzulegen ist, ist derzeit gerichtlich allerdings noch nicht geklärt.

Es ist also zu empfehlen, die Leistungsdaten einer Anlage von der Inbetriebnahme an sorgfältig im Blick zu haben und auf etwaige Minderleistungen sachverständig zu überprüfen. Bei begründetem Verdacht eines Mangels muss umgehend gerügt werden.

Verjährung

Die gesetzliche Verjährungsfrist für Kauf- und Werkverträge beträgt in aller Regel 2 Jahre. Für Freiflächenanlagen und gebäudeintegrierte Anlagen und darin verbaute Teile ist nach jüngerer Rechtsprechung von einer Verjährungsfrist von 5 Jahren auszugehen; entgegenstehende Vereinbarungen sind möglicherweise nicht wirksam.

Befürchtet der Anlagenbetreiber, dass Ansprüche bereits verjährt sind, sollte er bedenken, dass die Verjährung nicht weiterläuft, solange mit dem jeweiligen Vertragspartner Verhandlungen über die Behandlung des (vermeintlichen) Mangels andauern. Ein Verhandeln liegt dabei in jedem Meinungsaustausch, solange nicht eine Seite Ansprüche oder Gespräche erkennbar ablehnt. Das einseitige und unbeantwortete Versenden von Schreiben oder Mahnung genügt dagegen nicht. Darüber hinaus wird die Verjährung unterbrochen durch Rechtsverfolgung, also z.B. durch Klageerhebung, Mahnbescheid oder Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens.

 

„Herr Feustel ist Rechtsanwalt und Partner bei der Hamburger Kanzlei für Erneuerbare Energien (KEE). KEE berät branchenspezifisch Mandanten in allen Bereichen der Erneuerbaren Energien, insbesondere Projektentwickler, Investoren und Banken im Rahmen der Projektierung bzw. dem Kauf und der Finanzierung von Erneuerbare Energien Anlagen. Herr Feustel berät außerdem Unternehmen und Anlagenbetreiber in Angelegenheiten des laufenden Betriebs und vertritt sie bei gerichtlichen und außergerichtlichen Streitigkeiten.“

 

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