Die BGH-Entscheidung zum Glühlampentest richtig verstehen

Die BGH-Entscheidung zum Glühlampentest richtig verstehen

 

Eine Nachricht über ein noch unveröffentlichtes, ja nicht einmal mit einer Pressemitteilung versehenes BGH-Urteil zur Inbetriebnahme von Photovoltaik-Modulen sorgt für Aufruhr. Angeblich hat der BGH die Zulässigkeit des Glühlampentests gekippt. Das dürfte nicht nur falsch sein – vermutlich ist sogar das Gegenteil richtig. Ein Gastkommentar von Rechtsanwältin Margarete von Oppen, Kanzlei Geiser & von Oppen.

Soweit der BGH dem seiner Entscheidung zugrundeliegende Berufungsurteil des OLG Nürnberg folgt, hat er den Glühlampentest nämlich als geeigneten Nachweis für den Stromfluss bestätigt. Der Nachweis des Stromflusses ist allerdings nur eines von zwei Elementen des Inbetriebnahmebegriffes und verbirgt sich hinter dem Begriff der „Inbetriebsetzung“. Die der Entscheidung zugrundeliegende Inbetriebnahme ist denn auch am zweiten Element des Inbetriebnahmebegriffes gescheitert, an der technischen Betriebsbereitschaft. Der klagende Anlagenbetreiber hatte die Module vorläufig in einer Lagerhalle in Betrieb genommen und erst später an dem dafür vorgesehenen Standort installiert. Dass das dem BGH nicht reichte, ist kaum verblüffend. Der klagende Anlagenbetreiber hat sich von vorn herein für ein risikoreiches Vorgehen entschieden.

Die offenbar auf  Mund zu Mund Propaganda beruhende Schreckensnachricht ist ein guter Anlass, sich den Inbetriebnahmebegriff nach dem EEG 2009  zu vergegenwärtigen. Zugleich lehrt sie, dass Aussagen über Gerichtsentscheidungen nur auf Basis des zugrundeliegenden Sachverhalts getroffen werden können, bzw. bei unveröffentlichten BGH-Entscheidungen nur nach Lektüre der zugrundeliegenden Berufungsentscheidung. Das zeigt ein genauerer Blick auf die Entscheidung des OLG.

 

I. Begriff der Inbetriebnahme. § 3 Nr. 5 EEG 2009 definiert den Begriff der Inbetriebnahme als

„die erstmalige Inbetriebsetzung der Anlage nach Herstellung der technischen Betriebsbereitschaft unabhängig davon, ob der Generator der Anlage mit Erneuerbaren Energien […] in Betrieb gesetzt wurde.“

 Der Begriff der Inbetriebnahme setzt sich also aus zwei Elementen zusammen, der Inbetriebsetzung und der technischen Betriebsbereitschaft.

 

II. Auslegung durch das OLG Nürnberg. Das OLG Nürnberg greift genau diese beiden Elemente auf und legt sie aus. Dabei bestätigt es den Glühbirnentest und verwirft die technische Betriebsbereitschaft im konkreten Fall. Dem hat sich der BGH, soweit ersichtlich, angeschlossen. Im Einzelnen.

1. Inbetriebsetzung. Zur Inbetriebsetzung heißt es in der OLG-Entscheidung eindeutig und ganz in Übereinstimmung mit der Spruchpraxis der Clearingstelle EEG:

„Eine Inbetriebnahme des Generators hat bei den Modulen am 23.12.2011 stattgefunden. Die Klägerin hat unstreitig am 23.12.2011 an jedem der zur Verwendung in dem Solarkraftwerk H vorgesehenen Module eine Glühbirne angeschlossen und durch einfallendes Sonnenlicht zum Leuchten gebracht. Wird in einem Solarmodul aus Sonnenlicht Strom erzeugt, ist dabei „eine technische Einrichtung, die mechanische, chemische, thermische oder elektromagnetische Energie direkt in elektrische Energie umwandelt“ (§ 3Nr. 4 EEG 2009), in Betrieb, unabhängig, ob das Modul dafür an dem vorgesehenen Platz angebracht wurde und Strom in das Netz einspeisen könnte. Der Gesetzgeber geht in der Begründung zu § 3 Nr. 4 EEG 2009 davon aus, dass bei der Stromerzeugung aus solarer Strahlungsenergie die Solarzelle selbst die stromerzeugende Einheit, also der Generator, ist, weil durch die Solarzelle die Strahlungsenergie (elektromagnetische Energie) direkt in elektrische Energie umgewandelt wird (BT-Drs. 16/8148 S. 39). Der Generator ist deshalb in Betrieb gesetzt, wenn ein Stromfluss nachgewiesen ist; dazu genügt es, wenn eine Glühbirne zum Leuchten gebracht wird (so auch die Clearingstelle, vgl. Votum v. 29.4.2013 2013/22 S. 6/7, Anl. K 13; v. O, ZNER 2012, 347/350).

 

2. Technische Betriebsbereitschaft. Zur technischen Betriebsbereitschaft heißt es in der OLG-Entscheidung:

„Bis zum 31.12.2011 bestand aber keine technische Betriebsbereitschaft der Anlagen. Denn dafür reicht es nicht aus, dass mit den Modulen überhaupt Strom erzeugt werden kann. Der Betreiber muss vielmehr das seinerseits Erforderliche getan haben, um damit erzeugten Strom dauerhaft ins Netz einspeisen zu können. Dafür war es nicht ausreichend, die noch in einer Halle auf einer Fläche, die nicht dem zukünftigen Aufstellungs- und Netzanschlussort entsprach, eingelagerten Module provisorisch Strom erzeugen zu lassen“.

Welche konkreten Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit der Anlagenbetreiber alles seinerseits Erforderliche getan hat, um den erzeugten Strom dauerhaft ins Netz einspeisen zu können, sagt das OLG in seiner Entscheidung trotz wortreicher Ausführungen zur Auslegung des Begriffs der technischen Betriebsbereitschaft übrigens nicht. Jedenfalls sollen die Anlagen an dem für die dauerhafte Stromerzeugung vorgesehenen Standort installiert sein. Dies ergibt sich aus folgenden Ausführungen des Gerichts:

„Nach diesen Grundsätzen lag keine wirkliche Betriebsbereitschaft der Solarmodule vor; der Klägerin fehlte ein auf dauerhafte Inbetriebnahme gerichteter Wille. Die einzelnen Module befanden sich verpackt in einer Lagerhalle, die die B GmbH gepachtet hatte und der Klägerin (nur) zum Zweck der Inbetriebnahme zur Verfügung stellte; zur „Inbetriebnahme“ wurden sie auf ein provisorisches Gestell gesetzt und dann wieder verpackt (Bl. 4 d. A., Anl. K 5 bis K 7). Um bestimmungsgemäß und dauerhaft Strom in das Netz liefern zu können, mussten die Module noch – anders als in den Sachverhalten, die dem Hinweis der Clearingstelle EEG vom 25.6.2010, ihren Voten vom 23.4 und vom 13.5.2013 und dem vom OLG Naumburg entschiedenen Fall zugrunde lagen – auf die gemietete Fläche verbracht und dort aufgestellt werden. […] Dabei bleibt noch unberücksichtigt, dass es sich um ein anderes Dach als dasjenige handeln würde, auf dem die Module später montiert werden sollen. Auch der Vertriebsprozess war noch nicht abgeschlossen, weil die Generalunternehmerin B H GmbH ihre Leistung in wesentlichen Teilen noch gar nicht erbracht hatte.“

Ungeklärt bleibt danach, ob zu den für die dauerhafte Einspeisung in das Netz erforderlichen Tätigkeiten auch die Anbringung von Wechselrichtern gehören soll. Dies stünde allerdings nicht nur im Widerspruch zur herrschenden Auffassung zum Begriff der Inbetriebnahme nach dem EEG 2009 und zu der damals ganz herrschenden, zum Teil schriftlich fixierten Praxis der Netzbetreiber. Es wäre auch rechtlich bedenklich, da sich die „Anlage“ die in Betrieb genommen werden muss,  nach dem Willen des Gesetzgebers und auch dem Berufungsurteil des OLG Nürnberg auf „das Modul“ beschränkt. Da der BGH dazu neigt, sich bei seinen Entscheidungen hart auf die Beantwortung der Rechtsfragen zu beschränken, die das zugrundeliegenden Urteil aufwirft, ist hierzu eher keine Aussage zu erwarten. Vielleicht gibt ein weiterer Rechtsstreit dazu Anlass. Es bleibt eben spannend.

 

Über Margarete von Oppen:

Margarete von Oppen ist Fachanwältin für Verwaltungsrecht und Gründungspartnerin der Rechtsanwaltskanzlei Geiser & von Oppen. Geiser & von Oppen ist spezialisiert auf das Recht der erneuerbaren Energien, des nachhaltigen Bauens, des Gesellschafts- Vereins- und Handelsrechts. Mit dieser Kompetenz berät Geiser & von Oppen Unternehmen, Verbände, Institutionen und öffentliche Hand. Margarete von Oppen ist zudem Autorin zahlreicher Fachveröffentlichungen und zeichnet sich durch umfangreiche Vortragstätigkeit aus.

Titelbild: shutterstock/fotogestoeber

surya168 akun pro thailand https://slotgacormax.win/ https://wwwl24.mitsubishielectric.co.jp/ daftar judi online judi bola situs judi bola resmi