Stolpersteine in der Projektentwicklung – frühe Fehler vermeiden
Das im Rahmen des Pariser Klimaabkommens verbindlich festgelegte 1,5-Grad-Klimaschutz-Ziel sowie die zuletzt in den Fokus geratene fehlende Energieautarkie der Bundesrepublik Deutschland haben die Sinne für den Ausbau der Erneuerbaren Energie sowohl in Politik als auch der breiten Gesellschaft nochmals geschärft. Der Gesetzgeber hat darauf reagiert und ist mit dem erst im Hochsommer verabschiedeten Osterpaket einen wichtigen Schritt gegangen. Hierbei hat er unter anderem die überragende Wichtigkeit des Ausbaus der Erneuerbaren Energien gesetzlich bekräftigt (§ 2 EEG 2021):
„Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit.“
In Anbetracht der mit dem Osterpaket verabschiedeten ambitionierten Ausbauziele, bereits im Jahr 2030 ca. 80% des verbrauchten Stroms durch erneuerbare Energien abzudecken und im Jahr 2035 eine vollständig klimaneutrale Stromversorgung in Deutschland zu erreichen, wird sich die Nachfrage nach professionellen Projektentwicklungen in Deutschland nochmals verstärken. Bei der Umsetzung der Energiewende kommt folglich Projektentwicklern eine zentrale und für unser aller Zukunft wegweisende Rolle zu.
Grundlegender Baustein der Umsetzung des politischen Willens ist die schnellere Verfügbarkeit von Projekten. Engpass vieler Projekte bleiben auch nach dem Osterpaket die überbordend langen Genehmigungsprozesse in Deutschland. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass größere Projekte – und genau diese brauchen wir zur raschen Umsetzung der Energiewende – meist einen landschaftsbildprägenden Einfluss haben, sind immer öfter landesplanerische Belange zu berücksichtigen.
Auswirkungen der Landesentwicklungsplanungen auf die Projektentwicklung
Die deutschen Landesentwicklungsplanungen stehen derzeit fast in allen Planungsregionen auf dem Prüfstand; die hierfür typischerweise langwierigen Planverfahren stehen jedoch im Widerspruch zu den gesetzten Ausbauzielen und führen bei der Projektenwicklung zu erheblichen Herausforderungen.
Einer frühzeitigen, guten, bis zu Ende gedachten Flächensicherung kommt daher eine Schlüsselrolle bei der Projektentwicklung zu. So gilt es, Grundstückseigentümer frühzeitig über ggf. viele Jahre im Voraus, ehe der erste Spatenstich für ein Projekt erfolgt, wirksam zu binden, um dem Wettbewerb um begehrte Flächen zuvorzukommen. Dennoch sollte die Flächensicherung den typischen Anforderungen künftiger Erwerbergruppen entsprechen. Unabhängig von der sehr aufwändigen, mit etwaigen Änderungswünschen auf Grundstückseigentümer hinsichtlich bereits abgeschlossener Verträge zugehen zu müssen, führen Fehler oder Unzulänglichkeiten im Rahmen der Flächensicherung oftmals zu Verhandlungen mit potentiellen Investoren, die nicht selten in Preisabschlägen münden.
Nicht zuletzt ist eine professionelle Flächensicherung für jeden geschulten Investor schnell zu erkennen und zeugt typischerweise von der Qualität eines Projektes insgesamt – ein Faktor, der ebenfalls im Kaufpreis Berücksichtigung findet.
In der Folge werden die wesentlichen Themen einer professionellen Flächensicherung aus heutiger Sicht dargestellt
Schriftformkonforme Ausgestaltung der Nutzungsverträge
Die schriftformkonforme Ausgestaltung der Nutzungsverträge ist weiterhin ein wesentliches Merkmal professioneller Flächensicherung. Obwohl die Schriftformthematik schon seit vielen Jahren ausgiebig und kleinteilig diskutiert wurde und jedem Projektentwickler bekannt sein sollte, müssen wir weiterhin feststellen, dass das Schriftformerfordernis in der Praxis oftmals nicht mit der erforderlichen Sorgfalt behandelt wird.
Als typische Fehler können hierbei Unklarheiten im Rahmen der Bezeichnung des Vertragsgegenstandes, insbesondere bei der Ausweisung von Teilflächen sowie das Fehlen von Vertragsanlagen oder der fehlerhafte Bezug auf Vertragsanlangen aufgeführt werden. Trotz Wegfall des Erfordernisses einer festen Verbindung zwischen Vertragsurkunde und Vertragsanlagen, empfiehlt es sich weiterhin diese fest miteinander zu verbinden.
Die mittlerweile für einen Laien kaum mehr überschaubare und kleinteilige Rechtsprechung zu diesem Thema sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
Ob das Schriftformerfordernis auch in Zukunft weiterhin die Geduld von Projektentwicklern auf die Probe stellen wird? Vermutlich ja, da bisherige Gesetzesinitiativen wiederholt abgelehnt wurden.
Ein Lichtblick könnte jedoch die qualifizierte elektronische Signatur sein, mit deren Hilfe auch Nutzungsverträge digital unterzeichnet werden können. Diese spielt jedoch in der Praxis der Flächensicherung aufgrund der hohen Anforderungen an eine solche qualifizierte elektronische Signatur bislang kaum eine Rolle.
Vergütungsregelungen und Kündbarkeit
Ein weiterer Klassiker im Rahmen der Schriftformverstöße sind oftmals unklare bzw. für einen objektiven Dritten nicht nachvollziehbare Vergütungsregelungen.
Neben der objektiven Nachvollziehbarkeit, sollte der Zahlungsbeginn sowie die Höhe der geschuldeten Vergütung bedacht werden.
So empfiehlt es sich sowohl aus IRR-Gesichtspunkten als auch aus rechtlichen Überlegungen, die Inbetriebnahme der jeweiligen Anlage als Ausgangspunkt der Nutzungsentgeltzahlungen zu wählen. Bei langfristigen Reservierungs- bzw. Wartezeiten, welche sich oftmals bei einer frühzeitigen Flächensicherung nicht vermeiden lassen, sollten aus rechtlicher Sicht geringe Reservierungs- bzw. Wartezeitentgelte vereinbart werden, um den Bestand der Nutzungsverträge nicht zu gefährden. IRR-Gesichtspunkte schlagen vor allem deshalb zu Buche, da alle Kosten, die nicht durch laufende Erträge gedeckt werden können, als Kapital eingezahlt werden müssen. Gerade unproduktive Kosten lange vor Inbetriebnahme haben einen großen Einfluss auf die Rentierlichkeit von Projekten.
Langfristige Verträge
Aufgrund der immer längeren avisierten Laufzeiten der Anlagen sowie den entsprechend angelegten Long-Term-Business-Cases der Investoren, sollten die Nutzungsverträge eine Laufzeit von mindestens 30 Jahren aufweisen.
Durch vertragliche Regelungen ist hierbei sicherzustellen, dass eine vorzeitige ordentliche Kündigung der Nutzungsverträge ausgeschlossen ist. Auch wenn dies von vielen Lesern als eine Selbstverständlichkeit angesehen wird, haben zuletzt ergangene Urteile die Wichtigkeit von klaren Laufzeiten- und Kündigungsregelungen wieder in den Fokus gerückt.
Gänzlich ausschließen lässt sich jedoch das Risiko einer ordentlichen Kündigung nur für einen Zeitraum von 30 Jahren ab Übergabe des jeweiligen Grundstücks (§ 544 BGB); bei längeren Laufzeiten sind entsprechende vertragliche und dingliche Sicherungsrechte vorzusehen.
Aufgrund der zu erwartenden Entwicklung von Laufzeiten von mehr als 30 Jahren, können auch der Kauf von Grundstücken bzw. die Sicherung der Flächen über Erbbaurechte (wieder) attraktiv werden. Hier sollten jedoch die steuerlichen Implikationen auf die Vertragsparteien genau identifiziert und abgewogen werden, insbesondere im Hinblick auf die Grundsteuerreform.
Anforderungen von finanzierenden Banken
Zuletzt wollen wir an dieser Stelle noch die Anforderungen von finanzierenden Banken hervorheben. Dieses Thema hat sich jedoch ebenso wie die Anwendbarkeit von Verbraucher-Widerrufsrechten durch die mittlerweile ergangene Rechtsprechung merklich entspannt.
Dennoch sind die Anforderungen von finanzierenden Banken weiterhin sehr hoch und daher für die Finanzierbarkeit von Projekten von besonderer Bedeutung; auch hier drohen unliebsame Extraschleifen, sollte den Anforderungen nicht von Beginn an entsprochen werden. Neben den Eintrittsrechten für die projektfinanzierende Bank, dem Verzicht auf das Vermieterpfandrecht und der Regelung von flankierenden Informationsrechten, ist die dingliche Sicherung der Nutzungsrechte in Form von im Grundbuch einzutragenden Sicherungsrechten weiterhin ein Kernelement der sog. „Bankability“. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die Insolvenzfestigkeit der vorgenannten dinglichen Sicherungsrechte zu achten.
Weitere Einzelheiten
Neben den vorstehend behandelten Themenkomplexen, zeichnen eine Vielzahl von weiteren Kernelementen eine qualitativ hochwertige Flächensicherung aus – oder wie soll ein Nutzungsvertrag ohne ein vertragliches Übertragungs- und Eintrittsrecht ohne erheblichen Mehraufwand auf eine neue Projektgesellschaft übertragen werden?
Fazit
Aus unserer Beratungspraxis heraus müssen wir oft feststellen, dass gerade die Grundlagenaufgabe der Flächensicherung, die am Anfang einer Projektentwicklung ansteht, ohne anwaltliche Begleitung durchgeführt wird; wohl um sich vermeintlich hohe Anwaltsgebühren zu sparen.
Viele vermeidbare Fehler und Unzulänglichkeiten im Rahmen der Flächensicherung sind nur mit einem hohen Aufwand zu korrigieren und bringen sofort ökonomische Unsicherheit – ggf. sogar Nachverhandlungen mit sich. Oft muss ein anfangs gesparter Euro an Beratungskosten an anderer Stelle mehrfach wieder ausgegeben werden. Daher raten wir, lieber früh professionellen Rat in überschaubarem Maße einholen.
Autoren: Dr. Gerhard Schwartz und Maximilian Amrhein sind Rechtsanwälte bei LPA-GGV in München. Die Kanzlei hat sich mit ihrem Münchner Büro u.a. auf die Beratung von Projektentwicklern und Investoren rund um das Thema Erneuerbare Energien spezialisiert.