Großhändler am Rande ihrer Belastungsgrenze – vorausschauende Planung nötig

Großhändler am Rande ihrer Belastungsgrenze – vorausschauende Planung nötig

Wir in der Solarbranche sind ja manche Verrücktheiten gewöhnt. Bei uns ist nicht das kalkulierbare Business die Regel, sondern eher die Ausnahme. Üblicherweise müssen wir uns mit allerlei Unwägbarkeiten abfinden und arrangieren. Wer das durch jahrelanges Training gut beherrscht, der wird sein Unternehmen vermutlich auch durch diese unruhigen Zeiten manövrieren. Dennoch muss ich feststellen: so verrückt wie im Moment war der Photovoltaikmarkt schon lange nicht mehr. Alle Preise steigen stetig, nur die von Solarmodulen nicht mehr. Woran das liegt, das erkläre ich weiter unten.

Mangelwirtschaft und gestörte Lieferketten prallen auf rasant steigende Nachfrage. Diese kommt nicht nur von der Seite der großen Player wie Energieversorgungsunternehmen und Großprojektierer, bei denen eine Multimegawattanlage nach der anderen gebaut oder zumindest angekündigt wird. Auch im Kleinanlagensektor boomt es nach wie vor. Man muss in der eigenen Nachbarschaft nur beiläufig erwähnen, dass man mit Solaranlagen zu tun hat, schon bestürmen einen ein Dutzend Interessenten, die alle eine eigene Erzeugungsanlage errichten möchten oder einen guten Installateur suchen. Und genau da beginnt schon das Problem.

Wer schon lange Zeit in der Solarbranche unterwegs ist, der kennt die Zeiten des Verteilermarktes noch allzu gut. Auch in den 2010er-Jahren gab es oft ein Hauen-und-Stechen um kurzfristig verfügbare Wechselrichter- und Modulkontingente. Allerdings konnte man damals noch einigermaßen sicher sein, dass bestellte und vom Hersteller bestätigte Ware in absehbarer Zeit eintrifft. Auch ließen sich Installationstermine einigermaßen zuverlässig vorhersagen, da Material und Personal in der Regel dann auch rechtzeitig zur Verfügung standen. Aktuell sind die Abläufe lange nicht mehr so vorhersehbar sondern eher chaotisch beziehungsweise dem Zufall unterlegen.

Großhändler verweigern Bestellannahmen

Viele Großhändler haben die Entgegennahme von Anfragen und Bestellungen schon gestoppt, ihren Webshop, die Kundenhotline oder gar das allgemeine E-Mailpostfach vorübergehend deaktiviert. Zu groß sind der Ansturm und die Menge der Anliegen, die mittlerweile kaum noch im Sinne und zur Zufriedenheit der Kunden bearbeitet werden können. Durch das hohe Aufkommen verlängern sich die Antwort- und Bearbeitungszeiten signifikant. Wenn dann jeder Kunde auch noch innerhalb kürzester Zeit nervös nachfragt und zusätzliche Mitarbeiterzeit bindet, dauert es für alle noch länger. Auf der anderen Seite gibt es seitens der meisten Hersteller kaum noch zeitnahe und verlässliche Infos zu Verfügbarkeit und Lieferzeit, so dass auch den eigenen Kunden keine sinnvollen Auskünfte gegeben werden können. Diese ziehen daraufhin weiter zum nächsten potenziellen Lieferanten und das Spiel beginnt von neuem. Die Lieferanten haben dann unter Umständen noch Überbestellungen zu verwalten und die Wahrscheinlichkeit belastbarer Lieferaussagen sinkt – ein Teufelskreis.

Je mehr Großhändler die Bestellannahme verweigern, desto schlimmer wird es automatisch bei den restlichen Anbietern. Das geht so lange weiter, bis auch der letzte Lieferant seine Kanäle dichtgemacht hat, um bei seinen Mitarbeitern ein Burnout zu verhindern. Dies soll aber keine Schuldzuweisung in Richtung Installateur sein, denn die bekommen den gleichen Druck von ihren Endkunden ab. Für diese ist es schwer genug, überhaupt ein zumindest unverbindliches Angebot zu bekommen. Sollten sie dann bis zu einer Beauftragung durchkommen, wollen sie verständlicherweise auch wissen, wann mit der Installation der Photovoltaikanlage begonnen werden kann.

Montageunterbrechungen zur Regel geworden

Hier gerät der Prozess dann wieder ins Stocken, da es mittlerweile beinahe unmöglich ist, eine Montage in einem Rutsch und ohne Unterbrechungen durchzuführen. Mögen die Module noch verfügbar sein, so fehlt es vielleicht an Teilen der Unterkonstruktion. Sind nicht zumindest diese Komponenten vorhanden, kann mit der Installation auf dem Dach natürlich nicht begonnen werden. Selbst wenn dachseitig alles erledigt ist, kann noch lange nicht einfach weitergearbeitet werden. Zuerst einmal müssten der Wechselrichter und gegebenenfalls auch Speicher und Sensorik verfügbar sein. Diese Komponenten sind aber oft auf unbestimmte Zeit vergriffen, so dass die Fertigstellung der Anlage auf sich warten lässt. Zu guter Letzt beginnt noch das Glücksspiel darum, wann der Netzbetreiber sich die Zeit für den Netzanschluss nimmt beziehungsweise den neuen Zähler setzt.

Montagekapazitäten ebenfalls knapp

Zügige, reibungslose Installationen waren gestern – die funktioniert selbst bei Kleinanlagen nur noch selten. Heutzutage haben wir es mit einem Stop-And-Go-Verfahren zu tun, welches die Nerven aller beteiligten auf das Äußerste strapaziert. Dadurch können die zur Verfügung stehenden, ohnehin schon zu knappen Montagekapazitäten auch nicht effizient genutzt werden. Ein Installationsbetrieb müsste sich schon frühzeitig und auf Verdacht große Mengen aller benötigten Einzelkomponenten liefern lassen und einlagern, um sukzessive und termingerecht alle Kleinanlagen aufbauen zu können. Nur wenige große Player könnten das, denn es bindet Liquidität und Lagerkapazität. Es schwingt auch immer das Risiko mit, dass es zwischenzeitlich eine Regeländerung (politisch oder technisch) gibt und sich dann die falschen Komponenten im Lager befinden.

Modulpreissteigerung hat sich verlangsamt

Die Modulpreissteigerung hat sich in den vergangenen Wochen dann auch verlangsamt und verspricht, in den kommenden Monaten komplett zum Erliegen zu kommen. Dies liegt hauptsächlich daran, dass sich wohl etliche Installationen verzögern, geplante Projekte verschoben werden. Kann der Kleinanlagen-Installateur seinem Hausbesitzer noch zumuten, aufgrund fehlender Wechselrichter und Energiespeicher monatelang auf die Fertigstellung seiner Dachanlage zu warten, funktioniert das bei Großprojekten in den seltensten Fällen. Auch kann die Finanzierung in der Regel nicht über Monate gestreckt oder aufgeschoben werden. Ohne die restlichen Komponenten sicher zur Verfügung zu haben, werden folglich auch keine Module eingekauft. Auf diese Weise landen momentan verstärkt Sonderposten und Überproduktion auf dem freien Markt, wodurch die hohen Modulpreise unter Druck geraten. Ob dieser Trend längere Zeit anhält, lässt sich nur schwer prognostizieren.

Mit längerem Vorlauf planen

Vermutlich kommt es nach einer zwischenzeitlichen Abkühlung des Marktes und der Preise im Herbst wieder zu einem Anziehen der Nachfrage bei weiterhin gestörten Lieferketten. Insgesamt ist man als Investor und Errichter gut beraten, sich auf eine vorausschauende, langfristige Planung seiner Projekte einzustellen. Ein Vorlauf von 4 bis 6 Monaten auch bei mittleren bis kleinen Installationen dürfte die Planungssicherheit deutlich erhöhen. Die benötigten Komponenten sollten frühzeitig bei den Lieferanten geordert werden, auch wenn die Gefahr besteht, ein paar Prozent zu viel dafür bezahlen zu müssen. Ein etwas höherer Einkaufspreis ist aber immer noch besser als am Ende ohne Material dazustehen und die Projektstart verschieben zu müssen.


Autor: Martin Schachinger

ist studierter Elektroingenieur und seit über 25 Jahren im Bereich Photovoltaik und Regenerative Energien aktiv. 2004 machte er sich selbständig und gründete die international bekannte Online-Handelsplattform pvXchange.com, über die Großhändler, Installateure und Servicefirmen neben Standardkomponenten auch Solarmodule und Wechselrichter aus Restbeständen beziehen können, welche nicht mehr hergestellt, aber für die Instandsetzung defekter Photovoltaikanlagen dringend benötigt werden.

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