Möglichkeiten der Vermarktung nach 2021 – wie geht es nach dem EEG weiter?
Mit Ende des Jahres 2021 verlieren die ersten Erneuerbaren-Anlagen ihren Anspruch auf finanzielle Förderung durch das EEG. Weder über die Einspeisevergütung, noch über die Marktprämie können dann Erlöse noch erzielt werden. Auch die Teilnahme an Ausschreibungen ist aktuell nicht vorgesehen. Rechtsanwalt Micha Klewar und Karin Jenner von PricewaterhouseCoopers geben nachfolgend einen interessanten Überblick über die wesentlichen Möglichkeiten zur Vermarktung.
Für Anlagenbetreiber, die ihre Anlage im Jahr 2000 oder früher in Betrieb genommen haben, läuft zum 31.12.2020 der Anspruch auf finanzielle Förderung nach dem EEG aus. Weder über die Einspeisevergütung noch über die Marktprämie können dann Erlöse noch erzielt werden. Auch eine Teilnahme an den Ausschreibungen kommt für bestehende Anlagen grundsätzlich nicht infrage, nur für Biomasseanlagen kann über die Ausschreibungen ausnahmsweise eine Anschlussförderung erreicht werden. Viele Anlagenbetreiber überlegen daher bereits jetzt, welche Möglichkeiten sich ihnen nach dem Ablauf der EEG-Förderdauer bieten.
In dem folgenden Beitrag gegeben RA Micha Klewar und Karin Jenner von PricewaterhouseCoopers (PwC) einen Überblick über die wesentlichen Vermarktungsmöglichkeiten.
Power Purchase Agreements (PPA) – Sonstige Direktvermarktung
Anfang September 2018 haben gleich zwei Direktvermarkter – Greenpeace Energy und Statkraft – nahezu zeitgleich bekannt gegeben, die ersten Power Purchase Agreements (PPA) mit Windparks abgeschlossen zu haben, um einen Weiterbetrieb der Parks nach 2020 zu ermöglichen. Das Instrument der PPAs ist außerhalb Deutschlands schon länger verbreitet, vor allem in Ländern, die keine direkte Förderung für erneuerbare Energien vorsehen. Der Begriff wird nicht einheitlich verwendet. Teilweise werden darunter Direktlieferverträge zwischen Stromerzeugern und Stromverbrauchern verstanden, so haben z.B. die Internetkonzerne Google und Microsoft zur Versorgung ihrer Rechenzentren PPAs mit Windparks abgeschlossen. Teilweise wird der Begriff aber auch für Stromlieferverträge zwischen Stromerzeugern und Stromhändlern verwendet, wie in dem eingangs erwähnten Beispiel von Greenpeace Energy und Statkraft. Einheitlich ist dagegen, dass es sich um vergleichsweise langfristige Verträge mit Laufzeiten zwischen fünf und 15 Jahren handelt und dass die Preise im Wesentlichen für die Vertragslaufzeit fest vereinbart werden.
Rechtlich ist ein PPA als sog. sonstige Direktvermarktung nach § 21a EEG einzustufen. Darunter fällt jegliche Direktvermarktung außerhalb der Förderung durch das EEG. Der Anlagenbetreiber verkauft den eingespeisten Strom an einen von ihm gewählten Vertragspartner, der ihm einen vertraglich vereinbarten Strompreis zahlt. In der Regel wird dabei die Vermarktung an einen Stromhändler erfolgen, der die Administration rund um Netznutzung, Bilanzierung, Marktkommunikation etc. übernimmt. Bei einer direkten Vermarktung durch den Anlagenbetreiber an Letztverbraucher unter Nutzung des Netzes für die allgemeine Versorgung und ohne Zwischenschaltung eines Händlers bzw. Dienstleisters würden auf den Anlagenbetreiber eine Vielzahl von rechtlichen, steuerlichen und energiewirtschaftlichen Herausforderungen zukommen, deren Bewältigung sich für einen einzelnen Anlagenbetreiber auch bei großen Anlagen in der Regel nicht lohnt.
Bei der sonstigen Direktvermarktung wird sich der vereinbarte Strompreis am erwarteten Marktpreis für Strom orientieren. Bei Windparks spielt wegen der höheren Betriebskosten und wegen für den Weiterbetrieb häufig erforderlichen Investitionen die Preissicherheit eine höhere Rolle als für Photovoltaikanlagen. Daher sind für Photovoltaikanlagen auch andere Geschäftsmodelle denkbar bis hin zu einer Weiterführung der Direktvermarktung (nur ohne Marktprämie), bei der der vereinbarte Strompreis direkt aus dem durchschnittlichen Börsenstrompreis abzüglich eines pauschalen Abschlags für die Vermarktungskosten ermittelt wird.
Photovoltaikanlagen haben dafür mit einem Hemmnis zu kämpfen, das bei Windparks keine Rolle spielt: Wegen der geringen Anlagengröße und der entsprechend geringen Strommenge ist die Direktvermarktung nach dem Marktprämienmodell derzeit nur bei größeren Photovoltaikanlagen verbreitet, weil der Abschluss von Direktvermarktungsverträgen mit geringem Volumen sich derzeit für viele Anlagen wegen der stets anfallenden Transaktions- und Abwicklungskosten weder für Direktvermarkter noch für Anlagenbetreiber lohnt. Dementsprechend müssen sich auch viele Anlagenbetreiber zum Ende der Anlagenlaufzeit erstmals mit dem Thema Stromvermarktung beschäftigen, während fast alle Windparkbetreiber damit schon Erfahrung gesammelt haben.
Aktuell werden verschiedene neue Vermarktungsansätze wie Blockchain oder Stromcommunities diskutiert. Stoßrichtung dieser Überlegungen ist es, einen direkten Handel zwischen Stromerzeugern und Stromverbrauchern auch im kleinen Maßstab – insbesondere Dach-Photovoltaikanlagen und Haushaltskunden – zu ermöglichen. Wesentlich höhere Erlöse lassen sich dabei eher nicht erwarten, da die Kosten für die Nutzung des Netzes der allgemeinen Versorgung einschließlich Steuern und Abgaben bei diesen Modellen in gleicher Höhe anfallen wie bei der klassischen Stromversorgung und damit höhere Erlöse allenfalls über eine höhere Zahlungsbereitschaft der Endkunden erzielt werden können. Solche technologischen Lösungen haben allerdings das Potenzial, die Vermarktungskosten zu senken und insbesondere die Hürden für den Marktzutritt kleiner und mittlerer Anlagen durch standardisierte und automatisch abgewickelte Vermarktungsprodukte zu senken.
Ein zusätzlicher Erlös bei der sonstigen Direktvermarktung lässt sich durch die Verwendung von Herkunftsnachweisen erzielen. Diese können für Anlagen, die nicht nach dem EEG gefördert werden, ausgestellt werden. Nachfrager der Herkunftsnachweise sind insbesondere Anbieter von Ökostromprodukten, die damit die „grüne Eigenschaft“ des von ihnen verkauften Stroms nachweisen können. Der Marktwert entsprechender Nachweise dürfte jedoch überschaubar sein. So ist der Gesetzgeber des EEG 2017 von einem Marktwert von 0,1 ct/kWh ausgegangen. Gerade bei Photovoltaikanlagen wird man sich daher bei vielen Anlagen die Frage stellen müssen, ob die Kosten für die Nutzung des Herkunftsnachweisregisters und die Kosten für die Vermarktung der Herkunftsnachweise durch die erzielbaren Erlöse gerechtfertigt sind.
Direktbelieferung von Letztverbrauchern außerhalb des Netzes
Eine weitere Möglichkeit ist die direkte Belieferung von Letztverbrauchern mit dem erzeugten Strom, ohne dass dafür das Netz für die allgemeine Versorgung genutzt wird. Wenn der Strom außerhalb des Netzes vermarktet wird, entfallen einerseits die daran geknüpften regulatorischen Vorgaben. Zum andern lässt sich so ein finanzieller Vorteil generieren, da die Netzentgelte und die netzgebundenen Umlagen und Abgaben (Konzessionsabgabe, KWKG-Umlage etc.) sowie häufig auch die Stromsteuer nicht anfallen. Hinsichtlich der EEG-Umlage lässt sich bei diesem Modell jedoch kein Vorteil generieren. Diese fällt bei der Letztverbraucherbelieferung stets in voller Höhe an und muss vom Anlagenbetreiber abgeführt werden.
Bei der Direktbelieferung ist zunächst ein Modell denkbar, nach dem der Anlagenbetreiber dem Letztverbraucher nur den Strom aus der Anlage liefert und nur diesen mit ihm abrechnet. Für seinen sonstigen Strombedarf, der nicht aus der Anlage gedeckt werden kann, schließt der Kunde einen normalen Stromliefervertrag mit einem Energieversorgungsunternehmen seiner Wahl.
Daneben wäre auch denkbar, dass der Anlagenbetreiber die Vollversorgung seines Kunden übernimmt. Hierfür müsste er selbst den Ersatzstrom für den Strombedarf des Kunden, der nicht aus der Anlage gedeckt werden kann, von einem Vorlieferanten beschaffen. Gegenüber dem Kunden rechnet der Anlagenbetreiber dann dessen vollen Stromverbrauch mit einem entsprechend kalkulierten Mischpreis ab.
Bei der gesetzlichen Mieterstromförderung, die allerdings nur für neue Anlagen beansprucht werden kann, hat der Gesetzgeber das zweite Modell verpflichtend vorgeschrieben. Mittelfristig ist daher zu erwarten, dass sich dieses Modell als Marktstandard auch für Produkte etablieren wird, bei denen die Mieterstromförderung nicht oder nicht vollständig in Anspruch genommen wird.
Unabhängig von der Wahl des Modells müssen bei der vertraglichen Ausgestaltung die AGB-rechtlichen und energierechtlichen Vorgaben an einen Stromliefervertrag eingehalten werden. Auch bei der Abrechnung muss beachtet werden, dass das Energiewirtschaftsgesetz eine Reihe von Anforderungen an Stromrechnungen stellt, die auch im Fall der Direktbelieferung aus einer PV-Anlage eingehalten werden müssen.
Grundvoraussetzung einer Direktbelieferung ist allerdings, dass der Vertrag technisch überhaupt durchgeführt werden kann. Bei der Belieferung von Kunden auf demselben Grundstück stellen sich dabei meistens keine größeren Probleme. Bei einer Verlegung von Kabeln zur Direktbelieferung von Nachbarn würden allerdings im Normalfall mehrere Netzanschlüsse kundenseitig galvanisch verbunden werden, was sowohl im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit der Schutzeinrichtungen als auch im Hinblick auf die ordnungsgemäße Messung und Abrechnung nicht zulässig ist. Um die Direktbelieferung trotzdem aufnehmen zu können, kann also ein vorheriger Umbau der Netzanschlüsse erforderlich sein.
Verpachtung der Anlage
Da die Direktbelieferung von Letztverbrauchern zu keinem Vorteil hinsichtlich der EEG-Umlage führt, sind in der Praxis auch Pachtmodelle verbreitet. Durch die Anpachtung der Photovoltaikanlage wird der Stromkunde selbst zum Eigenerzeuger. In diesem Fall fällt derzeit nur 40 % der EEG-Umlage an. Der Anlageneigentümer erzielt in diesem Fall seinen Erlös durch den Pachtzins. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass kein verkappter Stromliefervertrag vorliegt, sondern die Risiken des Anlagenbetriebs in dem bei Pachtverträgen üblichen Umfang vom Kunden übernommen werden.
Die Bundesnetzagentur erkennt in Ihrem Leitfaden zur Eigenversorgung Pachtmodelle ausdrücklich an. Voraussetzung ist, dass der Betreiber der Stromerzeugungsanlage und der Betreiber der Verbrauchsgeräte dieselbe natürliche oder juristische Person sind. Betreiber ist jeweils, wer die tatsächliche Herrschaft über die Anlage bzw. die Verbrauchsgeräte ausübt, ihre Arbeitsweise eigenverantwortlich bestimmt und das wirtschaftliche Risiko trägt. Entscheidend sind nach der Bundesnetzagentur die objektiven, tatsächlich vorliegenden Umstände; davon abweichende subjektive Ziele, rein vertragliche Zuordnungen, Fiktionen oder Umgehungsgeschäfte sind insoweit unbeachtlich. Umgekehrt darf das Risiko aber auch nicht komplett auf den Kunden abgewälzt werden, insbesondere das Risiko des zufälligen Untergangs der Anlage. Denn ansonsten könnte kein Pachtvertrag mehr vorliegen, sondern ein Finanzierungsleasingvertrag, der der Bankenaufsicht durch die BaFin unterliegt und ohne vorherige Genehmigung durch die BaFin nicht abgeschlossen werden darf.
In der Praxis bereitet die Einhaltung dieser Vorgaben zumeist keine Probleme, entsprechende Vertragsmuster sind im Markt verbreitet und für jeden interessierten Anlagenbetreiber verfügbar. Es gibt aber leider auch schwarze Schafe. So hat das OLG Karlsruhe Mitte 2016 die Betreiberin einer Photovoltaikanlage zur Zahlung der EEG-Umlage an den Übertragungsnetzbetreiber verurteilt, die einen Teil ihrer Photovoltaikanlage an einen ihrer gewerblichen Mieter verpachtet hatte. Das dort verwendete Vertragsmuster, das von einer Anwaltskanzlei im Auftrag eines Verbandes der Solarbranche entwickelt worden ist und im Internet von dem Verband günstig angeboten wird, wies nach Ansicht der Gerichte so gravierende Mängel auf, dass es nicht mehr als Pachtvertrag, sondern als Stromliefervertrag anzusehen ist.
Die Autoren: Micha Klewar ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht bei der PricewaterhouseCoopers Legal AG Rechtsanwaltsgesellschaft. Karin Jenner LL.M. (karin.jenner@pwc.com) ist Manager bei der PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Titelbild: Leo Wolfert/Shutterstock