Das Kreuz mit Steuer und Cash-Flow: Optimieren durch Familiensplitting
Die Solaranlage läuft und erwirtschaftet gute Erträge – und trotzdem reicht der erzielte Cash-Flow nicht aus, um die laufenden Kosten nebst Zins und Tilgung für die PV-Anlage zu bedienen. Ein Problem, welches oft Personengesellschaften trifft, die Steuervorteile aus der Vergangenheit nicht angespart haben, sondern als Eigenkapital-Ersatz verwendeten. Diplom-Kaufmann und Steuerberater Alexander Hill zeigt in seinem Beitrag einen Weg auf, der aus dem Dilemma helfen kann.
Eine Geschichte aus dem echten Leben: Schulze und Schmitt sind beide verheiratet und haben jeweils zwei studierende, volljährige Kinder. Sie sind beide zu 50% Gesellschafter der S&S GbR, die eine Photovoltaik-Anlage betreibt.
Die Anlage wurde 2010 für 1.000.000 € gekauft. Schon im Jahr 2009 hat die Gesellschaft den IAB (Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG) in Höhe von 200.000 € (40% des Höchstbetrags von 500.000 €) steuerlich geltend gemacht. Daneben hat die S&S GbR die Sonderabschreibung in Höhe von 20% auf den Restbetrag in Höhe von 800.000 € (1.000.000 € Anschaffungskosten ./. 200.000 € IAB). Danach verbleibt der Gesellschaft noch die lineare AfA (Absetzung für Abnutzung) in Höhe von 32.000 € p.a. bei einer angenommenen Nutzungsdauer von 20 Jahren.
Die PVA erwirtschaftet regelmäßig 100.000 € Stromertrag p.a. (netto ohne USt.). Schulze und Schmitt bzw. die S&S GbR haben die Anlage bei ihrer Hausbank fremdfinanziert. Für die Finanzierung zahlt die GbR im aktuellen Jahr 80.000 € Tilgung und 10.000 € Zinsen.
Der Steuerberater präsentiert Schulze und Schmitt folgende Steuerhochrechnung für die S&S GbR für das aktuelle Jahr 2018:
+ 100.000 € Stromerlös
./. 10.000 € Zinsen
./. 32.000 € aktuelle lineare AfA
+ 58.000 € Jahresgewinn für die S&S GbR
In ihrem gewöhnlichen Berufsleben verdienen Schulze und Schmitt jeweils mehr als der Durchschnitt der deutschen Steuerpflichtigen. Beide haben jeweils (zusammen mit ihren Ehepartnern) ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 109.900 € (gem. § 32a EStg) p.a. (die von der SPD eingeführte sog. Reichensteuer für ein zu versteuerndes Einkommen ab 501.462 € wird aus Vereinfachungsgründen nicht dargestellt).
Schulze und Schmitt haben somit bei der Einkommensteuer (ESt) einen sogenannten Grenzsteuersatz von 42%. Der Grenzsteuersatz bedeutet: „Wieviel Steuer muss auf jeden weiteren zusätzlichen € bezahlt werden.“
Zuzüglich auf die ESt ist der Solidaritätszuschlag (SolZ) zu bezahlen. Dieser beträgt 5,5% auf die Einkommensteuer. 5,5% auf 42% ESt sind zusätzliche 2,31%. Der zu bezahlende Gesamtgrenzsteuersatz beträgt also 42% + 2,31%% = 44,31% (aus Gründen der Veranschaulichung unterbleiben in diesem Artikel die Betrachtung der Kirchensteuer und der Gewerbesteuer).
Der steuerliche Gewinn in Höhe von 58.000 € der Gesellschaft S&S GbR wird zur Hälfte im Rahmen der sog. einheitlichen und gesonderten Feststellung auf die beiden Gesellschafter aufgeteilt:
58.000 € x ½ = 29.000 € Gewinn Schulze
58.000 € x ½ = 29.000 € Gewinn Schmitt
Diesen hälftigen Gewinnanteil müssen die beiden Gesellschafter mit ihrem jeweiligen Grenzsteuersatz in Höhe von 44,31% versteuern. Somit errechnet sich die Steuerbelastung:
12.850 € = 29.000 € x 44,31% Steuer Schulze
12.850 € = 29.000 € x 44,31% Steuer Schmitt
25.700 € Gesamtsteuerbelastung für beide Gesellschafter.
Ist Gewinn da, ist auch Geld auf dem Konto, mag sich so mancher Gesellschafter denken. Doch weit gefehlt. Der Cash-Flow des aktuellen Jahres der S&S GbR sieht wie folgt aus:
100.000 € Liquiditätszufluss aus Stromerlösen
./. 90.000 € Liquiditätsabfluss Annuitätszahlungen an die Bank
+ 10.000 € Liquiditätsüberschuss
Das übrige Geld in Höhe von 10.000 € reicht also nicht aus, um die Steuern von Schulze und Schmitt in Höhe von 25.700 € zu bezahlen. Schulze und Schmitt müssen für die Steuerzahlungen aus ihrem Vermögen oder ihren anderen Einkommen Geld bestreiten.
Dieser Sachverhalt tritt regelmäßig, insbesondere bei Personengesellschaften, auf. Der logische rechnerische Hintergrund ist, dass zum einen Steuerersparnisse in der Vergangenheit (hier insbesondere die Inanspruchnahme des IAB in 2009) nicht auf Seite gelegt wurden oder gleich als Eigenkapital verwendet wurden. Zum anderen, dass die zugehörigen Bankfinanzierungen einen höheren Tilgungsanteil verlangen, als die PVA erwirtschaftet. Dies deshalb, weil die Finanzierungen in den wenigstens Fällen auf die Laufzeit von 20 Jahren ausgelegt sind (von der erforderlichen langfristigen Zinsbindung ganz zu schweigen).
„Familiensplitting“ als Lösung
In der Regel sind Betreiber von Photovoltaik-Anlagen zwischen 35 und 60 Jahre alt, stehen voll im Berufsleben und erzielen gerade die höchsten Einkünfte in diesem Lebensabschnitt. Die Steuerpflicht beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod. Dazwischen betrachtet die Einkommensteuer immer nur ein jeweiliges Kalenderjahr vom 1. Januar bis zum 31. Dezember. Gemäß dem sogenannten Leistungsprinzip soll derjenige, der mehr verdient, mehr (und zwar sehr viel mehr wegen der Steuersatzprogression) Steuern bezahlen als derjenige, der weniger oder nichts verdient.
Der Betrachtungszeitraum bleibt dabei allerdings immer auf das jeweilige Kalenderjahr beschränkt. Dass die meisten nach der Geburt, in der Kindheit, während der Berufsausbildung in den ersten zwanzig bis dreißig Jahren ihres Lebens und dann beim Eintritt ins Rentenalter sehr viel weniger oder gar nichts verdienen, bleibt bei der Anwendung des Steuersatzes gänzlich unberücksichtigt. Vereinfach gesagt (für Verheiratete): In einem Jahr 100.000 € verdient und im zweiten Jahr 0 € ist steuerlich wesentlich teurer, als zwei Jahre 50.000 € verdient bzw. versteuert.
Diesem Sachverhalt (ob gerecht oder nicht ist eine philosophische Frage: „Was ist gerecht?“) begegnet man in der Steuergestaltung mit dem sogenannten Familiensplitting. Der Begriff hat nichts mit dem Ehegattensplitting zu tun, sondern wird für das splitten – auf Deutsch ‚aufteilen‘ – der (PVA-)gewinne auf andere Familienmitglieder verwendet.
Wie eingangs im Sachverhalt erwähnt haben Schulze und Schmitt insgesamt vier studierende Kinder. Diese müssen in der Regel von den Eltern unterstützt werden und haben wenig oder keine steuerlichen Einkünfte. Die Ausgangsidee ist, dass die studierenden Kinder nicht mehr mit versteuertem Geld, sondern mit PVA-Gewinnen bzw. der zugehörigen Steuerersparnis unterstützt werden.
Beim Familiensplitting „schneidet“ man die hier dargestellten Gewinne ab und transferiert sie auf die Kinder. Das „Abschneiden“ erfolgt mittels der Schenkung des Gesellschafteranteils von Schulze und Schmitt an ihre vier Kinder (Die Schenkungsteuer muss beachtet werden, bleibt hier aber auf Grund von Schenkungsteuerbetrag bzw. mitübernommenen Bankverbindlichkeiten außer Betracht). Schulze schenkt also von seinem 50%-Gesellschaftsanteil an der S&S GbR jeweils die Hälfte an jedes Kind. Schmitt tut dies analog.
Im Ergebnis sind jetzt vier Kinder mit jeweils 25% an der S&S GbR beteiligt. Alle vier Kinder versteuern jeweils anteilig 25% x 58.000 € = 14.500 €. Die Steuerbelastung beträgt dann für jedes Kind, wenn es sonst nichts verdient, rund 1.088 €. Im Ergebnis beträgt die Gesamtsteuerbelastung der vier Kinder also 4x 1.088 € = 4.352 €. Gegenüber der Steuerbelastung von Schulze und Schmitt in Höhe von 25.700 € errechnet sich eine Steuerersparnis in Höhe 21.358 €.
Freilich sind die Transaktionskosten und Änderungen, wenn die Kinder selbst verdienen, noch zu berücksichtigen. Doch ist eine Steuerersparnis von 21.358 € bezogen auf 25.700 € schlanke 83%. Bezogen auf die verbleibende Laufzeit der PVA von 12 Jahren sind das über eine viertel Million €, oder mehr als ein Viertel der gesamten Investition von 1.000.000 €.
Ausblick
Frei nach John Davison Rockefeller „Lieber eine Stunde über Geld nachdenken oder den Steuerberater nachdenken lassen, als eine Stunde für Geld zu arbeiten“ ist doch hier ein erhebliches Potenzial vorhanden. Was nicht zuletzt auch wieder Geld und somit Eigenkapital in die Familienkasse spült, um sich z.B. auf der Plattform Milk the Sun nach einer weiteren PV-Investition umzuschauen.
In den nächsten Beiträgen wird die Geschichte fortgesetzt, wie es sich mit minderjährigen Kindern verhält (damit der Zeitraum länger wird, bis die Kinder selber Geld verdienen) und welche Rechtsform zu dieser Steuergestaltung ideal passt. Des Weiteren werden Steuergestaltungen vorgestellt, wie man eine PVA steuerlich doppelt abschreibt.
Dipl.- Kfm. Alexander M. Hill, Steuerberater
Der Autor ist Partner der Ratzke Hill PartG, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in München und betreibt selbst diverse PVAs. Die Kanzlei Ratzke Hill PartG betreut und berät zahlreiche Mandaten mit Photovoltaikanlagen.