Stromspeicher:  Wie zukunftsträchtig sind Regelenergie und Intraday-Handel?

Stromspeicher: Wie zukunftsträchtig sind Regelenergie und Intraday-Handel?

Betreiber flexibler Kraftwerke und Energiehändler waren bisher die wesentlichen Akteure im kurzfristigen Handel mit Energie. Seit Kurzem können auch Solaranlagen-Eigentümer mit eigenem Batteriespeicher ihre Flexibilität vermarkten und so Umsätze generieren. Ein Gastbeitrag von Jan Knievel, Neas Energy.

 

Solaranlagen-Betreiber können durch ihren Speicher einen größeren Anteil des eigenen Solarstroms vor Ort verbrauchen und ihre Energiekosten senken. Darüber hinaus sorgen Speicher für mehr Versorgungssicherheit bei Netzstörungen. Industrie- und Gewerbebetriebe können mit Hilfe von Speichern zusätzlich Lastspitzen reduzieren, damit eine bessere Einstufung durch ihren Netzbetreiber erreichen und so die Stromkosten weiter vermindern. „Klassische“ Funktionen wie diese schöpfen das Potenzial von Batteriespeichern aber nicht aus. EVUs, Start-Ups und Speicher-Hersteller entwickeln und testen deswegen neue Geschäftsmodelle. Dazu gehören Strom-Flatrates, Mieterstrommodelle und auch die Vermarktung von Regelenergie und der Intraday-Handel.

 

Regelenergie aus Batteriespeichern

Erste Batteriespeicher nehmen bereits heute an den Märkten für Regelleistung teil. Die Regelenergie-Nachfrage wird von den Übertragungsnetzbetreibern auf einer öffentlichen Plattform ausgeschrieben. Die Netzbetreiber gleichen damit ungeplante Schwankungen im Strombedarf und der Stromeinspeisung aus und sichern so die Stabilität des Stromnetzes. Je nach Zeithorizont spricht man von der „Primärreserve“ (Sekunden), der „Sekundärreserve“ (fünf Minuten) oder der „Minutenreserve“ (Viertelstunden).

Die Regelleistung wird – je nach benötigtem Zeithorizont – z.B. von regelbaren Kraftwerken, Pumpspeicherkraftwerken oder eben Batteriespeichern zur Verfügung gestellt und über Energiehändler vermarktet, die als Bieter an den Ausschreibungen der Übertragungsnetzbetreiber teilnehmen. Pumpspeicherkraftwerke und Batteriespeicher können dabei Energie bereitstellen (positive Regelleistung) als auch einspeichern (negative Regelleistung).

Betreiber von Speichern werden einerseits für die Bereitschaft bezahlt, bei Bedarf Regelleistung zu liefern. Sie werden zusätzlich vergütet, wenn Regelenergie tatsächlich abgefragt wird. Im Gegenzug wird ein Teil ihrer Speicherkapazität für die Bereitstellung der Regelenergie reserviert und kann nicht mehr vom Betreiber genutzt werden. Zusätzlich wird eine spezielle Steuerelektronik benötigt.

 

Hohe technische Anforderungen

Batteriespeicher müssen komplexen Anforderungen an die Verfügbarkeit und Anbindung genügen und „präqualifiziert“ werden, um am Regelenergiemarkt teilnehmen zu dürfen. Diese Anforderungen sind umso höher, je kürzer die benötigten Reaktionszeiten sind. Ob ein Speicher präqualifiziert werden kann, hängt neben seiner Kapazität auch von anderen Faktoren wie z.B. der verwendeten Leistungselektronik ab. Deswegen werden kleinere und mittlere Speicher mit einer Kapazität von unter einem Megawatt in Pools zusammengefasst, um den Anforderungen an die Präqualifikation zu genügen.

 

Sinkende Erträge aus dem Regelenergiemarkt

Kann die Vermarktung von Regelenergie als alleiniges Geschäftsfeld genug Erträge erwirtschaften, um den Betrieb eines Speichers auch zukünftig attraktiv zu machen? Das ist aus heutiger Sicht fraglich, denn Regelenergie wird in Zukunft weniger häufig benötigt als in der Vergangenheit und die Preise sinken. Das liegt einerseits an der gestiegenen Prognosequalität für Erneuerbare Energien: Präzisere Vorhersagen sorgen dafür, dass ungeplante Abweichungen seltener vorkommen und der Bedarf an Regelleistung sinkt, obwohl immer mehr Wind- und Sonnenstrom im Netz ist.

Zusätzlich bieten immer mehr große Batteriespeicher Primärregelleistung an und die Projektpipeline wächst weiter. Hinzu kommen diverse Schwarmspeicher-Konzepte, die in nächster Zeit auf den Markt kommen. Das zunehmende Regelenergie-Angebot wird den Preisdruck im Markt weiter erhöhen, abnehmende Preise für Batterien dürften die Speicherkapazitäten weiter wachsen lassen und diesen Effekt noch verstärken.

Eine weitere Ursache für den abnehmenden Regelenergie-Bedarf liegt darin, dass der kurzfristige Ausgleich von Schwankungen im Netz sich immer weiter in den Intradayhandel verlagert – dazu mehr im nächsten Abschnitt. Dennoch sollten sich Betreiber von Batteriespeichern die Option „Regelenergie-Vermarktung“ weiter offenhalten, um mehrere Vermarktungsmöglichkeiten für die Flexibilität ihres Speichers zu haben.

 

Alternative: Intraday-Handel

Der Intraday-Handel ist der kurzfristige Großhandel mit Strom innerhalb eines Tages. Er wird beispielsweise am Spotmarkt der European Power Exchange abgewickelt und sein Volumen wächst. Dafür gibt es zwei wesentliche Ursachen:

1. Die Anzahl von EVUs, Unternehmen und Stromhändlern, die gleichzeitig Energie abnehmen und einspeisen, nimmt zu. Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Bilanzkreise möglichst weitgehend auszugleichen. Das bedeutet: sie sollen möglichst exakt so viel Energie produzieren oder einkaufen, wie sie auch selbst verbrauchen. Durch diesen Ausgleich tragen sie dazu bei, Schwankungen im Stromnetz zu reduzieren.

Die notwendige Energie für den kurzfristigen Ausgleich der Bilanzkreise kann an den Intraday-Märkten eingekauft werden. Je mehr Marktteilnehmer ihre Bilanzkreise ausgleichen müssen, desto mehr Handelsbewegungen und desto höhere Volumina sind zu erwarten. Das unterscheidet den Intraday-Markt vom Regelenergie-Markt, auf dem die Anzahl der Abnehmer gleich bleibt, da in Deutschland nur die derzeit vier Übertragungsnetzbetreiber Regelleistung beziehen.

2. Viele Händler nutzen die Preisschwankungen am Markt im Tagesverlauf aus, um Gewinne zu realisieren. Das erhöht die Anzahl der Marktakteure zusätzlich.

 

Einfacherer Marktzugang

Der Marktzugang zu den Intraday-Märkten ist für Betreiber von Stromspeichern einfacher als der Zugang zu den Regelenergiemärkten. Zwar ist es auch für den Intraday-Handel notwendig, kleinere Speicher in Pools zusammenzufassen, um sie an den Markt zu bringen, die Anforderungen sind aber geringer und eine Präqualifizierung entfällt ebenfalls. Größere Speicher ab 1 MW Leistung können übrigens bereits heute direkt am Intraday-Handel teilnehmen. Die Erlösmöglichkeiten sind derzeit noch begrenzt – was auch an geringen Wirkungsgraden liegt – aber als weitere Zukunftsperspektive in jedem Fall interessant.

Mehr Informationen zum Intraday-Handel mit Speicherkapazitäten erhalten Sie bei Neas Energy, Jan Knievel, unter +49 (0) 40 228 676 952.

 

Gastautor: Jan Knievel, Neas Energy.

Titelbild: petrmalinak/shutterstock

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