Meinung: Erfolg der Energiewende braucht weiterhin massiven Druck aus der Bevölkerung
„Die Energiewende ist nicht mehr aufzuhalten.“ Diese Aussage höre ich oft. Vielleicht stimmt sie auch. Das heißt aber nicht, dass wir uns als Gesellschaft zurücklehnen können und nicht weiter für die Energiewende kämpfen müssen.
Bürger sind die treibende Kraft der Energiewende
Die Bürger sind das Herz der Energiewende in Deutschland – ohne das Engagement einzelner wären wir heute längst nicht so weit beim Ausbau der Erneuerbaren. Engagierte Bürger haben als Pioniere mit ersten Solaranlagen auf dem eigenen Dach ein Zeichen gesetzt. Engagierte Bürger waren es auch, die größere Projekte in Angriff nahmen, aus denen die ersten mittelständischen Unternehmen der Branche entstanden. Das Engagement der Bürger sowie der Einsatz einzelner engagierter Politiker haben 1991 zum Stromeinspeisungsgesetz und im Jahr 2000 zum Erneuerbare-Energien-Gesetz geführt, der Basis für den bisherigen Erfolg der deutschen Energiewende. All das geschah gegen den politischen, wirtschaftlichen und publizistischen Mainstream der Energiediskussion.
Und nicht nur durch Engagement sondern auch finanziell wurde die Energiewende bisher primär von Bürgern getragen. Während Privatpersonen, Landwirte und Genossenschaften im Besitz von etwa der Hälfte der bisher installierten Leistung erneuerbarer Energien sind, haben Energieversorger bisher nur ein Achtel zur installierten Leistung beigetragen. Der Rest ist im Besitz von institutionellen und strategischen Investoren wie Projektentwicklern aus dem Bereich erneuerbare Energien, Gewerbeunternehmen, Fonds und Banken.
Wirtschaftlichkeit trägt massiv zum Ausbau erneuerbarer Energien bei
Im Kern ging es bei der Energiewende von Beginn an um das persönliche Engagement für eine nachhaltige und zukunftsfähige Energieversorgung und nicht um den Profit. Durch die richtigen politischen Rahmenbedingungen sind erneuerbare Energien wirtschaftlich geworden und es lässt sich inzwischen auch gut Geld damit verdienen. Das ist allerdings erstens nicht vergleichbar mit den zweistelligen Renditen der großen Energiekonzerne und zweitens durchaus gut und wichtig, denn neben dem Einsatz für Klimaschutz und Nachhaltigkeit, der die Pioniere und Vorreiter angetrieben hat, wird die Energiewende seit vielen Jahren und auf breiter Ebene maßgeblich von der Wirtschaftlichkeit angetrieben.
Energiewende nicht allein der Wirtschaft und der Politik überlassen
Nichtsdestotrotz können wir uns bei der Energiewende nicht allein auf Wirtschaft und Politik verlassen. In unserem Gesellschaftssystem sind Profit und Macht die bestimmenden Faktoren, die auch Wirtschaft und Politik maßgeblich beeinflussen und die größten und mächtigsten Energieunternehmen vertreten die fossil-atomare Energiewirtschaft. Ihnen geht es vor allem um die Gewinnmaximierung und den Machterhalt, um die Beibehaltung des Status Quo der konventionellen Energieversorgung, um den eigenen Vorteil. In der Politik haben diese Unternehmen starke Verbündete, die beim Schutz der konventionellen Energieversorger zwar auch ehrenwerte Ziele wie den Erhalt von Arbeitsplätzen verfolgen. Doch der größere gesellschaftliche Zusammenhang – eine nachhaltig lebenswerte Umwelt, die Voraussetzung für alles Leben und Wirtschaften ist – spielt dabei keine Rolle. Daher liegt es nach wie vor in der Hand der Bürger und am Engagement des Einzelnen, die Energiewende voranzubringen – Politik und Wirtschaft unter Druck zu setzen, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.
Akteure der Erneuerbaren-Energien-Branche brauchen gesellschaftlichen Rückhalt
Auf politischer Ebene setzen sich zunehmend auch Unternehmen, Verbände und Initiativen aus der Branche der erneuerbaren Energien aktiv für die Energiewende ein. Ihr Einfluss ist jedoch im Vergleich zur übermächtigen Atom- und Kohle-Lobby gering. Er wächst allerdings je mehr die Gesellschaft spürbar hinter dem Ausbau der Erneuerbaren steht. Reine Umfrageergebnisse, die die hohe gesellschaftliche Akzeptanz erneuerbarer Energien bescheinigen, reichen dabei nicht. Dazu ist der Druck, den die Politik von den großen Energiekonzernen erfährt, viel zu groß. Nur wenn wir als Bürger weiterhin laut genug sind, unsere Stimme für erneuerbare Energien erheben und aktiv Einfluss nehmen, kann die Energiewende weiterhin erfolgreich sein.
Bei Bekenntnissen zur Energiewende die Spreu vom Weizen trennen
Ein großer Teil der Bevölkerung hat den Eindruck, das mit der Energiewende liefe schon oder es ginge sogar zu schnell, wie es uns diverse Interessengruppen, Politiker, Unternehmer und die Medien immer wieder weis machen wollen. Doch zu schnell kann es gar nicht gehen. Dass eine 100% Versorgung mit Erneuerbaren machbar und gesellschaftlich gewollt ist, ist Fakt. Eigentlich stellt sich nur noch die Frage, wie die Energiewende im Detail angegangen werden soll. Hierzu gibt es viele verschiedene Ideen, bei denen jedoch Acht gegeben werden muss, ob sie wirklich die Vollversorgung mit erneuerbaren Energien auf bestmöglichem Wege anstreben oder ob es sich um Scheinlösungen handelt, die der Verzögerung oder Manipulation dienen. Nicht alles, wo „für die Energiewende“ drauf steht, ist tatsächlich dafür. Daher darf nicht einfach nur zugesehen werden, sondern engagierte Bürger müssen sich nach wie vor einmischen und alles kritisch hinterfragen. Dabei spielt auch die Aufklärung im persönlichen Umfeld eine große Rolle, denn nur eine umfassend über erneuerbare Energien informierte Bevölkerung kann eine wichtige politische Unterstützungskraft für den Energiewechsel sein.
Nur weil es in der Vergangenheit bereits viele große Demonstrationen und Bürgerbewegungen für die Energiewende gab und sich Regierungen inzwischen auch dafür aussprechen, heißt das nicht, dass sich die Gesellschaft jetzt langsam auf die faule Haut legen darf. Es gibt zu viele mächtige Akteure, die aus Eigeninteresse immer wieder versuchen werden, die Energiewende zu sabotieren, und das auf immer subtilere Art und Weise.
Bürgerengagement bleibt unverzichtbar für den Erfolg der Energiewende
Die Energiewende ist und bleibt im Kern ein Bürgerprojekt, eine gesellschaftliche Bewegung und wir müssen gemeinsam bis zum Ende dafür kämpfen! Alles, was der Bürgerbeteiligung Steine in den Weg legt, bremst die Energiewende aus. Jede anstehende Änderung des EEG sowie eine mögliche Reform der Energiemarktordnung muss sich daran messen lassen, ob die dezentrale Bürgerenergiewende weiterhin die treibende Kraft bleiben kann. Die gesellschaftliche Öffentlichkeit hat tatsächlich letztlich die größte Macht, denn Regierungen sind vorrangig dem Wohle der Gesellschaft verpflichtet und nicht dem eines einzelnen, wenn auch mächtigen Wirtschaftszweigs.
Zur Autorin
Kathrin Hoffmann ist studierte Kommunikationsmanagerin mit großem Interesse für Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien. Seit 2010 ist sie bei der Windwärts Energie GmbH zuständig für die Online-Kommunikation und hat seitdem das Social Media Engagement des Unternehmens u.a. im Windwärts Blog und auf Kanälen wie Flickr, Youtube und Slideshare ausgebaut. Darüber hinaus engagiert sich Kathrin Hoffmann beruflich und privat auch auf vielen anderen Wegen für die Energiewende, z.B. bei den Energiebloggern und auf Twitter.