„Die Belastung des Eigenverbrauchs muss entfallen – und zwar sofort!“

„Die Belastung des Eigenverbrauchs muss entfallen – und zwar sofort!“

Der Photovoltaik-Markt in Deutschland ist dabei, zu kollabieren. Grund dafür sind vor allem unangemessene Änderungen des EEG, billige Module aus Asien und Propaganda der Energiekonzerne gegen die Energiewende, ist sich Günter Weinberger, Geschäftsführer der Solar-Fabrik, sicher. Im „Vier Fragen an…“-Interview erklärt er die Krise und stellt Lösungsansätze vor.

 

Milk the Sun: Herr Weinberger, wie bewerten Sie den Entwicklungsstand des Photovoltaik-Marktes und der Solarindustrie vor dem Hintergrund des neuen EEG, der verfehlten Zubauziele und der startenden Ausschreibungen für PV-Freiflächenanlagen?

Günter Weinberger: Der deutsche Photovoltaik-Markt ist gerade dabei, zu kollabieren: Nachdem das Zubauvolumen von 2012 bis 2014 bereits auf ein Viertel geschrumpft ist, droht in 2015 ein weiterer Rückgang und damit eine erweiterte Verfehlung der Zubauziele. Die Ursachen dafür sind in den vollkommen unangemessenen Änderungen des EEG zu finden, insbesondere die deFacto-Besteuerung des eigenverbrauchten Solarstroms durch die EEG-Umlage. Wer so einen Unsinn beschließt, darf sich nicht wundern, wenn interessierte Investoren alle Pläne auf Eis legen, bis eine Regierung hoffentlich zu einer vernünftigeren Energiepolitik zurückkehrt.

Die zusätzliche Genehmigung von Freiflächenanlagen über das Ausschreibungsverfahren wird daran nichts Grundsätzliches ändern und ist aus Sicht der deutschen Hersteller vollkommen uninteressant, da aufgrund der Renditeziele vermutlich ausschließlich asiatische Billigstmodule zum Einsatz kommen. Ob angesichts aktueller Schadensfälle (siehe unten: „Repowering“) überhaupt Investoren dafür zu gewinnen sind, bleibt abzuwarten.

Wenn die Bundesregierung nicht auch noch die letzten Überreste der deutschen Solarindustrie ihrer verfehlten Politik opfern will, muss die Belastung des Eigenverbrauchs entfallen, und zwar sofort! Außerdem müssen die Ausnahmeregelungen zur EEG-Umlage dringend auf das tatsächlich notwendige Maß reduziert werden. Dadurch würden weitere Betriebe motiviert, in eigenerzeugten Solarstrom zu investieren, um so ihre Energiekosten zu senken.

 

„…aber nach zwei Jahren Propaganda kann man’s ja mal versuchen…“

Milk the Sun: Laut „Deutschem Energiekompass“ sinkt die Akzeptanz der Bürger gegenüber der Energiewende immer weiter. Wie erklären Sie sich diesen Trend nach den Jahren des Solarbooms?

Günter Weinberger: Hier zeigt sich leider die Wirkung von über zwei Jahren Propaganda der Energiekonzerne gegen die Energiewende, sowie die Unfähigkeit der Bundesregierung, einen glaubwürdigen Plan zu verabschieden. Die Propaganda kann ja jeder Einzelne noch relativ einfach entlarven, z.B. anhand der ausgeuferten Ausnahmeregelungen für die Industrie oder auch dem neuesten Schildbürgerstreich der Belastung des Eigenverbrauchs von Solarstrom (s.o.).

Den Dauerstreit innerhalb der Bundesregierung kann man jedoch auch durchaus in dem Sinne missverstehen, dass niemand weiter weiß und deshalb ein weiterer Ausbau der Erneuerbaren keinen Sinn macht. Doch auch diese Blockade ist letztlich nur Ausdruck der massiven Störfeuer von Seiten der Energiekonzerne, was aber für die Bürger deutlich schwerer zu durchschauen ist. Am einfachsten kann diese Verwirrungsstrategie noch durchdringen, wer ein Angebot von seinem Energieversorger zum Bau einer Anlage auf seinem Hausdach erhält. Merke: Selbstständig bauen wird verteufelt, mit meinem Energieversorger bauen und mich damit langfristig vertraglich binden, ist gut. Ein Schelm wer Böses dabei denkt, aber nach zwei Jahren Propaganda kann man’s ja mal versuchen.

Die Summe und Komplexität dieser Diskussionen hat allerdings zu einer hohen Verunsicherung und deutlich mehr Skepsis bei den Bürgern geführt. In der aktuellen Situation mit den eher wichtiger erscheinenden außenpolitischen Themen führt dies erst einmal zu einem weit verbreiteten Aufschieben der Vorhaben.

 

„Die deutschen Hersteller insgesamt benötigen einen funktionierenden europäischen Heimatmarkt.“

Milk the Sun: Aktuell ist die deutsche Solarbranche stark getroffen von den Markteintritten chinesischer Unternehmen mit immer günstigeren Modulpreisen. Deutsche Qualitätshersteller erwirtschaften Verluste und streichen immer mehr Stellen. Kann sich dieser Trend in Zukunft noch einmal zum Positiven wenden – und was müssen deutsche Unternehmen tun bzw. was können deutsche Unternehmen von ausländischen Märkten lernen, um im internationalen Markt wieder relevant und konkurrenzfähig zu werden?

Günter Weinberger: Da hilft nur gnadenlose Aufklärung verbunden mit der Hoffnung, dass die Investoren irgendwann zur Vernunft kommen. Wir beobachten derzeit einen kleinen Boom von sogenannten „Repowering“-Projekten, was nichts anderes ist als eine hemmungslos euphemistische Umschreibung der Tatsache, dass diese Solarparks nach nur wenigen Betriebsjahren einen dramatischen Ertragseinbruch durch minderwertige Module erfahren und nur durch den Komplettaustausch der Module zu retten sind – also „repowering“.

Für die Investoren bedeutet dies einen herben finanziellen Verlust und man kann nur hoffen, dass diese daraus lernen und für neue Projekte die Modulauswahl nicht mehr ausschließlich durch den Preis gesteuert wird – denn Qualitätsmodule aus Deutschland werden immer etwas teurer sein als asiatische Billigware.

Ansatzweise können wir diese Vernunft bereits erkennen, wir selbst haben gerade ein 6 Megawatt „repowering“-Projekt beliefert, aber das sind leider noch Einzelfälle.

Die deutschen Hersteller insgesamt benötigen einen funktionierenden europäischen Heimatmarkt, letztlich auch als Referenz, und dieser wird leider auf breiter Front politisch demontiert, siehe oben. Nachdem der europäische Markt innerhalb von drei Jahren auf ein Drittel geschrumpft ist – der deutsche sogar auf ein Viertel – ist vermutlich jeder heimische Hersteller an seine Grenzen angelangt.

Ich sehe für uns keinen anderen Ansatz, als mit unserem Qualitätsvorteil zu punkten. Auf der Kostenseite haben wir bereits alles ausgereizt, was qualitativ vertretbar ist.

 

 

Milk the Sun: Welche Entwicklung(en) sehen Sie für die Photovoltaik in Deutschland? Und wie schätzen Sie die Relevanz von Energiespeichern und dem Zusammenspiel aller erneuerbaren Energien in diesem Kontext ein?

Günter Weinberger: Auf dem Weg in eine Komplettversorgung durch erneuerbare Energien stellt die Photovoltaik einen Kernbereich dar, auch wenn die Sonne woanders noch stärker scheint. Solarstrom kann in Deutschland heute bereits für weniger als 10ct/kWh produziert werden, mit einer mittelfristigen Perspektive auf unter 8ct/kWh, also billiger als Strom aus Kohle, Gas und Uran, insbesondere unter Berücksichtigung der Abgasreinigung und Entsorgung. Außerdem ist die Kapazität von Solarstrom auch in Deutschland nahezu unbegrenzt, im Gegensatz zu Wind, Wasser und Biomasse. Deshalb muss alles daran gesetzt werden, mit Hilfe von intelligenten Netzen und verteilten Speichern die kontinuierliche Verfügbarkeit zu garantieren. Diese Versorgungslösungen durch neue Systemtechnologien werden dann ganz sicher auch wieder ein Exportschlager für die deutschen Exportweltmeister werden.

 

Wir danken Herrn Weinberger für das Interview.

 

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Im Rahmen der Fortsetzung der Interviewreihe „Vier Fragen an …“ stellt der Milk the Sun-Blog führenden Köpfen aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die nationale und internationale Energiepolitik, die Energiewende und  die Reform des EEGs.

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