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Vier Fragen an … Patrick Jüttemann, Betreiber von klein-windkraftanlagen.com

Patrick Jüttemann Betreibt das Kleinwindkraftportal klein-windkraftanlagen.com. Das Kleinwindkraftportal bietet umfassende Informationen zu kleinen Windkraftanlagen. Dies bezeichnet Anlagen unter 100 kW, die einer verbrauchernahen Stromerzeugung dienen. Herr Jüttemann beschäftigt sich seit über 10 Jahren mit Erneuerbaren Energien. Sein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Themenkomplex der Klein-Windkraft.

Patrick Jüttemann: "Insgesamt wurde in der Energie- und Klimapolitik eher eine Beunruhigung der Bevölkerung und Wirtschaftsakteure erreicht, es fehlt der klare Kurs."

Milk the Sun: Lieber Herr Jüttemann, die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Partick Jüttemann: Konkrete Beschlüsse werden herausgezögert. Bundesminister Altmaier reist viel rum, als wäre er noch in der Findungsphase. Insgesamt wurde in der Energie- und Klimapolitik eher eine Beunruhigung der Bevölkerung und Wirtschaftsakteure erreicht, es fehlt der klare Kurs. Vor allem in Bezug auf die Erneuerbaren Energien werden vorwiegend angebliche Probleme und Fehlentwicklungen thematisiert. Das gefällt mir überhaupt nicht.

Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Partick Jüttemann: Einen klaren Kurs basierend auf einem klaren Plan. Vor allem verlange ich faire und transparente Rahmenbedingungen für die dezentrale Energieversorgung durch Erneuerbare Energien. Die meisten Deutschen glauben an Erneuerbare Energien und viele sind auch bereit in umweltfreundliche Energietechnik für den Eigenverbrauch zu investieren. Seien es private Hausbesitzer, Gewerbetriebe oder Landwirte. Mein Spezialgebiet sind Kleinwindkraftanlagen: Es sollte z.B. möglich sein, den Kleinwind-Strom unbürokratisch an den Nachbarn zu verkaufen, um den Verbrauch vor Ort zu erhöhen. Denn nur der Eigenverbrauch des Stroms einer Kleinwindanlage ist wirtschaftlich, die Einspeisung nicht. Genehmigungsrechtlich wird allerdings oft vorgeschrieben, dass nur der Besitzer der Anlage den Strom selbst verbrauchen darf. Solche Regelungen verhindern eine dezentrale Energiewende.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Partick Jüttemann: Dieser Zustand hängt wohl mit dem Wahlkampf zusammen. So wie die Parteien sich einst auf den Atomausstieg geeinigt haben, müssen sie sich nach der Wahl auf einen Plan hin zu 100% Erneuerbare Energien einigen. Die meisten Parteien stimmen diesem Weg zu. Wir benötigen eine parteiübergreifende Kommission unterstützt durch wissenschaftliche Expertise, die einen langfristigen Plan aufstellt.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Partick Jüttemann: In der Tat ist es fatal, dass gerade in letzter Zeit in der Diskussion zur Energiewende das Hauptziel nicht thematisiert wird, die Rettung unseres Planeten. Dass sogar in Deutschland das große klimapolitische Ziel an Bedeutung verliert, hängt meiner Meinung nach mit gezielten Lobby-Aktionen zusammen. Es werden Nebenschauplätze eröffnet, wie die Kritik an den Erneuerbaren Energien. Der langfristige Nutzen der Ökoenergien wird in der Diskussion so in den Hintergrund gedrängt. Auffallend ist zudem die zunehmende Aktivität von Klimawandel-Leugnern in Deutschland. Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Strohfeuer nach der Wahl wieder nachlassen.

 

Wir bedanken uns bei Herrn Jüttemann für das Interview.

 


 

Im Rahmen der Interviewreihe “Vier Fragen an …” stellt der Milk the Sun Blog bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre. Bisher interviewten wir Sebastian Bolay (DIHK), Heiko Schwarzburger (Photovoltaik), Corinna Lang (CleanEnergy Project)

Vier Fragen an … Corinna Lang, Chefredakteurin bei CleanEnergy Project

Corinna Lang ist Chefredakteurin beim CleanEnergy Project. Initiator des CleanEnergy Project ist die GlobalCom PR-Network GmbH, eine Agentur für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, mit der Spezialisierung auf Nachhaltigkeit beziehungsweise Cleantech, Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Umwelttechnik. Frau Langs Spezialgebiete sind unter anderem Cleantech, Bionik, Klimaschutz, Energieeffizienz, Ökologie und Umwelt.

Corinna Lang, Chefredakteurin beim CleanEnergy Project: "In den letzten Jahren hatte ich das Gefühl, dass unsere Bundesumweltminister den Posten nur übernommen haben, weil alle anderen schon besetzt waren."

Milk the Sun: Liebe Frau Lang, die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Corinna Lang: Es ist sicher nicht leicht, sich diesbezüglich eine Meinung zu bilden. Die Bundesregierung klopft sich natürlich gern selbst auf die Schulter und spricht von großen energiepolitischen Erfolgen. Erfolge sind aber relativ und es stellt sich die Frage: Welche Ergebnisse hätte eine andere Regierung erzielt bzw. erzielen können?

Die Energiewende ist in meinen Augen aber sowieso viel mehr eine Wende von unten. Statistiken zufolge werden rund 40 Prozent der Investitionen, die derzeit in den Ausbau der erneuerbaren Energien fließen, von Privatpersonen getätigt. Auch immer mehr Unternehmen engagieren sich für den Ausbau der regenerativen Energien. Daher liegt meine Hoffnung, dass die Energiewende in großen Schritten vorangehen kann, viel stärker in diesen Beteiligten, als in der Politik begründet.

Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Corinna Lang: Ich würde mir wünschen, dass wir eine(n) Bundesumweltminister(in) bekommen, die/der auch wirklich Bundesumweltminister(in) sein will und sich aus Überzeugung und mit Leidenschaft für die Energiewende und den Umwelt- und Klimaschutz einsetzt.

In den letzten Jahren hatte ich dagegen viel mehr das Gefühl, dass unsere Bundesumweltminister den Posten nur übernommen haben, weil alle anderen schon besetzt waren. Insgeheim haben sie aber – so mein Eindruck – immer gehofft, dass sie doch noch in ein anderes Ressort wechseln können.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Corinna Lang: Einen Ansatz für eine allgemeingültige Lösung habe ich leider auch nicht. Ich kann nur jedem empfehlen, die aufgenommenen Informationen grundsätzlich kritisch zu hinterfragen: Von wem stammen diese Informationen? Welche Interessen verfolgt die Person/Institution, die diese Informationen herausgegeben hat? Wie würde die Gegenseite argumentieren? Am glaubwürdigsten sind meines Erachtens die Informationen unabhängiger Einrichtungen.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist Ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Corinna Lang: In der Politik und Wirtschaft scheint es noch nicht ganz angekommen zu sein, dass es hier um ein gemeinsames Ziel geht. Doch statt an einem Strang zu ziehen schiebt man sich gegenseitig den „schwarzen Peter“ zu. Wenn in der Politik nicht mehr länger nur in Legislaturperioden gedacht wird und Unternehmen aufhören, sich in erster Linie für kurzfristige Gewinne zu interessieren, ist eine nachhaltige Umweltpolitik sicherlich möglich.

 

Wir bedanken uns bei Frau Lang für das Interview.

 


 

Im Rahmen der Interviewreihe “Vier Fragen an …” stellt der Milk the Sun Blog bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre. Bisher interviewten wir Sebastian Bolay (DIHK), Heiko Schwarzburger (Photovoltaik)

 

Vier Fragen an … Heiko Schwarzburger, Chefredakteur vom „Photovoltaik“ Magazin

Heiko Schwarzburger ist Chefredakteur bei „Photovoltaik“. Das seit 2007 monatlich erscheinende Fachmagazin ist das Leitmedium der PV- und Solarbranche im deutschsprachigen Raum. Herr Schwarzburger studierte an der Technischen Universität Dresden und der Freien Universität Berlin Maschinenbau. Als Wissenschaftsjournalist arbeitete er 15 Jahre lang für verschiedene Zeitungen, zum Beispiel „Der Tagesspiegel“ und die „Frankfurter Rundschau“. Mittlerweile ist Herr Schwarzburger vornehmlich für Fachblätter der Energiebranche tätig.

Heiko Schwarzburger: "Ich bin Bürger dieses Landes, und ich erwarte, dass die politisch Verantwortlichen endlich zu ihrer ursächlichen Aufgabe zurückkehren: Sie müssen die Gesellschaft am Leben erhalten und ihre Spielräume erweitern." (C) Ludwig Rauch

Milk the Sun: Lieber Herr Schwarzburger, die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Heiko Schwarzburger: Für die erneuerbaren Energien ist die Politik der Bundesregierung nur schädlich. Sie hat die Märkte stark verunsichert. Die zu schnelle Kürzung der Einspeisevergütung in der Photovoltaik hat beispielsweise der deutschen Solarindustrie schwer zugesetzt. Wer den erneuerbaren Energien schadet, schadet aber auch der Gesellschaft insgesamt. Sie wird in der unvermeidlichen Modernisierung behindert. Das wird sich spätestens in der kommenden Legislaturperiode rächen: mit weiter steigenden Strompreisen, mit Werteverlusten bei den Unternehmen und auf dem Immobilienmarkt.

Denn übersehen wird oft auch, dass die kontraproduktiven Entscheidungen und Vorschläge aus der Regierungskoalition für die bestehenden Industrien in Deutschland mit erheblichen Konsequenzen verbunden sind. Denn nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Solarindustrie steht auf dem Spiel. Es geht um die Konkurrenzfähigkeit der Energiewirtschaft schlechthin, wobei ich die großen Energieversorger ausdrücklich einbeziehe. Man gaukelt den Konzernen vor, dass es mit großzügiger Unterstützung aus Berlin möglich sein könnte, die Energieversorgung in Deutschland beispielsweise aus großen Offshore-Windparks zu speisen. Die ökonomischen Zahlen sprechen eine ganz andere Sprache: Die Verluste aus diesem Geschäft gehen für RWE, Eon oder Vattenfall in die Milliarden Euro, trotz der Übernahmen enormer Risiken durch die Gesellschaft. Da wird ein Geschäftsmodell – und ein Politikmodell – verfolgt, das keine Zukunft mehr hat. Wer heute noch an großen Kraftwerken mit Brennstäben, Kohle oder Offshore-Windkraft festhält, wird ökonomisch verschwinden. Die Zeit der Dinosaurier ist vorbei.

Es geht aber auch um die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft insgesamt. Deutschland ist arm an Rohstoffen, immer mehr Kapital wird für den Ankauf von Brennstoffen (Kohle, Erdöl, Uran) aufgewendet und gebunden. Das spüren die Unternehmen, das spüren die öffentlichen Haushalte der Gemeinden, Städte, Bundesländer und des Bundes. Nur die erneuerbaren Energien bieten einen Ausweg aus dieser Misere. Ihr preisdämpfender Effekt macht sich bereits heute an der Strombörse bemerkbar. Wer sich das nicht klar macht, schadet der deutschen Wirtschaft.

Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Heiko Schwarzburger: Ich bin Bürger dieses Landes, und ich erwarte, dass die politisch Verantwortlichen endlich zu ihrer ursächlichen Aufgabe zurückkehren: Sie müssen die Gesellschaft am Leben erhalten und ihre Spielräume erweitern. Sauberer und preiswerter Strom ist eine Daseinsbedingung für das demokratische Gemeinwesen. Denn die Geschichte der Menschheit und ihres politischen Systems ist die Geschichte der Verfügbarmachung von Energiequellen: Land, Lebensmittel, Rohstoffe, Wärme und Elektrizität. Es kann nicht darum gehen, die Atomindustrie zu retten, denn sie ist bereits tot. Das will doch kein Mensch mehr. Ich erwarte, dass wir endlich darüber reden, welche Energieversorgung und welcher Mix künftig am besten für Deutschland ist. Nicht für die Energiekonzerne, die Banken oder einzelne Branchen der Industrie. Eine politische Kaste, die sich  dieser Aufgabe nicht stellt, ist überflüssig.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Heiko Schwarzburger: Es ist ein großer Vorzug in dieser Gesellschaft und ihrer medialen Vielfalt, dass niemand die Macht für einen Ordnungsruf hat. Zum Glück, denn die großen Energieversorger und ihre Satrapen im politischen Räderwerk würde diese Zensur nur zu gern ausüben. Das haben wir bei den irrsinnigen Vorschlägen der schwarz-gelben Koalition gegen das EEG erlebt, bei der so genannten Strompreisbremse des Herrn Altmaier und auch bei Peer Steinbrück von der SPD. Um die Menschen zu diskreditieren, die Solarstrom in ihrem Haus oder in ihrer Firma selbst nutzen, verwendete er das Wort „Sozialschmarotzer“. Ich halte das für eine unerhörte, politische Entgleisung. Ich empfehle Victor Klemperers „LTI – Die Sprache des Dritten Reiches“, dort sind die etymologischen Wurzeln solcher Floskeln sehr gut analysiert.

Ich schlage vor, über die erneuerbaren Energien künftig sachlich zu diskutieren. Lassen Sie uns über die Chancen sprechen. Deutschland hat so viele kluge, kreative Köpfe, die sich diesem Thema widmen. Und es werden immer mehr. Wir sollten also vor allem ermöglichen, die erneuerbaren Energien zu nutzen. Von mir aus auch ohne Einspeisevergütung. Wichtig sind die Priorität bei der Netzeinspeisung und der Umbau der Stromnetze zu einem freien, demokratischen Handelsplatz, nach dem Vorbild der Liberalisierung in der Telekommunikation. Das wäre ein marktwirtschaftlicher Zugang. Allerdings fürchte ich, das wird weder mit Herrn Altmaier noch mit Herrn Steinbrück möglich sein. Erst recht nicht mit den Freidemokraten, die das alte System der Energieversorgung unverhohlen protegieren. Als ob man es festhalten könnte.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Heiko Schwarzburger: Ich habe von Monsieur Hessel bisher wenig gelesen, und so neu scheint seine These nicht. Aber es ist (leider) immer noch notwendig, sie permanent zu wiederholen. Weil die Widerstände sehr stark sind.

Im Prinzip können Sie die ganze Menschheitsgeschichte als Hoffnungsgeschichte auf eine bessere Welt lesen: Schon zu biblischen Zeiten erschien das  Paradies als grün, reich und gerecht. Ohne Kriege, Krankheiten und Müllhalden. So eine Welt ist im Werden, seit sechstausend Jahren. Die laufenden Auseinandersetzungen zeigen, dass sich überall auf der Welt die Menschen aufmachen, um diese Vision einzufordern. Dazu gehörte die „Wende“ 1989 in Ostdeutschland und im Ostblock. Dazu gehören auch der so genannte „Arabische Frühling“, die Proteste in Brasilien und in der Türkei, der weltweite Aufschrei gegen die Stasi-Methoden der NSA und anderer Geheimdienste. Die Leute nehmen es nicht mehr hin, abgefrühstückt zu werden. Und bei den erneuerbaren Energien ist es ähnlich: Die größten Länder Asiens, die USA, Brasilien und Südafrika entwickeln die Energieversorgung aus Wind und Sonne stetig weiter, überholen sogar Deutschland. Weil sie die Chancen erkennen. Die Lawine rollt, und die Frage ist nur, ob die widerstrebenden politischen Kräfte warten wollen, bis sie darunter begraben werden. Immer mehr Kommunen und Städte, immer mehr Unternehmen und Organisationen wollen sich selbst aus Sonnenstrom und Sonnenwärme, sogar mit Kleinwindrädern versorgen. Das ist nicht mehr zu stoppen.

Deshalb teile ich Ihre Skepsis nicht ganz. Es ist notwendig, dass wir diese Grabenkämpfe durchstehen. Das Neue setzt sich nur im Widerstand gegen das Alte durch, und da scheint mir gerade in unserer Zeit sehr viel in Bewegung zu sein. Alle ökonomischen Zahlen weisen daraufhin, dass die erneuerbaren Energien vielleicht zu verzögern, aber nicht mehr zu verhindern sind. Dennoch: Wir dürfen nicht nachlassen. Denn angesichts der Klimakatastrophe und der zunehmenden Armut auf der Erde brauchen wir die Energiewende möglichst schnell. Es geht ums Ganze. Dafür lohnt es sich doch, in den Graben zu steigen.

 

Wir bedanken uns bei Herrn Schwarzburger für das Interview.

 


Im Rahmen der Interviewreihe “Vier Fragen an …” stellt der Milk the Sun Blog bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre. Bisher interviewten wir Sebastian Bolay (DIHK)

Vier Fragen an … Dr. Sebastian Bolay vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag

Sebastian Bolay ist der Pressesprecher des Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Die seit 1861 bestehende DIHK ist die Dachorganisation der 80 deutschen Industrie- und Handelskammern. Sie übernimmt die Interessenvertretung der IHKs auf Bundes- und Europaebene und bündelt jährlich das Wissen der IHKs in Form der Vorlage von konkreten Vorschlägen für mehr Wachstum und Beschäftigung.

Dr. Sebastian Bolay vom DIHK ist überzeugt, dass eine Bundesregierung im Alleingang Klimapolitisch wenig erreichen kann.

Milk the Sun: Die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Sebastian Bolay: Klimapolitisch kann eine Bundesregierung im Alleingang wenig erreichen. Wenn wir trotzdem eine rein nationale Brille aufsetzen, dann ist der Ausbau der erneuerbaren Energien schon seit 2000 das Instrument der Wahl der verschiedenen Bundesregierungen, um Klimaschutz zu betreiben. Die Stromerzeugung aus Wind, Sonne und Biomasse hat in dieser Legislaturperiode allein um über 60 Prozent zugelegt. Allerdings zu dem Preis, dass sich die EEG-Umlage verfünffacht hat. Von kosteneffizientem Klimaschutz kann also nicht gesprochen werden. Und dass durch das Abschalten der Kernkraftwerke der Anteil der Kohleverstromung und damit auch die Emissionen zumindest vorübergehend steigen, war absehbar.

Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Sebastian Bolay: Die Förderung der erneuerbaren Energien muss kosteneffizienter werden und so rasch wie möglich auslaufen, ohne die EEG-Ziele zu gefährden. Photovoltaik könnte sich über die Eigenerzeugung ohne Förderung am Markt behaupten. Für die anderen EE-Technologien ist es sicher noch notwendig, über die verpflichtende Direktvermarktung hinaus, Zusatzeinnahmen zu gewähren. Zusätzlich sollen EE-Anlagen künftig Grünstromzertifikate bekommen, um den grünen Strom auch als solchen vermarkten zu können. Dazu kommt als zweites großes Thema die Nachfrageflexibilisierung. In den USA deckt diese z.B. zehn Prozent des Spitzenlastbedarfs. Wir gehen für Deutschland von ähnlichen Größenordnungen aus, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Derzeit wirken z.B. die Netzentgelte mit dem hohen Anschlusspreis als entscheidende Hürde für Industriebetriebe, sich an das Stromangebot anzupassen.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Sebastian Bolay: Die Verunsicherung ist auch in der Wirtschaft groß, weil es schon fast im Wochentakt neue Gesetze und Verordnungen gibt oder bestehende geändert werden. Die Folge: Betriebe halten sich mit Investitionen z.B. in Energieeffizienz zurück, weil sie nicht wissen, ob sich der Einsatz überhaupt lohnt. Die Energiewende kann nur als Gemeinschaftswerk ein Erfolg werden. Dazu benötigen wir die Einbeziehung aller relevanten Gruppen. Vielleicht könnte ein „Forum Energiewende“ mit einer offenen Diskussionskultur ein erster Schritt sein. Eine Energiewende allein durch die Politik verordnet, wird jedenfalls schwierig.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Sebastian Bolay: Wir müssen eines zur Kenntnis nehmen: Deutschland und selbst Europa sind für den Klimaschutz global mittlerweile ziemlich irrelevant. Wenn wir dann noch anfangen, am Emissionshandel herumzudoktern, verspielen wir auf internationaler Bühne unsere Restbedeutung, weil wir an unser eigenes Instrument nicht mehr glauben. Der große Wurf eines weltweiten Klimaschutzabkommens ist derzeit in sehr weiter Ferne. Daher muss es darum gehen, den europäischen Emissionshandel mit Ansätzen auf anderen Kontinenten zu verknüpfen. Dazu kommt: Wenn die Energiewende tatsächlich ein Erfolg wird und das wollen wir, findet sie auch weltweit Nachahmer. Zum Erfolg gehört aber nicht nur, dass die Ziele erreicht werden, sondern vielmehr auch, dass wir in Deutschland unsere industrielle Basis mitnehmen in das „Erneuerbare Zeitalter“.

 

Wir bedanken uns bei Herrn Bolayfür das Interview.

 

Im Rahmen der Interviewreihe „Vier Fragen an …“ stellt der Milk the Sun Blog  bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre.

 

Netzentgelte: Bundeskabinett segnet neuen Entwurf der Novelle ab, Neuregelungen treten unmittelbar nach Verkündung in Kraft

Der Entwurf von Bundeswirtschaftsminister Rösler zur neuen Novelle der Netzentgelte wurde vom Bundeskabinett abgesegnet. Damit treten die Neuregelungen umgehend in Kraft. Ein neues Staffelmodell soll dem Urteil des Düsseldorfer Oberlandesgerichts und den Einwänden der EU-Kommission Rechnung tragen. Die Opposition spricht von „kosmetischen Korrekturen“. Es sind keine Entlastungen für die Mehrheit der Stromverbraucher zu erwarten. Rösler schiebt die Schuld dafür auf zu große Förderungen der erneuerbaren Energien und verlangt eine grundlegende EEG-Reform.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sieht die Begründung für die hohen Energiepreisbelastung für die Mehrheit der Bürger in einer zu starken Förderung der erneuerbaren Energien.

In den letzten Wochen hatte die Netzentgelte bereits an verschiedener Stelle für Aufregung gesorgt. Nun hat das Bundeskabinett den Entwurf zur Novelle der Stromnetzentgeltverordnung abgesegnet. Dieser Entwurf war ihm von dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, unter Leitung von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), vorgelegt worden. Der Entwurf sieht vor, dass die rund 200 als besonders energieintensiv geltenden Betriebe nicht mehr komplett von Netzentgelten befreit werden. Stattdessen müssen sie nun mindestens zehn Prozent der Kosten für den Transport von Strom bezahlen. Voraussetzung hierfür ist, dass sie pro Jahr 10 Gigawattstunden Strom verbrauchen und über 8.000 Stunden Strom abnehmen. Nimmt ein Unternehmen lediglich über 7.000 Stunden Strom ab, sind von ihm 20 Prozent der Netzentgelte zu entrichten.

Die neue Staffelregelung entlastet die Förderung erneuerbarer Energien und den Strompreis nur kaum. Für den durchschnittlichen Verbraucher ändert sich an der Höhe des Strompreises demzufolge nur wenig. Er muss auch weiterhin die Hauptlast für die Rabatte und die Förderungen der erneuerbaren Energien tragen. Somit gelten im Wesentlichen auch weiterhin die vor wenigen Wochen angekündigten Zahlen. Die Novelle erhielt, ob der Nichtigkeit ihrer eingeführten Staffelregelung, harsche Kritik aus den oppositionellen Lagern. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Bärbel Höhn sprach im Zusammenhang mit der Novelle von einer „kosmetischen Korrektur“. Die Verbraucherpolitische Sprecherin der Die LINKE Caren Lay sagte: „Statt jetzt schon wieder zur Attacke auf die erneuerbaren Energien zu blasen, sollte Bundeswirtschaftsminister Rösler endlich alle ungerechtfertigten Industrierabatte streichen.“

Die Notwendigkeit für eine Korrektur der Netzentgelte ergab sich aus der Entscheidung des Düsseldorfer Oberlandesgerichts und den Bedenken der EU-Kommission. Letztere sah wettbewerbsrechtliche Problem und ersteres hatte die von CDU und FDP beschlossene Komplettbefreiung für Unternehmen mit enorm hohem Verbrauch in einem Urteil gekippt. Begründet wurde der erste Entwurf der Novelle von den Regierungsparteien durch die Notwendigkeit der Sicherung von Industrie-Arbeitsplätzen im Zuge der Energiewende.

Bundeswirtschaftsminister Rösler räumte die Unzulänglichkeit seiner Reform ein, wenn diese aus dem Blickwinkel der Stromverbrauchermehrheit betrachtet würde. Allerdings sei die derzeitige Strompreistreiberei mit der überdimensional aufgeblasenen Förderung der erneuerbaren Energien zu begründen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) müsse endlich grundlegend überarbeitet werden, so Rösler. Die Neuregelung der Netzentgelte sei der erste Schritt für „die richtige Balance zwischen Entlastung der Industrie auf der einen Seite, aber auch Kontrolle der Energiepreise auf der anderen Seite“.

Quelle: haufe.de, sonnenseite.com, tageschau.de

Einigung im Handelsstreit zwischen China und Europa wird noch in dieser Woche erwartet

Es ist eine Einigung im Handelsstreit zwischen China und Europa in Sicht. Der zukünftige Mindestimportpreis für Photovoltaikmodule aus China wird in Zukunft voraussichtlich um die 55 Eurocent betragen. Indes liegen verschiedene Studien vor, die die Marktentwicklung beim Handel mit Photovoltaikprodukten als negativ für Europa betrachten. Zurückzuführen sei dies weniger auf die jungen Antidumpingzölle als auf den Rückgang der Subventionen der Photovoltaik von staatlicher Seite.

Eine Einigung im Handelsstrei zwischen China und Deutschland wird noch diese Woche erwartet. iStockphoto.com©BanksPhotos

In dieser Woche wird eine Einigung im Handelsstreit zwischen China und Europa wegen der Einfuhr billiger chinesischer Photovoltaik-Produkte erwartet. Die Chancen auf einen Mindestimportpreis auf Solarmodule aus China stehen gut. Beobachter gehen, laut pv-magazine, davon aus, dass ein Kompromiss zwischen den chinesischen und europäischen Forderungen gefunden wird, der sich um den Betrag der 55 Eurocent pro Watt bewegen wird.

pv-magazin zitiert die Sprecherin von EU-Handelskommissar Karel de Gucht: „Es wird weiterhin intensiv verhandelt mit dem Ziel, eine Lösung zu finden.“ Über den Stand der Verhandlungen ist derzeit allerdings wenig bekannt. Die Durchsetzung der Forderung der EU von einem Mindestpreis von 65 Eurocent für kristalline Modulimporte aus China ist ebenso unwahrscheinlich, wie die Durchsetzung der chinesischen Forderung von einem Mindestpreis der Modulimporte von 50 Eurocent. Aus diesem Grunde sei die Einigung auf einen Kompromiss, der sich um die 55 Eurocent bewege, wahrscheinlich.

Wie das pv-magazine berichtet, könnten die führenden Modulhersteller aus China recht gut mit einem Mindestimportpreis von 55 Eurocent leben, auch wenn in einem solchen Fall mit einem Ausbau des zweistufigen Vertriebs in Europa zu rechnen sei. Nur so könnten die chinesischen Unternehmen gegenüber ihren europäischen Mitstreitern mithalten. Bei einem Mindestimportpreis, der sich um die 55 Eurocent bewege, blieben vor allem die kleineren Unternehmen, die nicht von einem bekannten Markennamen im Ausland profitierten, auf der Strecke.

Mit einem Mindestpreis für chinesische Solarmodule, der sich um die 55 Eurocent bewegt, ist mit einigen Veränderungen gerade auch am europäischen Markt zu rechnen. So würde beispielsweise die Wirtschaftlichkeit einiger Photovoltaikprojekte neu überdacht werden müssen. Zudem, so pv-magazine weiter, sei es für europäische und nicht-chinesische Modul- und Zellhersteller nicht möglich, die durch den Wegfall einiger chinesischer Lieferanten entstandene Lücke kurz- oder mittelfristig aufzufüllen.

Laut eines Berichts der IHS Inc aus den USA hat sich der durchschnittliche Preis für kristalline Silizium Module aus China in Europa einstweilen eh auf 54 Eurocent pro Watt eingepegelt. Dieser Anstieg im Juni 2013 sei vor allem auf die eingeführten Antidumpingzölle der EU zurückzuführen. Es sei damit zu rechnen, dass der Preis auch weiterhin ansteige. Grundlage dieser Entwicklungen seien laut IHS allerdings die Kürzungen der staatlichen Photovoltaikförderung, die die deutsche Bundesregierung 2012 beschloss. Damit wurden die chinesischen Billigmodule zum Wachstumsmotor der PV- und Solarbranche in Europa.

Die Antidumpingzölle für Solarmodule produzieren laut IHS 11,8 Prozent Mehrkosten. Diese würden umgehend an den Endkunden weitergeleitet. Nun ist viel von der Einigung zwischen EU und China abhängig. Wenn der Zollsatz steigt, und dies geschieht, wenn bis zum 5. August keine Einigung zwischen den Parteien erfolgt ist, muss damit gerechnet werden, dass die Preise für Photovoltaikmodule in China weiter steigen. Dies könnte den Absatz und damit den Ausbau der Erneuerbaren Energien ausbremsen.

Das fatalste Szenario ist sicherlich der Anstieg der Importzölle auf 47,6 Prozent, eine Möglichkeit die besteht, sollten sich Peking und Brüssel auch nach dem Herbst nicht einige können. In einem solchen Fall ist damit zu rechnen, dass sich die Preise für Photovoltaikmodule dramatisch verändern werden. Von den Folgen für die anderen Zweige der Handelsbeziehungen zwischen China und der EU sei an dieser Stelle noch gar nicht gesprochen.

Derzeit sind die Entwicklungen in der europäischen Photovoltaikindustrie ehr negativ. Dies ist weniger eine Folge der Schutzzölle, sondern ist eher auf eine mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der Photovoltaikindustrie und in diesem Zusammenhang auf die fehlenden staatlichen Subventionen zurück zu führen. Nicht zuletzt daher sind die europäischen Projektentwickler derzeit quasi gezwungen auf chinesische Module zurückzugreifen. Die jüngsten Kürzungen verschiedener Einspeisevergütungen halfen wenig. Anders als durch die Verwendung von chinesischen Billigmodulen war beziehungsweise ist fast kein Gewinn mehr zu erzielen. Ein anderes Beispiel ist, dass unter den zehn größten Modulherstellern weltweit lediglich ein nicht-chinesisches vertreten ist. Zusätzlich haben in letzter Zeit einige der großen Photovoltaik-Unternehmen Europas, Solarzero, Conergy und Gehrlicher, kürzlich Insolvenz angemeldet. Andere wie Scheuten-Solar suchen Käufer für ihre Fabriken.

Die Position, die Unterstützungen für Erneuerbare Energien weiter zu kürzen, sollte in diesem Zusammenhang noch einmal überdacht werden. Was eine Misswirtschaft von Seiten der Unternehmen nicht legitimiert. Vielmehr ist es für europäische PV-Unternehmen nur umso essentieller zukünftig kluge Entscheidungen zu treffen, um auf dem Solar- und Photovoltaikmarkt nicht in das Hintertreffen zu geraten.

Quellen: pv-magazine, SolarServer, SolarServer

 

Marktprämien für Erneuerbare Energien: BMU begrüßt den neuen Trend auf dem Energiemarkt

Das BMU sieht einen Trend hin zum direkten Markt, wenn es um Erneuerbare Energien geht. Immer mehr Erzeuger würden ihren Strom direkt einspeisen, sich damit den Regeln des Marktes unterwerfen und auf die Subventionen mehr und mehr verzichten. Das BMU stützt seine Zahlen auf Ergebnisse verschiedener namhafter Institute. Bundesumweltminister Altmaier ist zufrieden mit den Entwicklungen.

Umweltminister Altmaier freut sich über die Entwicklungen an der Strombörse. iStockphoto.com©narvikk

Wenige Wochen vor den Bundestagswahlen herrscht Freude bei dem BMU und seinem obersten Minister. Der Trend in der Vermarktung von erneuerbarem Strom geht laut Bundesumweltministerium hin zu einem direkten Handel an der Strombörse. Dies bedeute, dass eine volle Integration in den Wettbewerb am Großhandelsmarkt für Strom existiere. Dies alles ist nach nur anderthalb Jahren seit der Einführung der Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) und lediglich sechs Monate nach der dazugehörigen Managementprämienverordnung erreicht worden. Das BMU sieht darin deutliche Erfolge.

SolarServer zitiert Peter Altmaier (CDU) mit einem Lob für die Entwicklung, nach dem das Bundesumweltministerium seine Pläne überlegt und erfolgreich umgesetzt hätte und ein Großteil der Erneuerbaren-Energien-Anlagen im Markt mittlerweile „ die gleiche Verantwortung wie vorher nur konventionelle Kraftwerke“ übernehme. Nun sei es an der Zeit, dass konventionelle Erzeuger und „Nachfrager ihren Teil zu einem flexiblen Stromsystem beitragen“.

An Erzeuger, die ihren Strom aus erneuerbaren Energien gewinnen wird eine Marktprämie gezahlt, die die Differenz zwischen der Vergütung, die nach dem EEG für Strom aus erneuerbaren Energien gezahlt wird, und dem durchschnittlichen Marktpreis ausgleichen soll. Der Erzeuger jedoch verzichtet dadurch auf die Einspeisevergütung und soll stattdessen angehalten sein, seinen Strom verstärkt dann einzuspeisen, wenn ein entsprechender Bedarf besteht. Laut BMU herrscht ein entsprechender Bedarf vor, wenn der Marktpreis über dem Durchschnitt liegt.

Laut dem Bundesumweltministerium ist dies eine Regelung, in deren Folge sich Betreiber von Anlagen, die aus erneuerbaren Energien Strom gewinnen, den gleichen Verantwortungen, Verpflichtungen und Herausforderungen stellen müssen, wie reguläre Kraftwerkbetreiber. Derzeit nehmen nach Angaben des BMU ca. 70 Unternehmen als Stromhändler an der Strombörse teil und profitieren von der Direktvermarktung des Stroms aus erneuerbaren Energien.

Das BMU gibt an, dass in der Folge die Erzeuger erneuerbarer Energien halfen die Strompreise stabil zu halten, indem sie aktiv ihre Anlagen drosselten, wenn ein Überangebot an Strom auf dem Markt existiere. Dadurch würden laut dem Bundesumweltministeriums Kosten in Millionenhöhe gespart.

Bestätigt werden diese Angaben laut SolarServer indes vom Frauenhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, vom Frauenhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik, vom Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität und von der Rechtsanwaltskanzlei BeckerbüttnerHeld.

Es ist wahrlich eine glückliche Fügung für Minister Altmaier, dass uns all diese Nachrichten aus seinem Ministerium so unmittelbar vor der Bundestagswahl erreichen. Den Tüchtigen hilft ja bekanntlich das Glück …

 

Quelle: SolarServer

 

Das Spiel der Bundesregierung mit EEG-Umlagen und Netzentgelte

Mehr Betriebe als jemals zuvor beantragen die Befreiung von der EEG-Umlage für 2014. Eine Studie der Grünen ergab zudem, dass viele Unternehmen die Netzentgelte im nächsten Jahr nicht zahlen werden. Die Kosten werden auf den Privatverbraucher und kleine Unternehmen umgelagert.

Auf den privaten Verbrauchen kommen im Jahr 2014 wohl bis zu 6 Milliarden Euro an zu stützenden Gesamtumlagen zu. iStockphoto.com©Mehmet Hilmi Barcin

2014 wird wohl für viele private Haushalte und kleinere Unternehmen aus strompreislicher Sicht ein eher kostspieliges Jahr. Insgesamt müssen voraussichtlich über 5 Milliarden Euro Umlagen kompensiert werden, die durch Ausnahmeregelungen für Unternehmen und Industriebetreiber anfallen.

Doch der Reihe nach: Am 01. Juli berichtete Spiegel Online, dass eine Studie durch das Form Ökologisch-Soziale Marktforschung im Auftrag der Grünen Bundestagsfraktion ergab, dass die Netzentgelte-Umlagen im kommenden Jahr voraussichtlich rund 1 bis 1,2 Milliarden Euro Kosten verursachen werden. Bereits für 2013 sind Kosten von 805 Millionen Euro durch die Umlage zu erwarten.

Eigentlich hätten die Privilegien für energieintensive Unternehmen im kommenden Jahr gekürzt werden sollen. So jedenfalls hatte es das Düsseldorfer Landesgericht entschieden, als es im März feststellte, dass die vollständige Befreiung von der Netzentgelte verfassungswidrig sei. Ein entsprechendes Gesetz zur Änderung der bisherigen Privilegienregelung erließ die Bundesregierung bereits im Mai. Unternehmen die in 7000 Stunden mehr als 10 Gigawatt Strom verbrauchen, sollen demnach nur 10 bis 20 Prozent der Netzentgelte zahlen. Ziel ist es die Wettbewerbsfähigkeit dieser Industriezweige im internationalen Vergleich zu schützen. Zu diesen Industriezweigen zählen zum Beispiel die Stahl- und Chemieindustrie. „Zusätzlich erhalten Abnehmer mit einer zeitlich begrenzten hohen Leistungsaufnahme“ große Rabatte auf die Netzentgelte, so berichtet die Studie des FÖS. Zu solchen Abnehmern gehören zum Beispiel auch Golfplätze.

Am 05. Juli verabschiedete der Bundesrat das Gesetz zur Neuregelung der Netzentgelte. Die Studie des FÖS geht allerdings nicht davon aus, dass es eine große Entlastung der privaten Haushalte geben wird. Die FÖS begründet dies mit der hohen Zahl an Anträgen auf Rabatten, die in diesem Jahr eingegangen sind. Wenn die Höhe der Netzentgelte also im kommenden Jahr gleich bliebe, würden sich die Privilegien weiterhin auf 805 Millionen Euro summieren.

Es sei allerdings von einem Anstieg der Netzentgelte auszugehen, so die Studie. Grund dafür sind unter anderem die Investitionen in den Anschluss von Offshore Windparks an das Stromnetz und der Stand-by-Betrieb von eigentlich stillgelegten Kraftwerken. Das FÖS geht von einem Anstieg des Strompreises von 0,6 bis 1,2 Cent pro Kilowattstunde aus. Mit der Verteuerung der Netzentgelte wird auch das Volumen der Rabatte größer. FÖS errechnet das sich die Umlagen daher zwischen 80 und 160 Millionen Euro bewegen werden.

Hinzu kommen laut der Studie, die für die Verbraucher anfallenden Nachzahlungen für das Jahr 2012. Die Umlagen deckten damals nicht die Kosten. Der so entstandene Fehlbetrag soll 2014 wieder reingeholt werden. Hier geht die FÖS-Studie von 150 bis 200 Millionen Euro aus. Im Gegensatz zur Verteilung der Rabatte bei den EEG-Umlagen, sei das Verfahren bei der Netzentgelte äußerst intransparent, so das FÖS. Was zu dem zweiten großen Kostenpunkt 2014 führt: die EEG-Umlagen.

Die EEG-Umlagen dienen der Energiewende als Motor. Dabei wird den Anbietern von grünem Strom ein Abnahmepreis zugesichert. Die Differenz zwischen dem Fest- und dem Marktpreis zahlen alle Verbraucher per Umlage über ihre Stromrechnung. Wie die Süddeutsche Zeitung heute Morgen berichtete, werden so viele Unternehmen wie noch nie 2014 eine Entlastung von der EEG-Umlage beantragen. Die Zahl der Anträge sei derart hoch, so Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, dass sein Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) 50 neue Stellen schaffen müsse, um der Antragsflut Herr zu werden. Nach Angaben der Bundesregierung hätten bis zum Stichtag Anfang Juli 2367 Unternehmen einen Antrag auf die Befreiung von der EEG-Umlage erbeten. Das sind ganze 312 Unternehmen mehr als noch im letzten Jahr. Dies beträfe, so die Süddeutsche, auch 3458 Abnahmestellen, wie zum Beispiel Fabriken. 2013 waren das noch 3184. Die postalisch eingegangenen Anträge seien in diesen Zahlen noch gar nicht erfasst.

Wenn die Anträge der Unternehmen angenommen werden, stehen Vergünstigungen für 119 300 Gigawatt Strom zur Debatte. 2013 sind es bereits 107 000 Gigawatt. Damit würden die Unternehmen rund 5 Milliarden Euro Stromkosten sparen. Dieser Betrag müsste umgelagert werden auf all jene, die keine Befreiung von den EEG-Umlagen beantragen konnten oder durften. Das heißt neben einigen kleineren Unternehmen eben vor allem private Haushalte. Dabei hatte sich doch Bundesumweltminister Peter Altmeier (CDU) zum Ziel gesetzt, die Ausnahmen für Unternehmen zu beschränken, dafür aber private Haushalte zu entlasten. Die EEG-Umlagen sollten nicht steigen.

Ursprünglich waren die Ausnahmen von den Umlagen dafür gedacht, Unternehmen vor dem internationalen Konkurrenzdruck zu schützen. Kritiker führen an, dass jedoch vermehrt Unternehmen von den Ausnahmen profitierten, die gar nicht dem internationalen Konkurrenzdruck ausgesetzt sind, also zum Beispiel Straßenbahnbetriebe, Schlachthöfe oder Geflügelmäster. Hans-Josef Fell, energiepolitischer Sprecher der Grünen Bundestagsfraktion, sieht die Verantwortung bei der schwarz-gelben Bundesregierung: „Sie hat bisher nichts dafür getan, dass diese ausufernden Privilegien für die Industrie zurückgefahrenen werden, sondern weitet sie sogar weiter aus.“

Doch die Regelung aus Deutschland, die hiesige Privilegierung von deutschen Unternehmen, stößt in Brüssel auf ein missfallendes Echo. Wirtschaftliche Konkurrenten und EU-Nachbarstaaten haben sich bereits über den unfairen Protektionismus bei der EU beschwert. Das Rabattsystem könnte also den Unternehmen in Deutschland noch teuer zu stehen kommen, sollte in Brüssel die Entscheidung getroffen werden, dass die geflossenen Gelder unrechtmäßig waren und erstattet werden müssen.

Der private Stromverbraucher hat indes wenig von all dem. Ihm bleiben die Kosten, die 2014 auf ihn zukommen und die irgendwie kompensiert werden wollen.

 

Quellen: dradio.de, FAZ-Online, Spiegel-Online, Süddeutsche-Online, Zeit-Online,

 

Rainer Brohm im Interview: „Die momentan viel diskutierten Mengenmodelle sind am Ende im Vergleich zum EEG Planwirtschaft pur.“

Rainer Brohm ist Leiter des Bereiches „Politik und Internationales“ beim Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar). Derzeit arbeitet er unter anderem verstärkt am Thema „Entwicklung politischer Rahmenbedingungen für neue Geschäftsmodelle der Photovoltaik (EEG 2.0)“. Milk the Sun sprach mit ihm über Herausforderungen und Ansprüche in Bezug auf ein neues Einspeisevergütungsgesetz.

Rainer Brohm arbeitet als Leiter des BSW-Solar am Thema „Entwicklung politischer Rahmenbedingungen für neue Geschäftsmodelle der Photovoltaik (EEG 2.0)“

Milk the Sun: Sehr geehrter Herr Brohm, derzeit muss das aktuelle Erneuerbare-Energien-Gesetz Kritik von fast allen Seiten einstecken. Zu Recht?

Brohm: Das EEG ist ein bewährtes Instrument, sonst wäre es weltweit nicht ein so großer Exportschlager geworden. Immer mehr Länder kopieren die „Blaupause“ aus Deutschland, weil sie wissen, dass sie mit einem Einspeisetarifsystem ein äußerst kosteneffizientes Förderinstrument nutzen können. Bislang hat noch kein Gegenmodell, seien es Ausschreibungsmodelle, Quotensysteme oder Grünstromzertifikate in der praktischen Umsetzung den Beweis antreten können, effektiver hinsichtlich der Wirkung auf den Erneuerbaren-Ausbau oder kosteneffizienter als ein EEG mit Einspeisetarif zu sein. Die politische Debatte in Deutschland hat sich derzeit leider ein Stück weit von diesen Fakten losgelöst. Es wird fast krampfhaft nach einer „marktwirtschaftlichen“ Lösung gesucht. Die Erneuerbaren sollen also „endlich“ in den Markt integriert werden. Das verkennt natürlich vollkommen, dass wir erst einmal diesen Markt, der gar nicht für große Anteile Wind- und Solarenergie geschaffen wurde, grundsätzlich reformieren müssen. Wir müssen also ein passendes Energiemarktdesign für die Erneuerbaren finden statt sie in ein nicht zukunftsfähiges Marktkorsett hineinzuzwängen.

Und ganz nebenbei, die momentan viel diskutierten Mengenmodelle – also der Ansatz z.B. über Ausschreibungen regional und spartenspezifisch festgelegte Ausbaumengen vorzugeben – sind am Ende im Vergleich zum EEG Planwirtschaft pur. In dieser Debatte drängt sich der Eindruck auf, dass hier ein Weg gefunden werden soll, den Ausbau auszubremsen und zu deckeln und nicht ihn zu befördern. Angesichts der klima- und energiepolitischen Notwendigkeiten und der eigentlichen Ziele der Energiewende erscheint das absurd.

Kritikwürdig ist das EEG aber durchaus an einigen Stellen: Die Lastenteilung bei den EEG-Kosten muss wieder auf eine faire Basis gestellt werden. D.h. konkret, die inzwischen ausgeuferte Umlage-Befreiung für die Industrie wieder auf ein sachgerechtes und gesundes Maß zurück zu fahren. Darüber hinaus müssen der EEG-Berechnungs- und der Ausgleichsmechanismus angepasst werden. Momentan profitieren einige Wenige vom Merit-Order-Effekt der Wind- und Solarstromeinspeisung, beim Privatkunden kommt von diesen Vorteilen der Erneuerbaren hingegen nichts an. Diese Profite müssen im Markt ausgeglichen und angemessen eingepreist werden. Außerdem würden sich viele Vorteile ergeben, wenn der EEG-Strom wieder stärker von den dezentralen Stromvertrieben und Grünstromvermarktern direkt in den Markt integriert würden – hier könnte man dann tatsächlich von Marktintegration sprechen – und nicht mehr nur ausschließlich über die Börse abverkauft würde, was allenfalls eine Handelsintegration aber keine echte Marktintegration darstellt.

Und selbstverständlich muss man immer auch über die Effizienz und Angemessenheit der Einspeisetarife sprechen. Das gehört zur Grundidee des EEG. Für die Photovoltaik muss man hier allerdings feststellen, dass die Schraube schon über die Schmerzgrenze hinaus gedreht wurde. Wir sehen ja am Markt die Probleme insbesondere bei den mittleren und großen Anlagen, die teilweise noch über den Eigenverbrauch die hohen monatlichen Degressionen kompensieren können, aber insbesondere dort wo kein ausreichender Eigenverbrauch möglich ist, in große Schwierigkeiten kommen.

Milk the Sun: Einer der zentralen Punkte, warum das bisherige EEG so erfolgreich den Bau von Erneuerbaren Energien antrieb, ist der Einspeisevorrang. Muss er erhalten bleiben?

Brohm: In jedem Fall! Der Einspeisevorrang ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass wir in dieser sensiblen Übergangsphase vom EEG-Einspeisetarif in eine zunehmende Unabhängigkeit vom EEG-Tarif nicht ins Trudeln kommen oder gar einen Fadenriss riskieren. Solange der Eigenverbrauch und neue Geschäftsmodelle für die Photovoltaik noch nicht alleine tragen und die Refinanzierbarkeit von Anlageninvestitionen ausreichend gesichert ist, müssen wir am Einspeisevorrang und der garantierten Einspeisevergütung festhalten.

Milk the Sun: Neue Geschäftsmodelle der Photovoltaik – an welche Geschäftsmodelle dachten Sie bei der Auswahl dieses Themas?

Brohm: Hier geht es zunächst um verschiedene Modelle des erweiterten Eigenverbrauchs und der Direktvermarktung, vor allem also die Versorgung Dritter mit Solarstrom in mehr oder weniger großer räumlicher Nähe. Solche Nahstrom- oder lokalen Direktvermarktungskonzepte wollen wir fördern bzw. die Rahmenbedingungen hierfür schaffen. Das beginnt schon mit der Solarstromversorgung von Mietern in Mehrfamilienhäusern und im Geschosswohnungsbau. Hier besteht Bedarf für rechtliche Klarstellungen und Anpassungen, damit sich standardisierte Geschäftsmodelle entwickeln können. Das betrifft weiterhin Stromliefermodelle im privaten und gewerblichen Bereich und hier dann nicht nur Dachanlagen sondern auch den Freiflächenbereich. Hier gibt es Probleme beim Übergang von der bisher im EEG vorgesehenen Versorgung Dritter im Rahmen des sogenannten „solaren Grünstromprivilegs“ hin zur Belieferung von Verbrauchern über das öffentliche Netz. Hier sind solche Konzepte mit zahlreichen Hürden in Form von Energieversorgerpflichten sowie entsprechenden Steuern und Abgaben konfrontiert, die letztlich die Rentabilität durch direkte oder administrative Kosten belasten. Der BSW-Solar bietet übrigens ganz aktuell einen Leitfaden zur Stromlieferung mit einem Musterstromliefervertrag und weiteren Hilfestellungen an, er kann über eine BSW-Internetseite bezogen werden.

Zweitens geht es beim Thema neue Geschäftsmodelle auch darum, die konkreten Vorteile und Systemdienstleistungen, die PV-Anlagen ggf. auch in Kombination mit Batteriespeichern bereit stellen können, in vermarktbare Produkte zu übersetzen. So können PV-Anlagen mit der Intelligenz der Wechselrichter und moderner Steuerungselektronik heute u.a. Regelenergie und technische Systemdienstleistungen wie aktive Blindleistungsbereitstellung, Spannungshaltung etc. anbieten. Das sind wertvolle Leistungen, die im Netz einen großen Nutzen haben. Die bestehenden Märkte z.B. im Falle der Regelenergie, sind aber bisher gar nicht zugänglich für die Photovoltaik. Andere Märkte, wie die für Systemdienstleistungen bestehen noch gar nicht. Der BSW-Solar koordiniert übrigens gerade ein EU-weites Projekt zur Identifizierung solcher technischer Lösungen zur verbesserten Systemintegration der Photovoltaik – PV GRID. Hier zeigt sich, dass viele Netzbetreiber sehr interessiert sind, solche Funktionen und Systemdienstleistungen zu nutzen.

Und drittens geht es auch um die Anpassung oder Weiterentwicklung der bestehenden Marktmechanismen im EEG. Die vieldiskutierte Marktprämie wird auch von PV-Anlagenbetreibern immer stärker genutzt – rund 3,5 GW PV-Leistung partizipieren hier bereits. Das Modell hat aber viele Schwächen und scheint nicht geeignet für die „Marktintegration“ der Photovoltaik. Auch hier stehen wir im Dialog mit den Direktvermarktern und versuchen bessere Konzepte zu finden.

Insgesamt haben wir uns das Ziel gesetzt, Vorschläge für die Beförderung von neuen Geschäftsmodellen für die Photovoltaik und die Erneuerbaren insgesamt rechtzeitig für die nächste Novelle des EEG und weiterer energiepolitischer Rahmenbedingungen in der nächsten Legislaturperiode vorzulegen.

Milk the Sun: Von Seiten der Unterstützer der Erneuerbaren Energien ist immer wieder zu hören, dass die Förderungen der Erneuerbaren stetig angegriffen werden, während nicht über spezielle Umlagen gezahlten Subventionen für konventionelle Energieträger kaum Beachtung geschenkt wird. Besteht das Problem tatsächlich? Wie lässt sich diesem Problem gegenübertreten?

Brohm: Natürlich wird sehr gerne mit dem mahnenden Finger auf die „teure Subvention“ EEG und weiteren Förderungen für die Erneuerbaren gezeigt. Dabei wird  einerseits der Nutzen der Erneuerbaren ausgeblendet – schon ist der Nutzen der Erneuerbaren größer als die Kosten der Förderung, würde man einfach mal die gesamten gesellschaftlichen Kosten von Kohle, Gas und Atom in die Rechnung einbeziehen. Vernachlässigt wird dabei auch die Frage, was die Alternativen denn sein sollen? Weiter machen wie bisher – mit weiter horrend steigenden Energiekosten? Weiter auf die Verbrennung fossiler Energieträger setzen und die Klimaziele vollends abschreiben?  Letztlich steht hinter dieser Kostendebatte doch auch ein Verteilungskampf in der Energiewirtschaft. Diejenigen dich noch nicht oder erst jetzt merken, dass den Erneuerbaren die Zukunft gehört und noch keinen Weg gefunden haben, an dieser Entwicklung teilzuhaben und auch zu profitieren, wollen den Ausbau bremsen. Es gibt auch noch immer einige, die glauben das Rad wieder zurück drehen zu können. So wird dann immer wieder die Kostenangst geschürt, bis hin zum Bundesumweltminister, der Billionenbeträge in den Raum stellt und damit dem Bürger die Lust nimmt, sich weiter wie bisher beim Thema Energiewende zu engagieren. Ich bin sicher, dass dies nicht gelingen wird – dafür ist Energiewende schon zu fest auch als Bürgerbewegung verankert – aber es ist schon sehr verstörend. Grundsätzlich streitet niemand ab, dass der Umstieg auf Erneuerbare Energien so kosteneffizient und sozial verträglich wie möglich gestaltet werden muss und auch der Industriestandort Deutschland weiter im internationalen Wettbewerb bestehen muss. Aber die hohen Ansprüche werden eben gerne nur bei den Erneuerbaren gestellt und oft auch mal der Teufel an die Wand gemalt wo man eigentlich besser sachlich über gute Lösungen diskutieren sollte.

Milk the Sun: Welche Punkte umfasst ihre aktuelle Arbeit noch? Welche Probleme stellen sich Ihnen, was erfordert sehr spezielle Lösungen?

Brohm: Wichtig ist es, die Solarenergie mit ihren spezifischen Eigenschaften und Vorteilen – vor allem die Dezentralität und Verbrauchsnähe und damit verbunden viele Möglichkeiten einen Netz- und Systemnutzen zu liefern – noch stärker im Gesamtkontext der Energieversorgung zu diskutieren. Es gilt aufzuzeigen, dass wir zusammen mit der Windenergie den eigentlichen Kern und das „Leitsystem“ für die Energieversorgung der Zukunft stellen werden. Aktuelle Studien wie die 100%-Studie des Fraunhofer-ISE in Freiburg zeigen doch, dass die Photovoltaik zukünftig einen gewaltigen Beitrag auch über den Strombereich hinaus leisten wird. In diesem Modell, dass ich immer wieder gerne zitiere, leistet die Photovoltaik in den verschiedenen Szenarien einen Leistungsbeitrag von 180 bis 240 GW für Strom, Wärme und Mobilität in Deutschland. Und die positive Grundbotschaft ist: Das System wird nicht teurer sein, als das heutige. Für den Weg dorthin und auch für die damit verbundenen gesellschaftlichen Anschubkosten müssen wir eben heute Mut aufbringen und das große Engagement der vielen Tausend Bürgerinnen und Bürger nutzen und weiter unterstützen.

 

Wir danken Herr Brohm für das Gespräch.

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