GroKo, und jetzt? Ein erster Blick in den Koalitionsvertrag
Da ist er also, der Koalitionsvertrag. Lange haben CDU, CSU und SPD gefochten, nun gibt es eine Einigung. Wir haben uns den Vertrag angesehen – und richten unseren Blick auf den Bereich Energie. Ein erster Kommentar.
„Wir wollen im Energiebereich die Rahmenbedingungen so setzen, dass die Energiewende zum Treiber für Energieeffizienz, Modernisierung, Innovationen und Digitalisierung im Strom-, Wärme-, Landwirtschafts- und Verkehrssektor wird, ohne die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Deutschland zu gefährden.“ So beginnt das dritte Unterkapitel „Energie“ in Kapitel V6. Erfolgreiche Wirtschaft für den Wohlstand von morgen“ im Koalitionsvertrag. Der Fokus ist direkt gesetzt: Energiewende kann nur in Relation zur deutschen Wirtschaftsstärke erfolgen.
Energiewende zuerst im Ausland?
Die erste spannende Formulierung dann im zweiten Absatz: „Wir werden die internationale Energiezusammenarbeit ausbauen, um die Vorreiterrolle Deutschlands bei der Energiewende international zu nutzen“. Vorreiterrolle? Haben wir die nicht schon längst abgegeben? Die Investitionen in neue Energietechnologien sind eingebrochen, Deutschland hinkt den eigenen Ansprüchen hinterher. Dass in diesem Zuge zuallererst propagiert wird, „der deutschen Industrie den Marktzugang zu erleichtern und die weltweite Energiewende voranzubringen“ ist zwar löblich, hinterlässt den Leser aber doch zwangsweise mit der Frage: Warum nicht auch endlich hierzulande konsequenter handeln?
Also doch: In Deutschland soll es vorangehen
Der erste kleinere Lichtblick sind die bereits seit einigen Tagen in Umlauf gebrachten Sonderausschreibungen, mit denen „acht bis zehn Millionen Tonnen CO2“ eingespart werden sollen. Vier GW Onshore-Wind und Photovoltaik, vier GW Offshore-Windenergie. Aber reicht das?
Das Kapitel schließt mit einer längeren Auflistung spezifischer Aufgaben, die die große Koalition gemeinsam angehen möchte. Die meisten davon wirken nicht gerade revolutionär, vielmehr gehören sie seit Jahren zum gängigen Duktus der regierenden Parteien – einzig die Umsetzung hinkte in den vergangenen Jahren den Ansprüchen oftmals leider hinterher: stärkere Bürgerbeteiligung an EE-Projekten, Sektorenkopplung, Kraft-Wärme-Kopplung, Förderung der Entwicklung CO2-armer Industrieprozesse.
Koalitionsvertrag lässt unzählige Lesarten zu
Klar ist: Alle programmatisch genannten Themen sind in großem Ausmaß relevant für die zukünftige Gestaltung einer nachhaltigen Energieversorgung für Deutschland, Europa und die Welt. Ob ein auf 8 GW begrenzter zusätzlicher Zubau der richtige Ansatz ist, um aufzuholen, was in den vergangenen Jahren liegengelassen wurde, darf aber gleichwohl hinterfragt werden; in den vergangenen Monaten wurden die bisherigen Ausbauziele der Regierung nämlich nicht erreicht.
Interessanter als bloße Absichtserklärungen wären an dieser Stelle Hinweise auf tatsächliche Werkzeuge, Anreize und Pakete gewesen, mit denen der zusätzliche Zubau auch langfristig gesichert werden könnte.
Fazit: Kein Fazit
Ein Fazit zum Koalitionsvertrag zu ziehen, fällt dementsprechend schwierig aus. Klar ist, dass den Verfassern durchaus bewusst ist, was den Befürwortern einer klimafreundlichen Energieversorgung auf dem Herzen liegt. Ein klares Urteil darüber, ob ihnen das Thema aber ebenso sehr am Herzen liegt, lässt sich aus den eher allgemein gehaltenen Formulierungen nicht ablesen. Umso mehr ist es für die gesamten involvierten Branchen wichtig, auch in Zukunft den Druck auf Politik und Wirtschat hochzuhalten, um eine erfolgreiche Energiewende zu ermöglichen.