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Vier Fragen an … Benjamin Reuter, freier Journalist

Benjamin Reuter arbeitet als freier Journalist für die WirtschaftsWoche und Die Zeit. Zudem schreibt er regelmäßig über die Energiewende und den Klimawandel auf dem Nachhaltigkeits-Portal WiWo-Green der WirtschaftWoche.

Benjamin Reuter: „Die einzige Hoffnung derzeit ist, dass sich die Wissenschaftler mit ihren Prognosen geirrt haben.“

Milk the Sun: Lieber Herr Reuter, die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Benjamin Reuter: Eine abschließende Bewertung ist schwierig, da belastbare Zahlen über CO2-Emissionen für 2012 noch fehlen. Aktuell muss man aber sagen, dass der Trend beim Klimaschutz in die falsche Richtung geht. Schuld daran ist vor allem eine verfehlte Energiewendepolitik, die Kohlekraft fördert. Hinzu kommt noch ein CO2-Zertifikate-Handel, der seinen Namen nicht verdient. Auch in Sachen Energieeffizienz hat die Regierung zu wenig gemacht. Zudem unterstützt sie in Brüssel hartnäckig in die deutschen Autokonzerne, die die geplanten EU-Emissionsvorgaben aufweichen wollen. Dabei sind umweltfreundliche Autos entscheidend, um künftig Käufer zu gewinnen. Auf dem Feld der Klimapolitik kann also von Erfolg keine Rede sein.

Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Benjamin Reuter: Entscheidend ist ein Neuanfang für die Energiewende. Das EEG muss reformiert werden, so dass einerseits der Strompreisanstieg gebremst wird, andererseits aber der Ausbau der Erneuerbaren erfolgreich weiter geht. Im Grunde entscheidet die nächste Bundesregierung darüber, ob die Energiewende insgesamt ein Erfolg wird. Denn die ersten 25 Prozent Grünstrom, die wir derzeit am Netz haben, waren vergleichsweise einfach zu stemmen. Jetzt muss nach und nach das gesamte Energiesystem umgebaut werden. Hinzu kommt die Energiewende im Bereich Wärme und Verkehr. Viel Arbeit also.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Benjamin Reuter: Diese Polarisierung beobachten wir auch bei WiWo Green. Die Lager der Befürworter und Gegner entfernen sich zunehmend voneinander, was eine sachliche Diskussion schwieriger macht. Da ist mittlerweile viel Weltanschauung und Ideologie im Spiel. Ich glaube, hier kommt in den nächsten Jahren der Wissenschaft eine große Bedeutung zu. Sie muss mit unparteiischen Studien informieren und die Grundlage für eine gute Politik schaffen. Und natürlich: Die Medien müssen entsprechend verantwortungsvoll berichten.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Benjamin Reuter: Wie es derzeit aussieht, wird sich die Menschheit mit ihrem steigenden Verbrauch bei Öl, Kohle und Gas selbst grillen. Ja, wir erleben einen Boom bei erneuerbaren Energien, aber nimmt man die Berechnungen der Klimaforscher ernst, dann genügt das bei weitem nicht. Ganz ehrlich: Die einzige Hoffnung derzeit ist, dass sich die Wissenschaftler mit ihren Prognosen geirrt haben.

 

Wir bedanken uns bei Herrn Reuter für das Interview.

 


Im Rahmen der Interviewreihe “Vier Fragen an …” stellt der Milk the Sun Blog bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre. Bisher interviewten wir Sebastian Bolay (DIHK), Heiko Schwarzburger (Photovoltaik), Corinna Lang (CleanEnergy Project), Patrick Jüttemann (klein-windkraftanlagen.com), Christian Leers (PV-Experte), Robert Schwarz (BTO Management Consulting), Lothar Lochmaier (Freier Journalist), Michael Richter (Sonneninvest AG), Kilian Rüfer (SUSTAINMENT), Udo Schuldt (Blogger), Thorsten Zoerner (Solution Architect), Prof. Dr. Eicke Weber (Fraunhofer ISE), Falko Bozicevic (GoingPublic Magazin), Carsten Körnig (Solarwirtschaft e.V.), Denis-Mariel Kühn (EGBB), Doreen Brumme (Freie Journalistin), Erhard Renz (sonnenfluesterer.de), Sabine Eva Rädisch (Autorin und Bloggerin), Bart Markus (Wellington Partners), Prof. Volkmar Liebig (avesco Financial Services AG), Dr. Tim Meyer (Grünstromwerk GmbH), Alexander Fehr (Fehrdeal & Energieblogger), Thomas Nasswetter (Ritter Gruppe und Blogger), Dr. Stefan Dietrich (Windwärts Energie), Sylvia Pilarsky-Grosch (BWE), Holger Ruletzki (Parabel AG), Franz Alt (Journalist), Arne Horn (DZ-4), Dr. Bernd Köhler (Phoenix Solar), Björn-Lars Kuhn (Proteus Solutions & Energieblogger), Cornelia Daniel-Gruber (Journalistin und Bloggerin), Ove Petersen (GP Joule), Udo Möhrstedt (IBC Solar), Şirvan Çakici (Unicon Energy Services), Rosa Tarragó (Prime Capital AG), Robert Doelling (Energieexperte und Blogger)

 

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