EEG 2016: Die Energiewende wird ungerecht
Die Bundesregierung rund um Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) arbeitet mit Hochdruck am neuen EEG 2016. Nach Meinung vieler Experten auf Seiten der Erneuerbaren Energien fährt Gabriel die Energiewende damit endgültig an die Wand. „Früher wurde weit über die Fachzirkel in der Politik über das Erneuerbare-Energien-Gesetz debattiert, jetzt wird eine eher technische Debatte geführt“, kritisiert Marcel Keiffenheim, Aufsichtsrat beim Bündnis Bürgerenergie. „Die Zukunft der Energiewende soll mal eben über das Kleingedruckte entschieden werden.“ Auf Ausnahmen im EU-Recht geht Gabriel nicht ein.
Keine Chance mehr für Energiegenossenschaften
Gegenstand der Kritik sind vor allem die Ausschreibungen, über die in Zukunft der Neubau von Photovoltaik- und Windanlagen auf Freiflächen geregelt werden soll. So sollen nur noch diejenigen den Zuschlag zu einer Förderung der Projekte bekommen, die diese am günstigsten realisieren können. Bereits seit Beginn des Jahres laufen die Pilotausschreibungen und die haben gezeigt: Kleine Akteure – private Investoren oder Energiegenossenschaften – haben keine Chance gegen finanzstarke Unternehmen.
Staatssekretät Rainer Baake hatte zwar freudig herausgestellt, dass die hohe Beteiligung einer Vielzahl verschiedener Akteure ein positives Zeichen sei und es keine Hemmnisse im Ausschreibungsverfahren gebe. Dass kleine Akteure zum größten Teil leer ausgingen, wird unter den Teppich gekehrt.
Durch das komplette Ersetzen des bisherigen Fördersystems für Freiflächenanlagen mit dem EEG 2016 wird das Ende der (Bürger-)Energiegenossenschaften eingeläutet. So sieht es zumindest René Mono, Vizechef beim Bündnis Bürgerenergie: „Das wird dazu führen, dass Bürgerenergie-Genossenschaften keine Chance mehr haben, sich an der Energiewende zu beteiligen“.
Zu hohe Risiken für kleine Akteure
Die Probleme für kleine Akteure belaufen sich nicht nur auf die zu hohen Förderungen, die sie für die Realisierung der Projekte benötigen. Die Teilnahme an den Ausschreibungsverfahren als solches birgt schon zu viele zu große Risiken. Das schreckt die meisten Akteure bereits im Vorfeld von einer Bewerbung auf mögliche Förderungen ab.
Die größten Risiken im Überblick:
- Risikokapital: Für die Teilnahme wird Risikokapital benötigt, welches nur finanzstarke Anleger problemlos aufbringen können. Solche Anleger „bewerben sich zum Beispiel bei 20 ausgeschriebenen Projekten und gewinnen vielleicht 15 davon“, sagt Keiffenheim“. „Die Kosten für die verlorenen Bewerbungen werden dann auf die gewonnenen umgelegt.“ Ein Luxus, den sich kleine Akteure nicht leisten können.
- Lange Vorlaufzeiten: Die Realisierung von Erneuerbaren-Energieprojekten – vor allem von Windanlagen – bedarf eine lange Vorlaufzeit. Bei Windprojekten kann diese durchaus schonmal drei Jahre dauern. Diesen Aufwand könnten kleine Akteure nur bewerkstelligen, wenn eine Realisierung der Projekte auch zu 100 Prozent gewährleistet ist und nicht von Ausschreibungsverfahren abhängig wäre.
- Strafzahlungen: Die Bundesregierung möchte Strafzahlungen einführen, die im Falle der Nichtrealisierung eines im Rahmen der Ausschreibungen gewonnenen Projekts gezahlt werden müssen. „Für Bürgerenergie-Genossenschaften ein untragbares Risiko“, beklagt Uwe Nestle vom Institut Enklip.
- Keine Portfolio-Effekte: Große Projektierer könnten laut Nestle das Risiko der Strafzahlungen eingehen, da sie diese einfach auf die Vielzahl anderer Projekte im Portfolio umlegen könnten. Diese Möglichkeit besitzen kleine Akteure nicht, da sie keine großen Portfolios zur Umlegung der Kosten haben.
„Stirbt die Akteursvielfalt, dann stirbt auch die Energiewende“
René Mono sieht einen Kampf zwischen Bürgerenergie und Konzernenergie aufkommen. Gabriel habe immer wieder betont, sich für die Bürgerenergie einzusetzen. Und dazu hätte er sogar die Gelegenheit, denn eine Ausnahme im EU-Recht lautet: Photovoltaik-Freiflächenanlagen bis 1 Megawatt Größe und Windparks mit sechs Windrädern oder sechs Megawatt Leistung können von den Ausschreibungen verschont bleiben. „Das Wirtschaftsministerium macht davon aber keinen Gebrauch“, beklagt Mono.
Es wäre ein Entgegenkommen für die Bürgerenergie, das die Bundesregierung aber nicht eingeht. Die Akteursvielfalt würde damit aussterben. „Stirbt die Akteursvielfalt, dann stirbt auch die Energiewende“, ist sich Mono sicher.
EU-Wettbewerbskommissarin Vestager warnt das Wirtschaftsministerium
Für diese Ausnahmen hatte sich EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager eingesetzt. Dass diese nicht genutzt werden, ist für sie der falsche Weg. In einem Brief an die Bundestagsabgeordneten warnt sie: „Ausschreibungen sind möglicherweise nicht das richtige Instrument für kleine Anbieter. Gerade kleinere Projekte spielen eine wichtige Rolle beim Umbau der Energieversorgung.“
Derzeit sei laut Keiffenheim allerdings kein Entgegenkommen zu erkennen.
Quelle: Klimaretter.info