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Kirsten Hasberg, Energy Democracy TV, im Interview: „Wir sehen ein Energiewende-Bashing“

Energy Democracy TV heißt das große Projekt, dem sich Kirsten Hasberg seit einiger Zeit widmet. Es soll „The world’s first crowdpublished magazine app on the decentralized, community owned energy transition” werden. Auf Deutsch etwa: “Die erste Magazin-App über die dezentralisierte, der Allgemeinheit gehörenden Energiewende“. Nur das Wort crowdpublished fehlt in dieser Übersetzung irgendwie. Deshalb sprach Milk the Sun mit Kirsten Hasberg. Über das Projekt, über den Ansporn dahinter, und wie jeder von uns am Energy Democracy TV teilhaben kann.

Milk the Sun: Sehr geehrte Frau Hasberg, was verbirgt sich hinter Energy Democracy TV? Und, was bedeutet das Wort „crowdpublished“ in diesem Zusammenhang?

Hasberg: Die Einleitung stimmt – Energy Democracy TV ist das digitale Magazin zur Energiewende – von Energiewendern, für Energiewender, weltweit! Crowdpublishing heißt, dass das Magazin von den Menschen erstellt wird, die schon weltweit die Energiewende vorantreiben. Dabei sind Videoinhalte genauso wesentlich wie Text- und Graphikinhalte – daher das „TV“. Wir wollen die Geschichten der wahren Helden der Energiewende ans Tageslicht bringen, und so Veränderungen weltweit anregen.

Milk the Sun: Derzeit reißen sich die Medien geradezu um Themen der Energiewende. Wozu braucht es denn Ihre App? Was wird dadurch anders in der Berichterstattung darüber?

Hasberg: Vielleicht die deutschsprachigen Medien, ja. Das macht aber die Berichterstattung nicht unbedingt besser! Leider sehen wir immer wieder, wie große Medienhäuser die dezentrale Energiewende in ein schlechtes Licht stellen, indem sie fälschliche Informationen verbreiten – und dies resultiert dann in öffentlicher Meinungsbildung und letztlich in politischem Handeln, dass sich auf falschen Annahmen basiert – wie z.B. der Strompreisgipfel ein Resultat der medialen Debatte über Erneuerbare Energien als Preistreiber der Strompreise war. Dabei verhält es sich genau umgekehrt – dafür braucht es aber ein Minimum an volkswirtschaftlicher Einsicht. Gerade diese Einsicht an ein nicht-fach-publikum zu vermitteln wäre die Aufgabe von Journalisten – anstatt dessen sehen wir aber ein „Energiewende-Bashing“, wo Halbwahrheiten verbreitet werden.

Dies liegt wahrscheinlich auch daran, dass die Geschäftsmodelle der großen Medienhäuser bröckeln, und es bei Journalisten längst nicht mehr die Zeit und Muße gibt, um wirklich tief in Themen einzutauchen. Heute brauchen wir nicht mehr drauf zu warten, dass die großen Herausgeber die Botschaft verstehen – wir werden einfach selber Herausgeber! Die Energierevolution und die digitale Revolution sind also eng verwoben! Unsere Gesellschaft basiert sich auf Wissen – und aus meiner Sicht können nur neue Medien mit neuen Geschäftsmodellen wie Energy Democracy TV  weiterhin sichern, dass Medien nicht Halbwissen verbreiten.

Milk the Sun: Wie ist denn die Situation außerhalb des deutschsprachigen Raums?

In den USA, wo ich gerade unterwegs bin um die Crowdfunding-Kampagne für Energy Democracy TV zu verbreiten, laufen gerade die Debatten über die Keystone Pipeline und Fracking auf hochtouren – auch in New York State gibt es Fracking-Pläne –  obwohl für New York gerade eine Stanford-Studie veröffentlicht worden ist, wie der Bundestaat zu 100 % von erneuerbaren Energien versorgt werden kann.  Ich habe hier erlebt, wie die Argumente der Energiedemokratie gut ankommen und wie viele die deutsche Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien beneiden. Aber viele Menschen haben einfach die Hoffnung verloren, dass dies auch in den USA möglich wäre – sie brauchen erneute Hoffnung und gute Vorbilder.

Dies zeigt: Es reicht nicht, dass wir das Wissen haben, dass wir Studien erstellen – diese müssen auch in einer Art und Weise kommuniziert werden, die Menschen anspricht!

Genau da kommt Energy Democracy ins Bild: Das digitale Magazin wird nicht nur aus Text- und Graphikinhalte bestehen, wie im Printformat, sondern auch Videos – und die sind hervorragend dazu geeignet, ein visuell ansprechendes Thema wie die Energiewende zu kommunizieren. Im Gegensatz zu Print ist es auch weltweit verfügbar – auf dem Tablet, dem Smartphone oder auf dem Computerschirm. Überall erwartet den Leser ein einladendes Magazindesign – kostenlos!

Milk the Sun: Wie kam es zu der Idee? Welchen Ansporn haben Sie?

Hasberg: Ich bin in Dänemark geboren und aufgewachsen, und habe mich schon sehr früh für erneuerbare Energien interessiert – schon mit 14 habe ich ein Praktikum im Bereich der Solarenergie gemacht. Ich habe auch früh für mich erkannt, dass es nicht an der Technologie, sondern an der Umsetzung hapert. Deshalb habe ich Volkswirtschaft studiert – denn Volkswirte weltweit waren und sind einer der größten Barrieren der Energiewende! Auf Grundlage von falschen Annahmen rechnen sie vor, warum sich die Energiewende nicht lohnt. Um diese Argumente zurückweisen zu können, habe ich selber Volkswirtschaft studiert – denn Volkswirte diskutieren gern mit einander, respektieren aber volkswirtschaftliche Argumente von nicht-Ökonomen eher weniger.

Der entscheidende Punkt, um selber ein Unternehmen zu gründen, war der Tod von Hermann Scheer 2010. Ich hatte für Ihn gearbeitet und er war ein großes Vorbild und Inspirator für mich. Er hat mit seiner Arbeit die Entwicklung nicht nur in Deutschland, sondern weltweit geprägt. Von ihm stammt auch der Begriff der Energiedemokratie – er hat die Energiewende immer als ein weltweites Friedensprojekt gesehen, sein Interesse für erneuerbare Energien kam aus der Friedensbewegung. Sein Ansatz war global und parlamentarisch – die Energiewende ist ein Thema für alle Parteien und Ideologien. Auf diese Grundlage möchte ich mit den Mitteln der digitalen Revolution weiterbauen. Die Idee von Energy Democracy TV hat sich über zwei Jahre zu dem entwickelt, was sie heute ist: Ein globales kostenloses, digitales Magazin über die Demokratisierung unserer Energieversorgung,  von Energiewendern, für Energiewender – und die, die es werden wollen!

Milk the Sun: Wer kann alles mitwirken? Und wie?

Hasberg: Im Augenblick läuft unsere Crowdfunding-Kampagne auf Indiegogo, der größten internationalen Crowdfunding-Plattform. Crowdfunding heißt, dass Menschen weltweit finanziell zur Verwirklichung von den vorgestellten Projekten beitragen können. Als Gegenleistung werden verschiedene Geschenke angeboten – bei uns kann man unter anderem aufs Titelblatt der Erstausgabe gelangen oder Videostar im Magazin werden – wir produzieren dann ein Video, dass in der Erstausgabe erscheint. Dieses Angebot ist besonders für Unternehmen und andere Organisationen interessant, die gerade die Videokommunikation für sich entdecken und ein Video für Ihre Homepage brauchen. Wir liefern ein Video – und die internationale Vermarktung gleich mit!

Wer die Kampagne mit 50 USD oder mehr unterstützt, wird eingeladen, mit Inhalten für die erste Ausgabe beizutragen. Über www.energydemocracy.tv gelangen Sie direkt auf unsere Kampagnenseite, und können mit jedem Betrag dabei sein.

Zusammen mit meinem Co-Redakteur Craig Morris, ein deutsch-amerikanischer Freiburger, der einer der führenden englischsprachigen Energiejournalisten und unter anderem der Hauptautor von www.energytransition.de ist, werden wir die Beiträge redaktionell übersehen und dafür sorgen, dass durch jedes Magazin ein roter Faden läuft und die Inhalte qualitätssichern – redaktionelle Arbeit eben!

Ziel ist es, ein Backend zu entwickeln, wo es auch richtig Spaß macht, als Autor dabei zu sein, und wo Autoren in der Erstellung von Beiträgen Hilfestellung bekommen – ob Video, Graphiken oder Text. Geil,Danke!, unsere Berliner Partner in der Softwareentwicklung, arbeiten schon daran.  Dann kann grundsätzlich jeder Beiträge einstellen, wobei Beiträge von Unternehmen als Anzeigen eingestuft und gegen Entgelt aufgenommen werden – das ist das Geschäftsmodell.  Die Beiträge werden unter einer Creative Commons-Licens publiziert – das heißt, das wir uns re-publizierung in anderen Medien mit Quellenangabe erwünscht sind! So können wir das Magazin – und vor allem die Kernbotschaft der dezentralen Energiewende – weltweit verbreiten. Ich bin aber davon überzeugt, dass das Lesevergnügen von Energy Democracy dafür sorgt, dass Energiewender weltweit das Magazin kostenlos abonnieren und genießen werden!

Milk the Sun: Welche großen Grundprobleme sehen Sie derzeit im Zusammenhang mit der Energiewende aus politischer wie auch aus wirtschaftlicher Sicht?

Hasberg: Die Fokussierung auf sogenannt „alternativlose“ Lösungen. Schon der Begriff „alternativlos“ versetzt Menschen in einen passiven, apathischen Zustand. Man bekommt das Gefühl: Unsere Meinung, unser Handeln zählt nicht und kann nichts beeinflussen. Deshalb geht es mir mit Energy Democracy TV auch darum, Menschen Hoffnung zu machen. Wir können tatsächlich die Energiewende selbst in die Hand nehmen und so die Welt verändern!

Ein Problem ist, dass wir in den Ländern, die international als Vorreiter gelten – wie Deutschland und Dänemark – immer wieder Rückschläge erleben. 2013 ist in Deutschland ein spannendes Jahr – doch wie wollen wir weltweit die Erfolgsgeschichte der deutschen, dezentralen Energiewende erzählen, wenn sie von der deutschen Politik gekappt wird? Der Kampf um die Energiewende ist also noch lange nicht gewonnen und wird sich in Deutschland auf die Bundestagswahlen hin noch verschärfen.

Das Magazin „The Atlantic“ hatte diese Woche ein Titelblatt mit dem Text „We will never run out of oil“ – und dazu der Untertext, dass dies gut für die USA sei. Das es weit besser für die USA wäre, eine wahre Energiewende weg von den fossilen und nuklearen Energien und hin zu den erneuerbaren zu vollziehen, wird nicht in Erwägung gezogen.

Es liegt also noch viel Überzeugungsarbeit vor uns.

Milk the Sun: Warum gehört die Energiewende Ihrer Meinung nach der Allgemeinheit?

Hasberg: Im Grunde haben sich die Geschäftsmodelle der fossilen und nukleare Energien nur gelohnt, weil die wahren Kosten der Allgemeinheit überlassen wurden. Es wird Zeit, dass wir eine Energieversorgung erschaffen, dessen Vorteile der Allgemeinheit zufallen, nicht nur die Kosten!

In Deutschland sind die Begriffe Bürgerenergiewende, Energiegenossenschaften und regionale Wertschöpfung schon im allgemeinen Sprachgebrauch – diesen Bewusstseinswandel wollen wir global vorantreiben. Alle Leser sind herzlich eingeladen, auf www.energydemocracy.tv dabei zu sein!

Wir bedanken uns bei Kirsten Hasberg für das Gespräch.

Größte Photovoltaik-Anlage Afrikas in Mauretanien errichtet

Am vergangenen Donnerstag wurde in Nouakchott, der Hauptstadt der Islamischen Republik Mauretanien, die größte Photovoltaik-Anlage Afrikas in Betrieb genommen. Das 32-Millionen-Dollar-Projekt mit einer Kapazität von 15 Megawatt ist das erste Solar-Großkraftwerk des Landes und wird bis zu zehn Prozent des mauretanischen Strombedarfs decken. Errichtet wurde das Kraftwerk von Masdar, ein auf erneuerbare Energien spezialisiertes Unternehmen aus Abu Dhabi.

Sonne für PV gibt es in den meisten afrikanischen Ländern reichlich ©iStockphoto.com

Die Anlage besteht aus 29.826 Dünnschicht-Modulen und verhindert den Ausstoß von mehr als 21.200 Tonnen Kohlenstoffdioxid pro Jahr. Die PV-Module wurden nicht über ein Beton-Fundament befestigt sondern direkt in den Boden gerammt, was den CO2-Fußabdruck des Projekts verkleinerte und Kosten einsparte.

Probleme mit der Versorgungssicherheit in Mauretanien

Das Stromnetz Mauretaniens, das bisher vorwiegend über teure Dieselgeneratoren versorgt wurde, verfügt derzeit über eine installierte Kapazität von gerade einmal 144 MW, was zu ernsten Engpässen in der Stromversorgung führt. Der Zubau von Solarenergie wird zukünftig mithelfen, die Energieversorgung zu sichern und den Bedarf von etwa 10.000 Häusern decken, so Masdar in einer Erklärung. Der Strombedarf Mauretaniens steigt jährlich um etwa zwölf Prozent.

Mohamed Ould Abdel Aziz, Präsident Mauretaniens, sagte bei der Einweihung der Anlage, bei der auch Vertreter der International Renewable Energy Association (IRENA) teilnahmen: „Diese neue Solaranlage erhöht nicht nur dringend benötigte Stromkapazitäten für unsere Bevölkerung, sie beweist auch, dass erneuerbare Energien eine entscheidende Rolle in der Entwicklung unseres Landes spielen können.“ Sultan Ahmed Al Jaber, CEO von Masdar, sagte: „Es wird erwartet, dass der Energiebedarf sich bis 2030 verdoppelt. Erneuerbare Energien werden eine tragende Rolle gerade in den Ländern spielen, in denen der Bedarf das aktuelle Angebot deutlich übersteigt.“

Sonne und Wind bieten in Mauretanien genug Potenzial, um den Strombedarf des Landes zu einem erheblichen Anteil aus Kraftwerken erneuerbarer Energie zu decken.

Die Errichtung des neuen Solarkraftwerkes ist nicht der erste Versuch, das Solarpotential Afrikas zu erkunden. 2012 ließ die britische Firma Blue Energy verlauten, dass sie bis 2015 über 100.000 Häuser in Ghana mit einem 115 MW-Solarpark versorgen werde. Ein weiteres dieser Projekte wurde im März in Ägypten gestartet. Das Milliarden-Projekt soll über ein 140MW-Kraftwerk den Versorgungsproblemen des Landes entgegenwirken.

Quelle: Ventures-Africa.com

Timon Gremmels im Interview: „Ich traue Schwarz-Gelb die Energiewende einfach nicht zu“

Timon Gremmels, seit November 2009 Mitglied im Hessischen Landtag, ist Umwelt- und Energiepolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in Hessen. Wie er die Energiewende in Hessen sieht und welche Arbeit diesbezüglich auf die Entscheidungsträger Hessens und Deutschlands zukommt, erklärt er im Gespräch mit Milk the Sun.

Timon Gremmels: "Ich traue Schwarz-Gelb die Energiewende einfach nicht zu"

Milk the Sun: Sehr geehrter Herr Gremmels, die Erneuerbaren Energien nehmen einen immer größeren Stellenwert in der Energieproduktion Deutschlands ein. Wie ist der Status Quo der Energiewende in Hessen?

Gremmels: Beim Bundesländerranking der „Agentur für Erneuerbare Energie“ vom  Dezember 2012 ist Hessen zum dritten Mal in Folge Schlusslicht bei den Erneuerbaren Energien unter den Flächenländern geworden.  Auch nach dem Energiegipfel der Landesregierung, der nach der Atom-Katastrophe von Fukushima einberufen wurde, ist bisher nicht viel Konkretes umgesetzt worden. Die SPD-Landtagsfraktion hatte gefordert, die Kommunen verstärkt zu den Motoren der Energiewende zu machen. Leider erschweren Vorgaben in der Hessischen-Gemeinde-Ordnung, dass Städte und Gemeinden sich ausreichend wirtschaftlich betätigen und in die Energieerzeugung einsteigen können. Diese Hürden werden wir nach einem Wahlsieg bei der Landtagswahl im September beseitigen. Gleiches gilt auch für die Beteiligung von Kommunen an Windkraft im Staatsforst. Hier wollen wir, dass regionale Anbieter, die die Wertschöpfung  steigern, bei der Vergabe von Windkraftflächen bevorzugt werden, oder aber die Kommunen nach dem Vorbild von Rheinland-Pfalz mit bis zu 30 Prozent an den Pachteinnahmen beteiligt werden.

Milk the Sun: Im Norden Deutschlands werden verstärkt Windturbinen errichtet, der Osten und der Süden setzen viel auf Photovoltaik-Anlagen. Welche Formen der erneuerbaren Energiegewinnung sind für das Land Hessen am wichtigsten?

Gremmels: Die Energiewende gelingt nur, wenn wir auf einen Mix der Erneuerbaren Energien setzen. Wir brauchen Photovoltaik  genauso wie Biomasse und Windkraft mit ihren jeweils spezifischen Vorteilen. Für uns stehen die Erneuerbaren-Energie-Anlagen im Fokus, die geeignet sind, die regionale Wertschöpfung zu steigern. Die Energiewende ist nicht nur ein Thema der Ökologie, sondern vor allem auch eines der Ökonomie. Klar ist aber auch, die Windkraft im Binnenland ist die derzeit effizienteste Form der Strom-Erzeugung. Hessen ist bei der Windkraftnutzung bundesweites Schlusslicht. Hier haben wir den größten Nachholbedarf. Da Hessen ein sehr waldreiches Bundesland ist (42%), wird es künftig auch im Wald Windkraftanlagen geben.

Milk the Sun: Auch Fracking ist ein Thema in Hessen. BNK Petroleum wurde dort die Suche nach im Schiefergestein gebundenen Erdgases mittels Fracking vorerst eine Absage unterteilt, wofür sich auch die hessische SPD einsetzte. Warum?

Gremmels: Erst durch zwei Kleine Anfragen der SPD-Landtagsfraktion kam Ende 2011 zu Tage, dass die kanadische Firma BNK Petroleum in Nordhessen nach unkonventionellem Erdgas suchen will. Daraufhin haben wir eine umfangreiche Landtagsanhörung beantragt und diese im Oktober letzten Jahres durchgeführt. Auf Vorschlag von SPD und Grüne wurde vom Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie beauftragt, die Gutachten des Bundesumweltamts und des Landes Nordrhein-Westfalens  auf hessische Besonderheiten zu untersuchen. Darüber hinaus hat Frau Prof. Böhm von der Universität Marburg festgestellt, dass die einhelligen negativen Stellungnahmen der betroffen Kommunen dem überwiegend öffentlichen Interesse im Sinne des Bundesbergrechts entspricht. Die hessische Umweltministerin hat das Regierungspräsidium Darmstadt als zuständige Genehmigungsbehörde darauf angewiesen, diese beiden Gutachten im weiteren Genehmigungsprozess zu berücksichtigen. Wir gehen davon aus, dass die Aufsucherlaubnis nicht erteilt werden kann.  Unabhängig vom aktuellen Antrag lehnt die hessische SPD Fracking in ihrem Landtagswahlprogramm klar ab. Die möglichen hessischen Fördermengen stehen in keinem Verhältnis zu den Gefahren für Mensch und Umwelt. Gas wird aber weiterhin für den Energiemix gebraucht. Wir sehen in der Power-to-Gas Technologie die deutlich nachhaltigere und umweltfreundlichere Form der Gaserzeugung, die es zu unterstützen gilt.

Milk the Sun: Welche Potentiale bietet die Energie-Effizienz in Hessen? Welche Schritte sind Ihrer Meinung nach in Hessen diesbezüglich zu gehen?

Gremmels: Das Energie-Effizienz-Potential ist auch in Hessen immens. Zwar hatten sich alle Beteiligten des Hessischen Energiegipfels 2011 darauf verständigt, z.B. die Sanierungsrate auf 2,5 bis 3 Prozent anzuheben, allerdings hat die Landesregierung bisher kaum etwas getan, um dieses Ziel umzusetzen. Im Gegenteil: So lehnte die Schwarz-Gelbe Koalition beispielsweise den SPD-Gesetzentwurf für ein Erneuerbares-Energien-Wärmegesetz für den Gebäudebestand nach dem Vorbild von Baden-Württemberg ab. Auch die Möglichkeit, dass Städte und Gemeinden per kommunaler Satzung für ihre Gebietsköperschaften eigenständige Vorgaben machen – wie z.B. mit der Marburger-Solarsatzung – wurde durch CDU und FPD die landesrechtliche Grundlage genommen.

Milk the Sun: Die Landesregierung in Hessen wird derzeit von CDU und FDP gebildet. Wie sieht die SPD deren derzeitige Energiepolitik?

Gremmels: Die derzeitige Landesregierung hat kein Energiekonzept. Bis zur Atomkatastrophe waren CDU und FDP in Hessen führende Verfechter der Atomkraft und der Laufzeitverlängerung des ältesten deutschen AKWs in Biblis. Auch bei der Kohlekraft wollte die Regierungskoalition den Ausbau des E.ON Kohlekraftwerks Staudinger im dichtbesiedelten Rhein-Main-Gebiet. Zwar äußern die Regierungsparteien verbal den Willen, den Anteil der Erneuerbaren Energien auszubauen, bei der konkreten Umsetzung stehen sie aber nach wie vor auf der Bremse. So regelt das jüngst beschlossene Energie-Zukunfts-Gesetz der Regierung nur Informationskampagnen und Förderprogramme, im Unterschied zu unserem deutlich ambitionierteren Energie-Konjunkturgesetz mit verbindlichen Vorgaben. Auch ist der Landesentwicklungsplan, der die Grundlage für den Ausbau der Windkraft in Hessen regelt, bis heute noch nicht beschlossen. Der fehlende Wille der Regierung, offensiv für die Akzeptanz der Windkraft zu kämpfen, dokumentiert niemand besser als der zuständige Landesplanungsminister Florian Rentsch (FDP). Als Wiesbadener Kreisvorsitzender seiner Partei stachelte er mit Bildern brennender Windkraftanlagen die Menschen gegen Anlagen im Taunus auf.

Milk the Sun: 100% Erneuerbare bis 2050, dieses Ziel gibt das Hessische Umweltministerin aus. Ist das realistisch?

Gremmels: Das Ziel, Hessen bis spätestens 2050 rechnerisch vollständig mit Erneuerbaren Energien zu versorgen, ist Ergebnis des Hessischen Energiegipfels von 2011 und  inzwischen Konsens aller Landtagsfraktionen. Allerdings ist das ein Ziel in ferner Zukunft. Was fehlt, sind klare Zwischenziele, eine begleitende Evaluation sowie ein Masterplan für die Energiewende in Hessen. Diese Vorschläge von uns fanden keine Mehrheit. Leider beschränkt sich der Konsens nur auf den Strom- und Wärmebereich. Der gesamte Verkehrsbereich wurde von der Landesregierung ausgeklammert. Das ist ein Fehler, den wir nach einem Landtagswahlsieg korrigieren werden.

Milk the Sun: Welche Zeichen wünschen Sie sich von Bundespolitik für den Fortgang der Energiewende in Deutschland?

Gremmels: Ich traue Schwarz-Gelb die Energiewende einfach nicht zu. Peter Altmaier hat mit seiner sogenannten Strompreisbremse den Markt der Erneuerbaren Energien stark verunsichert und den Menschen Sand in die Augen gestreut. Nicht die steigenden Strompreise sind Haupttreiber der Energiekosten, sondern Öl und Benzin. Auch Altmaiers bis heute durch nichts belegte Horrorszenario der 1 Billion Euro, die die Energiewende in seinen Augen kosten werde, hat gezeigt, dass er als glaubwürdiger Kämpfer für die Energiewende ein Totalausfall ist. Für einen Erfolg müssen die Rot-Grünen Erfinder der Energiewende nach der Bundestagswahl wieder das Ruder in die Hand nehmen.

Wir bedanken uns bei Herrn Gremmels für das Gespräch.

Interview mit Prof. Dr. Stefan Krauter: „Man müsste nur dem Endverbraucher Zugang zur Strombörse verschaffen“

Prof. Dr. Stefan Krauter ist Professor und Lehrstuhlinhaber für Nachhaltige Energiekonzepte an der Universität Paderborn. Er ist Spezialist auf dem Gebiet der Photovoltaik und war 2006 Mitbegründer des Photovoltaik-Instituts Berlin (PI-Berlin),  wo er als Vorstandsmitglied tätig ist. Krauter ist zudem sehr auf dem lateinamerikanischen aktiv, gründete in Brasilien ein PV-Unternehmen, ist auf zahlreichen Messen aktiv und war sieben Jahre lang Gastprofessor an der Bundesuniversität von Rio de Janeiro. Milk the Sun sprach mit ihm über aktuelle Entwicklungen und Zukunft der Photovoltaik sowie die aktuelle politische Situation in Deutschland rund um die Erneuerbaren.

Prof. Dr. Stefan Krauter: "Es werden astronomische Preise angesetzt, um die Energiewende "unrealisierbar" zu machen"

Milk the Sun: Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Krauter, Sie sind Vorstandsmitglied des PI-Berlin. Was macht das PI-Berlin, was sind die Aufgaben?

Krauter: Das PI-Berlin prüft PV-Module und PV-Systeme auf Qualität und Performance. Ich bin für die wissenschaftliche Zusammenarbeit, PR und Marketing zuständig.

Milk the Sun: Photovoltaik-Module werden zwar immer effizienter, dennoch ist die Solarenergie vergleichen mit anderen Formen der Stromgewinnung relativ ineffizient. Gibt es Hoffnung, dass die Photovoltaik einen deutlichen Schritt nach vorne macht – Stichwort Wirkungsgrad?

Krauter: Wichtig sind die Kosten pro erzeugter kWh, da gab es erhebliche Fortschritte: Wir können jetzt in Deutschland Solarstrom zu einem Preis anbieten für den wir noch für 2 Jahren in die Sahara gehen mussten. Der Wirkungsgrad spielt nur insofern eine Rolle, als dass man die Fläche für ein PV-Kraftwerk reduzieren könnte, wenn der Wirkungsgrad zunimmt (was auch geschah, wenn auch nicht bei Weitem in der Größenordnung wie der Preis abnahm)

Milk the Sun: Der Lateinamerikanische Markt gewinnt in Europa in den letzten Monaten vermehrt an Bedeutung. Sie sind dort jedoch schon seit vielen Jahren aktiv. Viele Südamerikanische Länder haben einen sehr hohen Anteil Erneuerbarer Energien. Was kann Deutschland von Ländern wie Brasilien in Sachen Erneuerbarer/ Photovoltaik lernen?

Krauter: Brasilien hat über 70% Wasserkraft, die restlichen 30% könnte Brasilien sofort mit PV oder Wind bewerkstelligen, da die Speicherkapazitäten der Stauseen enorm sind und zudem der Verbrauch mit der Sonneneinstrahlung einher geht. Das neue Einspeisegesetz beruht auf Net-Metering, d.h. das Preisverhältnis von eingespeistem und bezogenen Strom ist stets 1:1, damit ist auch ein Inflationsausgleich eingebaut, der im deutschen EEG fehlt.

Milk the Sun: Der deutsche Bundesumweltminister Peter Altmaier bezifferte die möglichen Kosten der Energiewende in Deutschland auf bis zu eine Billion Euro. Was sagen Sie dazu?

Krauter: Diese Zahl ist aus der Luft gegriffen: 1. der Netzausbau ist völlig überteuert – es gibt Gegenstudien z.B. von Jarass, die auf viel niedrige Werte kommen. 2. Durch dezentrale Strukturen lässt sich die Energiewende zu einem Bruchteil des Preises realisieren, dann würden allerdings die bisherigen Oligopole stark an Macht verlieren. Deswegen werden astronomische Preise angesetzt um die Energiewende „unrealisierbar“ zu machen.

Milk the Sun: Neben der Eine-Billion-Aussage von Altmaier stieß auch der  „Strompreisbremse“ genannte Vorschlag von Altmaier und Bundeswirtschaftsminister Rösler auf wenig Gegenliebe bei Unterstützern der Energiewende. Was halten Sie von dem Vorschlag?

Krauter: Fast die Hälfte der EEG-Umlage sind nicht für die Erneuerbaren, sondern sind Ausgleichzahlungen um den Oligopolen entgangen Gewinn zurückzuzahlen, die durch den STROMPREISVERFALL DURCH ERNEUERBARE an den Energiebörsen entstanden sind. D.h. die Erneuerbaren reduzieren die Preise an Strombörse, man müsste nur dem Endverbraucher Zugang zur Strombörse verschaffen.

Milk the Sun: Welche Möglichkeiten sehen Sie, wie man dem steigenden Strompreis entgegen wirken kann, ohne den Ausbau Erneuerbarer zu gefährden?

Krauter: Offener & fairer Markt: 1. Eigenstromverbrauch (eigener Strom für 0,19 €/kWh statt 0,26 €/kWh von den Energiekonzernen) . 2. Öffentlicher Zugang zur Strombörse um überflüssigen Strom zu verkaufen oder bei Überproduktion günstig einzukaufen (teilweise liegt der Strompreis bei 0,00 €/kWh).

Milk the Sun: Als Professor an diversen Universitäten arbeiten Sie viel mit jungen Menschen. Lassen sich generelle Unterschiede in den Ansichten von jüngeren und älteren Menschen feststellen bezüglich der Energiewende und  einer nachhaltigen Energieversorgung in der Zukunft?

Krauter: Würde ich nicht am Alter festmachen Ich glaube, dass viele ältere Menschen der Energiewende sehr aufgeschlossen gegenüberstehen und vorhandene Strukturen in Frage stellen.

Milk the Sun: Welche Hoffnung setzen Sie in die heutigen Studenten im Bereich der Nachhaltigen Energiekonzepte?

Krauter: Dass sie die Herausforderung „Energiewende“ ernst nehmen und ihre Zukunft darin sehen.

Wir bedanken uns bei Herrn Prof. Dr. Krauter für das Gespräch.

Eberhard Holstein von Grundgrün: „Das EEG muss jetzt endlich erwachsen werden“

Aktives teilnehmen an und profitieren von der Energiewende – damit wirbt der Berliner Energieversorger Grundgrün. Im Zentrum des Unternehmens stehen das virtuelle Kraftwerk und die Direktvermarktung. Was es damit genau auf sich hat, erklärt Geschäftsführer Eberhard Holstein im Gespräch mit Milk the Sun.

Milk the Sun: Sehr geehrter Herr Holstein, in wenigen Sätzen: Was umfasst Grundgrün alles?

Holstein: Grundgrün ist spezialisiert auf den Stromhandel mit fluktuierenden Erzeugungen wie Wind und Sonne sowie das  Zusammenfassen aller kurzfristigen Veränderungen in Produktion, Speicher und Endkundenlast. So stellen wir die profitable Vermarktung der Strommengen unserer aktuellen und zukünftigen Stromerzeuger sicher. Und werden damit in Bälde auch Endkunden beliefern können. Darüber hinaus kümmert sich ein Team von Profis aus der  Stromwirtschaft ohne historische Beschränkungen mit einem klaren Bekenntnis zur Energiewende um Zukunftsthemen.

Milk the Sun: Auf der Unternehmenswebsite lässt sich folgender Satz finden: „Das virtuelle Kraftwerk ist der Schlüssel zur Einbindung der erneuerbaren Energie in den Strommarkt.“ Wie genau funktioniert so ein virtuelles Kraftwerk? Was ist das, welche Probleme und welche Vorteile bietet es?

Holstein: Kern eines virtuellen Kraftwerks ist zunächst eine hochkomplexe Software, die unseren Erzeugern und uns ein dezentrales Energiemanagement ermöglicht. Mithilfe dieser Software können wir viele kleine stochastische Erzeugungsmengen kumulieren und „glätten“.  Dazu werden die Echtdaten vieler auch kleinster Einheiten zusammengefasst.

Hier liegt der zentrale Vorteil des virtuellen Kraftwerks: Aus der kumulierten Daten-, sprich Strommenge, können wir – unabhängig von der individuellen Erzeugungsmenge –  , die günstigsten Wege zum Einsatz finden und Einsatzbefehle geben. Im Fokus steht dabei die Kurzfrist-Kraftwerks-und Lastoptimierung, von denen sowohl der einzelne Erzeuger als auch der Energiemarkt allgemein profitieren.

Neben der rein technischen Herausforderung, die die fehlenden Normierungen der Schnittstellen darstellt (bedingt durch individuelle Montagetätigkeiten), stehen wir vor allem vor der Herausforderung, dass die Marktteilnehmer einen ganz neuen Blick auf ihre Rolle im Strommarkt einnehmen müssen. Hier sind wir häufig mit einem eher geringen wirtschaftlichen Verständnis der Marktteilnehmer konfrontiert, die gewohnt sind, dass die konventionelle Stromwirtschaft alle Schwankungen ausregeln kann.

Dies kann  jedoch auch aus dezentralen Strukturen heraus realisiert werden. Bei klugem Einsatz ergibt sich eine Summe vieler kleinerer Veränderungsmöglichkeiten, die jedoch von einem zentralen Akteur im virtuellen Kraftwerk sinnvoll zusammengeführt werden müssen.

Milk the Sun: Grundgrün setzt auf die Direktvermarktung von Strom. Was genau bedeutet das, und warum wählt Grundgrün diesen Weg?

Holstein: Bisher wurde der Strom von EEG – geförderten Anlagen bei den Übertragungs-netzbetreibern abgeliefert und fix vergütet. Diese sind jedoch keine Händler, sondern Monopolisten. Für keinen der beiden Marktteilnehmer bestand die Notwendigkeit, marktwirtschaftlich zu denken und zu handeln.

Mit der jetzt möglichen Direktvermarktung und dem dazugehörigen Instrument der Marktprämie bekommen wir die Mengen an Stelle der Netzbetreiber und können die jeweils günstigsten Vermarktungswege wählen.

Die Marktprämie stellt dabei sicher, dass der Erzeuger in der Direktvermarktung niemals schlechter gestellt ist als mit der herkömmlichen fixen Vergütung nach EEG.

So ermöglicht die Direktvermarktung den Produzenten,  mehr Geld zu verdienen, indem sie uns ihre Mengen marktwirtschaftlich sinnvoll vermarkten lassen. Oder indem es sogar möglich sein wird, Endkunden direkt aus „Ihrem Windpark“ zu beliefern.

Damit führen wir heute schon den Nachweis, dass die Energiewende technisch und wirtschaftlich möglich ist.

Milk the Sun: Wie funktioniert die Marktprämie für die Direktvermarktung Erneuerbarer Energien?

Holstein: Die Produzenten von EEG – Anlagen, deren Einspeisung lastganggemessen ist (über 100 kWPmax) schließen einen Vertrag mit uns und bevollmächtigen uns zu allen notwendigen Handlungen gegenüber dem Netzbetreiber. Wir bürgen mit einer Bankbürgschaft für eine Vergütung höher als das EEG. Dies muss von der finanzierenden Bank des Erzeugers genehmigt werden, da denen in der Regel die Stromproduktion sicherungsübereignet ist. Nach ca. 6 Wochen beginnt für den Produzenten die Zeit des Mehrerlöses. Wir wirtschaften günstig mit den Budgets und haben attraktivere Vermarktungswege: Diese Vorteile können wir uns mit dem Erzeuger teilen.

Milk the Sun:  Was halten Sie von der aktuellen Diskussion rund um das EEG?

Holstein: Das EEG war eine sehr geeignete Starthilfe für den Weg in eine Serienproduktion von erneuerbaren Erzeugern und eine erste Einführung in die Stromwirtschaft.

Heute sind die Beteiligten erfahrener und reifer geworden und die Gesellschaft hat zweifelsfrei festgestellt, dass die Erneuerbaren die tragende Säule der Stromwirtschaft sein werden. Hier müssen alle Beteiligten gemeinsam neue Wege finden, die Gesamtkette von Produktion durch die Netze bis hin zum Endkunden sicher und kostengünstig bereitzustellen.

Der Staat sollte sich hier zunehmend zurückziehen und der Innovationskraft der an der Weiterentwicklung des Marktes Interessierten ihren Lauf lassen. Innovationen kommen von kleineren und mittleren Betrieben und sollten nicht an der Ertragskraft der herkömmlichen Stromindustrie gemessen werden, sondern am Kundennutzen.

Hierzu müssen wir gemeinsam die Regeln der Stromwirtschaft und des Strommarktdesigns überarbeiten – am besten hin zu einer wettbewerblichen Landschaft aus Erzeugern, Händlern  und Verbrauchern und einem strikt auf die Systemsicherheit fokussierten Netzbetrieb. Das EEG benutzt heute noch die Netzbetreiber zu Handelsgeschäften, das ist nicht zukunftsweisend.

All das funktioniert jedoch nur, wenn alle externen Kosten der Produktion in den Arbeitspreis der Erzeugung einfließen, was bei Erneuerbaren zumeist der Fall ist – bei der konventionellen Erzeugung jedoch nie. So müsste CO2 z. B. viel teurer werden.

Kurz: Das EEG ist derzeit gewissermaßen in der Pubertät und muss jetzt endlich erwachsen werden.

Milk the Sun: Beeinflusst die aktuelle Diskussion Ihr Unternehmen in irgendeiner Art und Weise?

Holstein: Grundsätzlich begrüße ich die aufkommende Auseinandersetzungsbereitschaft mit den oben angesprochenen Themenkreisen. Allerdings behindert jede Unsicherheit in Bezug auf die Ökonomie zu tätigender Investitionen den Elan derer, die etwas voran bringen wollen. Auch wenn es noch Schwenks geben muss, ist jede Rolle rückwärts Gift für das Kapital.

Milk the Sun: Was wünschen Sie sich von der Politik für die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland?

Holstein: Eine Loslösung von den Einflüsterungen der Unzahl von Individualinteressen und Lobbyisten hin zu einer weitsichtigen Gestaltung für Bürger und Industrie mit hohem Wirkungsgrad und gesellschaftlicher Akzeptanz.

Wir bedanken uns bei Herrn Holstein für das Gespräch.

Kürzungen bei Bestandsanlagen vom Tisch

Der gestrige Energiegipfel von Bund und Ländern scheint der Strompreisbremse von Umweltminister Altmaier zumindest vorerst den Garaus gemacht zu haben. Nachdem keine endgültige Lösung gefunden werden konnte, stehen weitere Verhandlungen an. Bundeskanzlerin Angela Merkel,CDU, äußerte sich mit den klaren Worten: „Es wird keine Kürzungen bei EEG-Bestandsanlagen geben“.

Keine weiteren Kürzungen: Photovoltaik wird wohl verschont. iStockphoto.com©fotolinchen

Nach der Mehrstündigen Tagung zeigte sich Schleswig-Holsteins Landeschef Thorsten Albig, SPD, erfreut über die Aussage der Bundeskanzlerin und verwies darauf, wie wichtig das für die in Deutschland bereits installierten PV-Anlagen sei. Zur Strompreisdiskussion ergänzte Albig, dass es nicht Sonne und Wind seien, sondern ein falsches System, das zu höheren Preisen führe. Ob eine Änderung bis 1. August nun überhaupt umzusetzen sei, ließ Merkel offen, die gleichzeitig betonte, dass Kanzleramtsminister Ronald Pofalla weitere Verhandlungen mit Ländervertretern führen werde. Der Blick ginge derweil auf weitere kurzfristige Einsparmöglichkeiten, auch bei Energieintensiven Unternehmen. Zudem seien Kürzungen für EEG-Anlagen möglich, unter anderem bei der Windkraft. Aufgrund vergangener Kürzungen bei Photovoltaik-Anlagen werde diese aber außen vor bleiben.

Dass eine grundlegende Änderung des EEG nötig sei, darüber herrschte zwischen Bund und Ländern Einigkeit. Diese solle jedoch in Ruhe nach der Bundestagswahl erarbeitet werden. Für Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, CDU, stand fest, dass die Energiewende auf einem guten Weg sei und bei Bund und Ländern in den richtigen Händen sei.

Quelle: pv-magazine

Faktencheck: Deutsche Umwelthilfe unterstellt Institut der deutschen Wirtschaft Unseriösität

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat mit einem Faktencheck auf die Pressekonferenz des Institutes der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zum Thema „Bedroht die Energiewende die Industrie in Deutschland?“ reagiert. Die DUH erkennt in den Ausführungen des IW tendenziöse Arbeit, mit teils selektiven, teils fehlerhaften Daten und falschen Schlussfolgerungen.

So hinterfragt die DUH die Vergleiche des IW des deutschen Strompreises mit dem Strompreis in Frankreich oder in den Niederlanden. Während in Frankreich der Strom schon seit vielen Jahren günstiger als in Deutschland sei, und die Preisspreizung dabei schon einen höheren Wert erreichte als in den letzten Monaten, so profitierten die Niederlande von Einkäufen des durch die Energiewende in Deutschland deutlich günstiger gewordenen Börsenstrompreises.

Insgesamt unterstellte die DUH dem IW eine „gezielt selektive Wahrnehmung“, auch weil ein Vergleich mit anderen großen europäischen Industrienationen wie z.B. Italien, wo der Strompreis meist 15 bis 20 Prozent über dem deutschen liegt, ausblieb.

Unerwähnt blieb laut DUH auch, dass der absolute Strompreis für energieintensive Unternehmen, nachdem er in den letzten Jahren schon nur moderat stieg, im letzten Halbjahr aufgrund des Kosten dämpfenden Effekts der Erneuerbaren Energien (Merit-Order-Effekt) sogar um 0,5 Cent/kWh sank.Die Preisentwicklung am Terminmarkt der Strombörse lasse zudem weiter sinkende Strompreise für die ohnehin von vielen staatlichen Abgaben entlastete energieintensive Industrie erwarten. Als realitätsfern bezeichnet die DUH zudem Angaben, dass ein Strompreisanstieg von 2 ct/kWh (EEG-Umlage) Mehrbelastungen in dreistelliger Millionenhöhe bringen könnten. Laut Jahresmittelwerte des Bundeswirtschaftsministeriums sei der Industriestrompreis seit 1995 nicht um 2 ct/kWh gestiegen.

Vehement zurück wies die DUH auch Zahlen aus einem Statement des Direktors des IW, Prof. Dr. Michael Hüther. Der behauptete, zwischen 2007 und 2012 einen Preisanstieg für Strom für größere industrielle Verbraucher  von fast 40 Prozent festgestellt zu haben, von 7,5 Cent auf 10,4 Cent.

Diese Daten, so die DUH, entsprängen einer kombinierten Darstellung zweier Methodologien in einer Graphik und schlichtweg gefälschter Zahlen. Laut einer Statistik des Bundeswirtschaftsministeriums betrage der Preisanstieg lediglich 3,7 Prozent.

Mit Hinblick auf die Gesamtpreisentwicklung der letzten 17 Jahre, in denen der Anstieg in Deutschland insgesamt 1,45 ct/kWh und damit 16 Prozent beträgt, hält die DUH Prognosen des IW über einen Preisanstieg von 2 ct/kWh in naher Zukunft für unseriös.

Weitere Kritik übt die DUH an der Herstellung eines Bezugs zwischen vermeintlich drastischem Strompreisanstieg und dem Rückgang der Nettoinvestitionen der deutschen Industrie. Dabei gehe das IW weder auf den Tiefpunkt 2004/05 ein noch auf die Frage nach der weltweiten Wirtschaftskrise 2009/10.

Die Untermauerung der Aussagen des IW durch durchgeführte Umfragen wies die DUH mit Verweis auf die Verbandsumfrage des IW für 2013 zurück, in der eine generelle Zuversicht festgestellt wurde.

So fällt das Fazit der DUH mit dem Grundtenor aus, dass der IW gezielt tendenziös, selektiv und mit falschen Zahlen arbeite.

Kompletter Faktencheck der DUH zu Pressekonferenz des IW Köln

„Alptraum einer niedergeknüppelten Industrie“ – Interview mit Markus Steinkötter

Seit über zehn Jahren plant, realisiert und auditiert das unabhängige Ingenieurbüro Sunnyside upP GmbH Solarmodul-Produktionslinien. Das Kölner Unternehmen bietet unter anderem Machbarkeitsstudien, Projektentwicklung und Mitarbeiter-Schulungen an. Sunnyside upP ist zudem Teil des Netzwerkes PV Experts. Im Gespräch mit Milk the Sun erläutert Sunnyside upP-CEO Markus Steinkötter die Vorteile seines Unternehmens und nimmt Stellung zu aktuellen Themen der Erneuerbaren Energien und Photovoltaik.

Meinung: Die Energiewende in Zeiten der Strompreislüge

Oder: Die ökonomischen Hintergründe ideologischer (Energie-)Politik

Dass die Energiewende einen zentralen Beitrag zur Reduktion von Klimagasen leistet, ist eine Binsenweisheit, die von niemandem ernsthaft in Frage gestellt wird. Dass aber die (dezentrale) Energiewende sich bereits seit über 25 Jahren vollzieht, dass sie in Deutschland mehr als 350.000 Arbeitsplätze geschaffen hat, dass durch die Energiewende das Produktionsoligopol brechen kann und der Entwicklung eines nicht von Oligopolen beherrschten Marktes Raum schafft, dass sie dadurch schon heute zur Senkung der Energiepreise beiträgt und dies in Zukunft in noch viel stärkerem Maße tun wird, dass es bei der dezentralen Energiewende wesentlich auch um die Entwicklung der mittelständischen Wirtschaft und des Handwerks und um die Zukunft des ländlichen Raumes und der Kommunen geht, nicht zuletzt dass die Energiewende wesentlich auch einen ressourcenökonomischen und sicherheitspolitischen Hintergrund hat, all dies haben weite Teile der Bevölkerung, auch die meisten politisch Aktiven (selbst für die, die für die Energiewende sind) und vor allem für viele Journalisten noch lange nicht völlig verstanden.

Letzteres ist ja der Grund dafür, dass die Denunziation der Energiewende als eine dem oktroyierten Klimaschutz geschuldete zusätzliche Belastung, die einer angeblich kostengünstigen, effizienten und marktwirtschaftlich organisierten Energiewirtschaft zu Lasten des Verbrauchers aufgezwungen wird, immer noch funktioniert. Diese Denunziation lässt sich aber durch den stetigen (den Menschen zudem Angst machenden und dadurch zu Abwehr und Verdrängung führenden) Hinweis auf eine Klimakatastrophe nicht ad absurdum führen, sondern nur durch die beharrliche Dekonstruktion ihrer falschen ökonomischen Unterstellungen.

Milliardensubventionen für Atom und Kohle – Der Strompreislüge erster Teil

Dazu gehört zunächst einmal ein klarer und nicht von Ideologie vernebelter Blick auf die tatsächlichen Kosten der einzelnen Energieträger für die Gesellschaft – und damit sind zunächst einmal noch gar nicht die Folgekosten der für die Bürger anfallenden Krankenbehandlungen und frühzeitigen Todesfälle, sondern nur die platten Zahlen der Subventionen aus dem Staatshaushalt in den Blick zu nehmen: Im Zeitraum von 1970 bis 2012 ist die Atomenergie mit 178 Mrd. Euro subventioniert worden, dicht gefolgt von der Steinkohle mit 177 Mrd. Euro und der Braunkohle mit 65 Mrd. Euro – wie gesagt, ohne Berücksichtigung der Folgekosten, ohne „Entsorgung“ z.B. des noch hundertausende Jahre tödlich strahlenden Atommülls, ohne die Übernahme des Versicherungsrisikos der Atomkraftwerke durch die Allgemeinheit, ohne die Kosten für den Behandlung von Pseudo-Krupp und anderen Atemwegserkrankungen.

Diese Subventionen, wie auch die Folgekosten, finden sich nicht im Strompreis. Dort finden sich transparent nur die im Verhältnis dazu geringen Kosten der seit über 25 Jahren bereits erfolgreich stattfindenden Energiewende. Deren – transparente – Kosten belaufen sich auf 54 Mrd. Euro, bei nur sehr geringen Folgekosten. Dabei sind Onshore-Windstrom und Photovoltaik (PV) bereits heute mit dem subventionierten aus überkommenen Energieträgern gewonnenen Strom konkurrenzfähig. Dabei weisen die Strompreise der erneuerbaren Energiewandler nach unten und die fossilen und atomaren nach oben.

Stephan Grüger: "Das EEG wird auf die wirtschaftlichen Interessen des Stromproduktions-Oligopols zugerichtet"

Erst zu- dann hinrichten! Warum das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) von Schwarzgelb kaputtgemacht und schlechtgeredet wird – Der Strompreislüge zweiter Teil

Die letzten beiden Steigerungen der EEG-Umlage sind zu einem nicht geringen Teil der gezielten Zerstörung des EEG „von innen“ geschuldet. Dabei muss man wohl von einer Koalition von wirtschaftlichen Interessen  (deren Vertreter sehr wohl wissen, was die Folgen der Umsetzung ihrer durch Lobbyisten infiltrierten Vorschläge sind) und willigen politischen Vollstreckern ausgehen – die entweder die Ziele der Großunternehmen teilen oder gläubig den Vorgaben aus den Strategieabteilungen der Unternehmen eines Oligopols folgen (oder Schlimmeres). Obgleich von vielen Seiten vor zu erwartenden „Mitnahmeeffekten“ gewarnt wurde, wurde die „Marktprämie“ eingeführt, wurden die Ausnahmen nach § 40 EEG („besondere Ausgleichsregelung“) extrem ausgeweitet, wurden im Vergleich zu Onshore-Windkraft unverhältnismäßig hohe Offshore-Erstattungen eingeführt. Das immer offensichtlich werdende Ziel dabei: Entweder wird das EEG auf die wirtschaftlichen Interessen des Stromproduktions-Oligopols zugerichtet oder es wird abgeschafft – vielleicht auch beides in einem Abwasch: Erst zu-, dann hinrichten.

Kampf um Marktanteile und Profite – FDP-Wirtschaftsminister mit den Energie-Oligopol gegen die Marktwirtschaft

Hier wird unter Zuhilfenahme der Bundesregierung und bestimmter politischer Parteien und wahrscheinlich auch mit dem Versprechen von Geld und Posten (wir werden ja sehen, welche Politiker nach dem Regierungswechsel am 22. September 2013 in die Energiewirtschaft wechseln) mit harten Bandagen ein Kampf um Marktanteile und Profite geführt. Denn die neuen mittelständischen Energieproduzenten, wozu auch viele Stadt- und Gemeindewerke, aber auch viele private Unternehmer und Genossenschaften gehören, sind eine ernstzunehmende Gefahr für die Oligopolprofite der zur Zeit noch wenigen Kraftwerksbetreiber.

Denn je konkurrenzfähiger die Strompreise der Betreiber von EE-Kraftwerken (also Kraftwerken, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden, wie Windkraft- oder PV-Anlagen) werden (siehe oben), desto geringer sind die Profite der Betreiber von Kohle-, Gas- oder Atomkraftwerken. Zudem etabliert sich zunehmend eine mittelständische Energiewirtschaft, deren schiere Existenz ein marktwirtschaftlicher Stachel im Fleische der Oligopolwirtschaft ist. Vor diesem Hintergrund ist das Handeln des von der FDP gestellten Wirtschaftsministers im Sinne des Erzeuger-Oligopols und gegen die mittelständische Energiewirtschaft besonders absurd – zumindest, wenn man das liberale Programm der FDP ernst nimmt (was für deren „Spitzenpersonal“ nach Burkhard Hirsch und Gerhard Baum wohl leider kaum noch eine Rolle spielt).

„It´s the economy, stupid!“ Dezentrale Energiewende = marktwirtschaftliche Energiewende

Die aktuellen Konflikte um die Ausgestaltung der Energiewende und konkret des „Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien“ (EEG) sind also nur vor den Hintergrund dieser ökonomischen Fragen richtig zu verstehen und einzuordnen: Denen, die jetzt plötzlich Krokodilstränen über die angeblich so hohen Strompreise vergießen, geht es tatsächlich um die Be- und, wenn möglich, Verhinderung einer Energiewende, die zu einer stärker mittelständisch und von Wettbewerb geprägten Energiewirtschaft und damit zu günstigeren Verbraucherpreisen durch mehr Wettbewerb und durch eine stärkere Unabhängigkeit von Kohle, Öl, Gas und Uran führen würde.

Strommasten in Limburg. ©Stephan Grüger

Kurz gesagt: Die, die jetzt von einer angeblichen „Strompreisbremse“ fabulieren, sorgen durch ihre Politik bereits mittelfristig für steigende Strompreise – durch Ausschaltung zukünftiger Konkurrenz und durch unnötige zusätzliche Kosten (wie z.B. für die für eine hundertprozentige Energiewende nicht nötigen Offshore-Windparks und für die Sozialisierung deren Anschlusskosten an das Netz sowie durch die Sozialisierung deren Betriebsrisiken; wie z.B. auch durch einen völlig überzogen und tatsächlich gar nicht im Zusammenhang mit der Energiewende stehenden Ausbau der Übertragungsnetze).

Dem gegenüber steht eine mittelständische dezentrale Energiewende auf der Basis von Onshore-Windkraft und Photovoltaik, mit dezentralen von Stadtwerken und/oder mittelständischen EVU betriebenen Speichern auf Verteilnetzebene (z.B. Power-to-Gas, Redox-Flow-Batterien, kleine Pumpspeicherkraftwerke). Diese dezentrale Energiewende wird bereits mittelfristig kostengünstiger sein, als das verhängnisvolle Festhalten an den fossilen und atomaren Energieträgern – auch wenn deren noch immer externalisierten (Folge-) Kosten weiterhin unter klarer Missachtung einer nüchternen ökonomischen Betrachtung nicht bei der Preisbildung berücksichtigt werden.

Über den Autor

Stephan Grüger ist Mitglied des Vorstands der deutschen Sektion von Eurosolar e.V. Zudem ist er Landtagskandidat der SPD des Lahn-Dill-Kreises.  Stephan Grüger hat in seiner beruflichen Laufbahn jahrelange Erfahrung in der Energiewirtschaft gesammelt und sieht sich aus diesen heraus einer dezentralen Energiewende verpflichtet.

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