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Timon Gremmels im Interview: „Ich traue Schwarz-Gelb die Energiewende einfach nicht zu“

Timon Gremmels, seit November 2009 Mitglied im Hessischen Landtag, ist Umwelt- und Energiepolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in Hessen. Wie er die Energiewende in Hessen sieht und welche Arbeit diesbezüglich auf die Entscheidungsträger Hessens und Deutschlands zukommt, erklärt er im Gespräch mit Milk the Sun.

Timon Gremmels: "Ich traue Schwarz-Gelb die Energiewende einfach nicht zu"

Milk the Sun: Sehr geehrter Herr Gremmels, die Erneuerbaren Energien nehmen einen immer größeren Stellenwert in der Energieproduktion Deutschlands ein. Wie ist der Status Quo der Energiewende in Hessen?

Gremmels: Beim Bundesländerranking der „Agentur für Erneuerbare Energie“ vom  Dezember 2012 ist Hessen zum dritten Mal in Folge Schlusslicht bei den Erneuerbaren Energien unter den Flächenländern geworden.  Auch nach dem Energiegipfel der Landesregierung, der nach der Atom-Katastrophe von Fukushima einberufen wurde, ist bisher nicht viel Konkretes umgesetzt worden. Die SPD-Landtagsfraktion hatte gefordert, die Kommunen verstärkt zu den Motoren der Energiewende zu machen. Leider erschweren Vorgaben in der Hessischen-Gemeinde-Ordnung, dass Städte und Gemeinden sich ausreichend wirtschaftlich betätigen und in die Energieerzeugung einsteigen können. Diese Hürden werden wir nach einem Wahlsieg bei der Landtagswahl im September beseitigen. Gleiches gilt auch für die Beteiligung von Kommunen an Windkraft im Staatsforst. Hier wollen wir, dass regionale Anbieter, die die Wertschöpfung  steigern, bei der Vergabe von Windkraftflächen bevorzugt werden, oder aber die Kommunen nach dem Vorbild von Rheinland-Pfalz mit bis zu 30 Prozent an den Pachteinnahmen beteiligt werden.

Milk the Sun: Im Norden Deutschlands werden verstärkt Windturbinen errichtet, der Osten und der Süden setzen viel auf Photovoltaik-Anlagen. Welche Formen der erneuerbaren Energiegewinnung sind für das Land Hessen am wichtigsten?

Gremmels: Die Energiewende gelingt nur, wenn wir auf einen Mix der Erneuerbaren Energien setzen. Wir brauchen Photovoltaik  genauso wie Biomasse und Windkraft mit ihren jeweils spezifischen Vorteilen. Für uns stehen die Erneuerbaren-Energie-Anlagen im Fokus, die geeignet sind, die regionale Wertschöpfung zu steigern. Die Energiewende ist nicht nur ein Thema der Ökologie, sondern vor allem auch eines der Ökonomie. Klar ist aber auch, die Windkraft im Binnenland ist die derzeit effizienteste Form der Strom-Erzeugung. Hessen ist bei der Windkraftnutzung bundesweites Schlusslicht. Hier haben wir den größten Nachholbedarf. Da Hessen ein sehr waldreiches Bundesland ist (42%), wird es künftig auch im Wald Windkraftanlagen geben.

Milk the Sun: Auch Fracking ist ein Thema in Hessen. BNK Petroleum wurde dort die Suche nach im Schiefergestein gebundenen Erdgases mittels Fracking vorerst eine Absage unterteilt, wofür sich auch die hessische SPD einsetzte. Warum?

Gremmels: Erst durch zwei Kleine Anfragen der SPD-Landtagsfraktion kam Ende 2011 zu Tage, dass die kanadische Firma BNK Petroleum in Nordhessen nach unkonventionellem Erdgas suchen will. Daraufhin haben wir eine umfangreiche Landtagsanhörung beantragt und diese im Oktober letzten Jahres durchgeführt. Auf Vorschlag von SPD und Grüne wurde vom Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie beauftragt, die Gutachten des Bundesumweltamts und des Landes Nordrhein-Westfalens  auf hessische Besonderheiten zu untersuchen. Darüber hinaus hat Frau Prof. Böhm von der Universität Marburg festgestellt, dass die einhelligen negativen Stellungnahmen der betroffen Kommunen dem überwiegend öffentlichen Interesse im Sinne des Bundesbergrechts entspricht. Die hessische Umweltministerin hat das Regierungspräsidium Darmstadt als zuständige Genehmigungsbehörde darauf angewiesen, diese beiden Gutachten im weiteren Genehmigungsprozess zu berücksichtigen. Wir gehen davon aus, dass die Aufsucherlaubnis nicht erteilt werden kann.  Unabhängig vom aktuellen Antrag lehnt die hessische SPD Fracking in ihrem Landtagswahlprogramm klar ab. Die möglichen hessischen Fördermengen stehen in keinem Verhältnis zu den Gefahren für Mensch und Umwelt. Gas wird aber weiterhin für den Energiemix gebraucht. Wir sehen in der Power-to-Gas Technologie die deutlich nachhaltigere und umweltfreundlichere Form der Gaserzeugung, die es zu unterstützen gilt.

Milk the Sun: Welche Potentiale bietet die Energie-Effizienz in Hessen? Welche Schritte sind Ihrer Meinung nach in Hessen diesbezüglich zu gehen?

Gremmels: Das Energie-Effizienz-Potential ist auch in Hessen immens. Zwar hatten sich alle Beteiligten des Hessischen Energiegipfels 2011 darauf verständigt, z.B. die Sanierungsrate auf 2,5 bis 3 Prozent anzuheben, allerdings hat die Landesregierung bisher kaum etwas getan, um dieses Ziel umzusetzen. Im Gegenteil: So lehnte die Schwarz-Gelbe Koalition beispielsweise den SPD-Gesetzentwurf für ein Erneuerbares-Energien-Wärmegesetz für den Gebäudebestand nach dem Vorbild von Baden-Württemberg ab. Auch die Möglichkeit, dass Städte und Gemeinden per kommunaler Satzung für ihre Gebietsköperschaften eigenständige Vorgaben machen – wie z.B. mit der Marburger-Solarsatzung – wurde durch CDU und FPD die landesrechtliche Grundlage genommen.

Milk the Sun: Die Landesregierung in Hessen wird derzeit von CDU und FDP gebildet. Wie sieht die SPD deren derzeitige Energiepolitik?

Gremmels: Die derzeitige Landesregierung hat kein Energiekonzept. Bis zur Atomkatastrophe waren CDU und FDP in Hessen führende Verfechter der Atomkraft und der Laufzeitverlängerung des ältesten deutschen AKWs in Biblis. Auch bei der Kohlekraft wollte die Regierungskoalition den Ausbau des E.ON Kohlekraftwerks Staudinger im dichtbesiedelten Rhein-Main-Gebiet. Zwar äußern die Regierungsparteien verbal den Willen, den Anteil der Erneuerbaren Energien auszubauen, bei der konkreten Umsetzung stehen sie aber nach wie vor auf der Bremse. So regelt das jüngst beschlossene Energie-Zukunfts-Gesetz der Regierung nur Informationskampagnen und Förderprogramme, im Unterschied zu unserem deutlich ambitionierteren Energie-Konjunkturgesetz mit verbindlichen Vorgaben. Auch ist der Landesentwicklungsplan, der die Grundlage für den Ausbau der Windkraft in Hessen regelt, bis heute noch nicht beschlossen. Der fehlende Wille der Regierung, offensiv für die Akzeptanz der Windkraft zu kämpfen, dokumentiert niemand besser als der zuständige Landesplanungsminister Florian Rentsch (FDP). Als Wiesbadener Kreisvorsitzender seiner Partei stachelte er mit Bildern brennender Windkraftanlagen die Menschen gegen Anlagen im Taunus auf.

Milk the Sun: 100% Erneuerbare bis 2050, dieses Ziel gibt das Hessische Umweltministerin aus. Ist das realistisch?

Gremmels: Das Ziel, Hessen bis spätestens 2050 rechnerisch vollständig mit Erneuerbaren Energien zu versorgen, ist Ergebnis des Hessischen Energiegipfels von 2011 und  inzwischen Konsens aller Landtagsfraktionen. Allerdings ist das ein Ziel in ferner Zukunft. Was fehlt, sind klare Zwischenziele, eine begleitende Evaluation sowie ein Masterplan für die Energiewende in Hessen. Diese Vorschläge von uns fanden keine Mehrheit. Leider beschränkt sich der Konsens nur auf den Strom- und Wärmebereich. Der gesamte Verkehrsbereich wurde von der Landesregierung ausgeklammert. Das ist ein Fehler, den wir nach einem Landtagswahlsieg korrigieren werden.

Milk the Sun: Welche Zeichen wünschen Sie sich von Bundespolitik für den Fortgang der Energiewende in Deutschland?

Gremmels: Ich traue Schwarz-Gelb die Energiewende einfach nicht zu. Peter Altmaier hat mit seiner sogenannten Strompreisbremse den Markt der Erneuerbaren Energien stark verunsichert und den Menschen Sand in die Augen gestreut. Nicht die steigenden Strompreise sind Haupttreiber der Energiekosten, sondern Öl und Benzin. Auch Altmaiers bis heute durch nichts belegte Horrorszenario der 1 Billion Euro, die die Energiewende in seinen Augen kosten werde, hat gezeigt, dass er als glaubwürdiger Kämpfer für die Energiewende ein Totalausfall ist. Für einen Erfolg müssen die Rot-Grünen Erfinder der Energiewende nach der Bundestagswahl wieder das Ruder in die Hand nehmen.

Wir bedanken uns bei Herrn Gremmels für das Gespräch.

Faktencheck: Deutsche Umwelthilfe unterstellt Institut der deutschen Wirtschaft Unseriösität

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat mit einem Faktencheck auf die Pressekonferenz des Institutes der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zum Thema „Bedroht die Energiewende die Industrie in Deutschland?“ reagiert. Die DUH erkennt in den Ausführungen des IW tendenziöse Arbeit, mit teils selektiven, teils fehlerhaften Daten und falschen Schlussfolgerungen.

So hinterfragt die DUH die Vergleiche des IW des deutschen Strompreises mit dem Strompreis in Frankreich oder in den Niederlanden. Während in Frankreich der Strom schon seit vielen Jahren günstiger als in Deutschland sei, und die Preisspreizung dabei schon einen höheren Wert erreichte als in den letzten Monaten, so profitierten die Niederlande von Einkäufen des durch die Energiewende in Deutschland deutlich günstiger gewordenen Börsenstrompreises.

Insgesamt unterstellte die DUH dem IW eine „gezielt selektive Wahrnehmung“, auch weil ein Vergleich mit anderen großen europäischen Industrienationen wie z.B. Italien, wo der Strompreis meist 15 bis 20 Prozent über dem deutschen liegt, ausblieb.

Unerwähnt blieb laut DUH auch, dass der absolute Strompreis für energieintensive Unternehmen, nachdem er in den letzten Jahren schon nur moderat stieg, im letzten Halbjahr aufgrund des Kosten dämpfenden Effekts der Erneuerbaren Energien (Merit-Order-Effekt) sogar um 0,5 Cent/kWh sank.Die Preisentwicklung am Terminmarkt der Strombörse lasse zudem weiter sinkende Strompreise für die ohnehin von vielen staatlichen Abgaben entlastete energieintensive Industrie erwarten. Als realitätsfern bezeichnet die DUH zudem Angaben, dass ein Strompreisanstieg von 2 ct/kWh (EEG-Umlage) Mehrbelastungen in dreistelliger Millionenhöhe bringen könnten. Laut Jahresmittelwerte des Bundeswirtschaftsministeriums sei der Industriestrompreis seit 1995 nicht um 2 ct/kWh gestiegen.

Vehement zurück wies die DUH auch Zahlen aus einem Statement des Direktors des IW, Prof. Dr. Michael Hüther. Der behauptete, zwischen 2007 und 2012 einen Preisanstieg für Strom für größere industrielle Verbraucher  von fast 40 Prozent festgestellt zu haben, von 7,5 Cent auf 10,4 Cent.

Diese Daten, so die DUH, entsprängen einer kombinierten Darstellung zweier Methodologien in einer Graphik und schlichtweg gefälschter Zahlen. Laut einer Statistik des Bundeswirtschaftsministeriums betrage der Preisanstieg lediglich 3,7 Prozent.

Mit Hinblick auf die Gesamtpreisentwicklung der letzten 17 Jahre, in denen der Anstieg in Deutschland insgesamt 1,45 ct/kWh und damit 16 Prozent beträgt, hält die DUH Prognosen des IW über einen Preisanstieg von 2 ct/kWh in naher Zukunft für unseriös.

Weitere Kritik übt die DUH an der Herstellung eines Bezugs zwischen vermeintlich drastischem Strompreisanstieg und dem Rückgang der Nettoinvestitionen der deutschen Industrie. Dabei gehe das IW weder auf den Tiefpunkt 2004/05 ein noch auf die Frage nach der weltweiten Wirtschaftskrise 2009/10.

Die Untermauerung der Aussagen des IW durch durchgeführte Umfragen wies die DUH mit Verweis auf die Verbandsumfrage des IW für 2013 zurück, in der eine generelle Zuversicht festgestellt wurde.

So fällt das Fazit der DUH mit dem Grundtenor aus, dass der IW gezielt tendenziös, selektiv und mit falschen Zahlen arbeite.

Kompletter Faktencheck der DUH zu Pressekonferenz des IW Köln

Meinung: Die Energiewende in Zeiten der Strompreislüge

Oder: Die ökonomischen Hintergründe ideologischer (Energie-)Politik

Dass die Energiewende einen zentralen Beitrag zur Reduktion von Klimagasen leistet, ist eine Binsenweisheit, die von niemandem ernsthaft in Frage gestellt wird. Dass aber die (dezentrale) Energiewende sich bereits seit über 25 Jahren vollzieht, dass sie in Deutschland mehr als 350.000 Arbeitsplätze geschaffen hat, dass durch die Energiewende das Produktionsoligopol brechen kann und der Entwicklung eines nicht von Oligopolen beherrschten Marktes Raum schafft, dass sie dadurch schon heute zur Senkung der Energiepreise beiträgt und dies in Zukunft in noch viel stärkerem Maße tun wird, dass es bei der dezentralen Energiewende wesentlich auch um die Entwicklung der mittelständischen Wirtschaft und des Handwerks und um die Zukunft des ländlichen Raumes und der Kommunen geht, nicht zuletzt dass die Energiewende wesentlich auch einen ressourcenökonomischen und sicherheitspolitischen Hintergrund hat, all dies haben weite Teile der Bevölkerung, auch die meisten politisch Aktiven (selbst für die, die für die Energiewende sind) und vor allem für viele Journalisten noch lange nicht völlig verstanden.

Letzteres ist ja der Grund dafür, dass die Denunziation der Energiewende als eine dem oktroyierten Klimaschutz geschuldete zusätzliche Belastung, die einer angeblich kostengünstigen, effizienten und marktwirtschaftlich organisierten Energiewirtschaft zu Lasten des Verbrauchers aufgezwungen wird, immer noch funktioniert. Diese Denunziation lässt sich aber durch den stetigen (den Menschen zudem Angst machenden und dadurch zu Abwehr und Verdrängung führenden) Hinweis auf eine Klimakatastrophe nicht ad absurdum führen, sondern nur durch die beharrliche Dekonstruktion ihrer falschen ökonomischen Unterstellungen.

Milliardensubventionen für Atom und Kohle – Der Strompreislüge erster Teil

Dazu gehört zunächst einmal ein klarer und nicht von Ideologie vernebelter Blick auf die tatsächlichen Kosten der einzelnen Energieträger für die Gesellschaft – und damit sind zunächst einmal noch gar nicht die Folgekosten der für die Bürger anfallenden Krankenbehandlungen und frühzeitigen Todesfälle, sondern nur die platten Zahlen der Subventionen aus dem Staatshaushalt in den Blick zu nehmen: Im Zeitraum von 1970 bis 2012 ist die Atomenergie mit 178 Mrd. Euro subventioniert worden, dicht gefolgt von der Steinkohle mit 177 Mrd. Euro und der Braunkohle mit 65 Mrd. Euro – wie gesagt, ohne Berücksichtigung der Folgekosten, ohne „Entsorgung“ z.B. des noch hundertausende Jahre tödlich strahlenden Atommülls, ohne die Übernahme des Versicherungsrisikos der Atomkraftwerke durch die Allgemeinheit, ohne die Kosten für den Behandlung von Pseudo-Krupp und anderen Atemwegserkrankungen.

Diese Subventionen, wie auch die Folgekosten, finden sich nicht im Strompreis. Dort finden sich transparent nur die im Verhältnis dazu geringen Kosten der seit über 25 Jahren bereits erfolgreich stattfindenden Energiewende. Deren – transparente – Kosten belaufen sich auf 54 Mrd. Euro, bei nur sehr geringen Folgekosten. Dabei sind Onshore-Windstrom und Photovoltaik (PV) bereits heute mit dem subventionierten aus überkommenen Energieträgern gewonnenen Strom konkurrenzfähig. Dabei weisen die Strompreise der erneuerbaren Energiewandler nach unten und die fossilen und atomaren nach oben.

Stephan Grüger: "Das EEG wird auf die wirtschaftlichen Interessen des Stromproduktions-Oligopols zugerichtet"

Erst zu- dann hinrichten! Warum das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) von Schwarzgelb kaputtgemacht und schlechtgeredet wird – Der Strompreislüge zweiter Teil

Die letzten beiden Steigerungen der EEG-Umlage sind zu einem nicht geringen Teil der gezielten Zerstörung des EEG „von innen“ geschuldet. Dabei muss man wohl von einer Koalition von wirtschaftlichen Interessen  (deren Vertreter sehr wohl wissen, was die Folgen der Umsetzung ihrer durch Lobbyisten infiltrierten Vorschläge sind) und willigen politischen Vollstreckern ausgehen – die entweder die Ziele der Großunternehmen teilen oder gläubig den Vorgaben aus den Strategieabteilungen der Unternehmen eines Oligopols folgen (oder Schlimmeres). Obgleich von vielen Seiten vor zu erwartenden „Mitnahmeeffekten“ gewarnt wurde, wurde die „Marktprämie“ eingeführt, wurden die Ausnahmen nach § 40 EEG („besondere Ausgleichsregelung“) extrem ausgeweitet, wurden im Vergleich zu Onshore-Windkraft unverhältnismäßig hohe Offshore-Erstattungen eingeführt. Das immer offensichtlich werdende Ziel dabei: Entweder wird das EEG auf die wirtschaftlichen Interessen des Stromproduktions-Oligopols zugerichtet oder es wird abgeschafft – vielleicht auch beides in einem Abwasch: Erst zu-, dann hinrichten.

Kampf um Marktanteile und Profite – FDP-Wirtschaftsminister mit den Energie-Oligopol gegen die Marktwirtschaft

Hier wird unter Zuhilfenahme der Bundesregierung und bestimmter politischer Parteien und wahrscheinlich auch mit dem Versprechen von Geld und Posten (wir werden ja sehen, welche Politiker nach dem Regierungswechsel am 22. September 2013 in die Energiewirtschaft wechseln) mit harten Bandagen ein Kampf um Marktanteile und Profite geführt. Denn die neuen mittelständischen Energieproduzenten, wozu auch viele Stadt- und Gemeindewerke, aber auch viele private Unternehmer und Genossenschaften gehören, sind eine ernstzunehmende Gefahr für die Oligopolprofite der zur Zeit noch wenigen Kraftwerksbetreiber.

Denn je konkurrenzfähiger die Strompreise der Betreiber von EE-Kraftwerken (also Kraftwerken, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden, wie Windkraft- oder PV-Anlagen) werden (siehe oben), desto geringer sind die Profite der Betreiber von Kohle-, Gas- oder Atomkraftwerken. Zudem etabliert sich zunehmend eine mittelständische Energiewirtschaft, deren schiere Existenz ein marktwirtschaftlicher Stachel im Fleische der Oligopolwirtschaft ist. Vor diesem Hintergrund ist das Handeln des von der FDP gestellten Wirtschaftsministers im Sinne des Erzeuger-Oligopols und gegen die mittelständische Energiewirtschaft besonders absurd – zumindest, wenn man das liberale Programm der FDP ernst nimmt (was für deren „Spitzenpersonal“ nach Burkhard Hirsch und Gerhard Baum wohl leider kaum noch eine Rolle spielt).

„It´s the economy, stupid!“ Dezentrale Energiewende = marktwirtschaftliche Energiewende

Die aktuellen Konflikte um die Ausgestaltung der Energiewende und konkret des „Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien“ (EEG) sind also nur vor den Hintergrund dieser ökonomischen Fragen richtig zu verstehen und einzuordnen: Denen, die jetzt plötzlich Krokodilstränen über die angeblich so hohen Strompreise vergießen, geht es tatsächlich um die Be- und, wenn möglich, Verhinderung einer Energiewende, die zu einer stärker mittelständisch und von Wettbewerb geprägten Energiewirtschaft und damit zu günstigeren Verbraucherpreisen durch mehr Wettbewerb und durch eine stärkere Unabhängigkeit von Kohle, Öl, Gas und Uran führen würde.

Strommasten in Limburg. ©Stephan Grüger

Kurz gesagt: Die, die jetzt von einer angeblichen „Strompreisbremse“ fabulieren, sorgen durch ihre Politik bereits mittelfristig für steigende Strompreise – durch Ausschaltung zukünftiger Konkurrenz und durch unnötige zusätzliche Kosten (wie z.B. für die für eine hundertprozentige Energiewende nicht nötigen Offshore-Windparks und für die Sozialisierung deren Anschlusskosten an das Netz sowie durch die Sozialisierung deren Betriebsrisiken; wie z.B. auch durch einen völlig überzogen und tatsächlich gar nicht im Zusammenhang mit der Energiewende stehenden Ausbau der Übertragungsnetze).

Dem gegenüber steht eine mittelständische dezentrale Energiewende auf der Basis von Onshore-Windkraft und Photovoltaik, mit dezentralen von Stadtwerken und/oder mittelständischen EVU betriebenen Speichern auf Verteilnetzebene (z.B. Power-to-Gas, Redox-Flow-Batterien, kleine Pumpspeicherkraftwerke). Diese dezentrale Energiewende wird bereits mittelfristig kostengünstiger sein, als das verhängnisvolle Festhalten an den fossilen und atomaren Energieträgern – auch wenn deren noch immer externalisierten (Folge-) Kosten weiterhin unter klarer Missachtung einer nüchternen ökonomischen Betrachtung nicht bei der Preisbildung berücksichtigt werden.

Über den Autor

Stephan Grüger ist Mitglied des Vorstands der deutschen Sektion von Eurosolar e.V. Zudem ist er Landtagskandidat der SPD des Lahn-Dill-Kreises.  Stephan Grüger hat in seiner beruflichen Laufbahn jahrelange Erfahrung in der Energiewirtschaft gesammelt und sieht sich aus diesen heraus einer dezentralen Energiewende verpflichtet.

„Die Energiewende ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ Interview mit Eva Bulling-Schröter

Eva Bulling-Schröter ist umweltpolitische Sprecherin der Partei Die Linke und Vorsitzende des Bundestags-Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Gegenüber Milk the Sun äußert sie sich zu Fragen und Themen der Energiewende.

Die umweltpolitische Sprecherin von Die Linke nimmt Stellung zu PV und EnergiewendeMilk the Sun: Sehr geehrte Frau Bulling-Schröter, für die anstehende Bundestagswahl haben viele Parteien die Energiewende zu einem ihrer Hauptthemen für den Wahlkampf erklärt. Wie sehen Sie den Stand der Energiewende in Deutschland? Ist Deutschland auf dem richtigen Weg?

Bulling-Schröter: Die Grundrichtung stimmt: Atomausstieg, mittelfristiger Ausstieg aus der Kohleverstromung und Kurs nehmen auf eine vollständige regenerative Energieversorgung. In der Umsetzung gibt es jedoch vielfach nur ein Mangelhaft. Die Defizite sind nur zum Teil dem auch suchenden Prozess einer umfassenden Energiewende geschuldet, bei welchem nicht alle Fragen sofort beantwortet werden können.

Im Stromsektor etwa hätte der Atomausstieg schneller als bis 2022 kommen können. Nun haben wir nicht nur weiter die nuklearen Risiken zu tragen. Atomstrom, der kaum regelbar ist, verstopft auch die Leitungen für erneuerbare Energien.  Zudem hat der Emissionshandel als Klimaschutzinstrument versagt, weil er von der Lobby der energieintensiven Industrie und der Kohleverstromung völlig zerschossen wurde. Nun haben wir eine Zertifikatsschwemme, die CO2-Preise sind im Keller, der Anteil des Kohlestroms am Energiemix steigt wieder. Aus diesem Grund fordert Die Linke übrigens ein Kohleausstiegsgesetz. Auch diese Entwicklung belastet die Netze; zudem  schwinden Anreize für mehr Energieeffizienz. Ferner fehlt eine Koordinierung der Energiewende bei der Bundesregierung: Netze, Speicher, Nachfragemanagement, Energieeffizienz, Verbindung von Strom und Wärmemarkt, neues Marktdesign und nicht zu vergessen die soziale Abfederung: Überall offene Baustellen ohne ordnende  Hand. Die soziale Komponente wird gar ignoriert.

Bei der energetischen Gebäudesanierung gibt es nur Ziele aber nur wenig wirksame Instrumente. Hier drohen uns noch größere soziale Verwerfungen als im Stromsektor, wenn nicht bei den Fördermitteln aufgestockt wird. Totale Fehlanzeige im Verkehrssektor. Agrosprit im Tank ist Problem, und nicht Lösung; die Elektromobilität wird’s auch nicht richten. An ein grundlegendes Umsteuern – Verkehrsvermeidung und weg von der Automobilgesellschaft – denkt aber niemand in der Bundesregierung.

Milk the Sun: Mit dem Anstieg der EEG-Umlage wurde Kritik an der Förderung der Erneuerbaren Energien lauter. Ist das EEG noch zeitgemäß? Was muss geändert werden? Welche Alternativen gibt es?

Bulling-Schröter: Die Kernelemente sind ohne Zweifel zeitgemäß, weil erfolgreich. Darum müssen Einspeisevorrang, garantierte Vergütung des Ökostroms und die Innovationen anreizende Degression dieser Vergütungen erhalten bleiben. Das alles schafft zusammenjene Investitionssicherheit, die wir für die Energiewende brauchen. Aus unserer Sicht kann sicher darüber diskutiert werden, ob man Elemente verstärkt, die eine stärker regionale Steuerung der Investitionen ermöglichen. Auch eine gelegentliche Nachsteuerung der Degressionssätze an die tatsächliche Kostenentwicklung ist wichtig, um unberechtigte Extragewinne zu vermeiden. Aber so etwas wie ein Quotenmodell  lehnen wir strikt ab. Andere Länder haben bewiesen, dass damit weniger neue Kapazitäten in den Markt kommen, die zudem teurer sind. Außerdem hätten heute noch teurere, aber zukunftsträchtige Technologien dann schlechtere Chancen.

Milk the Sun: Was halten Sie von Umlage-Befreiungen für stromintensive Unternehmen?

Bulling-Schröter: Ob EEG-Umlage, Ökosteuer, Netzentgelte oder Emissionshandel – überall verschafft die Bundesregierung für die energieintensive Industrie Befreiungen oder Ermäßigungen. Zusammengenommen werden diese Entlastungen im Jahr 2012 zehn Milliarden Euro betragen. Stattdessen werden die Kosten für die „Energiewende“ einseitig den privaten Haushalten sowie klein- und mittelständischen Unternehmen aufgebürdet. Gleichzeitig verlieren die Öffentlichen Haushalte Milliarden Euro an Einnahmen. Der Grund für die Industrie-Rabatte – die Wahrung internationaler Wettbewerbsfähigkeit – wurde bei keiner der Ausnahmeregelungen im Detail untersucht, aber gern als ungeprüftes Argument vorgeschoben. Wir fordern: Angemessen privilegiert werden sollen künftig nur noch jene Unternehmen, die nachweislich im Wettbewerb mit außereuropäischen Unternehmen stehen und zudem einen relevanten Anteil ihrer Produkte energie- bzw. CO2-intensiv produzieren. Das sind weit weniger Firmen, als heute Vergünstigungen erhalten. Zudem müssen Effekte der Energiewende gegen gerechnet werden, die senkend auf den (Börsen-)Strompreis  wirken, wie der EEG-bedingte Merit-Order-Effekt . Denn gegenwärtig verdienen einige stromfressende Unternehmen Millionen am EEG. Sie werden fast vollständig von der Umlage befreit, können sich aber an der Börse mit Elektrizität eindecken, die wegen der Verdrängung teurer fossiler Erzeugungskapazitäten immer billiger wird. Das ist absurd.

Milk the Sun: Die Energiewende benötigt zudem weitere Netz-Kapazitäten, der Netzausbau scheint demnach Pflicht zu sein. Sowohl Prof.Dr.Jarass als auch Dr.Alt warnten bei Milk the Sun vor einem zu gigantischen Ausbau. Wie sieht ein Netzausbau im Sinne der Energiewende Ihrer Meinung nach aus?

Bulling-Schröter: Die Energiewende fordert einen Netzausbau auf allen Ebenen, keine Frage. Dass er bislang zu groß geplant wurde, zeigen die Änderungen, die die Bundesnetzagentur gerade am Netzentwicklungsplan der Netzbetreiber vorgenommen hat. Doch wenn ich das richtig sehe, ist immer noch ist die Dezentralität einer künftigen regenerativen Erzeugung zu wenig berücksichtigt, das Modell des Stromtransports von Nord nach Süd – einschließlich jenes fossiler Kapazitäten – dagegen überstrapaziert. Ferner war zumindest im NEP 2012 zu wenig berücksichtigt, dass extreme Spitzen in der EE-Erzeugung auch weiterhin abgeregelt werden können. Das macht die Ernte von Ökostrom in dem Augenblick zwar etwas kleiner, übers Jahr gerechnet aber nur ein oder zwei Prozent gegenüber einer hundertprozentigen Einspeisung. Dagegen würde ein nicht unerheblicher Teil des teuren Netzausbaus überflüssig werden.

Dennoch möchte ich vor einem unreflektierten Kampf gegen den Netzausbau warnen: So ist natürlich aus verschiedenen Gründen mehr Dezentralität höchst wünschenswert. Sie spart jedoch kaum  Netzausbau, auf der unteren Ebene der Verteilnetze erfordert sie gar einen starken zusätzlichen Ausbau. Auch stark dezentralisierte Stromspeicher und Eigenverbrauch um jeden Preis zu setzen, scheint mir zudem energiewirtschaftlicher Unsinn. Die preiswerteste, effizienteste und umweltfreundlichste Art, Unterschiede in Erzeugung und Verbrauch auszugleichen, bleibt auf absehbare Zeit der sofortige Ausgleich von Regionen mit Erzeugungsüberschüssen zu Regionen mit Defiziten. Und dieser erfordert schlicht und ergreifend mehr und leistungsfähigere Netze.

Zentral wird, in welcher Weise Bürgerinnen und Bürger bei der Netzplanung beteiligt werden und welche Rechtswege ihnen offen stehen werden. Nur wenn klug geplant wird, also für ein tatsächlich erneuerbares System, und nicht zur Absatzsicherung von Kohlekraftwerken, werden die Menschen den Ausbau akzeptieren. Ferner muss auf Naturschutzbelange  Rücksicht genommen werden, auch wenn dies mal eine längere Trasse oder teurere Erdkabel erfordert.

Milk the Sun: Auf Ihrer Website reden Sie von „verdeckten Kosten“ durch Kohle- und Atomstrom. Was genau meinen Sie damit?

Bulling-Schröter: Na das ist sehr einfach, wenn auch schwer zu beziffern: Es sind die klassischen externen Kosten der fossil-atomaren Energiewirtschaft. Klimawandel mit all seinen Folgen, zerstörte Landschaften und Biodiversität, Gesundheitsschäden, Endlagerkosten – die ganze Palette bis hin zum Konfliktpotential in den Förderländern und Kosten der bisherigen Atomkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima. Der FÖS beziffert diese nicht berechnete „Konventionelle-Energien-Umlage 2012“ bei 10,2 Cent pro Kilowattstunde. Sie wäre damit fast dreimal so hoch wie die derzeitige EEG-Umlage.

Eva Bulling-Schröter, hier mit Umweltminister Peter Altmaier: "Zentral wird, in welcher Weise Bürgerinnen und Bürger bei der Netzplanung beteiligt werden"

Milk the Sun: Sie halten einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren für machbar, gleichzeitig weisen Sie aber auch darauf hin, dass die Energiewende nicht billig ist. Wer sollte für die Kosten der Energiewende vorrangig aufkommen?

Bulling-Schröter: Die Energiewende ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Darum sollten sich an der Finanzierung –  verursachergerecht – alle an ihr beteiligen. Es kann nicht sein, dass die Hauptlast vor allem auf den Schultern der privaten Haushalte und kleinen Unternehmen liegt, und sich andere mit der Wende eine goldene Nase verdienen, wie es gegenwärtig der Falle ist. Das zu ändern ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit und Akzeptanz, sondern auch eine, Anreize zu mehr Energieeffizienz zu schaffen.

Milk the Sun: Zusammengefasst: Mit welchen Zielen für die Energiewende geht Die Linke in das Wahljahr 2013?

Bulling-Schröter: Von aus könnte der Atomausstieg beschleunigt und ins Grundgesetz geschrieben werden. Wird nicht bis zum Frühjahr der Emissionshandel grundlegend reformiert, muss ein Kohleausstiegsgesetz her, das garantiert, dass das letzte Kraftwerk spätestens 2040 vom Netz ist. Bis dahin soll kontinuierlich abgeschaltet werden. Der Neubau von Kohlekraftwerken und der Neuaufschluss von Tagebauen gehört genauso verboten, wie die Verklappung von CO2 im Untergrund (CCS).

Das EEG müssen wir in diesem Jahr erneut verteidigen, aber modernisieren. 2013 sollten auch erste Konturen eines neuen Marktdesigns für den Stromsektor klar sein. Denn die Erneuerbaren in den bestehenden Grenzkostenmarkt zu integrieren, stößt immer mehr an Grenzen. Nicht nur weil sich Gaskraftwerke nicht mehr rechnen, welche wir künftig aber dringend benötigen.

Wir brauchen eine stärkere Koordinierung der Energiewende, die auch endlich den Wärmemarkt und den Verkehrssektor in Angriff nehmen muss. Und wir brauchen eine faire Verteilung der vorübergehenden Mehrbelastungen, die durch diese Wende entstehen. Energie darf nicht für die einen zum Luxusgut werden, während andere von allem befreit werden. Ansonsten wird uns die Energiewende wegen schrumpfender Akzeptanz auf die Füße fallen – dann zu recht, wie ich meine.

Wir bedanken uns bei Frau Bulling-Schröter für das Gespräch.

Bürgerbeteiligung am Klimakonzept in Baden-Württemberg

Das Land Baden-Württemberg ruft die Öffentlichkeit dazu auf, Maßnahmen zum Klimaschutz zu bewerten und damit Anteil an der Entwicklung des IEEK („Integriertes Energie- und Klimakonzept“) zu nehmen. Der von den Fachabteilungen der Landesministerien und externen Sachverständigen entwickelte Entwurf beinhaltet Ziele, Strategien und Maßnahmen zum Erreichen der Energiewende.

„Die Neuausrichtung der Energie- und Klimaschutzpolitik ist eine Generationenaufgabe, bei der wir – vielleicht auch über schwierige Zeiten hinweg – den eingeschlagenen Weg nicht verlassen dürfen. Nur so werden wir am Ende auch da ankommen wo wir hin wollen“, so der Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg, Franz Untersteller, in der offiziellen Broschüre des BEKO (Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung am integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept).

Die 110 Maßnahmen können noch bis zum 1. Februar 2013 Online eingesehen, bewertet und kommentiert werden. Zudem können neue Vorschläge eingebracht werden. Baden-Württemberg möchte bis 2020 die Treibhausemission um 25 Prozent reduzieren, bis 2050 sogar um 90 Prozent.

Die Maßnahmen sind aufgeteilt in die Themenbereiche Stromversorgung/ Private Haushalte/ Industrie/ Gewere/ Handel/ Dienstleistung/ Verkehr/ Öffentliche Hand/ Land- und Forstwirtschaft, Landnutzung und beinhalten Fragen zur Weiterentwicklung der regenerativen Energiegewinnung z.B. durch Windräder und PV-Anlagen, aber auch zur Förderung von wirtschaftlichen Synergieeffektförderungen, CO2-armen Verkehrsmöglichkeiten (Radverkehr, Elektromobile) oder ökologischem Landbau.

Weitere Informationen sowie den genauen Fortgang des Beteiligungsverfahrens gibt es im Informationsschreiben zum BEKO.

Quelle: BEKO Baden-Württemberg

„Bundeswirtschaftsministerium ist Ministerium für Effizienzverhinderung“: Interview mit Ulrich Kelber

Ulrich Kelber ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Er ist verantwortlich für die Bereiche Umwelt, Nachhaltigkeit, Verbraucherschutz und Landwirtschaft. Milk the Sun befragte ihn zu aktuellen Themen rund um die Energiewende.

Energiewende und Energieeffizienz stehen auch im Fokus der SPD

Ulrich Kelber, stellvertretender Bundestags-Fraktionsvorsitzender der SPD © Frank Ossenbrink

Milk the Sun: Sehr geehrter Herr Kelber, der Ausdruck „Energiewende“ ist weltweit zu einem Begriff für den zielgerichteten Umstieg von fossiler auf nachhaltige Energiegewinnung. Wie schätzen Sie den derzeitigen Stand der Energiewende in Deutschland ein?

Kelber: Kernstück der Energiewende sind ein funktionierendes EEG, der Atomausstieg und eine ambitionierte Steigerung der Energieeffizienz. Der Atomausstieg ist (nun hoffentlich endgültig) geregelt. Das EEG funktioniert und sorgt so dafür, dass der Zubau an erneuerbaren Energien erfolgt.  Das wird in den nächsten Jahren – bei sinnvollen Korrekturen im Detail – so bleiben. Die Energieeffizienz ist dagegen ein Trauerspiel. Das zuständige Bundeswirtschaftsministerium ist faktisch ein Ministerium für Effizienzverhinderung und ein Dauerblockierer für sinnvolle Regelungen in der Europäischen Union.

Milk the Sun: Für Diskussionen sorgte in den letzten Tagen verstärkt die EEG-Umlage. Muss das EEG, und wenn ja in welcher Form, weiter geführt werden? Ist eine solche gesonderte Umlage für die Energiewende gerechtfertigt?

Kelber: Die EEG-Umlage für das Jahr 2013 schleppt eine Reihe von zum Teil einmaligen Sondereffekten mit, die vermeidbar waren:  Dazu zählen verschobene Kosten aus dem Vorjahr, zusätzliche Kosten wegen der erweiterten Begünstigung von Unternehmen und die unsägliche Marktprämie. Im kommenden Jahr  rechne ich trotz des Zubaus im Bereich der erneuerbaren Energien daher sogar mit einem leichten Sinken der EEG-Umlage. Und darauf kommt es an: Den Kosten für das EEG muss ein Mehrwert gegenüberstehen – 25 % Anteil an der Stromerzeugung zeigen das. Zudem: Der Kraftwerkspark muss in jedem Fall erneuert werden. Machte man das mit Kohle und Gas, wäre es nicht günstiger – aber weniger umweltfreundlich bei mehr Energieimporten und weniger  Beschäftigung bei uns im Land.

Milk the Sun: Viele Unternehmen werden von der EEG-Umlage in großem Maße befreit. Die Liste der befreiten Unternehmen wird dabei länger und länger. Was halten Sie von den Befreiungen?

Kelber: Die SPD tritt dafür ein, dass die Begünstigung wieder im Grundsatz auf die Regelung aus 2009 zurück geführt wird. Zur Erinnerung: Bereits die große Koalition hatte die Regelung verändert und damit für die tatsächlich betroffenen Unternehmen erleichtert. CDU und FDP haben das noch einmal ausgeweitet und damit zu Lasten der normalen Stromkunden überreizt – wie bei so vielen Dingen.

Milk the Sun: Wie sehen Sie den Netzausbauplan? Ist die Größe des Netzausbaus gerechtfertigt? Wird der Netzausbau den Bedürfnissen der Energiewende gerecht?

Kelber: Der Netzausbau ist nötig. Wenn Windstrom dazu beitragen soll, AKW-Strom zu ersetzen, führt daran kein Weg vorbei. Die Fragen aber sind: Muss das alles durch Neubau geschehen?  Kann man mit dezentraleren Konzepten den Bedarf verringern? Zudem ist ein erheblicher Anteil der Kosten nur der Ersatz für technisch veraltete Anlagen. Und ohne einen Ausbau hätten wir andere Kosten: Vermehrte Abregelung von erneuerbaren Anlagen, zusätzliche Eingriffe in den Betrieb von Kraftwerken und mehr Einsatz von Ausgleichsenergie. Nichtstun kostet also auch – bringt aber keinen Zugewinn.  Ein intelligenter Netzausbau ist also sinnvoll und kostengünstig.

Milk the Sun: Welche Hebel können von der Politik in Kraft gesetzt werden, um Speicherproblemen bei der Produktion von Strom wie z.B. über Photovoltaik-Anlagen entgegen zu wirken?

Kelber: Auf mittlere Sicht geht es nicht um den breiten Einsatz von Speichern: Zunächst transportieren wir mit dem Netzausbau den Strom dorthin, wo er gebraucht wird. Speicher wären demgegenüber viel teurer und nicht in entsprechenden Größenordnungen verfügbar. Das wird sich ändern: Je mehr der erneuerbar erzeugte Strom zunimmt und je weniger fossile Kraftwerke als Ausgleich zur Verfügung stehen sollen, desto mehr brauchen wir Speicher. Die nächsten Jahre geht es in erster Linie darum, die verschiedenen Technologien zu entwickeln und Kosten zu senken.

Die SPD will Photovoltaik weiter über das EEG fördern

Kelber: "EU-Recht wird verwässert und Effizienzpotenziale verschenkt."

Milk the Sun: Auch die Energieeffizienz rückt stärker denn je in den Fokus. Müssen die Richtlinien für energieeffizientes Bauen geändert und verstärkt werden? Welche Möglichkeiten sehen Sie, um Fortschritt bei der Energieeffizienz voranzutreiben?

Kelber: Es wäre ja schon geholfen, wenn in Deutschland wenigstens das geltende EU-Recht ordentlich umgesetzt würde. Die Bundesregierung unternimmt das Gegenteil: EU-Recht wird verwässert und Effizienzpotenziale verschenkt. Wir müssen die Geschäftsmodelle im Energiemarkt ändern: Heute verdienen Unternehmen Geld mit dem Absatz von Mineralöl und Erdgas. Zukünftig sollen die Maßnahmen für mehr Effizienz und Energiesparen anbieten – wir nennen das „Negawatt statt Megawatt“. Aus den Energiehändlern von heute werden Energiedienstleistungsunternehmen. Das EU-Recht schafft dazu die Grundlage – die Bundesregierung hintertreibt das auf allen Ebenen.

Milk the Sun: In diesem Jahr stehen Bundestagswahlen an. Welche vorrangigen Ziele im Bereich der Energiewende möchte die SPD Wählern und Wählerinnen für die nächste Legislaturperiode vermitteln?

Kelber: Die Ziele sind seit vielen Jahren unverändert: Energie  muss umweltfreundlich,  die Versorgung sicher und die Kosten möglichst günstig sein. Mit Atomkraft hat da nichts zu tun. Der Preis für fossile Energie geht im Kern  nur nach oben. Da macht es Sinn, frühzeitig Geld in die Kostensenkung bei den Erneuerbaren zu stecken. Denn eines darf man nicht tun: Günstige Kosten mit niedrigen Preisen verwechseln. Wer das tut, legt die Hände in den Schoß. Das kommt auf Dauer viel teurer, als wenn wir jetzt handeln.

Wir bedanken uns bei Herrn Kelber für das Gespräch.

Bundesverband Energiespeicher BVES gegründet

Der wachsende Bedarf an Energiespeichern durch die Energiewende hat zur Gründung eines neuen Spitzenverbandes zur Weiterentwicklung der Energiespeicherung geführt. Der Bundesverband Energiespeicher (BVES) vertritt die wachsende Branche und soll zum schnelleren Aufbau eines stabilen Energiespeichermarkts auch für nachhaltige Energiequellen wie der Photovoltaik in Deutschland sorgen.

Bundesverband Energiespeicher vereint EnergiespeicherunternehmenEnergiespeicher notwendig um Versorgungssicherheit zu gewährleisten

Energiespeicherunternehmen erleben aufgrund der Energiewende einen Aufschwung. Grund dafür ist die wachsende Notwendigkeit, Energiespeicher gezielt einzusetzen, um Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten. Ende September des vergangenen Jahres wurde deshalb der Bundesverband Energiespeicher (BVES) mit Sitz in Berlin gegründet. Ziel des Verbandes ist es, die wichtigen Entscheidungsträger der Branche zusammenzubringen und die Marktentwicklung durch ein enges Kontaktnetzwerk voranzutreiben.

Gründungspräsident des Verbandes, Prof. Dr. Eicke R. Weber,  gleichzeitig Sprecher der Fraunhofer-Allianz Energie und Leiter des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme in Freiburg. „Unser Verband sieht seine Mission darin, die Energiespeicherung als Energieressource neben der konventionellen und erneuerbaren Erzeugung zu etablieren, um eine effizientere, verlässlichere, preisgünstigere und sicherere Energieversorgung zu fördern. Um diese Vision zu erfüllen, wollen wir den Aufbau eines stabilen Energiespeichermarkts in Deutschland fördern, der dann auch als Modell für weitere Märkte in Europa und anderen Länder weltweit dienen wird.“, so Prof.Dr. Weber.

BVES koordiniert gemeinsame Entwicklungsaktivitäten

Zur Mitgliedschaft eingeladen sind diejenigen Unternehmen, die in die Herstellung, Planung, den Verkauf und den Betrieb von Energiespeicherlösungen involviert sind. Im Blickpunkt des Interesses der Verbandsgruppe steht die Weiterentwicklung der Energiespeicherung über Politik, Bildungsarbeit, Beratung und Forschung. Der BVES steht dabei auch für unternehmensübergreifende Koordination gemeinsamer Entwicklungsaktivitäten zur Nutzung und Anwendung von Energiespeichern. Dazu plant der Verband zunächst die Erstellung einer „Energiespeicher Roadmap“, in der eine klare Position zur Rolle der Energiespeicher in Bezug auf die Energiewende in Deutschland bezogen werden soll. Die erste Mitgliederversammlung findet am 19. März 2013 in Düsseldorf im Rahmen der Energy Storage Konferenzmesse statt.

Geschäftsführer des BVES ist Dr. Harald Binder, der zuletzt als Vice President und General Manager von Applied Matierals tätig war. Derzeit ist Dr. Binder, der 2010 eine Beratungsfirma gründete, für verschiedene Mandate in der Solar-, Energiespeicher- und Halbleiterindustrie verantwortlich. Zudem ist Dr. Binder aktives Mitflied des Kuratoriums des Instituts für Mikroelektronik (IMS) in Stuttgart als auch Vorsitzender der SEMI Europe PV Group.

Quelle: Bundesverband Energiespeicher

Prof. Dr. Jarass: „Netzentwicklungsplan steht im klaren Widerspruch zur Energiewende“

Prof. Dr. Lorenz Jarass ist Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule RheinMain. Er ist Spezialist auf dem Gebiet der Steuern und der Energieversorgung, wird regelmäßig zu Anhörungen der EU-Kommission, des Europäischen Parlaments oder der Deutschen Bundesregierung eingeladen. Zudem veröffentlicht Jarass regelmäßig Publikationen zu seinen Forschungsgebieten. Im Interview mit Milk the Sun spricht Jarass, dessen neues Buch „Welchen Netzumbau erfordert die Energiewende?“ heißt, über die Energiewende, die Photovoltaik und den geplanten Netzausbau.

Netze für Photovoltaik und Erneuerbare Energien zu großMilk the Sun: Sehr geehrter Prof. Jarass, Deutschland nimmt eine Vorreiterrolle in Sachen Energiewende ein. Der Atomausstieg wurde von der Bundesregierung in kürzester Zeit durchgesetzt. Ist die Energiewende richtig und wichtig?

Jarass: Energiewende heißt: Atomausstieg, weniger fossiler und mehr erneuerbare Energieträger. Dieses Ziel muss nachhaltig verfolgt werden: Verringerung der Klimaerwärmung (CO²-Problem), weniger Notwendigkeit, unsere Jugend weltweit Gas- und Ölreserven sichern zu lassen, geringere Abhängigkeit von Importen aus politisch und wirtschaftlich instabilen Ländern.

Milk the Sun: Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hat vor kurzem den Netzentwicklungsplan der Bundesnetzagentur entgegen genommen und vorgestellt. Der Plan sieht gewaltige neue Trassen für den Stromtransport vor. Ist dieser Ausbau notwendig?

Jarass: Der Bundesbedarfsplan fordert einen weit überdimensionierten Netzumbau mit vielen neuen Leitungen, der zudem die Ziele der Energiewende – Reduzierung der CO²-Emissionen durch verminderten Einsatz fossil befeuerter Kraftwerke – konterkariert.

Die resultierenden unnötigen Kosten müssten vom Stromverbraucher getragen werden zusätzlich zu den enormen kurzfristigen Belastungen für die Energiewende.

Milk the Sun: Werden durch den Netzentwicklungsplan bewusst die fossilen Energieerzeuger gefördert?

Jarass: Genauso ist es. Das Stromnetz soll so stark ausgebaut werden, dass z.B. auch bei Starkwindeinspeisung alle Kohlekraftwerke, die das wollen, gesichert ins Netz einspeisen können. Dies steht im klaren Widerspruch zur Energiewende.

Milk the Sun: Wird die Energiewende für die Interessen mächtiger Industrien und Lobbys benutzt, um Profite und deren Möglichkeiten zu steigern?

Jarass: Wie schon gesagt: Energiewende heißt: Mehr erneuerbare, weniger fossile Energien. Der vorgelegte Netzausbauplan behindert dieses Ziel, weil er Einspeisung von Kohlestrom auch parallel zur Starkwindeinspeisung ermöglichen würde. Dies würde die derzeit hohe Akzeptanz der Energiewende zerstören: Dann würde der Stromverbraucher EEG-Umlage bezahlen, um den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu fördern. Und trotz erfolgreichem Ausbau der Erneuerbaren Energien müsste der Stromverbraucher erhöhte Netzentgelte bezahlen, um einen Ausbau der Netze für die gesicherte Einspeisung von Kohlekraftwerken auch bei Starkwindeinspeisung zu finanzieren. Ein Neubau von Leitungen sollte ausschließlich für die Integration von Erneuerbaren Energien in die allgemeine Energieversorgung gemacht werden. Damit wäre nur ein deutlich geringerer Netzausbau erforderlich und damit wesentlich geringere Kosten für die Stromverbraucher.

Milk the Sun: Was kann ein Privatkunde dagegen tun?

Jarass: Der Privatkunde kann selbst Strom erzeugen, z.B. durch eine Photovoltaikanlage, und er kann auch Energie einsparen, z.B. durch eine Hausdämmung.

Milk the Sun: Wie müsste Ihrer Meinung nach das Netz in Deutschland gestaltet und ausgebaut werden?

Jarass: Das Stromnetz sollte nur so stark ausgebaut werden, wie es für eine vernünftige Integration der erneuerbaren ‚Energien erforderlich ist, keinesfalls aber, wie derzeit vorgesehen, auch für eine zusätzlich Einspeisung von Kohlestrom auch bei Starkwindeinspeisung,

Milk the Sun: Windenergie und Photovoltaik sind inzwischen die größten Energieerzeuger in Deutschland. Welche weiteren Chancen sehen Sie für diese Arten der Energiegewinnung in den kommenden Jahren?

Jarass: Photovoltaik und Windenergie wird bei weiter sinkenden Produktionskosten zukünftig auch verstärkt zur Warmwassererzeugung und mittelfristig auch zur Hausheizung eingesetzt werden.

 

Wir bedanken uns bei Prof. Dr. Jarass für das Interview.

„Leitstern 2012“ für Brandenburg, Bayern und Sachsen-Anhalt

Die fortschrittlichsten Bundesländer in Bezug auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien sind in Berlin mit dem „Leitstern 2012“ ausgezeichnet worden. Die Gesamtwertung des von der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) nach 2008 und 2010 zum dritten Mal verliehenen Preises ging an Brandenburg, das sich knapp vor Bayern durchsetzte. Während Bayern den Leitstern des besten „Aufsteigers“ erhielt, bekam Sachsen-Anhalt den Leitstern für die Kategorie „Wirtschaftsmotor“. Damit wurde die Rolle des Bundeslandes beim technologischen und wirtschaftlichen Wandel durch Erneuerbare Energien gewürdigt.

Der Leitstern wird vor dem Hintergrund der Studie „Vergleich der Bundesländer: Analyse der Erfolgsfaktoren für den Ausbau Erneuerbarer Energien 2012“ vergeben. Die Studie, die im Auftrag der AEE vom Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sowie dem Zentrum für Sonnenenergie– und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) erstellt wird, Untersucht die Bundesländer anhand von 53 Indikatoren auf ihre Entwicklung bei den Erneuerbaren Energien.

Die Ergebnisse des Bundesländervergleichs können sie hier einsehen

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