Energiewende: Brüssels Reformen und das Ende der schwarz-roten Wende?
In den nächsten Tagen stellt EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia den Entwurf der neuen Beihilfeleitlinien vor. Diese könnten die Große Koalition bereits vor ihrem Zustandekommen in arge Bedrängnis bringen. Die Bundesrepublik blickt einem Beihilfeverfahren aufgrund der bisherigen Handhabe des EEGs entgegen. Die neuen Beihilfeleitlinien würden allerdings ebenfalls die geplanten Subventionen von Kohlekraftwerken in Deutschland verhindern und könnten zu horrenden Nachzahlungsforderung aus Brüssel führen.
EU-Kommissar Joaquín Almunia hat ein Problem mit dem deutschen EEG. Es sei kein Zweifel daran, dass es sich bei dem Erneuerbaren Energien Gesetz um Beihilfe handele und er werde „ohne Zweifel“ bis Weihnachten ein Hauptverfahren gegen das EEG einleiten. Die durch die Große Koalition in spe angestrebten Reformen reichen also nicht aus und auch die beständigen Einsprüche aus Berlin gegen die erhoben Vorwürfe der Beihilfe verhallen mittlerweile ungehört. Die Wahrscheinlichkeit, dass das EEG nicht als Beihilfe eingestuft wird, ist gering. Der Umfang, in dem die anstehenden Ermittlungen ablaufen werden, ungewiss.
Es wäre durchaus denkbar, dass Almunia gegen das EEG im Gesamten vorgehen lässt. Dies käme einer Schleifung des gesamten deutschen Ökostromförderungsmodells gleich und würde den Strommarkt und die damit verbundenen Kräfteverhältnisse gänzlich umkrempeln. Im schlimmsten Falle, könnte die EU die Bundesrepublik zu Nachzahlung für die nicht gezahlten Beiträge zum Ausbau der Wind- und Sonnenkraft der vergangenen zehn Jahre verdonnern. Zwar hatten sowohl Union als auch SPD versucht während ihrer Koalitionsverhandlungen auf die Bedenken aus Brüssel einzugehen, doch stellen sich diese Bemühungen im Angesicht des neuen Beihilfeleitlinienentwurfs Almunias als nicht ausreichend heraus.
Der Entwurf des EU-Wettbewerbskommissars weicht in entscheidenden Punkten von den geplanten schwarz-roten Änderungen ab und geht über die prognostizieren Angleichungen im deutschen EEG hinaus. Insbesondere die im EEG vorgesehenen festen langjährigen Preiszusagen für die Einspeisung des Ökostroms widersprechen den Vorstellungen die in dem Entwurf von Almunia geäußert werden. Demnach sollen außerdem energieintensive Unternehmen, die derzeit von der Mitfinanzierung des Ökostromausbaus ausgenommen werden können, sollen sich nur noch teilweise auf eine solche Vergünstigung berufen können. Für die Preisfestsetzungen soll, wenn es nach dem Willen Almunias geht eine generelle Marktprämie treten, die wie ein Aufschlag auf den Börsenpreis funktioniert. Ihre Höhe soll allerdings durch eine Auktion und nicht durch staatliche Festlegung festgesetzt werden. Dies widerspricht den Plänen von SPD und Union, die zwar eine Marktprämie für einzelne Anlagen erwogen, allerdings diese durch den Staat festgelegt wissen wollten.
Wenn es nach dem Willen Almunias geht, sollen die neuen Regelungen ausschließlich für ausgereifte Technologien gelten. Als ausgereift gelten jene die bereit einen Anteil von 0,1 Prozent am Energieverbrauch ausmachen. Dies würde, laut der Einschätzung von Fachleuten, auch Windparks auf hoher See betreffen. Doch auch auf der Kohlefront sehen die Leitlinien Almunias eine andere Herangehensweise vor als die Pläne von Union und SPD. So sollen Subventionen für das bloße Bereitstellen von Kraftwerken lediglich als letztes Mittel betrachtet werden und für Kraftwerke mit hohem CO2 Ausstoß nur im Extremfall möglich sein. Union und SPD hatten Subventionen angedacht, um die potentiellen Schwankungen der Erneuerbaren Energien in wind- und sonnenarmen Zeiten ausgleichen zu können.
Der Vorstoß der EU-Wettbewerbskommission ist ein großer Schritt in Richtung einer einheitlichen EU-weiten Regelung zur staatlichen Förderung des Ökostromausbaus. Bisher wurde das Vorgehen von Situation zu Situation unterschieden und derlei Hilfen großzügig gehandhabt. Almunias Ansicht zu Folge wurden dadurch zum Teil Technologien gefördert, die ihre Marktreife schon längst erlangt hatten. Zusätzlich wurden die Kosten der Förderung im Gesamten unnötig in die Höhe getrieben.
Das Inkrafttreten der neuen Beihilfeleitlinien ist für den Sommer 2014 veranschlagt. Daraufhin würden zwölf Monate folgen, die dazu dienen würden die Fördersysteme der einzelnen Staaten an das neue System anzugleichen. Nachdem der neue Entwurf präsentiert wurde können sich die EU-Staaten, Organisationen und sonstige Betroffene dazu äußern und ihre Anliegen vorbringen. Dass der EU-Kommissar anschließend jedoch noch einmal grundlegende Änderungen an seinem Entwurf vornimmt, gilt als nahezu ausgeschlossen. Zuletzt schied die Atomkraft nach heftigen Protesten aus der neuen Beihilfeleitlinie aus. Ihre Förderung bleibt weiterhin eine Situationsentscheidung der EU-Kommission.
Einen Grund zur Vorzeitigen Freude für die Lobby der Erneuerbaren Energien gibt es dennoch nicht. Die Zeichen stehen nicht unbedingt schlechter als nach Bekanntwerden der energiepolitischen Pläne der Großen Koalition. Allerdings könnte sich die Entscheidung aus Brüssel zur rigiden Beschränkung der Kohlekraft-Subventionierung zumindest für den Klimaschutz doch noch als günstig erweisen und vielleicht sogar zu einer stärkeren Wettbewerbsgleichheit zwischen den verschiedenen traditionellen und Erneuerbaren Energien führen.
Quellen: FAZ