Meinung: Die französische Umwelt- und Enrgieministerin ist Hollands Bauernopfer
Am Dienstag entließen Frankreichs Regierungschef Jean-Marc Ayrault und Präsident Francois Hollande überraschend die bisherige Ministerin für Umwelt und Energie, Delphine Batho. Sie ist wohl ein Bauernopfer, im Bestreben Hollands die beständig laut werdende Kritik aus den eigenen Reihen zu beenden.
Am Nachmittag des zweiten Juni entließ der französische Regierungschef Jean-Marc Ayrault die bisherige Umwelt- und Energieministerin Delphine Batho. Batho hatte am Dienstagmorgen sehr deutliche Worte für ihre Unzufriedenheit über die geplanten Haushaltsbudgetkürzungen der Regierung von Präsident Francois Hollande gefunden. Geplant für 2014 sind demnach Ausgabenkürzungen von 14 Milliarden Euro und Einnahmen von sechs Milliarden Euro. Dies soll das Haushaltsdefizit auf 3,5% des Bruttoinnlandprodukts bringen. Bathos Ärger entlud sich über den Sachverhalt, dass nach dieser Haushaltsplanung ihr Ministerium mit Einschnitten von ca. 7% rechnen muss.
Diese Sparmaßnahme veranlasste die Ministerin, den Budgetplan während eines Interviews als „schlecht“ zu kritisieren. Batho wurde daraufhin von Hollande angehalten ihre Äußerungen zu überdenken, als die Ministerin sich weigerte, erfolgte der Rauswurf. Hollandes neuer Umwelt- und Energieminister wird Philippe Martin, ein Mitglied der Nationalversammlung, der dort eigentlich das südfranzösische Department Gers vertritt und ebenso wie Hollande und Batho der Parti Socialiste angehört. Martin wird damit zu Hollandes drittem Minister für Umwelt und Energie innerhalb von 14 Monaten.
An sich, wäre ein solcher Rauswurf nicht unbedingt bemerkenswert. So etwas kommt vor und gehört bisweilen eben zum, zugegebenermaßen unschönen, politischen Alltag. Bemerkenswert wird Bathos Rauswurf aus anderen Gründen. Hollandes Entscheidung sich seiner Ministerin zu entledigen, wenn auch von Ayrault ausgeführt, ist ein politisches Bauernopfer.
Batho gilt innerhalb der Parti Socialiste nicht als politisches Schwergewicht. Ihr fehlt die Rückendeckung, auf die sich beispielsweise Industrieminister Arnaud Montebourg verlassen kann, wenn er wiedereinmal seinem Unmut über Hollandes Entscheidung Luft macht. Hinter Montebourg versammelt sich ein großer Teil des linken Flügels der Partei, was ihn gegen Rauswürfe immunisiert. Batho hat keinen vergleichbaren Rückhalt innerhalb der Partei. Die Entlassung der Umweltministerin sollte demnach lediglich auf geringen Widerstand stoßen.
Bathos Ausbruch aus der vorgegebenen Parteilinie ist bei weitem kein Einzelfall. Hollande selbst muss sich seit Monaten nicht nur die Kritik der Öffentlichkeit, sondern vor allem auch Kritik aus den eigenen Reihen gefallen lassen. Sein Regierungschef Ayrault gilt als autoritätslos. Umso bemerkenswerter ist sein jetzt so hartes Vorgehen gegen die Ministerin.
Der Rauswurf Bathos hat zwei für Hollande in jedem Fall positive Auswirkung: Zum einen kann er ein Exempel statuieren, dass allen Aufwieglern und Abweichlern klar machen sollte, dass die ständige Kritik aus den eigenen Reihen nicht mehr toleriert werden wird. Zum anderen, bot sich die Gelegenheit, Ayrault als Autorität aufzubauen, indem Hollande ihn diese politisch gefahrlose Entscheidung zuschob. Die Botschaft daraus wäre deutlicher kaum denkbar: Hört auf zu kritisieren oder wir sind bereit (beziehungsweise ich bin bereit)die nötigen Entscheidungen zu treffen.
In diesem Szenario wirkt Hollande tatsächlich wie ein Schreckgespenst für seine Minister. Andererseits ist es möglicherweise die tragbarste Entscheidung für den Präsidenten Frankreichs gewesen. Denn die Frage, die sich seit einiger Zeit für ihn aufdrängen muss, ist, wie lange er noch mit einem derartigen Widerstand in den eigenen Reihen und einem derart geschwächten Regierungschef regieren könnte? Mit Bathos Kündigung ist es dem Präsidenten möglicherweise gelungen, beide Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.
Quelle: le monde, le monde, focus-online, zeit-online, sz-online, tagesspiegel.de