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Vier Fragen an … Udo Schuldt, Blogger

Udo Schuldt ist ein Blogger aus Hamburg und seit 2009 Administrator der Internet Community Klimaschutz-Netz, die sich zum Ziel gesetzt hat, auf Informationen rund um das Thema Klimaschutz aufmerksam zu machen. Zusätzlich ist Herr Schuldt Mitglied der Bloggervereinigung Energieblogger, die sich vor allem auf die Themen und Fragen rund um die Energiewende konzentrieren.

Udo Schuldt: "Echte Nachhaltigkeit funktioniert nicht ohne Abschied vom Wachstum. Letztlich werden Regierungen niemals voran gehen, solange es keine Bereitschaft zum Abschied vom Überkonsum in der Bevölkerung gibt. "

Milk the Sun: Lieber Herr Schuldt, die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Udo Schuldt: Selbst wenn ich mir Mühe gebe fällt mir da kaum etwas Positives ein. Ankündigungen und tatsächliches Verhalten fallen weit auseinander. Einige Beispiele:

  • Die energetische Sanierung der Gebäude kommt nicht voran.
  • Die Regierung fiel mehrfach unangenehm auf, weil sie die Grenzwerte für Kfz in der EU verwässern wollte, zunächst bei leichten Nutzfahrzeugen und dann bei PKW.
  • Der in Deutschland produzierte Kohlestrom stieg in 2012 um 5 Prozent an und auch beim Versuch den Preis der Emissionszertifikate wieder – durch deren Verknappung – zu erhöhen, stand die Bundesregierung eher auf der Bremse.

Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Udo Schuldt: Eine neue Bundesregierung muss den Ausstieg aus der Kohleverstromung erheblich beschleunigen. Dazu könnte ein Kohleausstiegsgesetz dienen. Auch der Braunkohletagebau muss ein Ende haben. Wichtig ist die energetische Sanierung von Gebäuden, da Bau und Betrieb von Gebäuden um die 40 Prozent des Energieverbrauches verursachen und entsprechend viel CO2 erzeugen. Um die erneuerbaren Energien mache ich mir dagegen weniger Sorgen. Diese werden ihren Siegeszug fortsetzen, auch ohne höhere Einspeisevergütungen. Allerdings muss der Einspeisevorrang erhalten bleiben. Den könnte eine CDU/CSU/FDP-Bundesregierung zu kippen versuchen.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Udo Schuldt: Am Besten wäre es, wenn möglichst alle Haushalte und Unternehmen zu Ökostromanbietern wechseln würden und somit den großen Vier ihre Basis entziehen. Aber das ist wohl nur Wunschdenken. Dennoch sind Kampagnen die dazu aufrufen von Seiten der Umweltverbände notwendig. Aus Klimaschutzsicht ist ein schneller Umstieg auf erneuerbare Energien wesentlich, die Produktionskapazitäten sollten weltweit möglichst ausgeschöpft werden und die fossile und atomare Energieerzeugung ist zu Beenden. Wichtig wäre es auch, dass wir den Journalisten die besseren Informationen liefern.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Udo Schuldt: Umweltpolitik die ihren Namen verdient ist unerlässlich, aber von den jetzigen Regierungsparteien eher nicht zu erwarten. Ich persönlich halte aber auch nichts von den Vorstellungen eines „green new deal“ die auf der Illusion nachhaltigen Wachstums basieren. Vielmehr brauchen wir auch Lebensstiländerungen. Einfach die Solaranlage auf dem Dach und Ökostrom in der Steckdose werden dem Problem nicht gerecht, wenn weiterhin so viele Produkte konsumiert, geflogen und Auto gefahren wird. Agrosprit im Tank ist auch keine Alternative. Echte Nachhaltigkeit funktioniert nicht ohne Abschied vom Wachstum. Letztlich werden Regierungen niemals voran gehen, solange es keine Bereitschaft zum Abschied vom Überkonsum in der Bevölkerung gibt. Damit meine ich natürlich nicht diejenigen die ohnehin kaum Einkommen haben, sondern die Angehörigen der Konsumentenklasse. Die Einkommen der Armen – überall auf der Erde – müssen dagegen gesteigert werden.  Entwicklungspolitik muss also sowohl die Armut bekämpfen, als auch die Erneuerbaren Energien fördern.

 

Wir danken Herrn Schuldt für das Interview.

 


Im Rahmen der Interviewreihe “Vier Fragen an …” stellt der Milk the Sun Blog bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre. Bisher interviewten wir Sebastian Bolay (DIHK), Heiko Schwarzburger (Photovoltaik), Corinna Lang (CleanEnergy Project), Patrick Jüttemann (klein-windkraftanlagen.com), Christian Leers (PV-Experte), Robert Schwarz (BTO Management Consulting), Lothar Lochmaier (Freier Journalist), Michael Richter (Sonneninvest AG), Kilian Rüfer (SUSTAINMENT)

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