Ist Disruption die Lösung des Energiesektors?

Ist Disruption die Lösung des Energiesektors?

„Disruptions in the Energy Industry“ heißt die aktuelle Blogparade der Energieblogger, die auf dem Barcamp Renewables in Kassel ins Leben gerufen und nun gestartet wurde. Wir beschäftigen uns in unserem Beitrag mit der Frage, warum Disruptionen eigentlich so häufig Angstschweiß auslösen – und was sie für den Energiesektor letztendlich bedeuten.

 

Dieser Beitrag ist Teil der Blogparade „Disruptions in the Energy Industry“ der Energieblogger, die bis zum 28. Februar 2018 läuft. Wer mit seinem Blog teilnehmen möchte, ist herzlich eingeladen.

 

Angst essen Seele auf: Rainer Werner Fassbinder hat in seinem Melodram nicht nur ein filmisches Meisterwerk geschaffen, sondern gleichwohl ein geflügeltes Wort geprägt. Eine sehr spezifische Angst, die auf diversen Konferenzen und Messen wie auch in Business-Meetings hinter verschlossenen Türen die Luft zum Atmen der Seele förmlich erstarren lässt, scheint sich im Ausdruck der „Disruption“ zu verfestigen.

Gerade in Zeiten, in denen der Wandel des Energiesektors in besonderem Maße um sich greift, befällt die disruptive Angst auch all diejenigen, die im Bunde stehen mit der systemisch verfestigten Art der konventionellen Energiegewinnung und ihrer zentral-strukturierten Verteilung.

Werden die Erneuerbaren unsere Stromversorgung noch gewährleisten können? Wird der Strom bezahlbar bleiben? Ist das Projekt Energiewende überhaupt noch zu retten? Wer verdient in Zukunft eigentlich an der Energie? Nicht zuletzt mit der Entscheidung, in Deutschland endgültig auf Atomkraftwerke verzichten zu wollen, wurde ein Paradigmenwechsel eingeläutet, der eine disruptive Welle im Energiesektor in Bewegung setzte, die ihresgleichen sucht.

 

Kodak und Nokia als Warnung

Aber: Ist Disruption denn wirklich die Lösung des Energiesektors? „Disruption ist ein Prozess, bei dem ein bestehendes Geschäftsmodell oder ein gesamter Markt durch eine stark wachsende Innovation abgelöst beziehungsweise „zerschlagen“ wird“, so erklärt das Gründerszene-Lexikon. Was hat uns die Vergangenheit über Disruptionen gelehrt?

Die wohl bekanntesten Beispiele der jüngeren Disruptions-Geschichte spiegeln sich in den Namen zwei einstiger Marktführer ihrer Branchen wieder: Kodak und Nokia. Kodak, so lassen uns verschieden Quellen wissen, nahm die Digitalisierung der Fotografie wohl nicht so ernst. Heute wird mehr fotografiert denn je – doch Kodak stürzte mit dem Vormarsch der Digitalkamera in die Pleite.

Ein ähnliches Schicksal ereilte den einstigen Marktführer für Mobiltelefone Nokia. Den robusten Handys der Vergangenheit stellte apple mit dem iPhone das erste Smartphone entgegen. Nokia erkannte die Zeichen der Zeit zu spät – die Konsequenzen sind bekannt. Smartphones überfluten heute den Markt mit intelligenten, multifunktionalen, interaktiven Geräten. Aus einem simplen Mobiltelefon wurde ein Device, das maximale Vernetzung auf unterschiedlichsten Ebenen ermöglicht.

 

Innovation schlägt Trägheit

Die Quintessenz aus beiden Beispielen: Innovation besiegt Trägheit. Die Angst vor Disruption ist also gerechtfertigt, aber nur für jene, die fest halten an dem was sie haben, ohne sich dem zu öffnen, was kommt. Diese Beobachtung ist auch im Energiesektor zu machen. Es dauerte lange, bis die bekannten Energieriesen die Zeichen der Zeit erkannten oder wahrhaben wollten und auch selbst neue Geschäftsmodelle entwarfen, um an der Umschichtung des Energiesektors mit dem Einfluss der erneuerbaren Energien teilzuhaben und somit daran auch profitieren zu können.

Den Status Quo konnten sie trotz Widerständen jedenfalls nicht erhalten. Zu tiefgreifend sind die Veränderungen. In vielen Bereichen verbinden intelligente Stromnetz heute, was aus logischer Sicht schon lange zusammengehört: Stromerzeugung, Speichertechnologien und Verbrauchsgeräte werden über smarte Netzmanagement-Lösungen gekoppelt. Wird Strom benötigt, so wird er produziert – oder eben aus zur Verfügung stehenden Speichern ausgegeben. Kleine, dezentrale Energielieferanten spielen hier die entscheidende Rolle. Die schwankende Stromproduktion erneuerbare Energien wird so mit dem wechselhaften Verbrauch synchronisiert – das Stromnetz von morgen bringt auch riesige Einsparpotenziale mit sich.

Durch die Dezentralität der Energiewende werden Akteure auch auf kleinsten Ebenen zu Profiteuren, bis hin zum Bürger selbst. Mit der intelligenten Vernetzung und Steuerung gewinnen IT-gestützte Systeme auch in der Energieversorgung enorm an Relevanz; progressive Ideen innovativer Jung-Unternehmen entwickeln sich binnen kurzer Zeit zum Standard.

Sektorenkopplung ist nicht mehr nur ein erstrebenswertes Ziel, sondern auch eine logische Konsequenz aus der Digitalisierung. Strom, Wärme und Verkehr konvergieren, bedingen sich gegenseitig und eröffnen völlig neue Nutzungspotenziale der gewonnenen Energie. Die Sektorenkupplung gilt für viele Wissenschaftler im Energiesektor als der entscheidende Faktor für das Gelingen der Energiewende.

Es würde zu weit führen, bis ins Detail zu hinterfragen, ob die Disruptionen, wie wir sie gerade erleben, für die Neugestaltung der Energieversorgung die effizientesten sind. Ob die Energiewende nicht günstiger, schneller, besser sein könnte. Niemand wird allen Ernstes behaupten, die neuen Technologien seien wie Puzzle-Teile in die vorhandenen Strukturen integrierbar – es wären dann ja auch nur Innovationen, keine Disruptoren. Nicht umsonst spricht Gründerszene von „Ablösung“ oder gar „Zerschlagung“.

 

Angst hat nur, wer sich neuer Technologien verschließt

Aber der Energiesektor wird sich weiter verändern. Radikal, tiefgreifend, kurzfristig. Der Prozess ist nicht aufzuhalten, und er ist folgerichtig. Natürlich gibt es Schräubchen und Stellrädchen, an denen Politik oder Verbände, Konzerne oder EE-Gegner Gegenwehr leisten können. Das war gestern so, das ist heute so, und es wird auch morgen sein. Aber die Gegenwehr wird keinen Erfolg haben, die angestoßene Entwicklung ist unaufhaltsam.

Angst haben müssen davor lediglich jene, die sich ihr verschließen. Ja, es gibt Argumente, die gegen die dauerhafte Nutzung von Smartphones sprechen. Und doch könnte man Wetten eingehen, dass jeder, der diesen Text gerade liest, in seiner linken oder rechten Hosentasche oder vielleicht sogar gerade aktuell in der Hand ein Smartphone vorfindet.

Wie auch das Smartphone es nicht ist, wird auch die Energieversorgung der Zukunft nicht perfekt sein. Sie ist aber der Energieerzeugung von gestern in signifikanten Kriterien um Längen überlegen. Sie ist flexibler, bürgernäher, individueller, klimafreundlicher, und – gerne vergessen, extra betont – effizienter.

 

Disruption im Energiesektor hat mehr Gewinner als Verlierer

Und damit auch zurück zur Eingangsfrage: Ist die Disruption nun eigentlich die Lösung des Energiesektors? Zugegeben, die Fragestellung erscheint nicht ganz richtig. Eine Disruption ist mitnichten eine Lösung, sie ist eine Veränderung, das Ergebnis neuartiger, revolutionärer Technologien, die das Hier und Jetzt bis ins Mark erschüttern und so eine neue Ära einleiten können.

Wer sich darauf einlässt, flexibel agiert, Innovationen annimmt und den eigenen Tellerrand auch gerne gegen einen weiten, offenen Horizont tauscht, braucht davor aber keine Angst zu haben, sondern wird zum Gewinner der Disruption. So, wie der Energiesektor selbst zum Gewinner der aktuellen Disruptionen wird.

 

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