Energiewende & Politik Posts

Die Solarenergie ist endlich Nettoenergieerzeuger

Niemand spricht es aus, doch irgendwas schien immer etwas dran zu sein, am unausgesprochenen Paradoxon, dass die Produktion von Solarmodulen zur CO2-freien Stromgewinnung mehr Energie benötigt, als sie letztendlich einbringt. Doch, so jedenfalls besagt es eine Studie der Standford University, endlich ist der Zeitpunkt gekommen, zu dem die Menge der installierten Solarmodule mehr saubere Energie produziert hat, als nötig war, um sie herzustellen.

Die Purifizierung von Silizium erfordert hohe Energiekosten

Die Studie verglich die Gesamtproduktion von Sonnenenergie aus Solarenergie-Quellen aller Größen und Arten mit den Energiekosten, die sowohl für die Produktion als auch für die Instandhaltung der Systeme ist. Michael Dale, der seit seiner Promotion für Stanford’s Global Climate Energy Project (GCEP) arbeitet, schätzt, dass die Welt bis 2015, aber spätestens 2020 den Verbrauch durch Produktion übersteigen wird. Vor gerade einmal fünf Jahren überstieg der Energiebedarf die Eigenproduktion der Module noch um 75 Prozent. Doch die stetig verbesserte Effizienz in Produktionsverfahren lies den Energiebedarf drastisch sinken.

Der Prozess zur Modulherstellung kann enorm energieintensiv sein. Schätzungsweise 90 Prozent der Solarmodule auf dem Markt sind silizium-basiert. Um Silizium zu gewinnen, muss Gestein mit Siliziumdioxid bei über 1500°C geschmolzen werden, was oft über kohlebefeuerten Kraftwerken geschieht. Danach muss das pure Silizium noch einmal geschmolzen werden, damit es kristalline Strukturen mit 99,99-prozentiger Reinheit annimmt. Dennoch wurden Produktionstechnologien weiterentwickelt, der Herstellungsprozess für Solarzellen wird immer effizienter. Dünner Silizium-Wafer und weniger veredelte Rohmaterialien werden mittlerweile benutzt, die Menge an teuren Materialien, die während der Herstellung verloren gehen ist auch zurück gegangen. Die Benutzung andere Elemente wie Kupfer, Zink, Zinn und Kohlenstoff für Dünnschichtmodule kann auch weiter verbessert werden. Die benötigte Energie zur Produktion von Solarmodulen jedenfalls wird höchstwahrscheinlich weiter sinken.

Dennoch liegt das Hauptaugenmerk der Solarindustrie derzeit eher auf der Reduzierung von finanziellen Kosten als der Energiekosten, doch es gibt diverse Möglichketen, um Energiekosten zu reduzieren. Mehr Solaranlagen in sonnenreicheren Regionen zu bauen wäre natürlich die einfache und offensichtliche. Senkung des Materialbedarfs oder das Benutzen von Modulen mit geringeren Energie-Herstellungskosten als Siliziumzellen wären weitere Optionen. Andere Zellen, basierend auf Cadmiumtellurid oder CIGS (ein Material aus Kupfer, Indium, Gallium, Schwefel und Selen), könnten auch benutzt werden. Zusammen mit Silizium machen diese Zellen über 99 Prozent des aktuellen Marktes aus. Insgesamt sagt Dale jedenfalls nicht nur sinkende Energiekosten für die Herstellung sondern auch länger haltbare Module mit erhöhtem Wirkungsgrad voraus. Die Nettoenergieerzeugung sollte bei aktuellen und zukünftigen nachhaltigen Technologien jedenfalls eine übergeordnete Rolle spielen.

Einen Videobeitrag der Stanford University zu diesem Thema können Sie hier anschauen:

Quellen: Phys.org; Environmental Science and Technology

Steigende Strompreise durch Strompreis-Sicherung?

Der neue Vorstoß von Bundesumweltminister Peter Altmaier bezüglich des EEG, der unter dem Titel „Vorschlag zur Einführung einer Strompreis-Sicherung im EEG“ veröffentlich wurd, soll durch die Deckelung der EEG-Umlage den Strompreis gering halten. Damit lässt sich schlussfolgern, dass Altmaier die Schuld für den steigenden Strompreis im Ökostrom sieht. Aber wäre denn diese Deckelung der Umlage tatsächlich das Ende der Preissteigerung? Und wäre sie das Ende der Energiewende? Gestern setzte sich das Wirtschaftsmagazin plusminus der ARD genau damit auseinander.

Umlage-Befreiung macht die Hälfte der letzten Steigerung aus

Geschätzt wird, dass sich die Kosten der EEG-Umlage bis 2017 um sieben Milliarden Euro erhöhen, was mit der aktuellen Umlageberechnung zu einer Steigerung von rund einem Drittel führen würde, nämlich von 5,28 Cent pro kWh auf 7,28 c/kWh. Altmaiers Pläne sehen vor, dass die Umlage nächstes Jahr eingefroren wird und danach um maximal 2,5 Prozent pro Jahr erhöht wird. 2017 würde die Umlage damit 5,68 c/kWh erreichen.

Aribert Peters, Vorsitzender des Bundes für Energieverbraucher, dazu: „Dieser Plan ist vor allem gut für die Stromkonzerne. Die Erneuerbaren Energien werden dadurch ausgebremst“. Stattdessen müsse Altmaier bei den Ausnahmen für Unternehmen anfangen. Derzeit machen die Befreiungen der Industrie die Hälfte der aktuellsten Umlagesteigerung aus, nämlich 0,8 c/kWh. Altmaier möchte diese Befreiungen aber nur in geringem Maße beschränken, abschaffen möchte er sie nicht. Denn das würde natürlich auch auf großen Widerstand in der Wirtschaft treffen.

Energie-Soli rechtlich fragwürdig

Stattdessen sieht der Vorschlag zur „Strompreis-Sicherung“ die Einführung eines Energie-Solis vor, ein nachträglich gesetzlich verpflichtender Verzicht für Bestandsanlagenbesitzer Erneuerbarer Energien auf die bereits garantierten Förderungen. Für „rechtlich fragwürdig“ hält Henning Dettmer vom Bundesverband Windenergie diese Idee. Tatsächlich scheint der rückwirkende Eingriff in getätigte Investitionen mit dem Grundgesetz nicht vereinbar zu sein.

Solarenergie ist auf der eigenen Dachfläche anbringbar

Ausbaustop? Altmaier möchte Eigenverbraucher zur Kasse beten. iStockphoto.com©Jenna Wagner

Umlage-Zahlungen für den Eigenverbrauch bei Photovoltaik-Anlagen

Die Einspeisevergütung für Photovoltaik möchte Altmaier indes erst massiv senken und dann ganz abschaffen. Somit wäre Solarenergie nur noch für den Eigenverbrauch sinnvoll. Aber selbst das könnte sich ändern. Altmaiers Vorstoß sieht vor, dass diejenigen, die in PV-Anlagen für den Eigenverbrauch investiert haben, zusätzlich die EEG-Umlage für den selbst produzierten und verbrauchten Strom bezahlen. Ein weiterer Ausbau der Photovoltaik erscheint damit zumindest fragwürdig.

Flexibilisierung der Einspeisevergütung bevorteilt Großkonzerne

Der nächste Vorschlag des Bundesumweltministers betrifft alle Arten von Erneuerbaren Energien. Altmaier möchte den „Zahlungsbeginn der Einspeisevergütung für Neuanlagen flexibilisieren“. Bedeutet: Nach Anschluss einer Anlage ans Stromnetz könnte es Monate dauern, bis die Besitzer ihre Einspeisevergütung erhalten. Henning Dettmer dazu: „Das trifft vor allem den Mittelstand, Privatinvestoren und Anlagen in Bürgerhand.“ Denn: Große Konzerne könnten sich eine solche Verzögerung freilich leisten.

Strompreis-Sicherung damit nicht garantiert

Altmaiers Vorschläge könnten zudem unangenehme Nebenwirkungen an der Strombörse mit sich ziehen: Derzeit lässt der billige Ökostrom die Nachfrage nach dem teureren Strom aus konventionellen Energieträgern zurückgehen, was zu einer Preissenkung führt. Das Ausbremsen der Erneuerbaren Energien hingegen könnte jedoch dazu führen, dass der Strompreis an der Börse wieder steigt – was den Stromkonzernen weitere Möglichkeiten zu Strompreissteigerungen einräumt. Die Bezahlbarkeit für den Verbraucher ist damit nicht garantiert.

Quelle: plusminus, ARD

„Energie-Soli“: Altmaier sorgt für Gesprächsstoff

Es war eine große Überraschung für viele, was sich da heute Morgen durch das Internet wie ein Lauffeuer verbreitete. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) plant diverser Medienberichte zufolge einen Vorstoß in Sachen EEG, der unter dem Namen „Strompreis-Sicherung“ kursiert. Doch die Kritik, auch aus der Photovoltaik-Branche, kam schnell und sie kam laut. Eine Zusammenfassung.

Werden Photovoltaik-Investoren durch Altmaiers Vorstoß die wirtschaftlichen Sicherheiten genommen?

Bundesumweltminister Peter Altmaier. Fotograf: Christian Doppelgatz/KUXMA

Um den Aufschrei verstehen zu können, muss natürlich erst einmal geklärt werden, was die „Strompreis-Sicherung“,  inhaltlich eigentlich bedeutet. Auf der Seite des Bundesumweltministeriums finden sich dazu folgende Angaben:

Zur Sicherung der Berechenbarkeit, Verlässlichkeit und Bezahlbarkeit der EEG-bedingten Stromkosten soll die Höhe der EEG-Umlage erstmals gesetzlich festgeschrieben und begrenzt werden.

Danach bleibt die EEG-Umlage in den Jahren 2013 und 2014 unverändert auf dem seit 1. Januar dieses Jahres geltenden Wert von 5,28 Cent je Kilowattstunde. Für die folgenden Jahre soll ihr Anstieg auf max. 2,5 % pro Jahr begrenzt werden.

Zur Umsetzung dieser Strompreis-Sicherung sind Einmal-Maßnahmen (die auf jeden Fall wirken) sowie ein System automatischer Stabilisatoren (die nur im Bedarfsfall wirken) erforderlich, zu dem alle Akteure der Energiewende einen ausgewogenen Beitrag leisten müssen.

Unter anderem ist vorgesehen:

– den Zahlungsbeginn der Einspeisevergütung für Neuanlagen zu flexibilisieren,

– die Ausnahme-Regelungen für energieintensive Unternehmen zu reduzieren und zu begrenzen,

– die zunehmende Entsolidarisierung bei der EEG-Umlage durch Eigenproduktion und -verbrauch zu stoppen, sowie

– einen einmaligen EEG-Soli von Betreibern von Bestandsanlagen zu erheben.

Die notwendigen Gesetzesänderungen sollen noch vor der Sommerpause verabschiedet werden und zum 1. August 2013 in Kraft treten. Die vollständige Erläuterung ist hier zu finden.

Die Reaktionen im Überblick:

Ronald Heimann, Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE), sieht in dem Vorstoß das „Ende der Planungssicherheit für selbstständige Unternehmer. Eine juristische Prüfung, ob der EEG-Soli und zusätzliche Eingriffe bei Bestandsanlage dem durch die Verfassung garantierten Vertrauensschutz entspreche, sei unerlässlich.

Hildegard Müller, Bundesverband Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): „Bundesumweltminister Altmaier ist zu mutigen Schritten bereit, um die finanziellen Belastungen von Haushalten und Wirtschaft durch die Förderung der Erneuerbaren Energien in den Griff zu bekommen.“

Hans-Josef Fell, Bündnis 90/Die Grünen: „Die Vorschläge Altmaiers werden einen weitgehenden Stopp des Ausbaus aller Erneuerbare Energien über das erfolgreiche EEG noch vor Jahresmitte bewirken. Alleine die Ankündigung wird Banken und Finanzierer der Energiewende stark verunsichern. Beispiele wie Spanien zeigen, dass lange vor der Erreichung eines finanziellen Deckels, die Investitionen in der Branche beendet werden und der Markt für Neuanlagen weitgehend zusammenbricht. Mit dem „Energie-Soli“ hat er sogar vor, rückwirkend in getätigte Investitionen einzugreifen, was nach dem Grundgesetz verboten ist. Minister Altmaier setzt damit nicht nur die Energiewende, sondern auch tausende Arbeitsplätze aufs Spiel.“

Ulrich Kelber, SPD (per Twitter): „Diese Vorschläge sind ein Knallfrosch. Weder in der Regierung noch mit dem Bundesrat abgestimmt. Inhaltlich fragwürdig“ / „Wenn Peter Altmaier seine unausgegorenen Vorschläge auf Offshore anwendet, wird dort nicht mehr investiert, weil Vergütung nicht klar“

Michael Ziegler, photovoltaik-guide.de: „Energiewende: Peter Altmaier verarscht eine ganze Nation“

Verbraucherzentrale Bundesverband: „Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßt den Vorstoß von Bundesminister Peter Altmaier, den Anstieg der Strompreise zu begrenzen. Dieses klare politische Signal an die Verbraucher hat bisher gefehlt. vzbv-Vorstand Gerd Billen: „Wir werden Minister Altmaier dabei unterstützen, seine Ideen durchzusetzen, damit die Strompreise nicht mehr ungebremst ansteigen können.“

Jürgen Haar, photovoltaikforum.com (per Twitter): „Peter Altmaier: Letzte Woche hast du uns noch positiv überrascht und heute kommst du mit dem Vorschlaghammer!”

Eurosolar, europäische Vereinigung für Erneuerbare Energien e.V.: „Altmaiers Deckel-Pläne behindern die Energiewende, gefährden zehntausende Arbeitsplätze und sind verbraucherfeindlich. EUROSOLAR fordert Bundesumweltminister Altmaier auf, seine Pläne, einen sogenannten Deckel in das EEG einzuführen, umgehend zurückzunehmen. Alle Erfahrungen mit solchen Maßnahmen – z.B. in Spanien – haben gezeigt, dass die dadurch entstehende Investitionsunsicherheit alle Ausbauziel konterkariert.“

BUND für Umwelt und Naturschutz in Deutschland: „Wenn Bundesumweltminister Altmaier den Missstand beseitigen will, dass stromintensive Unternehmen bei der EEG-Umlage die Biege machen, dann hat er unsere volle Unterstützung. Seine Vorschläge zum Abwürgen der Energiewende hingegen werden auf unseren entschiedenen Widerstand treffen“

Quellen: welt.de, Bundesumweltministerium, Hans-Josef Fell, Photovoltaik-Guide.de, Eurosolar, Solarserver

70 Prozent der Europäer würden auf Erneuerbare setzen

Eine von der Europäischen Kommission geführte Umfrage zum Thema „Einstellung der Europäer zur Qualität der Luft“ hat ergeben, dass sieben von zehn Europäern Erneuerbare Energien Bevorzugungen einräumen würden. Weniger als zehn Prozent der Befragten fand eine Bevorzugung fossiler Energien sinnvoll. Wie aus der Studie hervorgeht, sehen aber nach wie vor 18 Prozent der Europäer die Atomenergie als eine Energiequelle an, der Prioritäten eingeräumt werden sollte.

Erneuerbare Energien gewinnen insgesamt an Akzeptanz

iStockphoto.com©Steve Jacobs

Erneuerbare Energien: Schlusslichter Rumänien und Bulgarien

Die Aufschlüsselung der Ergebnisse nach Nennungen in den Ländern zeigt, dass die Akzeptanz und das Bewusstsein für Erneuerbare Energien wie Photovoltaik oder Windkraft mit 82 Prozent in Portugal am höchsten sind, dicht gefolgt von Deutschland, Österreich, Dänemark und Spanien (je 81%). Wenig Wertschätzung erfahren die Erneuerbaren dagegen in Rumänien (49%) und Bulgarien (45%), wo weniger als die Hälfte der Teilnehmer für eine Priorisierung stimmte. Der europaweite Schnitt liegt bei 70 Prozent.

Ins Zentrum des Interesses rückt auch mehr und mehr die Energieeffizienz. Im europaweiten Durchschnitt erhält eine Fokussierung auf Energieeffizienz eine Zustimmung von 28 Prozent. Hier bilden die Slovaken mit 44 Prozent die Spitze, in Zypern sprachen sich nur 18 Prozent dafür aus (Deutschland 33%).

Atomenergie bei europaweit 18 Prozent

Die nukleare Energiegewinnung erhält Unterstützung vor allem aus Tschechien. 44 Prozent der tschechischen Befragten halten die Atomenergie für eine unterstützenswerte Energiequelle, gefolgt von Schweden mit 33 Prozent. In Deutschland erhält die Atomenergie eine Zustimmung von acht Prozent, die geringste Zustimmung erfährt die Nuklearenergie in Österreich und Zypern mit je vier Prozent. Der europäische Schnitt liegt bei 18 Prozent.

Interessant auch, dass in Polen unkonventionelle fossile Energieträger wie Schiefergas eine Zustimmung von 33 Prozent erhalten. Schätzungen zufolge verfügt Polen über das größte Schiefergasvorkommen Europas, Polen möchte unter anderem das umstrittene Fracking-Verfahren benutzen und vorantreiben. In allen anderen europäischen Ländern bleibt die Zustimmung zu dieser Art der Energiegewinnung unter elf Prozent, in Italien, Schweden und Finnland liegt sie bei gerademal drei Prozent (Deutschland 7%).

Konventionelle fossile Energieträger scheinen dagegen in der europäischen Bevölkerung keinen Platz mehr zu haben. Ein Schnitt von acht Prozent (Deutschland 9%) bei einem Maximum von 19 Prozent in Litauen bedeuten, dass nicht einmal jeder zehnte Europäer der konventionellen Energiegewinnung einen Vorrang einräumen würde. Besonders niedrig ist die Unterstützung hier in Schweden (3%), Slowenien, Italien  und Polen (je 4%).

Männer bevorzugen nukleare Energiegewinnung eher als Frauen

Die sozio-demographische Analyse der Befragten zeigt, dass Männer Atomenergie eher bevorzugen als Frauen (23% vs. 13%). Die Energieeffizienz (24%) und die Erneuerbaren Energien (65%) finden bei Menschen über 55 Jahren vergleichsweise wenig Zustimmung.

Auch Bildung spielt eine große Rolle. Nur 59 Prozent Prozent derjenigen, die mit 15 oder früher bereits ihre Bildung beendet haben, nennen Erneuerbare Energien, während der Wert bei den Teilnehmern mit einer Bildungszeit bis über das 20. Lebensjahr hinaus bei 75 Prozent liegt.

Quelle: Europäische Kommission (Attitudes of Europeans towards air quality report)

„EEG braucht grundlegende Veränderung in der Förderstruktur“ Dr. Pfeiffer von der CDU im Interview

Seit 2002 vertritt Dr. Joachim Pfeiffer von der CDU den Wahlkreis Waiblingen im Deutschen Bundestag. Der Diplomkaufmann ist seit 2009 wirtschaftspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von CDU/CSU.

Milk the Sun: Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer, weltweit orientieren sich Regierungen mit ihren Gesetzen an dem Vorbild EEG in Deutschland. Mit dem raschen Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland hat die aktuelle Fassung nach Meinung vieler aber eine Überarbeitung nötig. Welche Faktoren muss Ihrer Meinung nach das neue EEG berücksichtigen, welche Änderungen muss es beinhalten?

Pfeiffer: Das EEG braucht eine grundlegende Veränderung und zwar in der Förderstruktur! Stromproduzenten haben ihre Produkte selbst zu vermarkten und an den Markt zu bringen. Was in anderen Branchen selbstverständlich ist, muss schließlich auch für die Energiewirtschaft gelten. Dies ist richtig und fair, denn die Gemeinschaft kann nicht dauerhaft den Preis und die Abnahme garantieren. Die bisherige Produktion muss endlich den Schritt von der Plan- zur Marktwirtschaft vollziehen. Für eine Beibehaltung des Status Quo gibt es kein vernünftiges Argument. Vielmehr wird der Umbau der Energieversorgung nur mit dem Markt erfolgreich sein. Weitere Schritte zur Markt- und Systemintegration der Erneuerbaren Energie sind zwingend notwendig. Nur dadurch kann es gelingen, Bürger und Wirtschaft vor weiteren unverhältnismäßigen Kostenanstiegen zu bewahren.  Das EEG bietet Investoren für erneuerbare Energie mehr als lohnenswerte Anreize. Der Anteil der Erneuerbaren an der deutschen Stromerzeugung liegt dadurch mittlerweile bei 25 Prozent. Die erneuerbaren Energien sind kein Nischenprodukt mehr, sondern ein fester Bestandteil des Energiesystems. Jetzt gilt es auch für die erneuerbaren Energieträger auf eigenen Beinen zu stehen und sich endlich aus der 100-prozentigen Subvention zu lösen. Es liegt in der Natur der Sache, dass derartige Mitnahmeeffekte, wie Sie beim EEG zu beobachten sind, nur durch veränderte Rahmenbedingungen gestoppt werden können. Daher ist die Zeit nun mehr als reif, um über die Zukunft des EEG nachzudenken und die notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Das Problem wird sich nicht von alleine lösen und ein Festhalten am Status Quo der gesetzlichen Bestimmungen ist niemanden zumutbar. Die Zahlen sprechen hier eine mehr als deutliche Sprache.

Milk the Sun: Bis wann sollte das neue EEG  umgesetzt werden?

Pfeiffer: Die notwendige Reform des EEG gilt es zügig in Angriff zu nehmen. Je länger wir warten, desto größer wird die Kostenbelastung durch das EEG. Daher ist rasches Handeln gefragt, denn weiter steigende Energiekosten belasten die Haushalte und gefährden die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandorts. Marktwirtschaftliche Reformen haben zügig zu erfolgen.

Es gilt jedoch: Schnellschüsse sind nicht gefragt. Stattdessen braucht es langfristige und nachhaltige Lösungsansätze.

Milk the Sun: Ein weiteres Thema, das vor allem im Zusammenhang mit den Strompreiserhöhungen für kommendes Jahr gefallen ist, sind die Umlage-Befreiungen für Industrie-Unternehmen. Sind diese nach wie vor gerechtfertigt? Was muss man ändern?

Pfeiffer: Die Industrie ist ein zentraler Faktor für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik. Mit ihr ist ein erheblicher Anteil der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung verbunden und sie sichert unzählige Arbeitsplätze in Deutschland. Damit ist sie ein zentrales Element für den Wohlstand unseres Landes und essentieller Bestandteil unserer soliden Realwirtschaft. Tatsächlich ist sie der entscheidende Grund dafür, dass Deutschland wirtschaftliches Wachstum verzeichnet, während andere stärker deindustrialisierte Staaten tief in der Krise stecken. Dieses zentrale Element unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gilt es zu schützen. Dafür sorgen maßgeblich die besagten Entlastungsregelungen für die energieintensive Industrie. Die Kritik an diesen Regelungen ist aus drei Gründen irreführend:

Erstens sind dies keine „Befreiungen“, wie immer fälschlicherweise behauptet wird. Energieintensive Unternehmen beteiligen sich auch weiterhin an der EEG-Umlage, jedoch gestaffelt nach dem Verbrauch in verringertem Maße. Zudem gilt die Entlastung nur für die Energieintensiven: Alle Unternehmen, die einen Verbrauch von einer Gigawattstunde pro Jahr unterschreiten, sind von der Entlastung ausgenommen. Bereits jetzt gehören die deutschen Industriestrompreise im europäischen und weltweiten Vergleich zu den höchsten. Jede weitere Belastung erhöht die Gefahr der Abwanderung und Vernichtung von Arbeitsplätzen. Es geht hier also nicht um Geschenke oder Subventionen, sondern um Erleichterungen für Standortnachteile.

Zweitens führen die heftig kritisierten Entlastungen der energieintensiven Industrie zu eher geringen Zusatzbelastungen: So macht die Entlastung bei der bisherigen EEG-Umlage von 3,5 Cent je Kilowattstunde rund 0,878 Cent aus. Infolge des jetzigen Anstiegs der EEG-Umlage auf 5,3 Cent wird die Entlastung der Industrie etwa 1,2 Cent betragen. Damit kosten die Industrieentlastungen einen Durchschnittshaushalt (3500 kWh) etwa 31 Euro im Jahr. Zum Vergleich: Die EEG-Umlage insgesamt belastet den Durchschnittshaushalt momentan mit rund 125 Euro. Ab nächstem Jahr werden es rund 185 Euro sein. Davon entfallen dann 42 Euro auf die Entlastungen der Industrie. Rechnerisch sichern so 3,50 Euro im Monat die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland.

Drittens stellt der Wegfall der Entlastungen keine Lösung des bestehenden Problems dar. Die Wurzel des Problems liegt woanders: Das EEG ist und bleibt Hauptkostentreiber. EEG-Strom wird derzeit überwiegend nicht in den Markt integriert, sondern in ein staatliches Vollkasko-System überführt – „produce and forget“ lautet das derzeitige Motto. Durch die 20-jährige bedarfsunabhängige Einspeisevergütung entstehen massive Fehlanreize, die eine bedarfsabhängige Einspeisung unattraktiv machen und das System weiter verteuern. Die Anlagenbetreiber erhalten eine Abnahmegarantie für den erzeugten Strom – unabhängig davon, ob überhaupt die notwendige Infrastruktur für den Transport zum Verbraucher besteht. Den Anlagenbetreibern kann es schlussendlich egal sein, ob ihr Strom ungenutzt verpufft oder tatsächlich eingespeist wird: Sie erhalten unabhängig davon 20 Jahre lang eine garantierte Vergütung. Vielmehr liegt es dann in Verantwortung der Allgemeinheit den notwendigen Netzausbau zu finanzieren. Und diese wird zukünftig noch stärker zur Kasse gebeten werden, denn eine Obergrenze für die Subventionsleistungen sind im EEG nicht vorgesehen!

Milk the Sun: Der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch sah in einem Interview mit dem „Deutschlandfunk“ auch aufgrund des enormen Zubaus an Photovoltaik die wachsende Gefahr von Blackouts. Sehen Sie diese Gefahr auch?

Pfeiffer: Ja, die Versorgungssicherheit stellt tatsächlich eine immer größere Herausforderung dar: An einem sonnigen Tag zum Beispiel kann die Photovoltaik bereits heute zeitweise die Leistung von mehreren großen Kraftwerken zur Verfügung stellen. Dasselbe gilt auch für Onshore-Wind. Beide Energieformen sind in ihrer Stromerzeugung völlig losgelöst von Nachfrage und Strombedarf. Ein paar Zahlen veranschaulichen das spezifische Problem einer stark schwankenden Stromerzeugung: 2011 variierte die Wind-Einspeiseleistung zwischen 0,1 GW (Minimum) und 22,7 GW (Maximum), Photovoltaik variierte zwischen 0,6 GW und 13,1 GW. Nur mal zum Vergleich: Im gleichen Jahr betrug die Gesamtleistungen aller in Deutschland betriebenen Kernkraftwerke rund 10 GW! Innerhalb von acht Stunden variiert die Einspeisung von Wind- und Solarerzeugung Stunden um bis zu 30 Gigawatt (GW) – bei einer Spitzennachfrage von 80 GW. Für die Zeit, wenn keine Sonne scheint oder der Wind nicht weht, müssen grundlastfähige Kraftwerke vorgehalten werden, um die Schwankungen auszugleichen und die Stabilität im Netz aufrecht zu halten. Wer aber soll diese Kraftwerke bauen und betreiben, wenn sie nur noch wenige Stunden im Jahr laufen können? Dies ist wenig profitabel und daher für keinen Energieversorger lohnend. Zudem bringen die hohen Schwankungen und die unkontrollierte Einspeisung die Netze regelmäßig an den Rand der Belastbarkeit. Im schlimmsten Fall kollabiert die Energieversorgung und es kommt zum besagten „Blackout“. Hier besteht eine Gefährdung der Versorgungssicherheit. Abhilfe schaffen hier nur effiziente Speicherlösungen, der Netzausbau und ein gewisser Anteil konventioneller Kraftwerke an der Energieerzeugung. Nur durch den Energiemix von konventioneller und erneuerbarer Energie lässt sich das Problem fluktuierender Einspeisung lösen.

„Ich sehen den Umbau der Energieversorgung eher als Marathonlauf“

Milk the Sun: In welchem Zeitrahmen muss die Energiewende von statten gehen? Können Sie Aussagen aus den Reihen der Grünen, die Energiegewinnung aus 100% Erneuerbaren Energien sei bis 2030 möglich, nachvollziehen?

Pfeiffer: Das, was die Grünen vorhaben, ist ein politischer Sprint. Ich sehen den Umbau der Energieversorgung eher als Marathonlauf. Übertragen auf dieses Wortbild würden die Grünen nach einigen Kilometern mit kollabierender Lunge am Streckenrand liegen. Die besonnenen Läufer erreichen hingegen durch Einteilung ihrer Kräfte das Ziel. Die gesetzten energiepolitischen Ziele können nur Schritt für Schritt erreicht werden. Ähnlich wie beim Marathon ist die Wahl des Tempos entscheidend. Den Ausbau der erneuerbaren Energie im Eiltempo voranzutreiben ohne die dafür notwendige Infrastruktur im gleichen Zeitraum auszubauen – dies kann nicht funktionieren! Ähnlich wie ein Läufer, der auf einem Bein sprintet und auf dem anderen joggt, lässt der Sturz nicht lange auf sich warten. Ohne geeignete Netze und Speicher können die steigenden erneuerbaren Erzeugungskapazitäten nicht eingespeist oder vorgehalten werden. Zudem müssen auch die erneuerbaren Energien in den Markt integriert werden, um den Ausbau stärker an dem Bedarf zu orientieren. Zudem wird durch eine Marktteilnahme sichergestellt, dass auch erneuerbare Energien Systemverantwortung tragen statt die Einspeisung infrastrukturunabhängig vergütet zu bekommen.

Milk the Sun: Was wünschen Sie sich von Ihrer Partei für die Zukunft was den Umgang mit der Energiewende betrifft?

Pfeiffer: Das Energiekonzept der christlich-liberalen Regierung ist nach wie vor der weltweit ambitionierteste Ansatz zum Umbau des Energiesystems. Damit nimmt Deutschland auf dem Weg  zu einer sauberen, sicheren und auch bezahlbaren Energieversorgung eine weltweit einzigartige Vorreiterposition ein. Der eingeschlagene Kurs ist eine Herausforderung und eine Gleichung mit vielen Unbekannten, denn Erfahrungswerte gibt es nicht. In der Umsetzung des Energiepakets liegt jedoch die Herausforderung für den Industriestandort Deutschland– gerade angesichts bedrohlich steigender Energiepreise. Umso wichtiger ist es, den Umstieg maßvoll und verträglich zu gestalten. Von der Union als Kraft der Vernunft und mit ihrer Wirtschaftskompetenz wünsche ich mir, dafür zu sorgen, dass das Energiepaket klug umgesetzt wird. Ideologische Irrationalitäten in der Energiefrage bleiben anderen Parteien überlassen. Die eigentliche Arbeit ist jetzt nicht beendet, sondern fängt gerade erst an.

Wir bedanken uns bei Herrn Dr. Pfeiffer für das Gespräch.

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