Vier Fragen an… Dietmar Brockes, Sprecher für Wirtschaft, Industrie und Energie der FDP-Landtagsfraktion NRW

Vier Fragen an… Dietmar Brockes, Sprecher für Wirtschaft, Industrie und Energie der FDP-Landtagsfraktion NRW

Dietmar Brockes ist Sprecher für Wirtschaft, Industrie und Energie der FDP-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen. Der 43-Jährige ist seit dem Jahr 2000 Mitglied des Landtags und seit 2005 Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft und Energie. Zuvor war der gelernte Kaufmann als selbstständiger Unternehmer am Niederrhein tätig. Nach der Verabschiedung der EEG-Reform hat er sich die Zeit genommen, unsere „Vier Fragen an…“ zum Thema zu beantworten.

 

Vier Fragen an...

„Den Eigenverbrauch künftig mit der EEG-Umlage zu belasten, unabhängig davon ob erneuerbar oder konventionell, ist eine der erheblichen Fehlkonstruktionen der chaotischen EEG-Reform der großen Koalition.“ – Dietmar Brockes

Milk the Sun: Die Bundesregierung um Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel hat den Gesetzesentwurf zur EEG-Novelle durchgewinkt. Ab dem 01. August soll der Eigenverbrauch von ausnahmslos jeder neu ans Netz angeschlossenen PV-Anlage mit der „Sonnensteuer“ – also 40 Prozent der EEG-Umlage – belastet werden. Solarstrom-Erzeugung und –Eigenverbrauch kann so unrentabel werden. Sehen Sie negative Auswirkungen auf den weiteren Ausbau von PV-Anlagen – und somit auf die Energiewende?

 

Dietmar Brockes: Den Eigenverbrauch künftig mit der EEG-Umlage zu belasten, unabhängig davon ob erneuerbar oder konventionell, ist eine der erheblichen Fehlkonstruktionen der chaotischen EEG-Reform der großen Koalition. In letzter Zeit hat sich gerade bei der Installation von PV-Anlagen im Kontext von Eigenverbrauchslösungen eine spürbare Dynamik entwickelt, die nun wohl ausgebremst wird. Richtig bleibt: Wer die Vorteile des EEG-Systems in Anspruch nimmt, wie Einspeisevorrang und Abnahmegarantie, der muss auch angemessen an den Gesamtkosten des Systems beteiligt werden. Dies kann aber im Rahmen der Netzentgelte berücksichtigt werden. Stattdessen hat Wirtschaftsminister Gabriel der Markt- und Systemintegration der Erneuerbaren nun einen Bärendienst erwiesen, der energiewirtschaftlich auch noch absurd ist. Wird demnächst für selbstangebautes Gemüse im Garten ebenfalls eine Ausgleichsabgabe für Händler und Landwirte fällig?

 

Milk the Sun: Verbraucherschützer und die Solarbranche wollen gegen die Ökostrom-Reform der Bundesregierung vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Es gebe erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass die geplante Abgabe für Supermärkte oder größere Privathaushalte, die sich selbst mit Solarstrom versorgen, gegen das Grundgesetz verstößt. Was hätte ein positives Urteil im Sinne der Ankläger für einen Effekt auf die Energiewende und die im internationalen Wettbewerb stehende Wirtschaft, die stromintensiven Industrie-Unternehmen?

 

Dietmar Brockes: Das ist zum jetzigen Zeitpunkt kaum zu beurteilen. Mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann ohnehin erst in einigen Jahren gerechnet werden, was leider auch zu weiteren Verunsicherungen und Investitionshemmnissen führen wird.

Besorgt bin ich vor allem darüber, wie leichtfertig die Bundesregierung den Vertrauensschutz für Investoren mit Füßen tritt. Denn der Schutz für den bis 2017 ans Netz gegangenen Anlagenbestand wird dann von Union und SPD komplett zur Disposition gestellt. Aufgrund der unzureichenden Übergangsregeln werden in den nächsten drei Jahren ohnehin schon neue Investitionen in die klimaschonende Eigenversorgung verhindert. Von einem Richterspruch des Verfassungsgerichts könnte daher auch für Bestandsanlagen eine wichtige Signalwirkung ausgehen.

 

Milk the Sun: Deutschland droht, die hoch gesteckten Klimaziele der 40-prozentigen Reduzierung der Treibhausgase bis 2020 zu verfehlen. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks plant nun ein „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“. Ministerien und Wirtschaft sollen Maßnahmen vorstellen, um das Ziel doch noch erreichen zu können. Wie könnten solche Maßnahmen aussehen – und ist das Ziel überhaupt noch realisierbar?

 

Dietmar Brockes: Die Zielmarke, Verringerung der CO2-Emissionen im Jahr 2050 um mindestens 80 Prozent gegenüber dem Jahr 1990, dürfen wir nicht reißen, wenn wir das 2-Grad-Ziel erreichen wollen. Es kommt nicht zwingend auf eine Punktlandung von 40 Prozent zur Halbzeit im Jahr 2020 an. Aber klar ist: Um die letzten Einsparungsmöglichkeiten realisieren zu können, sind erheblich größere Anstrengungen erforderlich. Daher liegt es doch schon im Eigeninteresse Deutschlands, das 40 Prozent-Ziel zu erreichen. Zur Verringerung der Treibhausgasemissionen ist der europäische Emissionshandel das zentrale Instrument. Er erfasst etwa die Hälfte der deutschen CO2-Emissionen und wird dazu führen, dass die bis zum Jahr 2020 gesteckten Ziele europaweite Reduzierung der CO2-Emission um 20 Prozent seit 2005 erreicht werden. Aber ohne weitere Anstrengungen bei der Energieeffizienz, gerade in den Bereichen, die nicht dem Emissionshandel unterliegen, wird es nicht gehen. Dazu ist allerdings Augenmaß nötig, statt blinder Aktionismus. Die Bundesregierung setzt hier die falschen Prioritäten. Sie konzentriert sich auf den Energiemarkt, statt Potentiale im Gebäudebereich und Verkehrssektor zu nutzen.

 

Milk the Sun: Zuletzt bitten wir Sie um einen Ausblick in die Zukunft. Laut Zahlen des Fraunhofer Instituts haben Erneuerbare Energien die Braunkohle in der ersten Jahreshälfte 2014 als wichtigste und stärkste Stromquelle abgelöst. Steht die Energiewende dennoch durch die EEG-Novelle wie von vielen befürchtet wirklich kurz vor dem Aus?

 

Dietmar Brockes: Die Energiewende kann nur gelingen, wenn sie sicher, sauber und bezahlbar umgesetzt wird. Bis zum Jahr 2050 ist noch ein weites Stück Weg zu gehen. Ich befürchte allerdings, dass durch das dilettantische Vorgehen der Bundesregierung bei der EEG-Reform die notwendige Akzeptanz erheblichen Schaden genommen hat. Viele der aktuellen Probleme wurden mit der EEG-Reform ja nicht gelöst. Im Moment sind für den Erfolg der Energiewende vor allem neue Impulse bei Energieeffizienz, Verkehr und Gebäuden notwendig. Im Strombereich ist es nicht damit getan, weiterhin Kapazitäten für erneuerbare Energien auszubauen, ohne Rücksicht auf Kosten, Netzstabilität oder die Rahmenbedingungen des europäischen Energiebinnenmarkts. Er muss stattdessen planbarer gestaltet werden, abgestimmt mit dem Ausbau von Netzen und Speichern bzw. fossilen Kraftwerken. Vor allem muss die Markt- und Systemintegration gelingen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien in den vergangenen 15 Jahren war enorm. Von einem Nischenmarkt zu über 25 Prozent Marktanteil. Im Strommarkt der Zukunft werden die erneuerbaren Energien eine noch wichtigere Rolle spielen, dass wird aber nur zu schaffen sein, wenn die bisherige Vollkasko-Absicherung der Realität angepasst wird.

Wir danken Herrn Brockes für das Interview. 

 

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Im Rahmen der Fortsetzung der Interviewreihe „Vier Fragen an …“ stellt der Milk the Sun-Blog führenden Köpfen aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die natio

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