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Die MtS-Wochenschau KW 42/43: Was war, was ist und was sein wird in Politik, Wirtschaft und der PV-Branche

In der zurückliegenden Woche gab es einige politische Weichenstellungen. Die Chance auf eine (historische) Schwarz-Grüne Koalition in Deutschland ist erst einmal auf Eis gelegt. Viel hängt nun von den Entwicklungen der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU/CSU ab. Auch die Energiewende steht erneut im Fokus, nachdem die EEG-Umlagen auf ein Rekordhoch von 6,240 Cent gestiegen sind. Derweil hat sich die Lage im US-Haushaltsstreit vorläufig entspannt, von einer Lösung sind die USA jedoch weiter entfernt als jemals zuvor. Die PV-Branche kann indes die Insolvenz eines weiteren deutschen Unternehmens beobachten, dieses Mal hat es Centrosolar getroffen.

Die MtS-Wochenschau KW 41/42: Was war, was ist und was sein wird in Politik, Wirtschaft und der PV-Branche.

Die letzte Woche wurden vor allem von wissenschaftlichen Fragen dominiert. Die Entdecker des Higgs-Boson erhielten den Nobelpreis für Physik. Bereits am Montag machte die Meldung um einen Durchbruch auf dem Feld der Fusionsforschung die Runde. Dahingegen reißen die Probleme in dem havarierten AKW Fukushima nicht ab. Immerhin hat die japanische Regierung mittlerweile internationale Hilfe angefordert. Ein Schritt in die richtige Richtung. Auf politischer Ebene zeichnet sich dagegen immer deutlicher ab, dass es in Deutschland für die nächsten vier Jahre voraussichtlich eine große Koalition geben wird. Die Sondierungen mit den Grünen liefen zwar produktiv, aber Beobachter gehen davon aus, dass sich die mangelnde Experimentierfreudigkeit der Union dennoch durchsetzen wird. Derweil offenbart EU-Kommissar Günther Oettinger erneut seine offene Lobbyhörigkeit.

Was war und sein wird – Der Wochenüberblick am Montag

Die zurückliegende Woche war sowohl national als auch international von verschiedenen politischen Erschütterungen geprägt. Während der Großbritanniens Premierminister Cameron auf dem Parteitag der Tories in Manchester versuchte seine Partei auf eine einheitliche Linie einzuschwören, schrammte Italien am Mittwoch scharf an einem Regierungssturz herbei, der von Silvio Berlusconis PdL inszeniert worden war. Derweil gehen in den USA die Lichter aus, weil sich Demokraten und ideologisch verblendete Republikaner nicht auf einen Kurs in der Schuldenpolitik einigen können. In Deutschland verständigten sich SPD und Union auf Sondierungsgesprächen und dennoch wird eine Koalition mit den Grünen immer wahrscheinlicher. Außerdem: Ikea verkauft PV-Module, Spanien setzt zum Enthauptungsschlag gegen seine Photovoltaikindustrie an und der EU-Wettbewerbskommissar fordert eine Alternative zum EEG.

 

Vier Fragen an … Ove Petersen, Gründer und Geschäftsführer von GP Joule

Ove Petersen ist einer der Gründer und Geschäftsführer von GP Joule. Der Diplom-Agraingenieur schloss 2000 sein Studium an der Fachhochschule Weihenstephan ab. Der dreifache Familienvater führt zudem seit 2002 ein landwirtschaftliches Unternehmen. Ove Petersen gründete GP Joule 2010 zusammen mit Heiner Gärtner. Beide können bereits auf eine dreizehn Jahre andauernde Zusammenarbeit zurückblicken, aus der schließlich vor drei Jahren GP Joule hervorging.

Ove Petersen: "Die letzten 20 Jahre waren weltweit geprägt von einer Hegemonie des Shareholder Value gegenüber Betrachtungsweisen, die wesentlich nachhaltiger und womöglich auch intelligenter sind. Demzufolge wurde kurzfristigem Gewinnstreben vieles untergeordnet, leider häufig auch die Aspekte, die mit Umwelt- und Klimaschutz zusammenhängen."

Milk the Sun: Lieber Herr Petersen, die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Ove Petersen: Zumindest bezogen auf die Klimapolitik halte ich diesen Superlativ für bei weitem übertrieben. Die Bundesregierung hat beim Klimaschutz jeden Elan verloren und für das Thema fühlt sich anscheinend niemand mehr zuständig und verantwortlich. Deutschland ist beim Klimaschutz nicht mehr Vorreiter und Lokomotive, sondern hat sich an einen Zug angehängt, der zunehmend in die falsche Richtung fährt. Die Folgen sind katastrophal: 2012 wurden in Deutschland 2 Prozent mehr klimaschädliche Emissionen ausgestoßen als 2011. Alleine die CO2-Emissionen aus der Braunkohleverstromung sind innerhalb eines Jahres um mehr als 5 Prozent gestiegen. Anstatt das CO2-Reduktionsziel national von 30 auf 40 Prozent anzuheben, hat es die Bundesregierung zugelassen, dass die Energiewende zunehmend zu einem Konjunkturprogramm für Klimakiller verkommt.

Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Ove Petersen: Es muss ein klares Bekenntnis zur Energiewende, zum konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien und zum Klimaschutz her. Dafür muss man bereit sein, auch einmal Entscheidungen zu treffen, die zunächst unpopulär erscheinen können oder von Boulevardmedien auch mal kritisiert werden. Dazu zählt, dass die Berechnungsmethodik für die EEG-Umlage verändert werden muss. Wenn die Verursacher klimaschädlicher Emissionen an den damit verbundenen Folgekosten beteiligt werden, wird das System insgesamt gerechter und der Differenzbetrag zu den EEG-Vergütungen sinkt – auch zu Gunsten der Verbraucher. Dafür muss CO2 endlich einen Mindestpreis erhalten, im Zweifelsfall zunächst auch in Folge eines nationalen Alleingangs durch Deutschland als Vorreiter. Einen Mindestpreis von 40 Euro je Tonne ausgestoßenem CO2 halte ich für absolut angemessen, denn die Folgeschäden je Tonne sind wesentlich höher anzusetzen, wie erst neulich wieder Studien nachgewiesen haben. Eine solche Maßnahme würde auch einen positiven Impuls für mehr Innovationen und Investitionen in klimafreundliche Technologien bedeuten. Davon würden die deutschen Unternehmen gerade auch auf internationaler Ebene in besonderer Weise profitieren.

Aber auch wir als Erneuerbare Energien-Branche müssen unsere Hausaufgaben machen: Wir müssen selbstständig und proaktiv Vorschläge dafür entwickeln, wie die erneuerbaren Energien noch günstiger und marktfähiger werden können. GP JOULE hat zum Beispiel vorgeschlagen, die nach EEG zu vergütende Stromerzeugung von Windparks oder PV-Anlagen auf 90 Prozent ihrer Nennleistung zu begrenzen. Das spart enorme Netzausbaukosten und gibt den richtigen Anreiz dazu, EEG-Anlagen immer stärker systemdienlich einzusetzen. Wer dies konsequent weiterdenkt, der wird auch schnell zur Einsicht kommen, dass die dezentrale Speicherung von Energie häufig eine gute, oft auch regional die bessere Alternative zum teuren Netzausbau ist. Wenn dezentrale Energiespeicher nicht mehr länger als Letztverbraucher behandelt werden und deswegen die damit verbundenen Steuern und Abgaben bezahlen müssen, würden sich hier viele Dinge entscheidend beschleunigen. Ein Beispiel: PEM-Elektrolyseure, die flexibel Strom in Form von Wasserstoff speichern und im Bedarfsfall rückverstromen können, haben ohne die Verpflichtung zur Zahlung von Letztverbraucherabgaben die klare Perspektive, bis zum Ende der kommenden Legislaturperiode kostenmäßig voll wettbewerbsfähig zu sein. Auf diese Weise entsteht die Möglichkeit, Stromüberschüsse aus erneuerbaren Energien kosteneffizient zu speichern und bei Nacht und Windstille wieder einzuspeisen. Mit diesem System ist es nur eine Frage der Zeit, wann der Punkt erreicht sein wird, zu dem jedermann einsehen muss, dass wir dann auch keine fossilen Kraftwerke mehr brauchen.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Ove Petersen: Einige Punkte habe ich eben schon genannt. Aber den wahrscheinlich elementarsten davon möchte noch einmal hervorheben: Die Energiewende ist die zentrale Maßnahme, über die wir Klimaschutz wirklich wirksam betreiben können und damit nicht nur vernünftig handeln, sondern auch auf die Technologien setzen, die zunehmend die günstigeren und damit auch verbraucherfreundlicheren sind. Aber diesen ein wenig abstrakten Diskurs müssen wir lebhafter und lebensnaher für die Menschen herunterbrechen und darstellen. Auch hierfür möchte ich zwei Beispiele nennen. Erstens: Wenn Sie in den USA 100 Kilometer mit dem Auto fahren, zahlen Sie mindestens genau so viel dafür, als wenn Sie das in Deutschland täten. Das Benzin kostet sie dort zwar nur die Hälfte, aber die Autos dort verbrauchen dort mindestens doppelt so viel Sprit. Wenn Benzin aber scheinbar fast nichts kostet, werden Sie sich kaum Gedanken darüber machen, wie Sie vielleicht Ihr Mobilitätsverhalten ändern könnten, um weniger Geld dafür ausgeben zu müssen und nebenbei auch noch Umwelt und Klima zu schonen. So zahlen am Ende alle drauf: Sie haben hohe Mobilitätskosten trotz niedriger Benzinpreise und der Klimawandel schreitet voran. Das Gleiche gilt für die Debatte in Deutschland: Heute ist noch kaum jemandem bewusst, dass schon 2013 neue PV-Anlagen den Strom günstiger erzeugen als neue Kernkraftwerke. Viele Interessen- und Lobbygruppen versuchen immer noch, der Öffentlichkeit den Blick auf bereits vorhandene Fakten zu verstellen und das konsequente Weiterentwickeln intelligenter Ansätze zu behindern. Aber das wird ihnen immer weniger gelingen. Jeder, der zuhause eine PV-Anlage zur Eigenstromnutzung nutzt, weiß das.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Ove Petersen: Die letzten 20 Jahre waren weltweit geprägt von einer Hegemonie des Shareholder Value gegenüber Betrachtungsweisen, die wesentlich nachhaltiger und womöglich auch intelligenter sind. Demzufolge wurde kurzfristigem Gewinnstreben vieles untergeordnet, leider häufig auch die Aspekte, die mit Umwelt- und Klimaschutz zusammenhängen. Hier könnten wir als Gesellschaft und als Staat ein „Sicherungssytem“ installieren, das künftig verhindern helfen könnte, dass Unter-nehmen, aber auch die Politik Entscheidungen treffen, die den Ressourcenverbrauch und damit auch die Umweltzerstörung und den Klimawandel weiter vorantreiben und beschleunigen: Wir sollten den Klimaschutz und die Reduzierung des CO2-Ausstoßes auf null als Staatsziele im Grundgesetz verankern. Diese Ziele sind so elementar wichtig für diejenigen, die das Grundgesetz schützen soll, nämlich die Menschen und die Tiere, die in Deutschland leben, dass sie es absolut verdienen, Verfassungsrang zu erhalten. Denn dann hätte jeder auch das Recht, Gesetze im Bereich der Klima-, Umwelt- und Energiepolitik auf ihre Verfassungskonformität hin überprüfen zu lassen. Wir würden also die Sicherheit dafür schaffen, dass das Recht und der Schutz der Menschen Vorrang vor dem kurzfristigen Gewinnstreben auf Kosten der Nachhaltigkeit hat.

Die Politik wird sicher eine solche Initiative nicht selbst ergreifen. Es braucht also eine gesellschaftliche Basis und Bewegung, die eine derartige Forderung, nämlich Klimaschutz und CO2-Reduktion Verfassungsrang zu geben, in die öffentliche politische Debatte einbringt. Da bin ich optimistisch: Ich denke, die gesellschaftliche Mehrheit, die eine solche Forderung mitträgt, ist heute größer denn je.

 

Wir bedanken uns bei Herrn Petersen für das Interview.

 


Im Rahmen der Interviewreihe “Vier Fragen an …” stellt der Milk the Sun Blog bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre. Bisher interviewten wir Sebastian Bolay (DIHK), Heiko Schwarzburger (Photovoltaik), Corinna Lang (CleanEnergy Project), Patrick Jüttemann (klein-windkraftanlagen.com), Christian Leers (PV-Experte), Robert Schwarz (BTO Management Consulting), Lothar Lochmaier (Freier Journalist), Michael Richter (Sonneninvest AG), Kilian Rüfer (SUSTAINMENT), Udo Schuldt (Blogger), Thorsten Zoerner (Solution Architect), Prof. Dr. Eicke Weber (Fraunhofer ISE), Falko Bozicevic (GoingPublic Magazin), Carsten Körnig (Solarwirtschaft e.V.), Denis-Mariel Kühn (EGBB), Doreen Brumme (Freie Journalistin), Erhard Renz (sonnenfluesterer.de), Sabine Eva Rädisch (Autorin und Bloggerin), Bart Markus (Wellington Partners), Prof. Volkmar Liebig (avesco Financial Services AG), Dr. Tim Meyer (Grünstromwerk GmbH), Alexander Fehr (Fehrdeal & Energieblogger), Thomas Nasswetter (Ritter Gruppe und Blogger), Dr. Stefan Dietrich (Windwärts Energie), Sylvia Pilarsky-Grosch (BWE), Holger Ruletzki (Parabel AG), Franz Alt (Journalist), Arne Horn (DZ-4), Dr. Bernd Köhler (Phoenix Solar), Björn-Lars Kuhn (Proteus Solutions & Energieblogger), Cornelia Daniel-Gruber (Journalistin und Bloggerin)

 

Vier Fragen an … Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar)

Carsten Körnig ist der Hauptgeschäftsführer des Bundesverband Solarwirtschaft e.V.. Herr Körnig war der maßgeblich verantwortliche Begründer der bereits 1997 entstandenen Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft e.V.. Der BSW Solar sieht sich als Treiber der Energiewende und operiert als Verband an den Schnittstellen zwischen Politik, Wirtschaft und Verbrauchern als Informant und Berater. Er vertritt die Interessen von über 800 Solarunternehmen aus der deutschen Solarbranche.

Carsten Körnig: "Es geht darum, den strommarkt der alten Energiewelt auf die neue Energiewelt mit Sonne- und Windenergie als zentrale Säulen umzubauen. Hier brauchen wir keine Schnellschüsse, sondern durchdachte und dauerhaft tragfähige Lösungen mit fairen Spielregeln, die nicht nur die Interessen der Energiekonzerne im Blick haben."

Milk the Sun: Lieber Herr Körnig, die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Carsten Körnig: Die Regierung war ursprünglich angetreten, um die Laufzeit der Kernkraftwerke zu verlängern. Dieses Ziel wurde nach Fukushima schnell einkassiert – ein klarer Pluspunkt. Danach ist leider nicht die erforderliche Dynamik für den Umbau unserer Energieversorgung entstanden.  An zu vielen Stellen lief es nicht gut oder sogar gar nicht. Bundesumweltministerium und Bundeswirtschaftministerium blockierten sich gegenseitig, zum Beispiel beim Handel von Verschmutzungsrechten. Ein höherer Preis der CO2-Zertifikate würde viele unserer heutigen Probleme mildern. Besonders gelitten hat die Photovoltaik-Branche: Zu viele und unnötige EEG-Novellen haben den Markt zuerst stark verunsichert und ungewünschte Vorzieheffekte ausgelöst. Jetzt leiden wir unter der faktischen Ausbaubremse. Dabei fallen die Kosten für neu installierte Solarstromanlagen kaum noch ins Gewicht!

 Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Carsten Körnig: Die neue Bundesregierung ist gefordert, unmittelbar nach der Wahl die Rahmenbedingungen für Solarenergie nach zu justieren, damit der Ausbau nicht zum Erliegen kommt. Gemeinsames Ziel muss dabei sein, die Abhängigkeit von der Förderung weiter zu reduzieren, aber bitte mit mehr Augenmaß! Erleichtert werden müssen solare Nahstromkonzepte für Bürgerenergiegenossenschaften, Gewerbebetriebe und die Wohnungswirtschaft. Drittens geht es darum, den Strommarkt der alten Energiewelt auf die neue Energiewelt mit Sonne- und Windenergie als zentrale Säulen umzubauen. Hier brauchen wir keine Schnellschüsse, sondern durchdachte und dauerhaft tragfähige Lösungen mit fairen Spielregeln, die nicht nur die Interessen der Energiekonzernen im Blick haben.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist Ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Carsten Körnig: Die verzerrte Kostendiskussion war zu erwarten, schließlich geht es um den fundamentalen Umsturz in der Energiewirtschaft. Es wird suggeriert, an den Kosten für Strom entscheide sich die Gerechtigkeit der Gesellschaft, der Blackout drohe und die Industrie wandere ab. Die Stromkosten-Debatte wird so erhitzt geführt, weil die Erneuerbaren Energien die Verhältnisse in der Energiewelt umdrehen. Die Energiekonzerne werden aus der warmen Ecke des Quasimonopols vertrieben. Bürger, Genossenschaften und Stadtwerke gewinnen an Einfluss. Wir brauchen eine ehrliche und sachliche Debatte. Fakt ist: Wir müssen ohnehin in das Energiesystem investieren, weil unsere Stromleitungen alt, viele Kraftwerke veraltet sind. Aber wir können entscheiden, in welche Energieversorgung wir investieren. Und eine überwältigende Mehrheit möchte Erneuerbare Energien! Es ist an der Politik, die konstruktiven Kräfte einzubinden und Bremser auszubremsen. Die Energiewende hat Transparenz und den Willen zum Erfolg verdient.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist Ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Carsten Körnig: Bei langfristig wirksamen Problemen ist die Weitsicht der Menschen angesichts kurzfristiger Interessen wie Quartalsgewinne und Dividenden leider nicht sehr stark ausgeprägt. Das haben wir bei der Finanzkrise erlebt und wenn wir nicht aufpassen, wiederholt sich das beim Klimawandel. Wir sehen aber, dass sich etwas bewegt. Es sind die Mütter und Väter, es sind die Großeltern, die ihren Kindern und Enkeln einen Planeten hinterlassen wollen, auf dem auch sie leben können. Deswegen nehmen immer Menschen die Sache selbst in die Hand und investieren in Erneuerbare Energien: Ein Viertel des Stroms in Deutschland wird bereits klimaschonend, sicher und überwiegend in Bürgerhand erzeugt. Das gibt uns Hoffnung! Die Photovoltaik hat weltweit eine Bewegung ausgelöst, die nicht mehr zu stoppen ist. Klar ist aber auch, dass wir keine Zeit mehr verlieren dürfen. Je mehr Menschen mitmachen, desto schneller werden wir unser Ziel erreichen.

 

 

Wir bedanken uns bei Herrn Körnig für das Interview.

 


 Im Rahmen der Interviewreihe “Vier Fragen an …” stellt der Milk the Sun Blog bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre. Bisher interviewten wir Sebastian Bolay (DIHK), Heiko Schwarzburger (Photovoltaik), Corinna Lang (CleanEnergy Project), Patrick Jüttemann (klein-windkraftanlagen.com), Christian Leers (PV-Experte), Robert Schwarz (BTO Management Consulting), Lothar Lochmaier (Freier Journalist), Michael Richter (Sonneninvest AG), Kilian Rüfer (SUSTAINMENT), Udo Schuldt (Blogger), Thorsten Zoerner (Solution Architect), Prof. Dr. Eicke Weber (Fraunhofer ISE), Falko Bozicevic (GoingPublic Magazin)

 

Vier Fragen an … Falko Bozicevic, Chefredakteur von GoingPublic Magazin

Falko Bozicevic ist seit Herbst 2006 Chefredakteur der Monatszeitschrift „GoingPublic Magazin“. Herr Bozicevic wurde 1969 geboren und studierte Mathematik und Wirtschaftsmathematik. Seit 2000 ist Falko Bozicevic bei GoingPublic Media AG angestellt. Nachdem Herr Bozicevic an dem Aufbau des Onlineauftritts von GoingPublic beteiligt war, begleitete er drei Jahre das Magazin Smart Investor als stellvertretender Chefredakteur.

Falko Bouicevic: "Die Energiewende – als Schlagwort frei erfunden und bis dato enttäuschend bedeutungslos geblieben – stand unter Schwarz-Gelb nur jeweils genau dann auf der Agenda, wenn es kurzfristig um Wählerstimmen ging, um langfristigen Machterhalt zu sichern."

Milk the Sun: Lieber Herr Bozicevic, die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Falko Bozicevic: Diese Selbsteinschätzung dürfte auf dem Scheiterhaufen der Geschichte landen. In die Regierung Merkel fällt energiepolitisch nicht zuletzt der undurchdachte und populistische Wiederausstieg aus dem Ex-Atom-Ausstieg. Die Energiewende – als Schlagwort frei erfunden und bis dato enttäuschend bedeutungslos geblieben – stand unter Schwarz-Gelb nur jeweils genau dann auf der Agenda, wenn es kurzfristig um Wählerstimmen ging, um langfristigen Machterhalt zu sichern. Und guter Wille in der Bevölkerung hin oder her: Die Politik ist sich sehr wohl des Umstands bewusst, dass der Einzelne nur soweit mitzumachen bereit ist, wie sein eigenes Portemonnaie nicht angegriffen wird. Überall wo das der Fall ist, schmelzen großspurige Ankündigungen schneller als Schnee in der Frühlingssonne dahin.

Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Falko Bozicevic: Zunächst einmal steht zu befürchten, dass es bei Schwarz-Gelb bleibt nach derzeitigem Stand. Nur noch schlechter als das Bestehende wäre eine erneute Große Koalition, in der sich wie von 2005-09 jeder auf Kosten des Anderen zu profilieren versucht und das wiederum in Abwesenheit einer Opposition. Der Best Case wäre also bereits der Status-quo. Insofern bestenfalls keine weitere Verschlechterung. Rot-Grün hatte energiepolitisch schon die richtigen Ideen, konnte und kann aber auch nicht zaubern. Schwarz-Grün wäre eine Alternative, die auf Bundesebene womöglich einen neuen Impuls bringen könnte – ohne Gewähr natürlich.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Falko Bozicevic: Ganz klar dürfte man hier denjenigen, die nur für die nächste Legislaturperiode gewählt werden, nicht eine Aufgabe und ihre Deutungshoheit anvertrauen, die die Menschheit im gesamten 21. Jahrhundert maßgeblich beschäftigen wird. Unabhängige, d.h. nicht um Wählergunst haschende Fachleute sollten hier verstärkt eingebunden werden wie Investoren, die die „Energiewende“ zu einem Teil mitfinanzieren sollen. Wenn ich etwas kritisiere, dann den Umstand, dass unsere gewählten Vertreter zu wenig auf unabhängige Fachleute hören bzw. hören möchten. Das betrifft freilich nicht nur die Energiewende.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Falko Bozicevic: Ich möchte Folgendes vorausschicken: Neue Technologien werden kurzfristig stets überschätzt, aber langfristig unterschätzt. Klimapolitisch sind wir also gerade dabei, die Weichen für das 21. Jahrhundert zu stellen. Und niemand weiß heute, ob sich das Gleis später nochmals wechseln lässt oder nicht. Dass in einer Demokratie vieles zu kurzfristig und damit kurzsichtig ausgelegt ist, gehört leider zu ihrem Wesen. Zuzüglich der Lobbyisten. Wir wünschen uns vielleicht nicht das chinesische Modell, aber ein Planungshorizont von 15 Jahren oder mehr sollte man einer Bundesregierung durchaus ebenfalls zutrauen dürfen – und falls nicht, bedarf es einer Institution, die das kann. Womöglich eine Art Ausschuss nationalen Interesses bei übergeordneten sehr langfristigen Angelegenheiten wie „Energiewende“ oder „Demographische Herausforderung“. So wurde das EEG zwar zum Exportmodell, das ist die gute Nachricht. Die jeweils populistisch geprägten turnusmäßigen Flickschustereien daran gehören zu ihren Schattenseiten. In anderen Ländern genauso. Wichtige Themen wie die zuvor genannten dürfen jedenfalls nicht alle paar Monate zur Wahl stehen – das ist völlig kontraproduktiv und verschwendet viel Zeit, Ressourcen und Nerven.

 

Wir bedanken uns bei Herrn Bozicevic für das Interview.

 


Im Rahmen der Interviewreihe “Vier Fragen an …” stellt der Milk the Sun Blog bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre. Bisher interviewten wir Sebastian Bolay (DIHK), Heiko Schwarzburger (Photovoltaik), Corinna Lang (CleanEnergy Project), Patrick Jüttemann (klein-windkraftanlagen.com), Christian Leers (PV-Experte), Robert Schwarz (BTO Management Consulting), Lothar Lochmaier (Freier Journalist), Michael Richter (Sonneninvest AG), Kilian Rüfer (SUSTAINMENT), Udo Schuldt (Blogger), Thorsten Zoerner (Solution Architect), Prof. Dr. Eicke Weber (Fraunhofer ISE)

Vier Fragen an … Prof. Dr. Eicke Weber, Leiter des Fraunhofer-Institutes für Solare Energiesysteme

Prof. Dr. Eicke Weber ist seit 2006 Leiter des Fraunhofer-Institutes für Solare Energiesysteme (ISE). Der 1976 promovierte Physiker schrieb seine Habilitation 1983 zum Thema „Transition Metals in Silicon“. Herr Weber war Professor in Berkeley an der University of California. An der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg hat Prof. Weber den Lehrstuhl für Physik/Solarenergie inne. 2006 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande und seit 2013 ist Prof. Weber Präsident des Bundesverband Energiespeicher (BVES).

Prof. Weber: "Der Übergang auf einen nachhaltigen Umgang mit unseren Ressourcen ist in der Tat alternativlos, wenn die Menschheit noch in 100 oder 200 Jahren auf diesem Planeten in einer Art leben will, die uns als angenehm erscheint."

Milk the Sun: Lieber Herr Prof. Weber, die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Prof. Weber: Ich kann ehrlich gesagt feststellen dass selbst diese schwarz-gelbe Koalition die Politik der beiden Vorgängerregierungen – rot-grün und schwarz-rot – auf dem Sektor der Energiepolitik im Wesentlichen fortgeführt hat.

Allerdings war die Aufkündigung des von der Bundesregierung vor ca. 10 Jahren mit den Kernkraftbetreibern mühsam und auch  – auf beiden Seiten – schmerzhaft ausgehandelten Atomkompromisses das Öffnen einer Pandora Büchse: Wie konnte die Kanzlerin nur diesen delikaten Kompromiss zerreißen und im Herbst 2010 die Laufzeit der AKWs so verlängern dass selbst der CDU Umweltminister eigentlich nicht mitgehen wollte? Die rasche Wende nach der Fukushima Tragödie korrigierte diesen Fehler, aber beide Schritte: Aufkündigung des AKW – Kompromisses, auf den sich die Energiewirtschaft langfristig eingestellt hatte, wie auch rasche und überraschende Kehre nach Fukushima untergruben einen der höchsten Werte deutscher Wirtschaftspolitik: Die bis dato allgemein anerkannte Zuverlässigkeit und Planbarkeit in Deutschland.

Dazu kamen die schädlichen Vorkommnisse um das Erneuerbare-Energien Gesetz EEG im Frühjahr der beiden letzten Jahre: Zunächst Röttgens Nachgeben gegen die Wünsche aus CDU und FDP, das gerade zum 1.1.2012 novellierte EEG in einem Hau-Ruck-Verfahren mit einem EEG-ÄG (EEG-Änderungsgesetz) neu zu novellieren. Zahlreiche PV Projekte wurden storniert, und die auf dem Dünnschichtbereich weltweit führende Firma First Solar begründete die Schließung des Musterwerkes in Frankfurt/Oder ausdrücklich damit, dass die Zukunft der PV in Deutschland nicht mehr planbar geworden sei. Röttgens Schwäche resultierte in seiner Entlassung, es gab diese EEG Novelle gar nicht, aber großer Flurschaden ist angerichtet worden.

Dieser Schaden wurde besonders in der PV Branche spürbar, aber es gibt einen Glaubwürdigkeitsverlust darüber hinaus. Dieser wurde besonders auch durch die genau ein Jahr später angekündigten ‚Strompreisbremse’ verstärkt, die zum Entsetzen von Wirtschaftspolitikern aller politischen Schattierungen ein Element der nachträglichen Aufkündigung fester gesetzlicher Zusagen enthielt. Auch hier hat die Nicht-Umsetzung dieser Maßnahme den angerichteten Vertrauensverlust für den Wirtschaftsstandort Deutschland nicht repariert.

Mit dieser Jo-Jo-Energiepolitik hat sich die Bundesregierung sicher nicht den in der Frage genannten Titel verdient.

Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Prof. Weber: Ein wichtiges Projekt wird ein neues EEG sein. Ich plädiere statt einer EEG Novelle für ein Energiewendegesetz, das die zur Energiewende erforderlichen technologischen, aber auch politischen und wirtschaftlichen Weichenstellungen zusammenfasst. Einem EWG sollte eine roadmap zugrunde gelegt werden, die beschreibt wie die Energiewende kostenoptimiert umgesetzt werden kann, mit dem Ziel einer weitgehend regenerativen Energieversorgung Deutschlands, zu Kosten, die nicht höher als die heutigen Energiekosten sein sollten, die nicht mehr steigen, wie dies in einem business-as-usual Prozess ohne Energiewende zweifellos der Fall wäre. Den zusätzlichen Aufwendungen der nächsten zehn Jahre sollten die Erträge der darauf folgenden Jahrzehnte gegenüber gestellt werden, um so auch die Akzeptanz dieses Prozesses in der allgemeinen Bevölkerung sicher zu stellen.

Wenn ein Energieministerium nicht geschaffen wird, könnte ich mir auch ein Amt für die Energiewende vorstellen, oder ein entsprechend verstärktes Umweltbundesamt, dem wichtige Kompetenzen für die Steuerung und Beobachtung der Energiewende gegeben werden sollten.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Prof. Weber: Das eben angeführte Amt für die Energiewende könnte eine zentrale Ansprechperson leiten, die die Diskussion versachlichen könnte. Ein wichtiges Problem ist z.B. die rasche Veränderung der Basiszahlen: wenn sie Photovoltaik (PV) auf der Basis der Zahlen von 2010 beurteilen stimmt die Aussage, dass die PV die teuerste Art ist, Strom herzustellen. Im Jahr 2013 kostet PV Strom in Deutschland in Großanlagen nur 10 ct/kWh, weniger als der halbe Haushaltsstrompreis, in sonnenreichen Ländern etwa die Hälfte, und ist damit bedeutend billiger als z.B. der Strom aus der Verbrennung von Öl und Dieseltreibstoff weltweit. Der Leiter oder die Leiterin dieses Amtes sollte in der Lage sein die Diskussion zu versachlichen, in die ja auch viele handfeste wirtschaftliche Interessen einfließen.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Prof. Weber: Hier kann ich eine Ausdruck der Bundeskanzlerin nutzen: Der Übergang auf einen nachhaltigen Umgang mit unseren Ressourcen ist in der Tat alternativlos, wenn die Menschheit noch in 100 oder 200 Jahren auf diesem Planeten in einer Art leben will, die uns als angenehm erscheint. Diese Erkenntnis wird sich in den kommenden Jahrzehnten mehr und mehr durchsetzen. Volkswirtschaften, die dies früh erkennen und die dazu nötigen technischen und industriellen Voraussetzungen pionierhaft schaffen, werden große Vorteile genießen. Die Energiewende ist hier nur ein erster Schritt, der durch die große Gefahr einer katastrophalen Veränderung des Weltklimas besonders dringend ist. Die nächste Legislaturperiode in Deutschland wird für diesen Prozess besonders wichtig werden.

Wir bedanken uns bei Herrn Prof. Weber für das Interview.


Im Rahmen der Interviewreihe “Vier Fragen an …” stellt der Milk the Sun Blog bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre. Bisher interviewten wir Sebastian Bolay (DIHK), Heiko Schwarzburger (Photovoltaik), Corinna Lang (CleanEnergy Project), Patrick Jüttemann (klein-windkraftanlagen.com), Christian Leers (PV-Experte), Robert Schwarz (BTO Management Consulting), Lothar Lochmaier (Freier Journalist), Michael Richter (Sonneninvest AG), Kilian Rüfer (SUSTAINMENT), Udo Schuldt (Blogger), Thorsten Zoerner (Solution Architect)

Vier Fragen an … Thorsten Zoerner, Solution Architect und Blogger

Thorsten Zoerner ist ein IT-Spezialist, Solution Architect und Blogger. Er unterhält unter anderem den Blog Stromhaltig.de, der aus der Grundidee eines Projektes für Nachhaltigkeit 2009 entstand und sich mittlerweile zu einer Webseite mit verschiedenen Tools, Wikis und ähnlichem entwickelt hat. Herr Zoerner arbeitete bisher unter anderem für IBM, Verity, Vivisimo und das SAS Institute. Er ist ein leidenschaftlicher Pilot und Mitglied der Energieblogger.

Thorsten Zoernder: „Nach meiner Meinung haben die Medien hier ihr „Bestes“ getan und dazu beigetragen, dass man über einige Teile der Energiewende nur Informationen erhält, die der Qualität einer Bobbycar-Affäre entsprechen. Meldungen werden unkontrolliert übernommen und nicht weiter hinterfragt. Bislang fehlt mir der Daten-Journalismus der Energiewende – und auch die Umsetzung eines gewissen Bildungsauftrages.“

Milk the Sun: Lieber Herr Zoerner, die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Thorsten Zoerner: Am Anfang der Legislaturperiode gab es die Bilder mit Frau Merkel vor einem Eisberg im roten Daunenanorak. Der Ausdruck „Klimakanzlerin“ war geboren und zeigt bis heute die Macht der Bilder. Ähnlich des Nobelpreises an Barack Obama vor seiner Amtseinführung, bleiben die Bilder der Kanzlerin im Gedächtnis, nicht aber die tatsächlichen Handlungen. Der Ausstieg aus der Kernenergie und der Einstieg in die Kohleverstromung ist in ihrer klimapolitischen Dimension kaum erfasst. Anstelle die Chance zu nutzen bereits im Jahre 2010 einen klaren Investitionsschutz für die Regenerative Energiequellen zu setzen, werden gerade Investoren seither auf eine harte Probe gestellt. Sollen die Klimaziele der Antrieb sein, dann hätte das Thema Verlässlichkeit eine höhere Priorität bedurft.

Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Thorsten Zoerner: Verlässlichkeit und weniger Regulierung. Gerade bei den dezentralen Aspekten der Energiewende, zeigt sich, dass der Bürger in seinen Taten und Handlungen wesentlich mehr zur Stabilität und Versorgungssicherheit beiträgt als ihm zugetraut wird.  Wenn es selbst an einigen Tagen im August 2013 nicht möglich ist durch den vorhandenen Großkraftwerkspark den Strombedarf in Deutschland zu decken, dann weiß man, welche Rolle in der Daseinsvorsorge die vielen PV-Anlagen und Windräder bereits heute haben.  Diese Rolle muss für Betreiber und Investoren auch in Zukunft verlässlich ausgestaltet werden.

Kurzfristig erwarte ich daher eine klare Abkehr von dem Versuch einer „Besteuerung“ des Eigenverbrauchs, wie er bislang in den Absichten von CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen zu finden ist.

Mittelfristig eine Reformierung der Förderungspolitik, die auf Nachhaltigkeit setzt und ähnlich der Markteinführung von Arzneimitteln ihre Wirkung und Verträglichkeit  – auch mit den Klimazielen – unter Beweis stellen muss.

Langfristig – über eine Legislaturperiode hinausgehend – sollten klare Etappenziele der Stromwende erkennbar sein. Ziele die im Jahre 2050 erreicht werden, sind zumindest für mich nach Eintritt ins Rentenalter.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Thorsten Zoerner: Zunächst ist die Frage, wer dafür verantwortlich ist, dass die Diskussion unkonstruktiv  geworden ist. Nach meiner Meinung haben die Medien hier ihr „Bestes“ getan und dazu beigetragen, dass man über einige Teile der Energiewende nur Informationen erhält, die der Qualität einer Bobbycar-Affäre entsprechen. Meldungen werden unkontrolliert übernommen und nicht weiter hinterfragt. Bislang fehlt mir der Daten-Journalismus der Energiewende – und auch die Umsetzung eines gewissen Bildungsauftrages.

Auf der anderen Seite, bin ich mir allerdings auch im klaren, dass gerade die ungeordnete Diskussion zu einem Bewusstsein des viel zu lange „fremdvergebene“ Thema Stromerzeugung führt. Meinung muss sich bilden – und dazu bedarf es Diskussion. Das da manche Aspekte nicht der Logik entsprechen, ist klar.

Schade ist, dass die politischen Redensführer aktuell nicht als Nukleus der Diskussion gesehen werden können. Kommunikation über die Energiewende wird dem Umweltminister auferlegt – die Strippen aber im Wirtschaftsministerium gezogen. Das hat mit einer Vereinfachung der Diskussion leider wenig zu tun.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Thorsten Zoerner: Die Grabenkämpfe gehen weiter, bis es zu einem Ausgleich der kurz- und mittelfristigen Interessen gekommen ist. Das ist eigentlich bei jeder Form der Veränderung normal.  Wenn wir in das Klima investieren, dann verzichten wir heute bewusst auf etwas, dessen Vorteil unbestimmt in der Zukunft liegt. Die entspricht sehr klassisch der wirtschaftlichen Definition von Investition und belegt, dass jeder Investor einzeln überzeugt werden will.  Dieses bedarf einiges an Zeit, Überzeugung und Standfestigkeit.

Die Zustimmung in der Bevölkerung zur Energiewende ist wahrscheinlich auf das langfristige Ziel gerichtet. Der kurzfristige Protest gegen die einzelnen Schritte zeigt, dass zu wenig Interessensausgleich stattgefunden hat.

 

Wir bedanken uns bei Herrn Zoerner für das Interview.

 


Im Rahmen der Interviewreihe “Vier Fragen an …” stellt der Milk the Sun Blog bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre. Bisher interviewten wir Sebastian Bolay (DIHK), Heiko Schwarzburger (Photovoltaik), Corinna Lang (CleanEnergy Project), Patrick Jüttemann (klein-windkraftanlagen.com), Christian Leers (PV-Experte), Robert Schwarz (BTO Management Consulting), Lothar Lochmaier (Freier Journalist), Michael Richter (Sonneninvest AG), Kilian Rüfer (SUSTAINMENT), Udo Schuldt (Blogger)

 

Vier Fragen an … Kilian Rüfer, Leiter von SUSTAINMENT

Kilian Rüfer leitet die Netzwerk-Agentur SUSTAINMENT. Das Unternehmen gründete Herr Rüfer bereits 2005 während seines Studiums. Zusätzlich unterhält Herr Rüfer einen Blog, auf dem er über die Fragen rund um die Themen Nachhaltigkeit, den Wegen ihrer Kommunikation und den Energiesystemwandel schreibt. Zudem ist Herr Rüfer einer der führenden deutschen Energieblogger.

Kilian Rüfer:

Milk the Sun: Lieber Herr Rüfer, die Liste derer, denen in den letzten Monaten und Jahren ein Ausbremsen der Energiewende vorgeworfen wurde, ist lang. Wie schätzen Sie die klimapolitischen Ergebnisse der letzten Legislaturperiode der schwarz-gelben Regierung ein, der nach Kanzlerin Merkel „erfolgreichsten Bundesregierung seit der Wiedervereinigung“?

Kilian Rüfer: Es gab Erfolge während der Legislaturperiode der derzeitigen Bundesregierung. Im Energiekonzept der Bundesregierung wurden die richtigen (Minimal)-Ziele gesetzt. Leider hat man es nicht geschafft, diese eigenen Ziele mit einer konsistenten Politik zu verfolgen. Die Ausbauraten erneuerbarer Energien sind sehr erfolgreich gewesen, jedoch sind im Umlagemechanismus einseitige hausgemachte Abwälzungen auf Verbraucher erfolgt.

Der Einschnitt in die Photovoltaik-Förderung war zu stark – auch wenn ich eine kleinere Anpassung mit Augenmaß durchaus nachvollziehbar gefunden hätte. Bei den Themen Netzausbau und Effizienz hat die Bundesregierung auf ganzer Linie versagt. Es gelang nicht, den Emissionshandel durch Verknappung von Zertifikation zu entlasten. Ebenfalls wurden europäische CO2-Grenzwerte im Verkehrssektor verhindert. Es werden zu viele neue Kohlekraftwerke angeschlossen und gebaut – was für Jahrzehnte Fakten schaffen dürfte. In 2012 sind laut UBA die Treibhausgasemissionen um 1,6 Prozent gestiegen. Was ich ernsthaft vorwerfe ist, dass zugelassen wurde, dass man die Inhalte des Klimaschutzes ausgeklammert hat.

Milk the Sun: Unabhängig davon welche Partei nach dem 22.September in den Bundestag einziehen wird und unabhängig von der dann herrschenden Koalition, kommen auf die neue Bundesregierung viele wichtige und prägende energiepolitischen Entscheidungen zu. Was erwarten Sie sich von der Bundesregierung nach den Wahlen?

Kilian Rüfer: Wer auch immer den Job machen muss, ich wünsche mir, dass aus den Fehlern die richtigen Lehren gezogen werden. Die Energiewende ist ein starker Veränderungsprozess. Dabei muss man den Verantwortlichen Fehler zugestehen: Es ist schon ein Ritt auf des Messers Klinge, wenn sich potentielle Verlierer mit aller Macht aufbäumen und knappe Haushalte sowie starke Verschuldung die Tage prägen – irgendwann aber muss Mut zur Veränderung ins Spiel kommen. Mit einer kongruenten Energiewende ließen sich so enorme Chancen für die Bundesrepublik eröffnen. Ich wünsche mir den Klimaschutz zurück auf die Agenda. Es wäre gut, wenn Anreize für Lastmanagement, Infrastruktur und Energieeffizienz Hand in Hand mit der Anschubfinanzierung erneuerbarer Energien gehen würden. Bei einer Weiterentwicklung des EEG wünsche ich mir Investitionssicherheit, eine Quellenvielfalt damit weiterhin noch mehr kleine und mittlere Investoren zu Energiebürgern werden. Was das Sparen betrifft, sollten die stillen und verdeckten umweltschädlichen Subventionen abgebaut werden. Die Ärmsten im Lande müssen entlastet werden, um Energiearmut zu verhindern.

Milk the Sun: Derzeit herrscht eine große Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, wenn es um das Thema Erneuerbare Energien und die damit zusammenhängende Energiewende geht. Der einzelne erstickt in einem Schwall an Pro-und-Anti-Propaganda, was letztendlich lediglich Verunsicherung und Verwirrung zur Folge hat. Es gibt nur wenige Stimmen die zur Ordnung rufen und die Diskussion auf eine sachliche und logische Ebene zurückführen wollen. Wie ist ihr Vorschlag für ein konstruktiveres Vorgehen in diesen Fragen?

Kilian Rüfer: Ich sehe auf zwei Ebenen Handlungsbedarf. Hinter den Kulissen und in den Medien. In den Gremien, die durch Interessensvertreter besetzt werden, sollten alle sitzen die betroffen sind. Heute finden die Industrie und die alte Energielobby am meisten Gehör und stille Gesprächsplätze – manchmal darf ein Feigenblatt-Öko-Lobbyist etwas sagen. Zum Thema Energie müssten alte Energielobby, erneuerbare Energielobby, Energieeffizienzlobby, Arbeitnehmerlobby, Verbraucherlobby und Naturschutzlobby etwas sagen dürfen. Ebenfalls würden scharfe Transparenzregeln für Fairness sorgen. Es muss sichtbar sein, wer von wem bezahlt wird. Es gibt zu viele Rochaden zwischen politischen Ämtern und Aufgaben in großen Lobbys und Unternehmen – solche Dinge müssen durch die Presse und Öffentlichkeit bewertet werden können. Der Staat muss wieder eine gestaltende Aufgabe übernehmen.

Auf der Medienebene ist es ebenfalls sehr komplex und kann mehr die Akzeptanz beeinflussen, als aufrichtig zu informieren. Sachlichkeit ist da ein frommer Wunsch, denn entschieden, gewählt und gekauft wird auf der unbewusst emotionalen Ebene. Das Buhlen um die Aufmerksamkeit und die Stimulierung von Verhalten ist ein essentielles Geschäft, welches manchmal zu stark mit der Presse verquickt ist. Seit dem Internet haben immer mehr klassische Medien wirtschaftliche Schwierigkeiten, was PR-Agenturen in die Hände spielt und zu schlechten Recherchen führt. Der Einfluss auf Redaktionen prägt Meinungen, was selbst bei öffentlich-rechtlichen eine Rolle spielt. Im Internet können fleißige, wie wir Energieblogger, dem Komplex einen Tropfen Grasroots-Information entgegen setzen. Niemand wird in einem freien Land diese Kampagnen verhindern können.

Vielleicht sind Bildung und Aufklärung ein Weg, immerhin können mit ihr die Einflüsse abgeschwächt werden. Eine schnelle Lösung für die aktuelle Situation habe ich nicht – ich finde die Bestärkung im Mut zum selber denken gut. Auch eine hervorragende Aufklärungskampagne würde in eine Richtung gefärbt sein. Wichtig ist, dem Einzelnen klar zu machen, was es mit einem selbst heute, morgen und übermorgen zu tun hat.

Milk the Sun: Stéphane Hessel bezeichnete den Kampf für eine nachhaltige und feste Umweltpolitik als eine der Hauptaufgaben der Menschen im 21. Jahrhundert. Die Erkenntnisse der Wissenschaft und die Veränderungen des Klimas geben ihm Recht. Dennoch passiert verhältnismäßig wenig, obwohl es letztendlich um die Existenz der menschlichen Spezis geht. Wie ist ihr Standpunkt dazu, dass sich angesichts eines derart dringenden Themas noch immer in politischen und wirtschaftlichen Grabenkämpfen ergeben wird?

Kilian Rüfer: Der Hirnforscher Gerhard Roth identifiziert als innere Entscheidungsträger die tiefen inneren Impulse – demnach ist die rational-denkende Entscheidung eine Utopie. Wenn tatsächlich fast alles unbewusst geschieht, werden Schuldzuweisungen absurd. Wenn man sich betroffen fühlt wird man aktiv. Also müssen die abstrakten Probleme in eine anfassbare persönliche Ebene übersetzt werden. Nachhaltigkeitskommunikation ist chancenlos, wenn diese nicht auf die ureigenen persönlichen Motive eingeht und das neuronale Belohnungssystem anspringt. Wenn jemand das Ganze erhalten will, spielt ein Verbundenheitsgefühl eine wichtige Rolle. „Ich und die Anderen“ ist falsch. „Wir“ ist richtig. In der Problemanalyse kommen Zeitzyklen ins Spiel: Ein wirtschaftliches oder vier gewählte Jahre reichen nicht aus, um einen Lösungspfad wie die Energiewende zu beschreiten, der z.B. 20 Jahre dauert. Wir müssen Wachstum neu definieren. In Paul Gildings Buch „Die Klimakrise wird alles ändern – und zwar zum Besseren“ beschreibt er einen Evolutionssprung aus der akuten Not heraus, durch den die Menschheit zu schnellen Anstrengungen motiviert wird – es wäre schön wenn seine These stimmt. Ich denke es lohnt sich Grundlagen zu schaffen, mit denen sich die Menschen selbst retten könnten.

 

Wir bedanken uns bei Herrn Rüfer für das Interview.

 


Im Rahmen der Interviewreihe „Vier Fragen an …“ stellt der Milk the Sun Blog bis zur Bundestagswahl am 22.September 30 Tage lang führenden Köpfe aus Wirtschaft, Politik und Medien vier Fragen zu den Erwartungen an die Energiepolitik Deutschlands der zurückliegenden und kommenden Jahre. Bisher interviewten wir Sebastian Bolay (DIHK), Heiko Schwarzburger (Photovoltaik), Corinna Lang (CleanEnergy Project), Patrick Jüttemann (klein-windkraftanlagen.com), Christian Leers (PV-Experte), Robert Schwarz (BTO Management Consulting), Lothar Lochmaier (Freier Journalist), Michael Richter (Sonneninvest AG)

 

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