Italien: Regierung senkt Einspeisevergütung rückwirkend
Schock für italienische Betreiber von Solaranlagen: Die italienische Regierung plant, die Einspeisevergütung für Photovoltaik-Anlagen über 200 kWp Leistung rückwirkend zu kürzen. Betroffen sein werden Anlagen mit einer gesamten Größe von 11 GW. Insgesamt sind in Italien 17,7 GW verbaut. Damit folgen die Italiener dem Modell in Spanien, welches bereits vor einigen Tagen diesen Schritt gewagt hat. Grund für die Gesetzesänderung ist die Reduzierung von Stromkosten für kleine und mittelständische Unternehmen. Der eigentliche Gedanke hinter dem Gesetz erinnert sogar an die Ideologie von Robin Hood, der Geld von den Reichen nehmen und den Armen geben wollte.
Die italienische Regierung um Matteo Renzi hat am 18. Juni ein Gesetzesdekret präsentiert, welches die rückwirkende Kürzung der Einspeisevergütung für Solaranlagen ab einer Größe von 200 kWp vorsieht. Der Vorschlag mit dem Namen „taglia-bolletta“ (Senkung der Stromrechnung) muss nun innerhalb von 60 Tagen nach Veröffentlichung im italienischen Amtsblatt in ein Gesetz verfasst werden, damit der Plan endgültig umgesetzt werden kann.
Vorrangig haben die neuen Vorgaben zum Ziel, die Stromkosten für kleine und mittelständische Unternehmen mit einer Niederspannungsleistung von über 16,5 kW um zehn Prozent zu reduzieren. Darüber hinaus rechnet die Regierung mit staatlichen Einsparungen von jährlich 1,5 Milliarden Euro.
Hohe EEG-Umlage als Grund für die Änderungen
Schuld an den zu hohen Stromkosten ist die italienische EEG-Umlage, die sogenannte Komponente A3. Eine Firma mit einem jährlichen Stromverbrauch von 100.000 Kilowattstunden hat eine Belastung gemäß der Umlage von ganzen 717,45 Euro. Das sind 30 Prozent der gesamten Stromrechnung, bei Privathaushalten macht die Umlage knapp 20 Prozent der Stromrechnung aus.
Die Idee hinter der rückwirkenden Gesetzesänderung klingt eigentlich sehr löblich: Geld soll von denjenigen genommen werden, die über die letzten Jahre zu viel bekommen haben, und denen gegeben werden, die bisher nicht profitieren konnte. Ein Denkansatz der Gerechtigkeit, so scheint es. Doch bringt die Ausführung dieser Idee immense Einschränkungen für Betreiber von Solaranlagen ab einer Größe von 200 kWp mit sich.
So müssen sich diese Anlagenbetreiber bis zum 13. November 2014 für eine der folgenden beiden Optionen entschieden haben, die dann ab dem 1. Januar 2015 in Kraft treten wird. Die Maßnahme “spalma incentivi” (Ausstreckung der Einspeisevergütung) beinhaltet folgende Hauptpunkte:
- Die Streckung der Einspeisevergütung von 20 auf 24 Jahre, wie von Conto Energia vorgesehen, mit einer Kürzung der jährlich zu beziehenden Einspeisevergütung in Abhängigkeit von der Restlaufzeit. Das heißt, die Gesamtvergütung bleibt gleich, wird allerdings um 4 Jahre gestreckt.
- Die Kürzung der Vergütung um 10 Prozent für die Laufzeit von 20 Jahren
Alternativer Plan für die Einspeisevergütung // Neue Zweige müssen nun EEG-Umlage zahlen
Ab dem 1. Juli 2015 wird GSE (Gestore Servizi Energetici) nicht mehr die tatsächliche monatliche Produktion vergüten, sondern konstante monatliche Abschlagszahlungen leisten. Allerdings nicht auf 100 Prozent des prognostizierten Jahresertrags, sondern nur auf 90 Prozent. Im Juni des darauffolgenden Jahres erfolgt dann eine Endabrechnung auf Basis der tatsächlich produzierten Energiemenge. Zum Ausgleich der Kürzungen soll es Finanzierungshilfen von der Cassa Depositi e Prestiti SpA geben.
Bis jetzt konnten Anlagenbetreiber ihren Strom „dietro al contatore“ mit SEU (Sistemi efficienti di Utenza) und RIU (Reti Interne d’Utenza) auch direkt vermarkten, ohne Übertragungskosten, Dispatching-Kosten oder EEG-Umlage zahlen zu müssen. In Zukunft werden die Betreiber dieser Systeme, sich an den Netzkosten (oneri di sistema) beteiligen müssen. Als Richtschnur für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage gelten die Netzkosten, die für den vom Stromnetz entnommenen Strom anfallen. Diese Kosten werden auf die Strommenge umgelegt, die nicht vom Netz entnommen wird (aufgrund der Direktvermarktung) und anschließend sind 5 Prozent des so zu ermittelnden Betrages zu bezahlen. Privatnetze, die ab 2015 in Betrieb gehen werden 10 Prozent hiervon bezahlen müssen sollten eine Förderung für den produzierten Strom erhalten. Ohne Förderung bleibt es bei dem Betrag von 5%.
Anlagenbetreiber stehen vor finanziellen Problemen
Das stellt Betreiber der betroffenen Photovoltaik-Anlagen vor finanzielle Hürden. Anlagenbetreiber können in Zukunft mit Liquiditätsengpässen zu tun bekommen und Bank-Kredite nicht mehr zahlen können. Hinzu kommt eine Verlängerung der Pachtverträge um vier Jahre, falls sich ein Anlagenbetreiber für die Streckung der Einspeisevergütung entscheiden sollte. Dabei ist nicht garantiert, dass eine Pacht auch wirklich um vier Jahre verlängert werden kann.
Das Team Energy von „Rödl & Partner“ Italien kommentiert diese Misslage wie folgt: “Wir sind der Auffassung, dass rückwirkende Maßnahmen immer zu vermeiden sind. In- und ausländische Investoren haben in der Vergangenheit viele Geldmittel in die erneuerbaren Energien in Italien investiert, weil sie auf einen stabilen regulatorischen Rahmen vertraut haben. Die Tatsache, dass nun die Karten neu gemischt werden, zwingt die Träger von PV-Anlagen dazu, sowohl die mit den Eigentümern der Grundstücke geschlossenen Verträge als auch die Bedingungen der erhaltenen Finanzierungen mit den Banken neu zu verhandeln. Sollten die angekündigte Maßnahmen tatsächlich verabschiedet werden – und sollten im Zuge der parlamentarischen Umwandlung des Dekrets in ein Gesetz keine Änderungen vorgenommen werden – ist damit zu rechnen, dass geschädigte Investoren ihre Interessen und Ansprüche auch auf dem Prozesswege einklagen werden.
Unserer Ansicht nach verletzen die angekündigten Maßnahmen geltendes italienisches Verfassungsrecht sowie auch die in diesem Bereich anwendbaren internationalen Abkommen. Auf dieser Grundlage wird es notwendig sein, zu prüfen, welche Gegenmaßnahmen, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene, zu ergreifen sein werden. Wir sind in jedem Fall bereit, alles zu tun was notwendig ist, um die Interessen und die Investitionen unserer Mandanten zu schützen.“