#btw2017: Gespräch mit Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU)

#btw2017: Gespräch mit Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU)

Nur noch wenige Wochen bis zur Bundestagswahl 2017. Am 24. September wird in Deutschland gewählt, und wir haben das Gespräch gesucht mit den energiepolitischen Verantwortlichen der großen Parteien. Für die CDU beantwortet Dr. Joachim Pfeiffer, Wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion unsere Fragen.

 

Milk the Sun: „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben.“ heißt das Wahlprogramm der CDU. Wie entwickelt sich in diesem Deutschland die Energieversorgung in den kommenden vier Jahren und darüber hinaus?

Dr. Joachim Pfeiffer, Wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU-BundestagsfraktionDr. Joachim Pfeiffer: „Für die Union steht fest: Die Energieversorgung in Deutschland muss sicher, sauber und bezahlbar sein. Um die Balance in diesem energiepolitischen Zieldreieck zu halten, gilt es, die bisherigen parallelen Fördersysteme in einem neuen Marktdesign zusammenzuführen, in das alle Technologien nach wettbewerblichen Kriterien zusammengefasst werden – von den erneuerbaren Energien und konventionellen Kraftwerke bis hin zu Speicher, Flexibilitäten und Digitalisierung.
Eine zentrale Herausforderung bleibt der zügige Netzausbau und die Synchronisierung mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien. So muss das bestehende Einspeisemanagement dringend geändert werden. Die Entschädigungszahlungen müssen abgesenkt werden, um Anreize zum Beispiel für eine marktgetriebene Sektorkopplung zu schaffen. Die jetzige Regelung blockiert hingegen jegliche Innovationen. Darüber hinaus ist zu prüfen, wie die Netzentgeltsystematik neu strukturiert werden kann. Schließlich gilt es, sich mit dem bisher aufgelaufenen Ausgabenrucksack zu befassen. Im Bereich Energieeffizienz muss die steuerliche Absetzbarkeit der energetischen Sanierung endlich kommen. Förderprogramme müssen zudem technologieoffen ausgestaltet werden, damit zum Beispiel veraltete Heizungssysteme zügig ausgetauscht werden und kein Investitionsattentismus entsteht. Alles andere wäre klimapolitisch kontraproduktiv.
Klar ist: Der Umbau der Energieversorgung kann nur mit mehr Europa, mehr Markt, mehr Wettbewerb gelingen.“

 

Milk the Sun: Das EEG stand jahrelang Modell für ähnliche Förderungsgesetze auf der ganzen Welt. Kritik gab es aber auch immer wieder daran. Welche Pläne sieht die CDU für das Erneuerbare-Energie-Gesetz vor?

Dr. Joachim Pfeiffer: „Deutschland verfolgt mit seinem 2010 vorgelegten Energiekonzept die weltweit ambitioniertesten Ziele zum Umbau und zur Dekarbonisierung des Energiesystems und damit der gesamten Volkswirtschaft. Der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien ist ohne Zweifel ein wichtiger Meilenstein, bringt aber enorme Herausforderungen mit sich. Tatsache ist: Die EEG-Förderkosten belaufen sich inzwischen auf über 25 Mrd. Euro pro Jahr. Die Gesamtkosten allein durch das EEG summieren sich auf 550 Mrd. Euro. Davon sind bisher lediglich rund 150 Mrd.€ durch die Stromkunden bezahlt; rund 400 Mrd. € sind noch offen. Der Netzausbau hält seit Jahren nicht Schritt mit dem Anstieg der Erzeugung. Der Strom kann immer öfter nicht abtransportiert werden, wird aber trotzdem teuer vergütet. Hinzu kommen exorbitant steigende Kosten für den Netzausbau – Stichwort Erdverkabelung – und für Redispatch-Maßnahmen.

Vor diesem Hintergrund war die EEG-Novelle 2016, mit der Ausschreibungen und eine Mengensteuerung eingeführt wurden, ein wichtiger und längst überfälliger Schritt, um den Systemwechsel hin zu mehr Markt und Wettbewerb einzuleiten. Die Preise sollen sich im Wettbewerb bilden und nicht durch politische Festsetzung. Die EEG-Reform geht also in die richtige Richtung, sie ist aber noch lange nicht ausreichend. In Zukunft gilt es, die europäische Dimension stärker ins Auge zu fassen. Statt 28 nationaler Ansätze ist eine Harmonisierung der Erneuerbaren-Förderung und der geplanten Kapazitätsmechanismen auf EU-Ebene das Gebot der Stunde. Ausschreibungen sollten europaweit und technologieneutral erfolgen.“

 

Milk the Sun: Die CDU spricht davon, die fossilen Energieträger langfristig abzulösen. In welcher Form findet so eine Ablösung statt, und bis wann kann sie aus Ihrer Sicht abgeschlossen sein?

Dr. Joachim Pfeiffer: „Europa und Deutschland brauchen eine Vielzahl von Energieträgern, um eine sichere, bezahlbare und saubere Energieversorgung in Zukunft gewährleisten zu können. Daher fordert die Union einen breiten und technologieoffenen Energiemix, ohne ideologische Scheuklappen. Der Ausstieg aus der Kernenergie bis 2022 ist beschlossene Sache und wird zügig umgesetzt. Die Kohleverstromung hat mit einem Anteil von derzeit rund 40 Prozent an der Stromerzeugung nach wie vor eine sehr hohe Bedeutung für Versorgungssicherheit und bezahlbare Strompreise in Deutschland. Braun- und Steinkohle sind wichtige steuerbare und grundlastfähige Erzeugungsträger, wobei Braunkohle zudem der einzige bedeutende steuerbare heimische Energieträger ist. Überdies hat die Braunkohleförderung für strukturschwache Regionen etwa in Brandenburg oder Nordsachsen eine hohe wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Bedeutung und genießt vor Ort hohe Akzeptanz.

Statt plumper und populistisch angehauchter Verbotspolitik setze ich auf ein intelligentes, koordiniertes Vorgehen. Konkret heißt das: Auf europäischer Ebene gilt es, den Emissionshandel zu stärken, insbesondere durch eine Bereinigung des Instrumentenkastens zum Klimaschutz. Parallel gilt es auf nationaler Ebene im Rahmen des europäischen Emissionshandels sinnvolle Maßnahmen voranzutreiben, insbesondere durch eine wettbewerbliche Steigerung der Energieeffizienz, den marktgetriebenen Ausbau der Erneuerbaren Energien (z.B. durch konsequente Einführung von Ausschreibungen) sowie der Einführung des oben beschriebenen Marktdesigns. In einem solchen, intelligent angelegten Maßnahmepaket wird Kohle in der Perspektive zur Resultierenden und damit sukzessive ersetzt.

Klimapolitisch ist zu berücksichtigen, dass Deutschland über die weltweit modernsten und effizientesten Kohlekraftwerkstechnologien verfügt. Angesichts der Tatsache, dass die Internationale Energieagentur in den nächsten Jahren weltweit eine Zunahme der Kohleverstromung prognostiziert, kann Deutschland auch mit seinen hocheffizienten Kraftwerkstechnologien einen Beitrag für mehr Klimaschutz weltweit leisten, indem wir zum Beispiel den Export solcher Technologien fördern.“

 

Milk the Sun: Der Strompreis ist für viele Verbraucher ein heißes Thema. Wie können mit einer CDU-Regierung die Preise stabil und gerecht bleiben? Sind Ausnahmen für die Industrie weiterhin gerechtfertigt?

Dr. Joachim Pfeiffer: „Wettbewerbsfähige und stabile Energiepreise sind das A und O für den Industriestandort Deutschland. Schon jetzt haben die Stromverbraucher bereits 150 Milliarden Euro für das EEG bezahlt, weitere bereits zugesagte Förderkosten von 400 Milliarden Euro sind in Zukunft abzubezahlen. Um die Kosten zu begrenzen, wurden in dieser Legislaturperiode Schritte in die richtige Richtung unternommen. Die EEG-Novellen von 2014 und 2016 haben maßgeblich zu einer Dämpfung des Kostenanstiegs beigetragen. Mit der Einführung der Ausschreibungen im EEG 2017 wurde ein grundlegender Paradigmenwechsel hin zu mehr Wettbewerb und Markt eingeleitet. Die Ergebnisse der ersten Ausschreibungen zeigen, dass dies der richtige Weg ist, der konsequent weiter zu beschreiten ist. Mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende wurde zudem die Umstellung auf intelligenten Messsysteme eingeleitet. Dies wird in der Perspektive jedem Stromverbraucher ermöglichen, seinen Stromverbrauch effizienter zu steuern und von Effizienzgewinnen und variablen Tarifen zu profitieren.

Die Entlastungsregelungen für die Industrie sind hingegen heute notwendiger denn je. Die steigenden Strompreise sind gerade auch für energieintensive Branchen, die im globalen Wettbewerb stehen, ein immer größeres Problem. Beispielsweise liegen hierzulande die Energiepreise um rund die Hälfte höher als in den USA. Der Rückgang der Investitionen um 1,5 Prozent in der chemischen Industrie in 2015 bei einer Gesamtinvestitionszunahme von 3,5 Prozent ist nur eines von vielen Warnzeichen. Sollten betroffene Industrien dem Preisdruck nachgeben und in das günstigere Ausland abwandern, wäre das ein nahezu irreparabler Schaden. Denn einmal abgewanderte Wertschöpfungsketten kommen in der Regel nicht wieder.

Dabei ist für mich klar: Das EEG war immer nur als Einstiegsförderung für eine Nischentechnologie gedacht, was die erneuerbaren Energien inzwischen mit über 30 Prozent Anteil an der Stromerzeugung mit Sicherheit nicht mehr sind. Förderung muss endlich sein. Daher gilt es, sich von der bisherigen Subventionsmentalität zu distanzieren und nach marktgerechten Finanzierungslösungen voranzutreiben. Photovoltaik, Windkraft und Biomasse müssen finanziell künftig auf eigenen Beinen stehen. Zudem sollten Obergrenzen zu den Kosten der Energiewende eingezogen werden.“

Danke an Dr. Joachim Pfeiffer für die Antworten auf unsere Fragen.

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