„Alptraum einer niedergeknüppelten Industrie“ – Interview mit Markus Steinkötter

Seit über zehn Jahren plant, realisiert und auditiert das unabhängige Ingenieurbüro Sunnyside upP GmbH Solarmodul-Produktionslinien. Das Kölner Unternehmen bietet unter anderem Machbarkeitsstudien, Projektentwicklung und Mitarbeiter-Schulungen an. Sunnyside upP ist zudem Teil des Netzwerkes PV Experts. Im Gespräch mit Milk the Sun erläutert Sunnyside upP-CEO Markus Steinkötter die Vorteile seines Unternehmens und nimmt Stellung zu aktuellen Themen der Erneuerbaren Energien und Photovoltaik.

Markus Steinkötter: „Dem Alptraum einer niedergeknüppelten Industrie, sollte man den Traum eines wirklichen ernst gemeinten Umbaus unserer Stromwirtschaft entgegen setzen.“

Milk the Sun: Sehr geehrter Herr Steinkötter, seit über zehn Jahren ist gibt es Sunnyside upP mittlerweile. Wofür genau steht Ihr Unternehmen, was bietet es?

Steinkötter: Wir haben uns etwas Bildhaft immer als die „Sherpa“ der Solarindustrie verstanden. Wir kennen die Wege zum Gipfel, haben Erfahrung am Berg und können auf aktuelle Ereignisse rechtzeitig reagieren. Wir stehen in der Verantwortung für unsere Kunden und Tragen die Lasten. Laufen müssen unsere Kunden natürlich selbst, aber sie sind in guten Händen und können sich uns anvertrauen. Heute ist dies in unseren Projekten in jungen Märkten in der Mena Region und Südamerika besonders gefragt.

In den europäischen Märkten wird unsere Expertise zur PV Park Qualität zunehmend angefordert. Wir wissen wie die Module hergestellt werden, kennen die Schwachstellen und verantwortlichen Ursachen und können so Ergebnisse besser bewerten und interpretieren. Man könnte dies mit einem Qualitätswächter in der Produktion und im PV-Feld veranschaulichen.

Milk the Sun: Sunnyside upP ist Teil des Netzwerkes von PV Experts. Warum? Welche Vorteile bringt PV Experts?

Steinkötter: Die Gründung der PVExperts war seinerzeit die Folge unserer guten Zusammenarbeit in verschiedenen Projekten. Nachträglich haben wir dem Kind einen Namen gegeben. Unsere Kunden bekamen so ein klares Bild von einem gelebten Kompetenznetzwerk. Jedes Mitgliedsunternehmen hat schon in seinem Fachgebiet mehrere hundert Megawatt Produktionsanlagen aufgebaut, bzw. über 100 Mio. € Finanzmittel verantwortet. Hier sind neben den „alten Hasen“  auch Spezialisten am Werk, die unabhängig „Best Practice“ Lösungen entwickeln können. Wir als Modulfachleute können so zum Beispiel auf Experten aus der Finanzierungs- und Versicherungssparte wie Exxergy zurück greifen, die Experten auf Ihrem Gebiet sind. Umgekehrt werden wir hinzugezogen wenn es einen technischen Klärungsbedarf gibt.

Milk the Sun: Die deutsche Solarbranche durchläuft derzeit eine schwere Zeit, Produktionsstätten werden zunehmend in andere Länder versetzt oder eingestellt. Welche Zukunft sehen Sie für die PV-Industrie in Deutschland?

Steinkötter: Ich könnte hier mit der Überschrift von Martin Luther King starten: „I have a dream!“

Natürlich ist es ein Trauerspiel was zurzeit in Deutschland und weiten Teilen Europas passiert. Einen Teil der Betriebe haben wir selber mit aufgebaut. Dies sind ja irgendwie auch unsere Babies. Wer will seine Kinder schon sterben sehen. Dem Alptraum einer niedergeknüppelten Industrie, sollte man den Traum eines wirklichen ernst gemeinten Umbaus unserer Stromwirtschaft entgegen setzen.

Realistisch betrachtet komme ich aber zu ganz einfachen Schlüssen. Klassische Energiewirtschaft war bisher immer die Lizenz zum Geld drucken. Schaut man sich die Betriebsergebnisse der großen 4 Energieversorger an, dann fragt man sich welchen finanziellen Beitrag die bisher zur Energiewende geleistet haben. Alleine RWE und Eon machen gemeinsam über 20 Mrd. € Gewinn in 2012. Zudem ist deren Kraftwerkspark total überaltert. Hier kommen neben den heiß diskutierten Netzausbau noch weitere Kosten für neue Kohlekraftwerke auf den Stromkunden zu. Wenn wir nicht aufpassen, werden die Kosten ebenfalls den Regenerativen angelastet. Die Rohstoffe wie Kohle, Gas und Öl werden auch mittel und langfristig teurer werden. Bei einer ehrlichen Kostenbetrachtung ist Photovoltaik heute schon mit die günstigste Energiequelle. Technologisch lässt sich der weitere Ausbau nicht mehr aufhalten. Vielmehr sind wir mitten im Verteilungskampf der Zukunft. Da wird auch mit unfairen Mitteln gekämpft. Von da her werden wir nicht mehr wie noch vor 2-3 Jahren von der Energiewirtschaft einfach ignoriert sondern aufs heftigste bekämpft. Fazit: Weitere PV Anlagen zu installieren bedeutet noch schnellere Abschaltung von AKWs und Kohlekraftwerken. Die PV Branche wird gerade durch den heftigen Gegenwind geadelt. Wie viel Angst hat man vor der PV, um so einen Shitstorm loszulassen?! Wir spielen nun in der Champions League, da wird auch mal heftig gefoult.

Der Markt wird politisch gewollt oder verhindert. Die Bevölkerung will den weiteren Ausbau in Deutschland. Wir haben hervorragende Ingenieure, Wissenschaftler, Installateure und Fachleute mit Ideen und vor allem Erfahrungen. Woran es zurzeit mangelt ist eine Perspektive zu eröffnen, dass es Deutschland mit der Energiewende ernst meint. Dann kommen auch wieder Investoren, die langfristig investieren und nicht mit jeden neuen Quartalszahlen in Selbstzweifel verfallen. In Deutschland sind die weltweit besten Bedingungen um Forschungsergebnisse in Referenzproduktionen und Pilotlinien von 10 – 50 MWp zu überführen. Da sehe ich ein großes Potenzial für neue Produktionen und industrielle Arbeitsplätze. Im Übrigen ist die Fertigung von Modulen in Deutschland unterm Strich auch nicht teurer als irgendwo in Asien.

Schwere Zeiten für PV? „Wir spielen nun in der Champions League, da wird auch mal heftig gefoult.“ iStockphoto.com©narvikk

Milk the Sun: Ihr Unternehmen ist international tätig, trägt zur Überführung von PV-Technologie in die Produktion bei. Wo ist derzeit die größte Bewegung im Bereich Produktion von Photovoltaik?

Steinkötter: Auch hier könnte man viel von der Bewegung nach Asien und Indien sprechen. Also die Bewegung von gebrauchtem Equipment von A nach B. Da passiert aber außer „größer und billiger“ nicht sonderlich viel. Technologisch also eher langweilig.

Nordafrika bzw. der arabische Raum ist für uns sehr viel interessanter. Vielleicht noch Südosteuropa. Da trifft Sonne auf Strombedarf. Hier werden neue Modultechniken entwickelt werden müssen, die den lokalen Gegebenheiten angepasst sind und von weniger gut ausgebildetem Personal zu bedienen sind. Neben dem „Upgrading“ in Technologie und Wirkungsgraden ist auch ein „Downgrading“ für Operation and Maintenance gefordert. Zudem wird das Gesamtsystem immer entscheidender. Wie bekomme ich meinen Strom zu welcher Zeit mit welchen Kosten hergestellt. Hybridsysteme stehen dabei im Vordergrund.

Auf die Produktion bezogen, schauen unsere Kunden natürlich hauptsächlich auf weitere Kostensenkungspotentiale. Wir würden es begrüßen, wenn dabei auch mal wieder jemand den Mut hat nach vorne zu blicken und die bekannte Technologie weiter zu entwickeln. Im Prinzip bauen wir immer noch Module wie vor 30, 40 Jahren. Wir würden hier gerne mehr Innovation in der Umsetzung sehen und haben ja auch eigene spannende Konzepte wie High Speed Stringer oder BC Verschaltungen entwickelt.

Milk the Sun: Bis zu eine Billion Euro soll die Energiewende angeblich kosten, so Bundesumweltminister Peter Altmaier in einem Interview mit der FAZ. Die aktuelle Diskussion verfolgen Sie sicherlich auch. Wie denken Sie über Altmaiers Aussage und die Situation rund um das EEG und EEG-Umlage?

Steinkötter: Altmaier hat leider trotz seiner monatelangen Infotour den Überblick verloren. Herr Röttgen hat sein Haus nicht bestellt und es an Herrn Altmaier in desolatem Zustand übergeben. Frei nach dem Motto: „Wenn schon kein Konzept auf dem Tisch liegt, kann man ja irgendwelche Zahlen in den Raum werfen“ legt jetzt Altmaier nach. Die CDU bekommt nach den Misserfolgen in den letzten Landtagswahlen kalte Füße und will beim Thema Energiewende einen schwarzen Peter ausfindig machen. Insofern alles Wahlkampfgetöse. Ich hatte Herrn Altmaier mehr zugetraut.

Was kostet uns ein Fukushima in Deutschland? Was kostet uns die globale Erwärmung? Was kostet uns die Endlagerung vom Atommüll? Was die militärischen Einsätze ums billige ÖL oder Gas? Selbst wenn die Zahl stimmen sollte, steht sie in keinem Kontext zu möglichen Alternativen. Ein Punkt im Raum bildet nun mal keine Linie. Ich denke da bereitet jemand schon mal seinen Lobby-Job irgendwo in der Energiewirtschaft für die Zeit nach der Wahl vor.

Stellen Sie sich doch mal folgendes Szenario vor:

Weiterer Ausbau der Photovoltaik zu Kosten von unter 1€/Wp installiert. Module die nicht 20, sondern 30 bis 40 Jahre halten. Reduktion von CO2 Ausstoß wegen heruntergefahrener, konventioneller  Kraftwerke. Arbeitsplätze in der Region bei Monteuren und Wartungspersonal, Einnahmen in der Region bei Anlagenbetreibern, Investoren, Stadtwerken. Bürgerkraftwerke, Nachbarschaftsanlagen, Batteriebänke und vor allen Dingen Strom einsparen, wenn er knapp ist und verbrauchen wenn er da ist.

Im Sommer bekommen sie zukünftig den Strom fast umsonst. Stellen sie sich doch mal dieses Innovations- und Investitionsprogramm vor, wenn 1000 Ideen zur Nutzung von Stromüberschüssen im ganzen Land entstehen. Dies wird möglich ohne jedes Förderprogramm von Regierungen und Ländern. So ist es doch mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen genauso. Es gibt da viele Wege zur Konservierung, Lagerung und Speicherung. Ein bisschen Mut zur politischen Gestaltung unserer Zukunft würde auch Berlin wieder gut tun. Also sich nicht beirren lassen, Atomkraftwerke sofort abschalten, weiter Sonne und Wind lokal aufbauen und wie wir in Köln hier sagen:

„Net schwaade, laade“!

Milk the Sun: Und warum heißt Ihr Unternehmen eigentlich wie die englische Bezeichnung für Spiegelei?

Steinkötter: Als „sunny side up“ charakterisiert man auch den Prozessschritt in der Fertigung von Solarzellen oder Modulen, in dem die aktive Seite der Zelle nach oben prozessiert wird. Am Ende zeigt die „sunny side“ der Module immer zur Sonne also auch nach oben.

In der Mythologie bildet das Ei die perfekte göttliche Form. Das Spiegelei zeigt den Ursprung, sozusagen „das Gelbe vom Ei“ oder die gelbe Sonnenscheibe am weißen Himmel. Sie merken schon, hier bedarf es dann einem Kölsch, um dies genauer zu erläutern. Am besten noch mit einem Ei in der Pfanne dazu, eben „sunny side up“.

Wir bedanken uns bei Herrn Steinkötter für das Interview.

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